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Suad

Derwisch: Das ,, Recht" der Frau

Die Dämmerung fällt über Konstantinopel  . Auch in Eyub, dem mur wenige. Aber mehr Licht wäre nicht gut, denn diese Gassen armseligen Biertel, flammen ein paar Gaslaternen auf. Es sind

sind nicht nach einem architektonischen Blan entstanden, sondern so wie die Armut baut, auf den Plägen, die man ihr überläßt. Für die Elendsquartiere ist das fahlgelbe Gaslicht die richtige Be­leuchtung. Die Holzhütten dieser Winkel lehnen sich aneinander, um sich gegenseitig vor dem Einsturz zu bewahren. Hungrige wilde Hunde streifen durch die Gassen, die Nase an der Erde. Bom Wasser her kommt die ewig feuchte Luft, die frank macht.

Vor einer Schenke steht eine Frau und wartet. Das Licht der Gaslaterne, an die sie sich lehnt, vertieft die Schatten ihres Gefichts und saugt das letzte bißchen Farbe aus ihren Wangen. Ihr Schleier flattert. Der Wind zerzaust ihr Haar und reißt an den Tüchern, in die ihr Kind gewickelt ist. Er dringt durch ihr dünnes Kleid bis auf die Haut. Sie friert und wartet regungslos feit dem frühen Nachmittag auf ihren Mann. Einmal wird er ja genug haben und herauskommen.

Nur in ihren Augen ist Leben. Sie läßt feinen Blick von der Tür. Wie Schatten gleiten die Vorübergehenden an ihrem Bewußt sein vorbei. Um sie ist der luftleere Raum der verlassenen Kreatur. Ihre Gedanken freisen unaufhörlich wie ein Rad. Ein Rad, das rückwärts läuft.

Trinfer war.

Vor sechs Jahren hatte sie sich verheiratet und war ein junges ahnungsloses Ding. Sie hatte nicht gewußt, daß ihr Mann ein Vor der Heirat hütete er sich so geschickt, daß sie es nicht bemerken konnte. Aber dann fing ihre Hölle an. Jahrelang hatte sie alles über sich ergehen lassen, Beschimpfungen, Quälereien, Schläge. Sie lief nicht fort, weil sie den grausamen Kampf ums Dasein kannte und ahnte, daß sie ihm allein nicht gewachsen war. Der nadte Selbsterhaltungstrieb zmang fie auszuhalten, denn Arbeit war vielleicht zu bekommen; sicher war mur, daß sie von dem Arbeitslohn nicht existieren fonnte.

Aber eines Tages, nachdem er sie im Rausch furchtbar geschlagen hatte, floh sie doch zu mitleidigen Nachbarn. Sie reichte die Scheidung ein, in dem festen Glauben, sie auf Grund der Tatsachen fofort zu erhalten, ohne zu ahnen, daß die einfachsten Tatsachen oft schwer zu beweisen sind. Sie erfuhr nun erst, daß man ein und dasselbe auch ganz verschieden auslegen fann, daß alfo auch alles beweisbar ist, menn man will. Dabei machte sie die Erfahrung, daß Leid nicht mitteilbar ist.

Run begann ihr monatelanger Kampf, denn sie konnte weder lesen noch schreiben und hatte kein Geld. Ihre Gesuche wurden hingefrizelt von gleichgültigen öffentlichen Schreibern. Sie sieht jezt noch vor sich, wie sie im Schatten der Platanen des Vorhofes figen. Sie riecht noch die Luft des Gerichtsgebäudes, der staubigen Treppen und der halbdunklen Säle. Das endlose Warten auf die Berhandlung im Gedränge der stidigen korridore wird wieder Iebendig. Die doppelsinnigen spißfindigen Fragen, die sie nicht be­griff, stachen in ihr Gehirn und verwirrten sie so, daß sie kaum die dürftigsten Angaben machen konnte. Als sie die gewandten Reden und die Fragen hörte, die mehr einem Verhör glichen, wußte sie, daß ihre Sache verloren war, noch bevor man es ihr sagte. Stumpf wartete sie das Ende der Verhandlung ab und blieb stumm, als der Richter verkündete, sie habe die nötigen Beweise für die Scheidung nicht erbracht.

Auf bleiernen Füßen schleppt sie sich hinaus. feit der beginnenden Schwangerschaft würgte sie. brach aus ihrem Körper, langsam fnickten die ein und sie fank zu Boden.

