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Morgenausgabellull plaun

Nr. 543

A. 273

48. Jahrgang

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Der Vorwärts" erscheint wochentäg­lich zweimal, Gonntags und Montags einmal. die Abendausgabe für Berlin und im Handel mit dem Titel Der Abend", Juustrierte Gonntagsbeilage Bolt und Zeit".

Vorwärts

Berliner Boltsblatt

Freitag

20. November 1931

Groß Berlin 10 Pf. Auswärts 15 Pf.

Die einspalt. Nonpareillezeile 80 31. Reflamezeile 5,- RM. Kleine An­zeigen das fettgedruckte Wort 25 Bl. ( zulässig zwei fettgedruckte Worte), jedes weitere Wort 12 Bf. Rabatt It. Tarif. Stellengesuche das erste Wort 15. Bi. jedes weitere Wort 10 Bf. Worte über 15 Buchstaben zählen für zwei Worte. Arbeitsmarkt Beile 60 Pf. Famillen anzeigen Zeile 40 Bf. Anzeigenannahme im Hauptgeschäft Lindenstraße 3. wochen. täglich von 8 bis 17 Uhr. Der Berlag behält sich das Recht dez Ablehnung nicht genehmer Anzeigen vor!

Bentralorgan der Sozialdemokratischen Bartei Deutschlands

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Großpleite Ladendorff.

Die führende Hausbesitzerbank zahlungsunfähig.

Die Berliner Bank für Handel und Grundbejik A.-G., Berlin ( Kapital 2 Millionen Mark) hat gestern ihre Schalter geschlossen. Die Reichsregierung hat die erforderlichen Maßnahmen ergriffen, um eine ruhige

viel zu fordern haben. Als man daraufhin sofort die Lage der Bank prüfte, wurde ihre Kreditunwürdigkeit erkannt. So nahm das Verhängnis seinen Lauf.

Wieder hat das Reich es übernehmen müssen, von den be­Abwicklung der Bant zu gewährleisten. Es ist beabsich drohten Sparern wenigstens die ersten Bedrängnisse abzuwenden. Der Zusammenbruch ist ein

tigt, die Abwicklung durch die Dresdner Bank vornehmen zu lassen. Die Reichsregierung wird zu diesem Zweck der Dresdner Bank eine Summe zur Verfügung stellen, um mit ihrer Hilfe eine Vereinbarung mit den Kreditoren der Bank über die Art der Abwicklung her beizuführen. Der Bankenkommissar Dr. Ernst hat sein Material der Staatsanwaltschaft übergeben.

Die Serie der Bankzusammenbrüche ist um einen neuen schweren Foll bereichert. Er erhält dadurch einen politischen Cha­

rafter, daß Borsigender des Aufsichtsrats der frühere

Reichsbantrat und jetzige wirtschaftsparteiliche Abgeordnete Ladendorff ist, der zugleich den Fraktions­vorsiz der Wirtschaftspartei im Preußischen Landtag führt. Außer­dem sitzt im Aufsichtsrat der Berliner deutschnationale Stadtver­ordnete Wegc.

Zu den Vorgängen bei dieser Bank erklärte der von der Reichs­

politischer Skandal der Wirtschaftspartei,

ist eine kriminelle Angelegenheit des Direttors Seif fert und auch des Aufsichtsratsvorsitzenden Ladendorff. Frei­lich ist es beklagenswert, daß das Publikum gegenüber so markt­schreierischen Methoden Aschenbecherreklame und Prospette

allen Hausbriefkästen

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in

so wenig Mißtrauen bewiesen hat. Der Fall der Hausbesigerbant ist eine neue Lehre, daß speku lativen Banken teine Spargelder anvertraut werden sollen und daß Sicherheit für Einlagen nur bei gemeinwirtschaftlichen und öffentlichen Banken zu finden

ist, wo die Einleger und ihre Organisationen selbst die Kontrolle ausüben oder der Staat die Haftung hat.

tontrolle ein Lebensbedürfnis für Deutschland geworden ist. Der Fall ist aber auch eine Lehre dafür, wie sehr die Banten Hätten wir von der Sozialdemokratischen Partei und den Ge­werkschaften schon seit Jahren geforderte Bankenkontrolle gehabt, dann wäre keine Ladendorff Bank möglich gewesen, wo das Aktien

Die Totenliste.

