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Ernft Edgar Reimerdes:

Goethe und der Cod

Da Goethe stets ein Lebendiger mar nnd das Lebendige über| Edermann und Christiane durch lautes Sprechen zu übertönen alles pries, wollte er vom Tode nichts pissen, er stand ihm durchaus fuchten. In Wirklichkeit war diese Gelassenheit nur Maske ge­ablehnend, ja feindlich gegenüber. Seine empfindliche Natur be- wesen, denn als Soret am nächsten Tage den Dichter besuchte, fand fürchtete, von dem Schrecken des Todes, dem furchtbaren Anblick er ihn in Gedanken versunken und niedergedrückt: Ich muß mit eines Verstorbenen überwältigt, vernichtet zu werden. Ebenso wie Gewalt arbeiten, um mich oben zu halten und mich in diese er den Anblick des Häßlichen mied, weigerte er sich, Tote zu sehen, plötzliche Trennung zu schicken", sagte Goethe . Der Tod ist doch selbst wenn es sich um gute Freunde handelte, was ihm häufig als etwas so Seltsames, daß man ihn, unerachtet aller Erfahrung, bei Hartherzigkeit ausgelegt worden ist. Dabei entsprach dies Verhalten einem uns teuren Gegenstande nicht für möglich hält und er lediglich der Stärke seiner Empfindung. immer als etwas Unglaubliches und unerwartetes eintritt. Es ist gewissermaßen eine Unmöglichkeit, die plötzlich zur Wirklichkeit wird. Und dieser Uebergang aus einer uns bekannten Existenz in eine andere, von der wir auch gar nichts missen, ist etwas so Ge­waltsames, daß es für die Zurückbleibenden nicht ohne die tiefste Erschütterung abgeht."

Als Schiller gestorben war, für den er bekanntlich die innigste Freundschaft empfand und in dem ihm, wie er an Zelter schrieb; die Hälfte seines Daseins verloren ging, weigerte er sich entschieden, die Leiche zu sehen: Warum", so äußerte er sich später Johannes Daniel Fall gegenüber beim Tode Wielands, soll ich mir die lieblichen Eindrücke meiner Freunde und Freundinnen durch die Entstellungen einer Maske zerstören lassen. Es wird ja dadurch etwas Fremdartiges, ja völlig unwahres meiner Einbildungskraft aufgedrungen. Der Tod ist ein sehr mittelmäßiger Porträtmaler." Daß Schillers Leiche nicht öffentlich ausgestellt wurde, fand durchaus feinen Beifall: ,, Unangemeldet und ohne Aufsehen zu machen", so jagte er ,,, tam er nach Weimar , und ohne Aufsehen zu machen, ist er auch wieder von hinnen gegangen. Die Paraden im Tode find nicht das, was ich liebe." Welche Gefühle ihn für den Freund beseelt haben, zeigt der 1805 entstandene Epilog zu Schillers Glode", der rührendste Tribut der Verehrung und Liebe, welcher dem Toten dargebracht werden konnte.

Beim Tode seiner Freundin Charlotte von Stein trug Goethe völlige Gleichgültigkeit zur Schau. Um seine schwer erfämpfte Ruhe nicht zu verlieren, verhielt er sich Todesnachrichten gegenüber an­scheinend teilnahmslos, er sprach kein Wort, ging furz über die Angelegenheit hinweg und suchte sich durch ernste Gespräche, durch Betrachtungen über wichtige Gegenstände zu sammeln. Der Tod des Großherzogs Karl August riß eine ungeheure Lücke in sein Leben. Weil er den Schmerz über den Verlust eines solchen Freundes nicht öffentlich zeigen wollte, flüchtete er nach Dornburg , wo er bis nach der Beisetzung blieb. Als die Großherzogin- Mutter Anna Amalia gestorben war, die er besonders verehrt hatte, fürchteten seine Freunde, daß die Nachricht ihn bei seinem Alter start erregen, seiner Gesundheit schaden könne. Aber Eckermann traf ihn in heiterer Stimmung beim Mittagessen an. Er blieb auch durchaus gelassen, als die Totengloden zu läuten begannen, die