Die erste lebel Stalter Schweiß Knie unter ihr

In den Tagen, die auf die Gerichtsverhandlung folgten, war sie und saß nur horchend, vornübergebeugt, als müßte das noch nicht in einem Zustand vollkommener Gleichgültigkeit. Sie nicht mehr

Lebende ihr Rat geben.

Den Nachbarn, die sie aufgenommen hatten, ging es nicht gut. Sie hatten in ihrer Hütte einen einzigen Raum und viele Kinder. Sie teilten alles mit ihr, aber die Frau merkte, daß sie ihnen zur Last fallen würde, wenn sie länger bliebe. Eines Tages verschwand sie ohne Abschied. Sie ging die Häuser ab und suchte Arbeit. Nach vielen Tagen des Hungers, den sie nun für zwei litt und nach Nächten ohne Schlaf, hatte sie Glück. Sie fand Arbeit als Dienstmagd in einer Kneipe.

Vom Morgen bis zum Abend war sie auf den Füßen. Sie mußte Lasten tragen wie ein Mann und klagte nicht, denn sie war ihrem Herzen wurde von Monat zu Monat schwerer und als sie glücklich, ein Dach über dem Kopf zu haben. Aber die Last unter cines Tages zusammenbrach, warf man sie ohne weiteres auf die Straße.

ging sie zu einem Krankenhaus. Der untersuchende Arzt sagte ihr, Einen Tag lang irrte sie in der großen Stadt umher, dann daß die Geburt erst in einem Monat zu erwarten sei, dann solle sie wiederkommen. Nun lag sie wieder auf der Straße. Sie ging betteln und schlief Nachts da, wo sie sich gerade befand, in irgendeinem Treppenhaus oder Keller, oder einer Parkanlage. Aber Eines Tages überraschte sie eine Ohn­

das dauerte nicht lange.

macht mitten auf einer der belebtesten Straßen.

Sie erwachte nun wirffid) in einem Krantenhaus. Kurze Zelt darauf gebar sie ein Mädchen. Zehn Tage nach der Geburt ihres Kindes wurde sie entlassen.

Und nun lehnt die Frau mit dem weißen Geficht am Laternen­pfahl und wartet auf ihren Mann. Es blieb ihr fein anderer Weg Geräusch, mit dem sie an das User schlagen. Es klingt wie außer diesem oder dem, ins Wasser zu gehen. Das ist nicht weit von hier. Sie sieht die kleinen Wellen und hört das glucsende

spöttisches Gelächter.

Die Tür der Schenke fliegt auf. Ein breitschultriger Mann tommt heraus. Ekel, Angst und Haß verfärben das Gesicht der Frau. Er taumelt quer über die Straße. Da tritt sie ihm in den Weg. Sie bringt fein Wort aus der Kchle.

Er fährt zurück. Ihre Augen begegnen sich. ,, Ach so, du bist's! Na, was gibt's?"

Ihre Augen klammern sich an sein Gesicht, als würde sie jeden Augenblick umfinken. Sie stammelt etwas und weiß selbst nicht, ob es Beteuerungen, Entschuldigungen oder Bitten sind. Sie will ihn nur überzeugen von etwas, an das sie selbst nicht glaubt. Er sieht sie nicht an, nur das Kind, und bekommt ein verlegenes Gesicht. Sie spricht immer weiter auf ihn ein, wie unter einem 3wang, und dabei strömen ihr die Tränen unaufhaltsam über das Gesicht. Plötzlich sagt der Mann:

,, Na also meinetwegen! Los, fomm!"

Mit einer barschen Handbewegung zeigt er ihr, daß sie ihm. folgen soll. Ohne sich einmal umzudrehen, geht er den Weg nach Hause. Sie schleppt sich nach, das Kind fest an sich gedrückt. Mit jedem Schritt, den sie auf das Haus zu macht, sinken ihre Schultern

mehr ein. Sie weiß, sie geht in eine neue Eflaverei, aus der sie in ihrer dumpfen Unwissenheit feinen Ausweg und keine Hoffnung sieht.

