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Morgenausgabe

Nr. 541

A 272

48. Jahrgang

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Vorwärts

Berliner Bolksblatt

Mittwoch

18. November 1931

Groß- Berlin 10 Pf. Auswärts 15 Pf.

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Bentralorgan der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands

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Wer ist Hauptfeind?

Eine Frage an alle Arbeiter.

Durch die Arbeitermassen geht der Schrei nach Einigkeit im Kampfe gegen den Faschismus.

Die Arbeiter interessieren sich jetzt wenig oder gar nicht für die Frage, wer an dem bisherigen Anwachsen des Faschismus die Schuld trägt. Sie wollen den Sieg des Faschismus verhindern. Sie wissen, daß die Gefahr be schworen ist, sobald alle sozialistisch denkenden Arbeiter einig zusammenstehen. Darum fordern sie die Einigkeit in der Abwehr.

Die ,, Rote Fahne " will diese Einigkeit nicht. Sie ver­sucht, sich um die Forderung der Arbeiter herumzudrücken. Sie fann das nur, indem sie ein Spiel mit Worten treibt, indem sie die Begriffe Faschismus und Einheitsfront" verfälscht.

Zunächst versucht sie es mit der Ausrede, ein besonderer Kampf gegen den Faschismus sei gar nicht notwendig, denn die bestehende Regierung Brüning Groener sei ebenso faschistisch" wie Hitler und Hugenberg .

Nun kann man der Regierung Brüning- Groener alles Mögliche nachsagen, man fann sie aufs schärfste angreifen und verurteilen- aber sie als faschistisch" zu bezeichnen, ist eine Irreführung.

Nicht alles, was einem als schlecht und bekämpfenswert erscheint, ist faschistisch. Der Faschismus ist vielmehr eine ganz bestimmte neuartige Erscheinung auf dem Gebiet der Klaffenkämpfe, die man zunächst geistig erfassen muß, um sie bekämpfen zu können. Die bei den Kommunisten beliebten Begriffsmanschereien die u. a. dazu geführt haben, daß auch wir Sozialdemokraten zeitweilig als Sozial­ faschisten " bezeichnet wurden dienen nur dazu, das Wesen des Faschismus zu verdunkeln und den Kampf gegen ihn zu erschweren.

Kennzeichnend für den Faschismus ist die grundsätzliche Berneinung aller Persönlichkeitsrechte zugunsten einer natio­

Gegen Terror und Mordhetze.

Sozialdemokratische Vorstellungen beim Reichskanzler.

schließen. Es werde ferner eine große Beunruhigung geschaffen, die die Absicht, die Regierung zu it ützen, immer mehr erschüttern müsse.

Die Führer der sozialdemokratischen Reichstags| Republik stehen, Vertrauen zur Staatsgewalt haben, und fraktion, die Abgeordneten Wels, Dr. Breitscheid, man müsse begreifen, daß sie sich zur Selbsthilfe ent­Dr. Hilferding und Dr. Her, hatten am Dienstag eine Besprechung mit dem Reichskanzler Dr. Brüning wegen der Mordhetze, die in ständig wachsendem Umfange von den Nationalsozialisten betrieben wird. An der Besprechung nahmen auch der Reichswehrminister Groener und der preußische Innenminister Severing teil.

Von sozialdemokratischer Seite wurde an Hand um fangreichen Materials der Nachweis geführt, daß von führenden Nationalsozialisten nicht nur zu Gewalt tätigkeiten aufgereizt wird, sondern daß von der Privatarmee des Herrn Hitler , den SA. - Formationen, auch in zahlreichen Fällen solche Gewalttätigkeiten organisiert begangen werden. Auf diese Weise werde der Bürgerkrieg heraufbeschworen, da sich die übrigen Volksschichten eine solche Bedrohung von Leben, Gesundheit und Freiheit der politischen Betätigung nicht gefallen lassen können. Aufgabe der Staats­gewalt sei es in erster Linie, durch das stärkste aktive Hervortreten im Kampfe gegen Mordhezze und Terror sichtbar zu zeigen, daß dieser Kulturschande eine Grenze gezogen werden muß. Geschehe das nicht, so könne man nicht erwarten, daß die Massen des Volkes, die zur

Sowohl der Reichskanzler als auch der Reichswehr­minister verurteilten die politischen Ausscheitungen und versprachen, alle zu ihrer Bekämpfung möglichen und aussichtsreichen Schritte zu unternehmen. Das von den sozialdemokratischen Abgeordneten vorgebrachte Material über Terror der Nationalsozialisten soll dem Reichs­innenministerium schriftlich unterbreitet und auf das sorgfältigste geprüft werden,

Die Konferenz der Innenminister.