Phönix:

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Beim Tode seines einzigen Sohnes August, der in der Fremde starb, war das Verhalten Goethes gleichfalls allen ein Rätsel. Als Kanzler Müller ihm die Trauerbotschaft überbrachte, staunte er über. seine Fassung und Ergebenheit. Ebenso Edermann, der über seine Fassung und Ergebenheit. Ebenso Eckermann, der August nach Italien begleitet, ihn aber in Genua verlassen und auf der Heimreise die Todesnachricht empfangen hatte. Er war äußerst besorgt, wie Goethe den Ansturm väterlicher Gefühle überstehen würde und völlig überrascht, als der Dichter ihm am Abend des 23. November 1830 gelassen gegenübertrat und fein Wort über seinen Sohn sprach. Ruhig und heiter empfing Goethe später auch den Reisegefährten Augusts , den Engländer Sterling, ihm gegen über erwähnte er den Verstorbenen ebenfalls nicht.

Um über derartige Ereignisse, durch die andere Menschen sich tief erschüttert zeigen, mit solcher Gelassenheit hinweggehen zu fönnen, mußte der Dichter eine beruhigende Ueberzeugung vom menschlichen Zustande nach dem Tode gewonnen haben. Wie aus verschiedenen Aeußerungen hervorgeht, glaubte er an die Un sterblichkeit der Seele, so sagte er beim Tode Wielands: Von einem Untergang solcher hohen Seelenkräfte tann in der Natur niemals und unter feinen Umständen die Rede sein; so ver= schwenderisch behandelt sie ihre Kapitalien nie!" Daß er von der Unvergänglichkeit seines eigenen Daseins ebenfalls fest überzeugt war, befundet der Ausspruch: Die Natur ist verpflichtet, mir eine andere Form des Daseins anzuweisen, wenn die jetzige meinen Geist nicht ferner auszuhalten vermag." Mit Grübeleien über die Unsterblichkeit sowie mit sehnsüchtigen Gedanken über die Form eines zufünftigen Lebens aber hat Goethe sich niemals befaßt.

Tolengebräuche bei den Primitiven

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Im Leben jener Völker, die wir die Primitiven nennen, sind| denen sie bei den Festen den Kalk zum Beteltauen aus den Gefäßen wichtige Abschnitte des Lebens, wie Geburt, Hochzeit und Tod, aufs herausschöpfen. reichhaltigste mit Zeremonien umranft genau so, wie es, wenn­gleich in durch die Zivilisation abgeschwächter Form, auch bei den Kulturvölkern der Fall ist. Besonders der Tod, als der bedeutungs­vollste Moment des Lebens, wird mit einer Fülle von Gebräuchen umgeben, die uns Europäer, weil wir eben die zugrundeliegenden Gedankenkomplege nicht genau wissen, meist höchst seltsam, um nicht zu sagen widerwärtig, anmuten.

In Deutsch- Neuguinea werden die Berstorbenen zwar begraben, och behält man ihre Schädel zurück, um sie auf merkwürdige Weise zu präparieren. Man trägt eine plastische Masse auf, aus welcher man das Gesicht herausmodelliert; die Augen macht man aus Muscheln, die Haare aus Fellzotteln. Die so bereiteten Schädel dienen dann mancherlei abergläubischen Handlungen. In anderen Teilen Neuguineas werden die Leichen auf Gerüsten, die in der Gabelung der heiligen Feigenbäume angebracht sind, ausgesetzt und so ganz einfach dem Zerfall überlassen.

