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der Wirtschaft und bei dem geringen Grad der Beschäftigung Er­leichterungen erzielt werden können. Bei dieser Aufloderung der Tarifverträge sind örtliche Berschiedenheiten, zeitliche Aenderungen, branchenmäßige und betriebliche Unterschiede, die Leistungsunter­schiede der einzelnen Arbeitnehmerkategorien insbesondere zu berücksichtigen.

4. Kredit und Zins. Der Wirtschaftsbeirat bekräftigt die Auf­faffung der Reichsregierung und der Reichsbant,

daß alle Maßnahmen abzulehnen sind, die zu einer Inflation führen könnten.

Er ist demzufolge der Auffassung, daß alle notwendigen Kredit: maßnahmen im Rahmen der Organisationen der Reichsbank durch geführt werden müssen. Der Zeitpunkt für geeignete Maßnahmen der Reichsbank auf diesem Gebiete hängt davon ab, daß es gelingt, die Voraussetzungen für die Wiederherstellung der Wirtschaftlichkeit der Unternehmungen zu schaffen und dadurch das Vertrauen zur deutschen Wirtschaft im In- und Ausland auf breitester Basis wieder zu beleben. Es erscheint dem Wirtschaftsbeirat erforderlich, daß dann sofort die Reichsbant ihre Kreditpolitit dieser neuen Lage anpaßt und dadurch die Beschäftigungs­möglichkeiten der Wirtschaft erweitert. Aufgabe der Reichsregierung und Reichsbank ist es auch, alle erforderlichen und möglichen Maß­nahmen zur Stärkung des Devisenvorrats zu treffen.

Hinsichtlich der Zinsen ist der Wirtschaftsbeirat übereinstimmend der Auffassung, daß eine Senkung des Zinsniveaus für die gesamte deutsche Wirtschaft vom Geldmarkte aus als unbedingt notwendig anzuftreben ist.

Auf dem Geldmarkt find die Zinsen der Einlagen bei den Kreditinstituten die Grundlage der Zinsen für die Darlehen, die diese gewähren. Um in der schweren Zinsbelastung der Wirtschaft Erleichterungen zu schaffen, müssen deswegen die haben zinsen auf einen angemessenen Saz ermäßigt werden. Gleichzeitig sind die 3insspannen zwischen den Habenzinsen und den Zinsen der Ausleihungen zu verringern.. Senfung des Zinsniveaus auf dem Kapitalmärkt in Wechsel­wirkung zu den Zinsermäßigungen auf dem Geldmarkt hält der Wirtschaftsbeirat für dringend erwünscht.

Die Ansichten über die Wege, die zu diesem Ziele führen fönnen, waren geteilt. Einmütig aber wünschte der Beirat eine Einfluß: nahme der Reichsregierung auf die großen Träger des langfristigen Kredits, damit diese unter Rücksicht nahme auf die bei Durchführung des Wirtschaftsplanes zu schaffende neue Lage auch ihrerseits bei Verlängerung von Hypothefen den Zinsfuß ermäßigen, und daß sie dabei von Erhebung besonderer Gebühren absehen.

5. Deffentliche Tarife. Zur Herabsetzung der allgemeinen Lebens­haltungskosten, die bei Senfung von Löhnen und Gehältern zu einer unbedingten Notwendigkeit wird,

ist vor allem eine Senkung der Tarife der öffentlichen Unter­nehmungen erforderlich.

Der Wirtschaftsbeirat erkennt an, daß in dieser Hinsicht die Reichs­bahn ihre tatkräftige Mitarbeit zugesagt hat. Wenn auch eine Senkung der Bersanentarife und eine allgemeine Senfung der Frach­ten nicht möglich erscheint, so ist die von der Reichsbahn in Aussicht gestellte Senfung der Reichsbahntarife für einzelne für die Bolfs wirtschaft besonders wichtige Güter von größter Bedeutung.