Amtlich wird mitgeteilt: In der Konferenz der Innenminister der Länder sand nach den einleitenden Ausführungen des Reichs­innenministeriums Dr. Groener eine allgemeine und eingehende Aussprache statt. Die Innenminister der einzelnen Länder gaben einen Ueberblick über die politische Situation in ihren Ländern. Die Aussprache ergab die einmütige Auffassung über die Notwendig­feit, dem politischen Terror, von welcher Seite er auch tommen mag, mit allen zu Gebote stehenden Mitteln entgegen­zutreten.

Englands Schutzzollpolitik.

nal betonten Staatsautorität. Der Faschismus geht grund- Zunächst zur Verteidigung des Pfundes.- Eine Ermächtigung für die Regierung.

fäßlich darauf aus, die Pressefreiheit, die Bersammlungs freiheit, die Koalitionsfreiheit der Arbeiter zu vernichten. Es ist Klassenherrschaft des Großbürgertums in der aller­brutalsten Form.

Man kann die bestehenden Verhältnisse in Deutschland aufs schärfste fritisieren. Aber an den Zuständen gemessen, die im faschistischen Italien be= stehen, ist Deutschland ein freies Land. Der deutsche Faschismus will die Arbeiter Deutschlands in der gleichen Weise verknechten und unterjochen, wie das der italienische Faschismus an den Arbeitern Italiens getan hat. Die Sozialdemokratie kämpft gegen die Berknechtung der deutschen Arbeiter durch den Faschismus. Aber die Rote Fahne" sieht feinen Unterschied zwischen Italien und Deutsch­ land . Hauptfeinde sind für sie nicht die deutschen Faschisten, die in Deutschland ähnliche Zustände einführen wollen wie in Italien , sondern die Sozialdemokraten, die die Einführung italienischer Zustände in Deutschland verhindern wollen. Hauptfeinde find für sie nicht die Nachahmer Mussolinis, sondern die Gesinnungsgenossen Matteottis.

Genau denselben Humbug wie mit dem Begriff des Faschismus treibt die Rote Fahne" mit dem Begriff Ein heitsfront".

Eine Einheitsfront" ist eine Front, die mehrere Parteifronten zusammenfaßt. Eine Einheitsfront ist nur dort möglich, wo die Partei führungen im Inter­esse einer gemeinsamen Aufgabe bestehende Gegenfäße bewußt zurückstellen. Die Front einer Partei allein ist keine Ein heitsfront". Andernfalls würde ja je de Partei die Einheits­front wollen. Denn die Sozialdemokratie will natürlich alle Arbeiter in ihrer Front vereinigen, die KPD . alle in ihrer usm.

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Der Dreh der ,, Roten Fahne" besteht nun darin, daß sie von der Einheitsfront" redet, wo sie die Front einer ein= zigen Partei der Kommunistischen- und damit das Gegenteil einer Einheitsfront" meint.

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Natürlich hat die Rote Fahne" das Recht, die sozial­demokratischen Arbeiter zum Eintritt in ihre Partei aufzu­fordern. Aber sie hat nicht das Recht, ihnen vorzuschwindeln, sie könnten in die ,, antifaschistische Einheitsfront" der KPD. eintreten und dabei Sozialdemokraten bleiben. Indem sie sich dem Kommando der kommunistischen Parteiführung unter stellen, werden sie Soldaten einer Armee, die nicht im Faschis­mus sondern in der Sozialdemokratie den Hauptfeind sieht. Eine wirkliche faschistische Einheitsfront müßte natürlich einzig und allein gegen den Faschismus gerichtet sein.

Das englische Unterhaus hat gestern mit 396 gegen 51 Stimmen eine Entschließung angenommen, die der englischen Regierung besondere Vollmachten zur Er­höhung alter und zur Erhebung neuer Zölle erteilt.

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Mit diesem Beschluß hat der Umschmung der bisherigen libe­ralen englischen Handelspolitik zum Schutzzoll begonnen. Was die englische Regierung jetzt will, hat man durch eine Rede des Handels­ministers Runciman erfahren. Es handelt sich jetzt noch nicht I ung durch allgemeine Zollerhöhungen durchführen will. Englands darum, daß England etwa eine allgemeine Einfuhroroffe größte Sorge ist gegenwärtig der Schutz seiner Währung. Die eng­fische Handelsbilanz ist in hohem Maße passiv, der Sturz des eng­lischen Pfundes war eine Folge dieser Passivität. Die Entwertung des Pfundes selbst und zugleich die Erwartung, daß mit dem Siege der Konservativen grundsäglich zur Hochschutzzollpolitik übergegangen wird, hat außerdem in der letzten Zeit die Einfuhr nach England iprunghaft ansteigen lassen. Im Oktober hat der Einfuhrüberschuß die Refordhöhe von 840 Millionen Marf erreicht.