Wenn bei den Koita auf Neuguinea jemand gestorben ist, wird er reich geziert und rot geschminkt. Die Dorfleute nehmen nun von dem Toten Abschied, indem sie sein Geficht mit ihrer Naje berühren, und wachen dann jammernd und fastend einen Tag und eine Nacht bei der Leiche. Dann wird der Tote auf einen breiten Stuhl gesetzt,

neben ihn seine Frau und sein ältester Sohn, in Ermangelung derer

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feine beiden nächsten Verwandten. Eine Stunde lang wird ge­trommelt und gesungen dann werden die Besiztümer des Ver­storbenen zertrümmert und neben ihn gelegt. Dann nimmt man von der Leiche alle Schmuckstücke ab, nimmt Abschied, rollt sie in eine Matte, die man an einer Stange trägt und so wird er dann begraben. In den nächsten Tagen finden Leichenschmäuse statt. Die Witme wird Dom Kopf bis zum Fuß schwarz angestrichen und fahlgeschoren; so muß sie ein halbes Jahr bleiben, dann wird sie mit dem Saft un­reifer Kokosnüsse wieder gesäubert.

Im Meteogebiet geht es noch komplizierter her bei einem Todes­fall. Bei dem Begräbnis muß sich der nächste männliche Verwandte, wenn die erste Lage Erde auf den Toten geschüttet worden ist, weinend ins Grab werfen und dort bleiben, bis es endlich voll­geschaufelt ist. Dann darf er sich nicht wieder blicken lassen auf Wochen und Monate hinaus; nur mit einem Mantel aus rohen Baumrinden befleidet, muß er sich tagsüber verstecken und nachts meinend auf dem Grabe fizzen. Inzwischen geben sich aber die übrigen Trauergäste einem fröhlichen Feste mit Tanz und Spiel hin, das in einem Festmahl gipfelt, bei dem sie um die Wette nach einem aufgehängten Eber- oder Känguruh- Schlegel schnappen. Erst nach etlichen Wochen, selbst erst nach Monaten, beginnt die feierliche Anlegung des Trauerschmucks. Die Männer werden schwarz ange= strichen und bis auf zwei Büschel über dem Ohr rasiert; die Frauen werden aber gänzlich geschoren. Dann werden Halsbänder, Hüft­gürtel und Armbänder aus geflochtenen Binsen oder Gras angelegt. So müssen die Verwandten mehrere Monate trauern, dürfen sich während dieser ganzen Zeit nicht baden und sind verschiedenen Speise­verboten unterworfen. Nach Ablauf dieser Zeit werben sie gebadet, der Trauerschmuck wird ihnen abgenommen und ein Schweineschmaus mit Tanz fündet die Rückkehr zur normalen Lebensfreude an.

Bei den Kiwai auf Britisch- Neuguinea wird der Tote auf eine Blattform gelegt, täglich werden Geschenke zu ihm getragen und die Verwandten begießen den Leichnam mit Wasser, um den Zersetzungs­prozeß zu beschleunigen. Sobald nur mehr die Knochen übrig sind, merden sie gewaschen und im Garten begraben. Den Totenschädel bindet sich aber der nächste Leidtragende um den Hals und trägt ihn so eine Zeitlang; sie glauben auch, dadurch weissagen zu können.

Einer der entseßlichsten Trauerbräuche herrscht bei den Berg­stämmen landeinmärts der Geelpinkbai. Die Leichname merden auf einem Gerüst oder gar an der Wand ihrer Hütte zum Trocknen auf­gehängt; das abfließende Leichenwasser wird in einem Gefäß auf­gefangen und die Bitme muß danon trinken mit der Begründung, daß fie sterben müsse, menn sie es unterlasse.