Der Wirtschaftsbeirat hat davon zustimmend Kenntnis ge= nommen, daß die Reichsregierung es als ihre unabweisliche Aufgabe onfieht, durch nachdrückliche Einwirkungen auf die zuständigen Landes- und Kommunalbehörden auf eine fühlbare Herabsetzung aller übrigen öffentlichen Tarife, vor allem bei Straßenbahn, Gas und elektrischem Strom hin­zuwirken, um auf diese Weise Fehlbeträge, die etwa zunächst ein­treten, durch Konsumsteigerung auszugleichen.

6. Wohnungswirtschaft. Der Wirtschaftsbeirat hält eine her. absehung der Mieten durch Anpassung an die verminderten Einkommen für unbedingt geboten.

Auch durch Aenderung der Bestimmungen über die Wohnungszwangswirtschaft fann den Plänen der Reichsregierung entsprechend diese Bewegung wirksam unterstützt werden. Diese Pläne gehen dahin, den Abbau der Wohnungs­zwangsmirtschaft enger als bisher an die wirkliche Lage auf dem Wohnungsmarkt anzuschließen, was nicht nur für neue, sondern auch für bestehende Mietverhältnisse zu gelten hat.

Die Termine für das Ende der Wohnungszwangswirtschaft find 3wedmäßigerweise weiter vorzurüden. Voraussetzung dafür ist aber die Sicherstellung eines sozialen Miet­

rechts, insbesondere für die Inhaber der kleinen und kleinsten Woh­nungen und finderreiche Familien.

Ebenso tritt der Beirat den Plänen der Reichsregierung hin­sichtlich des Hauszinssteuer problems bei. Hiernach muß dieses sofort und endgültig geregelt werden, wobei allerdings eine sofortige völlige Aufhebung nicht möglich erscheint. Jedoch ist ein gestaffelter Abbau wünschenswert mit der Maßgabe, daß die Ablösung mit sofortiger Wirkung möglich ist. Ferner er­scheint eine Arbeitsbeschaffung aus Mitteln der Hauszinssteuer zwecks erleichterter Vornahme von Reparaturen für möglich und geboten; hierbei erscheint eine Nachprüfung der vollzogenen Repara iuren, gegebenenfalls durch die zuständige Handwerkskammer, zwed mäßig

7. Bankenorganisation. Im Rahmen eines Gesamtwirtschafts: programms spielen Fragen der Organisation des Bantwesens und der Berteilung der bankenmäßigen Aufgaben unter die verschiedenen Gruppen der Kreditinstitute eine erhebliche Rolle. Die in den Jahren nach dem Kriege, insbesondere in der Inflationszeit eingetretene Entwicklung des deutschen Bankwesens hat in Berbindung mit der allgemeinen Lage am Geld- und Kapitalmarkt zu bedenklichen Erscheinungen geführt, denen die Regierung ihre besondere Aufmerksamkeit zuwenden muß. Hierbei ist insbesondere auf Stär­fung der örtlichen Krediteinrichtungen im Interesse einer aus= reichenden Versorgung der mittleren und kleinen 1nternehmungen Bedacht zu nehmen.

Die Erreichung dieser Ziele wird größtenteils nur im Wege freiwilliger Vereinbarung zwischen den Beteiligten möglich sein. 8. Landwirtschaft. Bei den Erörterungen über die Lage der landwirtschaftlichen Betriebe, die bereits in Ziffer 3 berührt worden ist, nimmt der Beirat von dem Grundgedanken der Siche rung der Ernte im Osthilfegebiet Kenntnis. Da schon im Intereffe der Boltsernährung die ordnungsmäßige Fortführung der Betriebe mit allen verfügbaren Mitteln sichergestellt werden muß, hielt der Ausschuß eine Prüfung für geboten, wie weit diesem Erfordernis auch in den anderen Gebieten des Reichs Rechnung zu tragen ist, ohne aber die Kreditlage ber Landwirtschaft zu ver­schlechtern und die Kreditgeber zu gefährden.