Gegen die weitere Berschlechterung der englischen Handelsbilanz richten sich die von der englischen Regierung beabsichtigten Maß­nahmen in allererster Linie. Das kommt auch darin zum Ausdrud, daß die Ermächtigung auf fechs Monate befristet ist und daß nur diejenigen Waren mit Zöllen belegt werden sollen, deren Einfuhr nicht unbedingt notwendig erscheint. Freilich sind: diese Fälle außerordentlich scharfe Maßnahmen in Aussicht genom­men. Die Ermächtigung soll Zollzuschläge bis zu 100 Broz. des Wertes vorfehen.

Bemerkenswert ist es auch, daß ausschließlich Halb- und Fertigfabrikate getroffen werden sollen, also in erster Linie diejenige Einfuhr, unter deren Drosselung die Dominions und Kron länder des englischen Empire weniger leiden.

Selbstverständlich kommt es für die Beurteilung der Wirkung für die Einfuhrländer auf das Ausmaß an, in welchem die englische

Regierung von ihrer Ermächtigung Gebrauch machen wird. Die Mengen sind außerordentlich groß, die betroffen werden können. Bon Januar bis Oktober d. J. hat England Halb- und Fertigwaren im Werte von 4,3 millionen Mark eingeführt und in den ersten zehn Tagen des November handelt es sich nach Runciman allein um einen Betrag von etwa rund 700 Millionen Markt. Deutschland hat im Jahre 1930 mehr als 10 Pro z. feines gesamten Erports in England abgefeßt. Davon sind ebenfalls der größte Teil Halb- und Fertigwaren. Sollte der Schutz des Pfundes nur ein Vorwand sein, so könnte der Druck der englischen Intereffenten natürlich auch in diesen sechs Monaten schon zu sehr schweren Schädigungen der Importländer führen.

Jedenfalls hat jetzt England den ersten Schritt getan, der dazu führen kann, daß das gesamte europäische Handelssystem umgebaut wird. Aber auch den englischen Konservativen sind für ihre Ab­fichten Grenzen gezogen. England ist und bleibt in erster Linie ein Exportland, das auf großen Absatz in der ganzen Welt angewiesen ist. Die Schuzzollbäume der englischen Konservativen fönnen nicht in den Himmel wachsen, wenn nicht der englische Export selbst sehr bald die allerschwersten Schädigungen erfahren soll. Arbeiterfraktion gegen die Antidumping- Vorlage.

London , 17. November.

Die Parlamentarische Arbeiterpartei befaßte fich heute mit den Vorschlägen der Regierung bezüglich der Bekämpfung des Dumpings und beschloß, sich diesen Borschlägen zu widersetzen.

Aus der Haft entlassen.

Katzenellenbogen wird verschont.

Der frühere Generaldirektor der Schultheiß- Patzenhofer A.-G., Ludwig Katzenellenbogen , ist gegen eine Sicherheitsleistung in Höhe von 100 000 m. aus der Haft entlassen worden.

dunkeln.

Die Arbeiter stehen vor der ganz klaren Frage, ob sie mit der Sozialdemokratie gegen den Faschis­mus tämpfen oder mit der KPD . den Bruderkampf zwischen den Arbeitern weiterführen und damit Klassenverrat treiben wollen zum Nußen des Faschismus.

Sie müßte aus Parteien bestehen, die alles Trennende zunächst| Klarheit ihrer Stellungnahme durch Spielereien mit den einmal zurückstellen, um einen gemeinsamen Feind nach einem Worten Faschismus und Einheitsfront" wieder zu ver­gemeinsamen Plan zu bekämpfen. Eine solche wirkliche Ein­heitsfront will die ,, Rote Fahne" nicht. Natürlich nicht! Denn sie mill ja, wie sie selbst sagt, den Hauptstoß gar nicht gegen den Faschismus sondern gegen die Sozialdemokratie führen. Noch einmal: Die KPD. fann tun, was ihr beliebt. Wenn fie in Uebereinstimmung mit der Harzburger Front in der Sozialdemokratie den Hauptfeind sieht, so mag sie das ruhig fagen und dementsprechend handeln. Wir begrüßen die Offen­heit der Roten Fahne", fie flärt die Situation. Nur freilich werden mir der KPD . und ihren Organen nicht gestatten, die

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Vor diese Frage müssen die Arbeiter in den Betrieben. die Arbeitslosen in den Stempelstellen jetzt täglich gestellt werden.

Und ein hüben und drüben nur gift!