Im Osten von Neuguinea tragen die Berwandten die Fuß- und Fingertnöchelchen des Berstorbenen als Armbänder und Halstetten; und aus den Röhrentnochen verfertigen fie löffelartige Spateln, mit

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Bei einem Stamme in Neu- Pommern , den Sulka, geht es bei den Begräbnissen äußerst umständlich her. Während der Leichnam schön geputzt in seiner Hütte aufgestellt wird, werden seine Felder verwüstet, seine Schweine geschlachtet und ist er ein reicher Mann gewesen seine Frauen getötet. Am nächsten Tage wird die Leiche, der Kopf über die Erde, im Hause selbst beigesetzt und mit Bananen­blättern zugedeckt. Dann werden Steine herumgelegt und ein Feuer gemacht. So schlafen dann längere Zeit die Verwandten neben dem Toten, die Männer auf der einen, die Frauen auf der anderen Seite.

In Neu- Mecklenburg und auf Neu- Hannover wird der Tote zu­erst auf Speeren im Dorfe herumgetragen und dann verbrannt. Ehe er eingeäschert ist, wird ein Stück von ihm an die Jünglinge des Dorfes verteilt. Dorfes verteilt. Dabei gibt es lautes Wehgeschrei; nach etlichen Wochen wird die Asche mit Kokosmußöl zu einem Brei angemacht, womit sich die Leidtragenden am ganzen Körper einschmieren. In den Rosselbergen wird der Tote in sizender Stellung mit Kalt be= strichen, dicht in Blätter gehüllt und so ganz einfach auf einem Querbalten unter dem Dach seines Hauses aufbewahrt. oft jahre lang.

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Alle diese Bräuche werden, wenn auch abgeschwächt, beim Tode von Kindern beobachtet. Ganz eigenartig ist folgendes: Bei den Mafufu läßt sich eine Frau, die ein Kind verloren hat, einen Finger

Tag der Toten.

An deinem Grabe habe ich gestanden, Du lagft gefällt, Genosse, Kamerad, Im Kampf für freies Volf und freien Staat. Verruchter Mord beging die feige Tat, Es wüteten die meuchlerischen Banden. Einst habe viele Gräber ich gesehen: Kreuz stand bei Kreuz in namenlosem Leid. Das war des Krieges grauenvolle Zeit, Millionen Gräber, fürchterlich gereiht, Millionen Herzen, die in Gram vergehen. Und dann ein Herbsttag, dumpf und schwer und grau; Ein Fleckchen Erde , Ruhstatt einem Knaben, Not, Hunger, Siechtum haben ihn begraben, Wir standen stumm, durchschüttelt, denn wir gaben Dem letzten Kind der armen Nachbarsfrau Den letzten Gruß, ein Frieren in den Anochen. O, wieviel Leben waren da zerbrochen... Ein stiller Sonntag, Freunde, Jahr um Jahr Gibt unsern Toten weihevolle Stunde. Es blutet nen die hundertfache Wunde, Die unter Kampf und Not verkapselt war. Das ist ein ernstes, heiliges Gedenken, Und diese Stunde soll Erfüllung sein, Weil über Leid, vollkommen, flar und rein, Wir in die Zufünft unsre Blicke lenken. Krieg sei dem Kriege, Krieg der blassen Not Und Krieg der Schmach von feizen Meuchelmördern! Der Freiheit dienen und die Zukunft fördern, Ist dieser Seierstunde streng Gebot. Nur wer das Leben ehrt, der ehrt den Tod! Henning Duberstadt.

amputieren umb ba bie Rinberfterblichkeit nicht gering ift, lo fleht mast dort oft genug Frauen, denen etliche Finger fehlen.

Einzelne australische Stämme dörren ihre Toten bei einem schwachbrennenden Feuer, um sie dann entweder in Astgabeln oder in röhrenförmigen Erdschächten beizusehen. Sie schleppen sie wohl auch auf ihren Wanderungen mit sich. Manche Stämme bestatten ihre Toten nicht ganz, sondern heben sich eine Hand, die Knochen eines Armes oder Beines, auf; diese Reliquien werden getrocknet und als Schußamulette um den Hals getragen.