Hitlers ungewollte Gelbftanklage.

Reichsinnenminister Groener hat in der Konferenz der Länderminister mitgeteilt, daß Herr Hitler " ihm umfang­reiches Material über angeblich gegen seine ,, rauhen Krieger" perübten Gewalttaten übermittelt habe, und er hat hinzuge­Reichspräsidenten, wenn er gegen diese Gewalttaten und die fügt, er entspräche einem besonderen Auftrage des Herrn Mordfeuche mit allen Mitteln vorgehe.

Hitler überreichte Material" im wesentlichen identisch ist mit

Man geht wohl nicht fehl in der Annahme, daß das von

dem soeben von der Pressestelle der Reichsleitung der Hitler­Partei veröffentlichten, das eine nationalsozialistische ,, Toten­Berichtsmonat bei der Hilfskasse 14 Tote und 226 Schwer­liste" von 299 aufweist und behauptet, daß allein im letzten verletzte gemeldet seien.

Alle diese Opfer die Richtigkeit der Liste voraus­

gesetzt

sind nicht minder zu beklagen wie die Liste der er­schlagenen, erschossenen und sonstwie gemeuchelten Sozial­demokraten, Reichsbannerleute oder Kommunisten, die als Opferder nationalsozialistischen Verhebung fielen. Die Liste aus dem Hitler - Stab ist nichts anderes als eine furchtbare Anklage gegen den Hitler Kurs selbst, der die brutale Gewalt zum politischen System erhob.

regierung eingesetzte Bantenfommissar Ministerialdirettor Ernst, daß die Entwicklung des Instituts in den letzten Jahren durchaus ungesund war. Ursprünglich eine Genossenschaft, wurde die Bank 1924 in eine Aktiengesellschaft mit 2 Millionen Mark Kapital umgewandelt. Die Reserven befragen jest cine million tapifal fast nur ein Fünfzigstel der Einlagen und sonstigen Ber- Sieges in Maffe Röpferollen" würden?! Hat nicht

Mark. Ohne daß eine Erhöhung des Kapitals erfolgt wäre, steigette fich in den letzten sechs Jahren die Bilanzfumme der Bank von 4,9 auf 91,4 Millionen, fast das 50fache des Kapitals, darunter über 60 Millionen Mark Einlagen. Die Kundenzahl wuchs im letzten Jahr bis auf 36 000 gegen nur 954 im Jahre 1924.

Die Ursachen des Zusammenbruchs.

liegen in der Kredit- und Auffaugepolitif, die das Institut mit den Einlegergeldern betrieben hat. So wurden im Laufe der letzten Jahre die Mitteldeutsche Baden- Kredit- Anstalt in Greiz sowie die Deutsche Realkredit A.-G. in Dessau und die Mehrheit der Hovag Versicherungsgesellschaften erworben. Die Baut hat bei ihrem Fleinen Eigenkapital für diese Aufläufe 16 Millionen Mark aufge­

mendet. Mit welcher grenzenlosen Leichtfertigkeit, erhellt daraus, daß die 5 Millionen Mark Aktien der Mitteldeutschen Boden- Kredit­Anstalt über eine G. m. b. 5. erworben wurden, die im Allein­besitz des Borstandsmitgliedes Seiffert war. Das Ka­pital diefer G. m. b. 5. betrug 500 000 Marf, movon nur 125 000 Mark auf die Anteile eingezahlt waren. Diese kleine Seiffert

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pflichtungen ausmacht; dann wären solche Buchführungs- und Bilanzschwindeleien wie hier einfach nicht möglich gewesen. Der so viel gelästerte, Margismus" wollte den Schutz der Sparer durch die Banfentontrolle. Aber alle, an der Spitze die Wirtschaftspartei mit, Herrn Ladendorff, zogen gegen die ,, Marristen" los, meil sie die Freiheit der Wirtschaft" zerstören, die in Wahrheit mur der Ded: mante I für das gefährlichste Spetulantentum und Ausbeutertum in Deutschland ist.

Wird das Bürgertum nun endlich umlernen?

