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Morgenausgabe

Nr. 553

A 278

48.Jahrgang

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Der Borwärts" erscheint wochentäg lich zweimal, Sonntags und Montags einmal, die Abendausgabe für Berlin und im Handel mit dem Titel Der Abend", Illustrierte Sonntagsbeilage Bolf und Zeit".

Vorwärts

Berliner Boltsblatt

Donnerstag 26. November 1931

Groß- Berlin 10 Pf. Auswärts 15 Pf.

Die einspalt. Nonpareillezeile 80 1. Reflamezeile 5,- Rin. Kleine An­zeigen" das fettgedruckte Wort 25 Pf. ( zuläffig zwei fettgedruckte Worte), jedes weitere Bort 12 Pf. Rabatt It. Tarif. Stellengesuche das erste Wort 15 Bf. jebes weitere Wort 10 Pf. Borte über 15 Buchstaben zählen für zwei Worte. Arbeitsmarkt Zeile 60 Pf. Familien. anzeigen Zeile 40 Pf. Anzeigenannahme im Hauptgeschäft Lindenstraße 3, wochen. täglich von 8 bis 17 Uhr. Der Berlag behält sich das Recht der Ablehnung nicht genehmer Anzeigen vor!

Bentralorgan der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands

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Mit dem Tode bestraft!"

Das Regierungsprogramm der Nationalsozialisten enthüllt: Maffenerschießungen und Hungersnot!

Die Nationalsozialisten haben bisher ihr wahres Pro-| des Wahnsinns der nationalsozialistischen Führung. Dies gramm nicht enthüllt. Sie haben angekündigt, daß sie es am Tage der Machtergreifung veröffentlichen würden. Sie haben höhnend erklärt: legal bis zur Machtergreifung wir dann tun, ist unsere Sache!

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was

Hier ist ihr wahres Programm. Es lautet: Hunger, Hunger! Erschießen, erschießen! Brutalste Militärdiktatur, Militärdiktatur, Todesstrafe, Todesstrafe,

Todesstrafe!

Jeder SA. - Mann wird Herr über Leben und Tod eines jeden Deutschen . Jede der dunklen Existenzen aus Hitlers Bürgerkriegsarmee erhält das Recht, jeden Bürger ohne Verantwortung zu erschießen. Es genügt, dem Befehl, auf die andere Straßenseite zu gehen, nicht Folge zu leisten, um von jedem beliebigen SA.- Mann erschossen zu werden.

Programm muß dem ganzen Volfe gezeigt werden, auf daß ein Erwachen durch die Reihen derer geht, die heute den Hitler Fahnen hirnlos und sinnlos nachlaufen. Sie müssen erkennen, daß Leute, die solches planen, niemals auf­bauen können, sondern nur zerstören, daß sie nicht Retter,

| sondern Toten gräber des deutschen Volkes sind! Das wahre Gesicht des Dritten Reiches ist enthüllt! Nun gilt es, alle Abwehrkräfte im ganzen Bolle dagegen zu meden. Das Leben des Volkes und die Existenz des Reiches werden von einer Woge des Wahnsinns bedroht. Sie darf und wird nicht Herr über das deutsche Volk werden!

Haussuchungen bei hessischen Nazis

Darmstadt , 25. November.

Mittwoch in gans Hessen Haussuchungen bei Auf Veranlassung des Oberreichsanwalts fanden am nationalsozialistischen Führern statt, so ins­An die Stelle des Gesetzes tritt der legalisierte Mord. besondere in der hessischen Gaugeschäftsstelle im Wer streift, wird erschossen. Wer einen Zentner Kar- Braunen Haus in Darmstadt , ferner in den Wohnungen toffeln verheimlicht, wird erschossen. Jeder Bauer, der des Stabsführers Hauptmann a. D. Wassung seine Bestände nicht bis zum letzten Pfund Kartoffeln angibt,( Darmstadt ), des Gerichtsassessors Dr. Beit, wird erschossen. Wer sich gegen den organisierten Amtsanwalt in Alzey , bei dem Landwirt Dr. Wag­Raubzug aufs Land zur Wehr seht, wird erschossen. Werner, Borheimer Hof bei Bürstadt , und bei Kapitän mudt, wird erschossen!