In Zentralaustralien bringen sich die Männer, denen ein Ber wandter gestorben ist, am Oberschenkel tiefe Wunden bei, die sie durch Umschnüren flaffend erhalten; außerdem bemalen sie sich mit Kale und sengen sich Bart und Haare ab, desgleichen tun auch die Weiber.

Bei den Tinguianleuten, einer Völkerschaft auf den Philippinen, ist ein Begräbnis sowohl für die Witwe als auch für die männlichen Angehörigen des Verstorbenen eine sehr unangenehme Sache. Erstere wird während des drei Tage dauernden Leichenzeremoniells ges zwungen, unter einer weißen Decke hoden zu bleiben und wird Tag und Nacht von Wehklagenden bewacht und umgeben. Die Verwand ten bekommen aber am Morgen des dritten Tages jeder 150 Hiebe, ,.damit sie ebenso betrübt seien, wie die engere Familie des Toten...". Ein Gebrauch, der in bezug auf die Innigkeit der ver­wandtschaftlichen Beziehungen tief blicken läßt!

Auf den Andamanen, einer Inselgruppe zwischen Vorder- und Sinterindien, finden sich ebenfalls höchst sonderbare Totengebräuche. Die Angehörigen beschmieren ihren Kopf mit olivgrünem Lehm und bemalen den Körper mit gelbem Oder. Nach drei Monaten werden die Toten wieder ausgegraben; die Schädel werden rot bemalt und mit Fransen geziert. Hatte der Verstorbene eine Gattin, so muß diese einen solchen Schädel ihr Leben lang am Rüden mit sich herum­tragen! Ist keine Witwe vorhanden, so muß der nächste Angehörige diese Pflicht erfüllen.

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Alle diese Gebräuche, so abstoßend und zwecklos sie uns ers scheinen mögen, haben einen für die Ausübenden bedeutungsvollen Sinn; find es doch tiefverborgene, oft verdrängte Affekte in bezug auf den Toten, die darin zum Ausdrud gelangen und teilweise abreagiert werden. So findet zum Beispiel verborgener Haß gegen den Toten, der sich selbst nicht eingestanden werden durfte, durch manche dieser Beremonien seine Sühne. Die Wissenschaft der Ethnographie hat über all dies ein überaus reichhaltiges Material gesammelt; die Deutung desselben ist von der Psychoanalyse unternommen und oft mit Glück durchgeführt worden. Von hier aus fallen Lichter auf jene Vorstellungen, welche die primitiven Völker mit dem Tode ver binden und damit auf eine der Wurzeln, aus denen Religionen hervorgegangen sind.

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Aellefte Bibelhandschriften entdeckt

Zu den wichtigen Bibelhandschriften, die im letzten Jahrhundert aufgefunden wurden und die Textkritik der Bibel auf eine neue Grundlage stellten, tritt jegt nach einer Pause von etwa 25 Jahren eine neue Entdeckung, die keinem früheren Funde an Bedeutung nachsteht. Es handelt sich um eine Gruppe von griechischen Bibel- Papyri, die von einem englischen Handschriftensammler A. Chester Beatty erworben worden sind. Es handelt sich augen­scheinlich um die Bibliothek einer christlichen Kirche oder eines Klosters in Aegypten . Diese neuen Bibelhandschriften find, wie Sir Frederic Kenyon in einer Besprechung in der Times" hervor hebt, die wichtigste Bereicherung des Tertes der griechischen Bibel, die seit langem gemacht worden ist. Unter den 190 Papyrusblättern, die hier in verschiedener Erhaltung ver einigt find, findet man Terte aus 19 Büchern der Bibel, und zwar aus dem ersten, vierten und fünften Buch Moses aus dem Buch Esther, aus den großen Propheten Jesajas , Jeremias, Hefefiel und Daniel, aus dem Buch Jesus Sirach, aus allen vier Evan­gelien, der Apostelgeschichte, verschiedenen Paulinischen Briefen und der Offenbarung St. Johannes. Dazu kommt noch ein beträchtlicher Teil des verlorenen griechischen Tertes des apofryphischen Buches Henoch ". Der Umfang ist sehr verschieden verteilt und liegt zwischen 44 doppelreihigen Blättern des einen Genesis- Manuskriptes und einem einzigen Blatt im Falle des Jeremias. Eine besondere Be deutung erhalten die Handschriften durch ihr Alter. Unter ihnen finden sich nämlich die ältesten Handschriften der grie chischen Bibel, die bisher bekannt geworden sind. Ziemlich sichere Schäßungen verlegen die ältesten dieser Handschriften in das zweite christliche Jahrhundert, und zwar in eine ziem