Erich Krug: Grenzen des Lebens

Der griechische Schriftsteller Lucian, geboren um 125 nach| Unendliche Einhalt gebieten. Der wichtigste Bestandteil im Körper Christus, hat einmal als ein geiftvoller Jules Verne   des Altertums in äußerst phantasievoller Art eine Reise zum Monde geschildert. Dabei beschrieb er auch ausführlich die Lebewesen auf unserm Tra­banten. Die unheimlichsten Fabelwesen von geradezu unfaßlicher Größe ließ er in seiner Erzählung aufmarschieren. Diese Fehler, andere Weltförper mit den märchenhaftesten Lebensformen zu bevölkern, ist von phantasievollen Schriftstellern bis in unsere Zeit hinein gemacht worden. Wir dürfen jedoch auf Grund der modernen biologischen und physiologischen Forschungen mit aller Be­stimmtheit annehmen, daß auch das Leben an Geseze gebunden ist, die im ganzen Weltall gültig sind. Wenn also nach dem Leben auf anderen Weltförpern gefragt wird, dann ist es zunächst einmal notwendig, die Bedingungen zu untersuchen, die für das Vorhanden sein von Lebewesen auf der Erde erforderlich sind.

Nahezu überall ist auf unserem Planeten Leben vorhanden, an den Polen   wie am Aequator  , in der Luft, auf dem Erdboden, im Wasser. Selbst auf dem Grunde des Meeres, wohin nie ein Sonnenstrahl kommt, unter einem Druck von Hunderten von Atmo­sphären, hat es siegreich Fuß gefaßt. Ist das Gedeihen des Lebens etwa unbegrenzt? Nein; es wäre ein Irrtum, wollte man aus der großartigen Anpassungsfähigkeit alles Lebendigen diesen Schluß zichen. Wenn auch der Entfaltung des Lebens von der Natur ein großer Spielraum gewährt ist, so sind ihr doch gemisse Grenzen ge­zogen, die nicht überschritten werden können. Besonders find es bestimmte Temperaturen, die der Ausbreitung des Lebens bis ins

Andreas Ein Stuhl steht leer in Paris

Latzko:

Im Garten des Palais Royal  , wo einst das Herz" der großen| Stadt schlug, steht seit furzem ein Monument Camille Desmou­ lins  ', der mit seiner Ansprache an dieser Stelle den Sturm der Bariser auf die Bastille   entfesselte. Die Dekoration ist noch imme: unverändert, das Geviert der alten Säulengänge umrahmt die grüne Rafenfläche, auch der Frühstücstiost Philippe Egalités steht noch in der Mitte, nur der verglaste, halb unterirdische Berbindungsgang für die Dienerschaft, die nicht durch das Gedränge die Platten aus dem Palast in den Pavillon tragen konnte, wenn es dem Herzog beliebte, im Garten zu frühstücken, nur diese Spur der prinzlichen Haushaltung ist aus dem Bilde fortgewischt.

Die Stimme des Redners ist von denselben Mauern zurückge­prallt, an denselben Säulen kletterten die Neugierigen hoch, um den Jüngling zu sehen, der so furchtlos Aux armes!" rief, wo jetzt Luxusgeschäfte und vornehme Restaurants sich reihen, unter den Bögen ringsum wimmelten gefällige Dämchen vor den überfüllten Speisehäusern und Konditoreien, die im ersten Stock verschwiegene Kämmerchen für Liebende oder noch häufiger sogenannte Klubs" für Glücksspiele bargen. Es war eine recht passende Ergänzung, daß der Palast der Herzöge von Orleans von den zwei anstoßen­den und der gegenüberliegenden Seite des Vierecks hereinbezogen

schien in die Kette von Spielfälen und Stundenhotels, die würdig die Lebenshaltung der prinzlichen Eigentümer umrahmten.

Heute liegt der weite Rasenplatz wie eine verlassene Insel im Geviert der hohen Mauern, nur wie Gischt spritzt das Branden des Verkehrs aus den umliegenden Verkehrsstraßen herüber wer von der Rue de Rivoli   oder Rue St. Honoré her die Arkaden be­tritt, fönnte fast glauben, die Stadt sei plöglich verstummt, um der Gestalt aus Bronze zu lauschen, die zu ihr sprechen will.

Sanscoulottenarmeen vorantragen und den Ruf: ,, Vive l'empereur!" überdonnerte die Marseillaise  . Keine dynastische Hymne und keine dynastische Flagge störte die Illusion seiner Soldaten, direkte Nach­tommen der barfüßigen republikanischen Armeen zu sein.

Dieses altbewährte System, hinter der revolutionären Fassade zösischen citoyen" längst daran gewöhnt, zufrieden mit seinen theo­eine gewinnsüchtig- nationalistische Politik zu treiben, hat den fran­retischen Rechten, jede praktische Kontrolle der Regierung den Be­russpolitikern zu überlassen. Der Zylinder des Präsidenten sym­bolisiert berauschend die Souveränität des schlichten Bürgers, die und präsentiert vor dem Bratenrock! Was will man mehr? Ein­Spizen der Offiziersdegen senken sich, die Militärgewalt steht stramm mal im Jahre, am Tage der Republikfeier, kann jeder Franzose sein Teil Volksgewalt genießen, an den 364 anderen Tagen fümmert er sich um seine nicht um die Staatsgeschäfte, froh wie der Kauf­mann um den verläßlichen Kommis, auf den er alle zeitraubenden kleinen Kniffe und Griffe seines Betriebes abwälzen kann. Wichtig sind ja doch nur: Umsatz und Profit!