Eine Frage an die Staatsanwaltschaft: Wird die Staatsanwalt fchaft gegen Seiffert und Ladendorff die notwendigen Schritte tun, nachdem der Bankenkommissar selbst ihnen das Material unter

breiten mußte?

Berichterstattung bei Schultheiß.

G. m. b. 5. aber erhielt von der Berliner Bank für Handel und Bazenhofer 2.-G. statt, in der Dr. Schiffer er berichtete. Der Grundbesitz Kredite bis zu 12 Millionen Mark.

Die Hauptverlust quelle der Bant lag in der Ueberbeleihung von Grundstücken,

die in der Zwangsversteigerung aufgekauft werden mußten und so gut wie feine Berzinsung einbrachten. Herr Ladendorff ist Bor­fizzender der Haus- und Grundbefizer- Partei. Es muß nachgeforscht werden, mem diese Grundstücke gehört haben, aus denen die großen Berluste der Bank stammen.

Am tollsten sind aber die kriminellen Verfehlungen, die in einer beispiellosen Bilanzfälschung bestehen. So find in der Bilanz für 1930 die laufend gewährten Kredite der Bank mit 62 Millionen Mark ausgewiesen. Es ist einfach verschwiegen, daß darunter auch Grundstücke(!!) mit einem Buchwert von 25 Mil­lionen Mark und sämtliche Beteiligungen eingerechnet sind, wobei die Aktien der Mitteldeutschen Boden- A.- G. mit nicht weniger als 200 Proz. zu Buche stehen. Außerdem sind in die Außenstände 10 Millionen Mark Forderungen eingesetzt, die als uneinbringlich gelten müssen. Hier liegt eine

Bilanzfälschung allerschwerster Art vor. Zinsen sind als Eingänge verbucht worden, obwohl sie noch nicht eingegangen waren. Die Gesamtverpflichtungen belaufen sich auf 75 Millionen Mark. Darunter befinden sich 62 Millionen Mark Einlagen und 12 bis 14 Millionen Mart Lombarddarlehen. Die Verluste stehen noch nicht fest, doch werden sie sehr groß sein. Schon vor drei Wochen fonnte die Bant nicht mehr weiter. Das

Ein Finanz und Zahlungsplan bis 1933. Gestern fand eine Aufsichtsratssitzung der Schultheiß unter dem Staatssekretär Dr. Popiz arbeitende Prüfungsaus schuß soll Ende nächster Woche seinen Prüfungsbericht erstatten. Gin Ueberblick über die verwidelte Finanzverhältnisse soll jetzt ge= wonnen sein, so daß zum 31. August 1931 die Bilanz aufgestellt werden kann. Für die Zeit von Ende 1931 bis 31. August 1933 ist ein Finanz- und Zahlungsplan entworfen, der aus den Brauerei einnahmen finanziert werden soll. Der Bierabfaz sei normal ge­blieben. Die Abhebung von Einlagen sei wesentlich zurückgegangen. Die in die Boruntersuchung einbezogenen Direktoren Sobern heim, Funke und Kuhlmay haben dem Aufsichtsrat ihre Aemter zur Verfügung gestellt, der sie aber zur Aufrechterhaltung des Ge­schäftsbetriebes um die Beibehaltung der Aemter ersuchte, weil nach Auffassung des Aufsichtsrats sich dieser bis zur Klarstellung durch die zuständigen Stellen einer Stellungnahme zur Personalfrage ent­halten wolle.

Der Wirtschaftsbeirat. Beratungen vor dem Abschluß- und das Ergebnis? Amtlich wird mitgeteilt:

Wie in Aussicht genommen, traten die beiden Ausschüsse des Wirtschaftsbeirats der Reichsregierung am Donners­tagvormitag und nachmittag wieder zu den Sizungen der Reichs tanzlei zusammen. Auf Grund der in den letzten Tagen statt gehabten Einzelberatungen zwischen der Reichsregierung und den Ausschußmitgliedern fonnten die Beratungen der beiden Ausschüsse bereits abends zu Ende geführt werden. Eine ab­fchließende Sigung der beiden Ausschüsse, in der Leitfäße zum Birt schaftsprogramm der Reichsregierung endgültig festgelegt werden alsdann eine Schlußsigung des Wirtschaftsbeirats unter Vorsitz des Herrn Reichspräsidenten voraussichtlich am kommenden Montag folgen wird.