Der Reichspräsident schloß darauf die Tagung des Wirtschafts­beirats mit einer kurzen Ansprache.

Bezirksverordnetenfraktion Charlottenburg. Heute, 19% 1hr, Frattionssizung mit Bürgerdeputierten im Rathaus Charlottenburg , Bimmer 1

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Bestechungsskandal in Potsdam

Logenbrüder, die einander in die Hand spielen

Ein Bestechungsskandal am Potsdamer Tief bauamt, der bis jetzt zur Verhaftung des Stadtbau­amtmannes Kiesling und des Architekten Gerbrach führte, hat die Potsdamer Bürgerschaft stark beunruhigt.

Der Standal fam, wie wir erfahren, nicht ganz überraschend, denn schon seit zwei Jahren ging das Gerücht um, daß der Stadt­bauamtmann Kiesling, der Mitglied der Sanssouci Loge in Botsdam ist, nur die Unternehmer bevorzugt, die gleichfalls in dieser Loge find. Diese Handwerker und Bauunternehmer sollen bei Vor­legung der Abrechnungen auf keinerlei Schwierigkeiten bei ihrem Logenbruder gestoßen sein, obwohl die Boranschläge zu den vor­gelegten Abrechnungen in feinem Vergleich standen. Der Fall der Restaurierung der Heiligengeist Kirche in Potsdam , wozu die Stadt beträchtliche Mittel aufgewandt hat, ist besonders schroff. Die Arbeiten zogen sich zum Aerger der Potsdamer Einwohnerschaft jahrelang hin, dabei soll ein Klempnermeiffer in Potsdam , der den Kirchturm ausbefferte, so reich geworden sein, daß er sich ein Haus, Autos und anderes mehr anschaffen konnte, obwohl er früher mittellos war. Auch er war ein Logenbruder von Kies ling. Der Durchstich zu Wald Potsdam" fostete drei- bis viermal Durchstich in Potsdam durchzuführen, den aber nicht der Mindest soviel, wie bei der Submission angegeben war. Einmal war ein bietende, sondern wieder ein Logenbruder des verhafteten Riesling übertragen erhielt. Das Finanzamt in Potsdam geht jetzt den Dingen mit aller Schärfe nach. Auch einem benachbarten Finanz­amt hatte ein Bauunternehmer etwa 140 000 Mart Schmiergelder gegeben, davon soll die Hälfte nach Potsdam gegangen sein.

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stich des Potsdamer Brauhausberges übertragen erhalten. Damals war Stadtbauamtmann Riesling bereits Leiter des Städtischen Tief­bauamts. Der Kostenanschlag der Firma foll unter dem der übrigen Konkurrenten gelegen haben. Bei sachgemäßer Prüfung hätte aber festgestellt werden müssen, daß die anderen Firmen weit leistungsfähiger waren und deshalb im Grunde auch preiswerter hätten arbeiten können. Daß dem so war, hat sich Grundlage von Einzelkonten eine Gesamtsumme, die der Stadt später auch herausgestellt: die Firma Dübener berechnete auf der Firmen. Diese Abrechnung ist von Kiesling gezeichnet und durch teurer zu stehen kam als die Angebote der nicht herangezogenen die Kasse ausgezahlt worden. Inzwischen hat der Magistrat den Vermessungsdirektor Weise vom Städtischen Tiefbauamt Potsdam Erstattung des Gutachtens wird in frühestens drei Wochen möglich als Sachverständigen zur Prüfung der Rechnungen berufen. Die sein, da es sich um sehr umfangreiche Rechnungen handelt. Bor allem interessiert sich die Polizei für die Feststellung, woher die 180 000 m. ft a m men, die Riesling erhalten hat. Der verhaftete Stadtbauamtmann verweigert über die Herkunft jede Mit­teilung.