lich frühe Periode dieser Zeit. Die meisten von ihnen scheinen dem dritten, einige dem vierten und das Buch Henoch den letzten Jahren des vierten oder dem Anfang des 5. Jahrhunderts anzugehören.

Alle Blätter gehören zu Kodices, das heißt sie find als Bücher geschrieben, nicht als Rollen, die bis zum vierten christlichen Jahr hundert die übliche Form der antiken Literatur waren. Man weiß feit einiger Zeit, daß die Koderform von den Christen bereits zu einer Zeit benutzt wurde, als die Heiden noch an den Buchrollen festhielten, aber der neue Fund zeigt die Benutzung des Roder be reits in einer früheren Zeit, als man bisher angenommen.

Die Fahrt durch das Silbermeer

Eine ungewöhnliche Erscheinung von märchenhafter Schönheit, die im Arabischen Meer Anfang September beobachtet wurde, wird von den Passagieren des Dampfers der Orientgesellschaft ,, Orsova " geschildert, die jetzt zu Sydney in Ausftralien angelangt find. Kurz nach Sonnenuntergang erhielt das Meer plöglich eine milchweiße und leuchtende Färbung. Eine Stunde lang war nur ein schwaches Leuchten zu bemerken, aber in der Zeit zwischen 8 Uhr und 11 Uhr abends verwandelte sich die ganze Wasserfläche um das Schiff, soweit das Auge reichte, in einen strahlenden Silberglanz, der immer heller wurde, bis das Meer schließlich vollkommen weiß erschien. Dunkle Wolken, die sich am Horizont auftürmten, bildeten einen merk würdigen Gegensatz zu dem leicht gewellten silbrigen Wasser. Gelegentlich tauchten dichte Massen von Gewächsen der Meeres­tiefe an der Oberfläche auf und verbreiteten sofort einen phos. phoreszierenden Schimmer, der immer stärker wurde, uis das Ganze weiß leuchtete. Dann hatte man den Eindruck, als wenn das Schiff an filbernen Inseln auf einem leuchtenden Meer vorbeifuhr. Es war ein so märchenhafter Anblid, daß wir ihn nie vergessen werden," erklären die Reisenden. Die seltsame Schönheit dieser geheimnis­vollen Lichtfülle hielt uns so magisch in ihrem Bann, daß feiner den Blick abwenden fonnte. Erst als der Mond erschien, erhielt das Wasser wieder sein gewöhnliches Aussehen, und wir erwachten mie aus einem Traum." Die Schiffsoffiziere ließen Boote herab und schöpften Proben des Meerwassers, das bei näherer Betrachtung ganz normal erschien. Später erfuhr man, daß von einem indischen Observatorium zu der Zeit, als die Erscheinung vor sich ging, ein Erdbeben verzeichnet wurde. Die Gelehrten in Sydney , die das Basser untersucht haben, glauben, daß das Phosphoreszieren durch minzige Meertierchen hervorgerufen murde, die unter gewissen Um ständen leuchten. Wahrscheinlich hat das Erdbeben zu diesem Schau­spiel beigetragen, indem es riesige Maffen von Seetang vom Meeresboden losriß. Als diese die Oberfläche erreichten, waren sie mit den Organismen bebedt und begannen zu leuchten.