Wir brauchen nur einen Blick zu werfen auf die wutver­die Spefulation auf Mäßigung und Menschlichkeit einer sieg­zerrten pathologischen Gesichter der Naziagitatoren, auf ihre mündlichen und schriftlichen Haßausbrüche, um zu wissen, daß haften Nazisoldatesta das denkbar Törichste wäre. hat nicht Hitler in Person seinen Leuten versprochen, daß am Tage des davon. geschwärmt, daß bei der Begründung des Dritten ein leibhaftiger Bizepräsident des Reichstags, der Nazi Stöhr, Reiches durch Massenerhängungen ,, die Seilerei einen unge­heuren Aufschwung nehmen" würde?! In Thüringen betet ein Naziagitator, evangelischer Pastor feines Zeichens, daß Gott ,, uns eine gute Hanfjernte bescheren möge", und ander märts verheißen die Agitatoren der Nazis ihren SA.- Leuten: Die Nacht nach dem Siege gehört euch, sie wird die Nacht der langen Messer sein." Am allerdeutlichsten aber hat der Idee des Massenmordens der Heimkrieger Frid, vor noch gar nicht langer Zeit als thüringischer Innenminister berufsmäßiger Hüter der Ruhe und Ordnung, Ausdruck ge­geben: Der volksfeindliche Marrismus müsse mit Stumpf und Stiel ausgerottet werden. Es sei besser, daß bei diesem Prozeß einige zehntausend margistische Funktionäre zu Schaden kämen, als daß das Deutsche Bolk an der marxistischen Best zugrunde gehe."

Die Anhänger aber, aufgestachelt durch diese Hezzereien, haben schon längst mit dem Morden begonnen. Erst jüngst haben wir eine lange Liste ihrer Mordtaten veröffentlicht. Es fei aus der großen Zahl nur daran erinnert, wie in der Neu­jahrsnacht zu Berlin durch hinterliftigen lleberfall die Partei­genossen Graf und Schneider, wie in Hamburg jüngst das tommunistische Bürgerschaftsmitglied Henning durch meuchlerischen leberfall ermordet wurden. In beiden Fällen ist die nationalsozialistische Leitung offiziell von Den Tätern abgerückt und hat sie faktisch durch Vermittlung der Flucht ins Ausland bzw. durch Stellung nationalsozia­listischer Parteiverteidiger unterstützt. Der Ausschluß" der Täter ist nur ein rein äußerliches Scheinmanöver, damit Hitler weiter die ,, Legalität der Partei" beschwören kann, ohne mit dem Gesetz in Konflikt zu kommen. Hat die NSDAP . doch auch die Rathenau - Mörder Techow und von Salomon, die Fememörder Schulz und Heines und andere durch Mordtaten Berüchtigte nicht nur in ihre Reihen auf­genommen, sondern zu besonderen Ehrenstellen be fördert!

Wenn es bei der Abwehr dieses Banditentums auch ein­mal hin und wieder einem Nationalsozialisten an den Kragen geht, dann erhebt sich ein großes Gefchrei, und die eben noch vom Köpferollen schwärmenden Terroristen verwandeln sich in unschuldige Opferlämmer. Aber der übliche Streit, wer angefangen habe, läßt sich hier durch eine grundsätzliche Erwägung sehr leicht entscheiden. Wenn die National­sozialisten das Reichsbanner des Mordens beschuldigen, so ist u erwidern, daß die Republikaner Gegner des Terrors find, daß die Demokratie auch dem Gegner Geistesfreiheit und famthaltung antiterroristisch.

Reich hat vorläufig eingegriffen und 3 Millionen Marf gegen sollen, ist für Sonnabend oder Sonntag in Aussicht genommen, der Meinungsfreiheit zubilligt. Die Demokratie ist in ihrer Ge­Sicherheiten zur Verfügung gestellt. Daraus wurden die vordring lichsten Berpflichtungen abgelöst, besonders gegen vierzig Grund und, Hausbefizergenossenschaften, die infolgedessen jetzt nicht mehr

Dagegen haben die Faschisten den Terror zum Prin zip erhoben. Ihr aberster Grundsatz ist es, jeden Gegner