Weitere Berhaftungen sollen bevorstehen. Man fpricht von fünf Potsdamer Bauunternehmern und von vier städtischen Schon heute vormittag find Magistrat und Stadtverordnete von Baubeamten. Botsdam zusammengetreten, um über die ersten notwendigen Maß­nahmen zu beraten. Man spricht davon, daß auch beim Bau des städtischen Krematoriums Durchstechereien stattgefunden haben. Ein Potsdamer Bauunternehmer soll schon vor einem Jahre erklärt haben, er hätte die ganze Stadtverwaltung in der Tasche. Das Eingreifen des Magistrats ist durch das Finanz­einem Jahre bei seiner Steuererklärung nicht weniger als 140 000 Mart Werbungslosten angegeben. Ueber diese auffallend hohe Summe befragt, hatte er frant und frei erklärt, daß es sich um Schmiera gel der für die Potsdamer Stadtverwaltung handle. Er habe an solchen Ausgaben nicht weniger als 80 000 M. zu ver­Magistrats angeblich zu keinerlei Ergebnissen geführt, die irgend­zeichnen gehabt. Damals haben die Ermittlungen des Potsdamer welche Weiterungen hätten zur Folge haben müssen.

Noch ein weiterer Bauskandal wird in Potsdam viel erörtert. Die Potsdamer Schützengilde hat sich aus städtischen Mitteln die Rawisburg in Wald Potsdam erbaut. Bei diesem Bau haben sich die Schützenbrüder gegenseitig betrogen. Sie gerieten in Geld- amt in Potsdam hervorgerufen worden. Dübener hatte schon vor schmierigkeiten, und die Stadt Potsdam bewilligte den Schüßen brüdern ein Darlehen trotz Widerstandes der Sozialdemokratie. Jeht stellt sich heraus, daß die Potsdamer Schüßengilde derart wadlig steht, daß der Magistrat ihnen ihre goldenen Schüßenfetten, die Silbergeschenke der Hohenzollernprinzen und die filbernen Ehren­geschenke gepfändet hat. Ketten und anderes Silberzeug sind in die städtischen Tresors gewandert, und beim Königsschießen müssen sich die Schüßenbrüder ihre Amtsketten gegen Quittung ausleihen. Wie wir weiter hören, soll bei der Bauabrechnung des Schützen­hauses eine Anzahl Belege verschwunden sein.

Der Skandal zieht weitere Kreise.

Aus Potsdam hören wir weiter, daß neben Riesling und Gerbracht noch andere Beamte des Städtischen Tiefbauamts in die Bestechungsaffäre verwickelt sind. Die Ermittlungen der Kriminalpolizei werden von Kriminalrat Degener und Kriminalkommissar Dr. Renau geführt und haben am Sonn­tag weitere interessante Feststellungen zur Folge gehabt.

Die Tiefbaufirma Gustav Dübener in Michendorf , Pots= Damer Str. 11 a, hatte durch öffentlichen Wettbewerb den Durch

Opfer einer Familientragödie

Hotelches erschießt Frau, Kind und sich selbst.

In der Krügerstraße 23 hat in der vergangenen Nacht der 35 Jahre alte Hotelpersonalchef Otto Frid seine 28 Jahre alte Frau Hildegard, geb. Seben, und sein 15 Monate altes Töchterchen Ursula er­schossen. Dann tötete er sich selbst durch einen Kopfschuß.

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Inwieweit der Potsdamer Magistrat und an seiner Spize Oberbürgermeister Dr. Rauscher ihrer Aufsichtspflicht nachgekommen sind, wird selbstverständlich gleichfalls Gegenstand einer genauen Untersuchung sein. In Potsdam spricht man davon, daß bei ge= nauerer Beobachtung der Aufsichtspflichten der Skandal schon früher hätte aufgedeckt werden müssen.