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Welche Farce, das ,, enfant terrible" der großen Revolution, den Stotterer Camille Desmoulins  , dem Angst um das Schicksal der Freiheit die Zunge löfte, in das Paris   von heute hineinzustellen, weil er es war, dessen Mut und Beredsamkeit das Bolk auf die Bastille hetzte! Nie gab es eine spikere Feder, die Obrigkeit und Autorität mit mehr Witz und Galle   bekämpfte. Jede Zeile des ,, Vieux Cordelier" ist an das erträumte, neue Europa   gerichtet, die eigene Nation wird jener begeisterungstrunkenen Zeit nur eine Art Borhut, berufen, die Ketten aller Völker fortzuschwemmen in Strömen französischen   Blutes.

Heute ist das französische   Gold der fluchbeladene Nibelungenhort, überall von der Arbeit gestürzte Dynastien wieder auf den Thron zu

aller Lebewesen ist das Eiweiß. Bei ungefähr 75 Grad Hige ge­rinnen salzhaltige Eiweißlösungen und werden zur Unterhaltung von Lebensfunktionen unfähig. Schon bei einer Temperatur von 40 bis 45 Grad werden Tier- und Pflanzenzellen abgetötet. Das ist aber noch feine absolute Lebensgrenze. Es gibt viele niedere Organismen, die weit höhere Temperaturen ertragen fönnen, ohne daß ihr Leben und Gedeihen beeinträchtigt wird. Berschiedene Bat­terienarten scheinen sich überhaupt erst bei sehr hohen Temperaturen richtig ,, behaglich" und lebensträftig zu fühlen. Lebende Algen hat man auch noch in dem ungefähr 90 Grad Cesius heißen Wasser der Geiser des Yellowstone- Barks in Nordamerika   gefunden. Man hat vorläufig noch keine ausreichende Erklärung für die Tatsache, daß die Organismen, je niedriger sie sind, eine desto größere Bider­standsfähigkeit befizen. Es wird vermutet, daß diese Wesen die hohen Temperaturen deshalb vertragen, weil ihr Eiweiß einen geringeren Wassergehalt hat als das der anderen Organismen, denn stande bis zu 100 Grad Celsius und mehr erhitzt werden kann, ohne praktische Versuche haben gezeigt, daß Eiweiß in wasserfreiem zu­daß es gerinnt. Auch sorgfältig ausgetrocknete Pflanzensamen wur­den verschiedentlich einer Hize bis zu 100 Grad ausgesetzt, ohne daß dadurch ihre Keimfraft verloren ging.

Aber auch tiefe Temperaturen fönnen verschiedene Lebewesen durch ihre Warmblütigkeit gegen die Winterkälte geschützt, so daß in unglaublichem Maße ertragen. Die Bögel und Säugetiere find diese nicht in den Körper eindringen kann. Die faltblütigen Tiere und die Pflanzen sind jedoch abhängiger vom Klima, da sie ungefähr die Temperatur ihrer Umgebung annehmen. Ihr Schuh besteht nun in einer großen Widerstandskraft gegen selbst außerordentlich starke Kälte. Fische und andere Kaltblüter vertragen sogar ein vor­übergehendes Einfrieren. Die tiefften Temperaturen, unter denen bei Kälteversuchen das Leben noch erhalten blieb, sind nach Lund­mark: für Fische-15 Grad Celsius, Frösche-28 Grad Celsius, Bakterien-200 Grad Celsius. Diese Grenzen gelten aber nur für Tausendfüßler-50 Grad Celsius, Schnecken-120 Grad Celsius, Leben im Ruhezustand, im Halbschlaf. Die Grenzen für tätiges Leben sind viel enger. Temperaturen von 0 bis 90 Grad sind unge­fähr diejenigen, die für eine Entwicklung der verschiedenen Lebensformen dienlich sind. Aber noch etwas anderes ist für das tönnen ja unter Umständen ohne Licht, einige fogar, wie wir durch Gedeihen des Lebens unbedingt notwendig: das Licht. Bakterien neuere Forschungen wissen, auch ohne Sauerstoff auskommen. Für die Pflanzenwelt jedoch ist das Licht unentbehrlich. Die Pflanze benügt die Kohlensäure der Luft, um den Kohlenstoff für sich zu ver­zugeben. Durch diese Funktion hat sie eine große Aufgabe erhalten, arbeiten und dabei den immer wieder benötigten Sauerstoff frei­denn fast alle Wesen der Erde leben von der Gnade der Pflanze. Die Zerlegung der Kohlensäure geschieht mit Hilfe des Chlorophylls, des Blattgrüns, das sich nur unter der Einwirkung des Lichts bildet.