Das ist eine Enthüllung des Blutwahnsinns, der Grau­jamfeit, der Unmenschlichkeit! Es ist die Entfesselung der Bestie!

3um Mord den Hunger!

Die wirtschaftlichen Richtlinien, die in diesen Dokumenten enthalten sind, sind Zeugnisse krassester, kenntnislofer 3er störungswut. Schon der Versuch ihrer Durchführung müßte die Produktion in Deutschland restlos zerstören, er müßte Deutschland in das Chaos des Hungers und des Todes werfen, das Sowjetrußland unter der schlimmmsten und mörderisch­sten Form des Kriegskommunismus bis zum Jahre 1921 er­litt, als Millionen vor Hunger starben!

3erschlagung der Produktion, Raubzug aufs Land zur entschädigungslosen Beschlagnahme der Lebensmittel, mit der Folge, daß der Anbau stockt und die Ernährungsgrundlage zerstört wird alle jene entsetzlichen Fehler, die der Bolsche­mismus in Rußland hinter sich gelassen hat, sollen faltblütig über das deutsche Volf gebracht werden.

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Das ist die Bision des Dritten Reiches, wie sie sich in den Köpfen dieser wahnwitzigen Abenteurer malt: ein elendes, geknechtetes, hungerndes Bolt, das unter den Bajonetten der SA. zur Zwangsarbeit schleicht, und von der Zwangsarbeit zur Hungersuppe des Dritten Reiches! Es ist eine Orgie des Wahnsinns, die hier schwarz auf weiß von nationalsozialisti schen Führern niedergelegt worden ist!

Wenn diese wahnwißigen Pläne verwirklicht werden sollten, wenn auch nur der Versuch zu ihrer Durchführung unternommen werden würde, so würde Deutschland in einen blutigen Bürgerkrieg gestürzt werden, der hinter dem Bürgerkrieg in Rußland nicht zurückstehen, sondern ihn vielleicht noch übertreffen würde. Es wäre ein Stoß gegen das Leben des deutschen Volkes und gegen die Existenz des Deutschen Reiches, ein Unternehmen, das schließlich in die all gemeine Anarchie einmünden müßte!

Der Untergang von Recht und Freiheit und Lebensgrund­lage, die Entfesselung der Bestie im Menschen, das Wüten aller gegen alle anders läßt sich dies Programm nicht zu sammenfassen.

Das ist das geheime Programm der Na­tionalsozialisten!

Das ist das wahre Gesicht des deutschen Faschismus!

Die Untersuchung ist im Gange. Sie wird flären müssen, ob die Reichsleitung der NSDAP . diese Dokumente gekannt und gebilligt hat, ob sie an ihrer Abfassung beteiligt war. Aber alles tritt zurück hinter den Inhalt dieser Richtlinien. Es ist die Enthüllung der Hirnlosigkeit, der Unfähigkeit,

Ieutnant von Davison( Darmstadt ). Die Haus­suchungen erfolgten wegen des dringenden Ver dachts der Vorbereitung zum Hochberrat in der Leitung der NSDAP. , Gau Hessen . Sie begannen um 16% Uhr und dauerten bis in die Abendstunden. Vor Mitternacht ist kaum ein Ergebnis aus der Durchsicht des Materials zu erwarten.

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stadt gefahren. Diese Beratungen finden im Braunen Haus in München statt.

Das hessische und das preußische Innenminifterium, das Reichs­innenministerium und die Oberreichsanwaltschaft sind in den Besik von Bekanntmachungen und Richtlinien gelangt, die den Anlaß zu diesem Verfahren gegeben haben. Mitte September fand auf dem Borheimer Hof bei Lampertheim eine Besprechung der Führer des Gaues Heffen der NSDAP . statt. Es nahmen daran teil die nationalsozialistischen Führer und heutigen Landtags­abgeordneten