Wie uns aus Greisen des Berliner Magistrats mitge­teilt wird, hat die Baufirma Dübener vor mehreren Jahren im Auf­trage der Stadt Berlin beim Bau der Nordjüdtahn, und zwar beim nördlichen Teil der Seestraße, mitgewirkt. Es handelte fich um eine Strede von 400 Meter Länge. Eine Schädigung Berlins ist nach den bisherigen Feststellungen nicht eingetreten.

Unzulängliche Winterhilfe.

Wo bleiben Kohlen und Kartoffeln für die Erwerbslosen? Der Reichskanzler äußerte sich am Sonntagabend im Rundfunk über die Winterhilfe, wobei er u. a. folgendes ausführte:

,, Die Reichsregierung hat ihrerseits alles getan, um der elementaren Not zu steuern. Sie betrachtet diese Aufgabe auch weiterhin als eines der dringendsten Erfordernisse. Länder und Gemeinden haben ihre Reserven im Kampf gegen das Elend ein­gesetzt. Die Reichsregierung ist sich aber auch der Tatsache wohl bewußt, daß ihre Maßnahmen nur die unterste Grenze der Für­sorge darstellen können. Sie schüßen den einzelnen vor dem aller­schlimmsten dem Willen aber, auf dem Wege staatlicher Maß­nahmen weitere Hilfe zu bringen, steht die unerbittliche Tatsache gegenüber, daß staatliche Mehraufwendungen infolge der schwierigen Lage der Staatsfinanzen nicht möglich sind." Der Reichskanzler wandte sich im Verlauf seiner Ansprache insbesondere an die Hilfs- und Opferbereitschaft jedes einzelnen.

Frid war in einem Berliner Hotelfonzern in leitender Stellung tätig. Vor etwa vier Jahren heiratete F. und der Ehe entsproß das jetzt 15 Monate alte Töchterchen Ursula. Die anfangs har­monische Ehe wurde in den letzten Monaten sehr unglüdlich. Die Dinge spizten sich bald so zu, daß Frau Frick zu ihrem Anwalt ging und die Scheidungsflage einreichie. Trogdem wohnten die Eheleute noch zusammen und teilten auch weiter das gemeinsame Schlafzimmer. Der Mann versuchte wiederholt, seine Frau umzu­Bemühungen scheinen aber vergeblich geblieben zu sein. Am Sonn­stimmen und bat sie, die Scheidungsklage zurückzunehmen; seine tag gegen 23 Uhr hörten Mieter des Hauses Krügerstraße 23 in der Wohnung Frids mehrere Schüsse. Die Leute wurden stußig, beruhig ten sich dann aber wieder, da niemand von dem Ehezwist wußte und daher nichts Schlimmes befürchtete. Erst heute früh, als sich in Berdacht. Man rief den Vater der jungen Frau telephonisch herbei der Wohnung Fricks überhaupt nichts regte, schöpften die Nachbarn und ließ die Wohnung, da auf Klopfzeichen niemand öffnete, durch einen Schloffer öffnen. Den Eintretenden bot sich ein er­schütternder Anblid. In seinem Bettchen wurde das Kind mit einem Kopfschuß tot aufgefunden. Im angrenzenden Schlafzimmer lagen Frau Frid und ihr Mann ebenfalls mit Kopfschüffen tot in den In einem längeren Abschiedsschreiben teilt Frid die Gründe seiner Betten. Die Verlegungen müssen auf der Stelle tödlich gewesen sein. Tat mit. Danach hing er mit abgöttischer Liebe an seinem Töchterchent und bei der bevorstehenden Scheidung hätte er mit einer Trennung von seinem Kinde rechnen müssen. Das hätte er nicht überwinden können, und darum habe er beide mit in den Tod genommen. Die Leichen wurden beschlagnahmt und ins Schauhaus gebracht.

Der Vater als Mörder.

Im Keller des Hauses Krefelder Straße 7 in Moabit wurde der 26 Jahre alte Arbeitslose Hermann Blod schwer verletzt aufgefunden. Im Krankenhause stellten die Aerzte fest, daß eine Kugel in die rechte Schläfe eingedrungen und an der linken Seite des Hinterkopfes wieder ausgetreten war. Ehe der junge Mann noch verhört werden konnte, starb er. Nach den Angaben der Mutter foll sein Vater, der 56 Jahre alte Arbeiter Hermann Blod, als Mörder in Frage kommen. Im Laufe der Nacht wurde der alte Blod verhaftet. Im Berhör bestreitet er feine Täterschaft und behauptet, daß sein Sohn Selbstmord verübt habe.

Der Mann ist als Heizer bei der Firma Bolle beschäftigt, der Sohn, der bei derselben Firma tätig war, ist vor längerer Zeit abgebaut worden. Die Familienverhältnisse sind äußerst trübe. Bor einem Jahr wollte sich der alte Block von seiner Frau scheiden lassen. Sie willigte aber nicht ein. Jetzt schwebt ein Scheidungsverfahren, das von der Frau ausgeht. Nach Angaben der Frau hat ihr Mann den Sohn erschossen. Die Möglichkeit, daß der junge Hermann, von den häuslichen Familienverhältnissen abgestoßen, Selbstmord verübt haben tann, ist jedoch nicht von der Hand zu weisen.

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Die Reichsregierung hat in letzter Zeit felbft wiederholt er­flärt, daß in diesem Winter angesichts der großen Borräte an kartoffeln und kohlen niemand in Deutschland zu hungern und zu frieren brauche. Tatsächlich liegen auf den Halden der Zechen seit Monaten ungeheure Mengen von Kohlen, für die verzinst werden muß. Was die Kartoffeln anbelangt, so braucht in absehbarer Zeit fein Absatz da ist und deren Kapitalwert hoch man in diesem Winter nur davon abzusehen Sprit zu brennen. Diese Frage und das Problem der Belieferung der Arbeitslojen mit dem Reichskanzler und der Sozialdemokratie Kohle wird in der heute vorgesehenen Besprechung zwischen aller Ausführlichkeit zur Debatte gestellt werden.

Sflaref- Prozeß vertagt.

Willi Sflaret ertrantt.

in

Der Stlaret- Prozeß erlitt heute morgen eine unvorhergesehene Unterbrechung. Es sollten der Stadttämmerer Karding und Bürgermeister Scholtz vernommen werden. Es fam aber nicht dazu. Nach Eröffnung der Sigung teilte der Vorsitzende mit, daß Willi Sklaret ihm erklärt habe, er sei unpäßlich und könne deshalb der Verhandlung nicht beiwohnen. Er, der Vorsitzende, habe ihn deshalb zum Medizinalrat Dr. Störmer zur Untersuchung ge­schickt. Die Sigung werde deshalb bis 10 Uhr unterbrochen.

Nach Wiedereintritt in die Verhandlung berichtete Medizinal rat Dr. Störmer über das Ergebnis seiner Untersuchung: Willi Sklaret leide an verschiedenen chronischen Störungen, zu denen momentan eine afute Darmstörung hinzugefommen sei. Es sei deshalb begreiflich, daß Willi Stlaret der heutigen Verhandlung nicht beiwohnen wolle und Bettruhe wünsche. Auf die direkte Frage des Borsigenden, ob Willi Sklaret heute verhandlungs. unfähig sei, erklärte der Sachverständige: Ja. Oberstaatsanwalt Dr. Steineder beantragte Bertagung der Verhandlung auf morgen. Rechtsanwalt Dr. Pindar richtete an Dr. Störmer die Frage, ob Willi Stlaret morgen verhandlungsfähig sein würde, da der morgige Tag sich sehr anstrengend gestalten dürfte und Gegenüber. stellungen notwendig werden fönnten. Dr. Störmer ist der Ansicht, daß der Angeklagte morgen vor Gericht werde erscheinen können. Die Sigung wurde darauf auf mergen vertagt,