Hauptmann a. D. Wassung, Stabsführer der SA ... Gerichtsaffeffor Dr. Best,

der Gaufachberater für Landwirtschaft Dr. Wagner, der Wirtschaftsreferent Dr. Schäfer, außerdem Kapitänleutnant a. D. von Davidjohn und der Privatsekretär des Gauleilers von Hessen Stavinoga. Hitler , der ursprünglich am Mittwoch in Darmstadt Bei dieser Besprechung wurden Entwürfe beraten, abgeändert an den Beratungen zur politischen Lage in Hessen teil und dann gebilligt, die von dem Gerichtsassesor Dr. Best nehmen wollte, ist, wie mitgeteilt wird, nicht nach Darm- herstammen. Es handelt sich um eine Bekanntmachung über die

Mahnung der Gewerkschaffen.

Richtlinien der Regierung entsprechen einseitigem Unternehmerstandpunkt.

Der Bundesausschuß des Allgemeinen deutsche Wirtschaft immer tiefer in das Krisenelend ge­Deutschen Gewerkschaftsbundes nahm gestern führt, ebenso das dauernde Gerede von der weiter not­in eingehender Debatte Stellung zur politischen und wirt- wendigen Preissenkung. Es ist höchste Zeit, auf diesem schaftlichen Gesamtlage, und faßte seine Meinung über das Wege umzukehren. Regierungsprogramm in folgender Entschließung zusammen:

Die von der Regierung gezogenen Schlußfolge­rungen aus den Beratungen des Wirtschaftsbeirats geben einseitig die von den Unternehmern vertretenen Ansichten wieder. Sie entsprechen nicht dem Notstand des Arbeitsmarktes und der Wirtschaft. Sie enthalten weder einen Plan zur Arbeitsbeschaffung noch die Ankündigung der gesetzlichen 40 Stunden Woche mit dem Zwang zur Einstellung von Erwerbs­ losen .

Die Regierung gibt sich noch immer der Täuschung hin, durch Lohn- und Preissenkung eine Entspannung auf dem Binnenmarkt zu erzielen und die Konkurrenz fähigkeit Deutschlands auf den Auslandsmärkten zu steigern.

Die Gewerkschaften haben von jeher den künst lichen Preisauftrieb durch Hochschutzölle, Kar­tellbindungen und ähnliche Mittel bekämpft. Der Abbau solcher künstlich überhöhten Preise kann und muß ohne Lohnsenkung erzwungen werden. Die Gewerkschaften bekämpfen aber gleichzeitig den Gedanken einer allge meinen fünstlichen Preissenkung durch währungspolitische Mittel oder zwangsweisen Schnabbau. Der rücksichts­Ipse ohnabbau seit mehr als Jahresfrist hat die

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Es hat sich als völlig vergeblich erwiesen, die Kon­kurrenzfähigkeit gegenüber dem Auslande durch weitere Lohnsenkungen steigern zu wollen. Jede Lohnsenkung wird wie die Erfahrungen zeigen vom Auslande jo­fort als Lohndumping mit weiteren Abwehrmaßnahmen beantwortet. Sie zerstört gleichzeitig die Kauffraft des für die deutsche Wirtschaft ausschlaggebenden Binnen­marktes und muß außerdem zur Folge haben, daß das Defizit im Staatshaushalt verewigt wird.

De Einkommen der Arbeiterschaft ist auf der ganzen Linie in einem Maße gesunken, daß nicht nur die Existenz der Arbeiter, sondern auch die Qualität der Arbeit ernst­haft bedroht find. Damit steht zugleich die Zukunft der deutschen Wirtschaft in Gefahr, weil bei Hungerföhnen feine Qualitätsarbeit mehr möglich ist.

Der Bundesausschus erhebt deswegen entschieden sten Protest gegen die offenkundige Absicht der Reichs­regierung, die Kaufkraft der breiten Massen noch weiter zu schwächen. Er protestiert mit derselben Entschiedenheit gegen alle Absichten, an den rechtlichen Grundlagen des kollektiven Arbeitsrechtes Tarifverträge einzugreifen. zu rütteln oder im Wege der Notverordnung in die

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Den Bericht über die Verhandlungen des Bundesausschusses geben wir an anderer Stelle des Blattes.