Bei allen diesen Erfahrungen der Wissenschaft wäre es aber sehr voreilig, wollte man diesen skizzierten Grundriß der Lebens­notwendigkeiten, der nur auf Beobachtungen beruht, die auf unserer Erde gemacht wurden, als allgemeingültig ansehen. Es ist nicht unmöglich, daß die Entwicklung bei anderen chemischen und physi­falischen Voraussetzungen auch andere Wege einzuschlagen vermag, ohne dabei die Naturgesetze zu durchbrechen.

Zuerst erblickt man nur den Stuhl am Rande der schön gepfleg= ten Rasenfläche, der Redner hat den einen Stulpstiefel auf den ftrohgeflochtenen Sitz aus Metall gestellt, im Begriff hinaufzuheben, halb schon befreite Arbeitermassen unter die alte Fuchtelf Bergen tritt öfter der Rauhreif so stark auf, daß Bäume,

springen, so ist wohl vom Bildhauer die Deutung der Momentauf nahme gedacht. Wer aber aus dem Paris   von heute mit wachen Sinnen vor das Standbild tritt, wird cher von dem Eindruck über­rumpelt, der junge Revolutionär sei im Begriff herabzusteigen von seinem historischen Stuhl, entmutigt von dem Anblick des ausge­storbenen Gartens und der stumpfen Gleichgültigkeit der Masse, die draußen in rasender Eile vorbeistürmt.

Was könnte besser das Vorbeileben der Stadt an allen offi­ziellen Festlichkeiten illustrieren als die Tatsache, daß keiner meiner Pariser   Freunde über das Enthüllungsdatum des Standbildes auch nur annähernd Bescheid geben konnte. Biele wußten nicht einmal von seiner Eriſtenz, manche erinnerten sich dunkel, vor einigen Jahren etwas über ein Desmoulinsdenkmal gelesen zu haben, aber welcher intelligente Franzose beachtet noch den pathetischen Schwin­del, der von Amts wegen mit dem Scheinfultus revolutionärer leberlieferung getrieben wird?

Seit rund einem Jahrhundert, seit den Zeiten des Bürger­königs, ist es das Schicksal Frankreichs  , mit der Fiktion der repu­blikanisch- freiheitlicher Tradition genarrt zu werden. Selbst der große Napoleon   hieß seinen taiserlichen Adlern die Trikolore der

zurückzutreiben, gegen entsprechend rentable Monopole und Kon­zessionen versteht sich. Und während diese Interessen des Groß­tapitals die Politik des Landes bestimmen, wird die Galerie der Revolutionshelden um das Denkmal Camille Desmoulins  ' bereichert an der historischen Stätte eine falsche Orientierungstafel aufge­pflanzt die nur Provinzler und unreife Knaben auf den Leim der offiziellen Phraseologie locken kann.

Bären die unvermeidlich drohenden Folgen nicht, man fönnte lächeln, aber hinter dem falschen Aushängeschild brandelt die Gas­wo wolke der Gefahr und die Gefahr der Gaswolte, ohne daß ein Er­mecker sich fände für das schlafende Volk. Den letzten, dessen Stimme wie der Arm Simsons an verrosteten Herzriegeln rüttelte, den Red­ner und Führer Jean Jaurès  , haben sie niedergeknallt. Sieht man den leeren Stuhl im Palais Royal  , mit dem Stulpstiefel der Metall­figur, die wie zögernd noch am Boden flebt, man wünschte den ge­drungenen, stiernackigen Mann mit der lodernden Seele hinauf im Nu wäre der verlassene Garten im Herzen der großen Stadt wieder von einer entschlossenen Menge überflutet, wie im Juli 1789, als Camille Desmoulins   zum Sturm auf die Erzfeste der Unter­drückung rief.

die Bäume und Sträucher oft mit einem Rauhreif überzogen. Wo entsteht der stärkste Rauhreif? Im Vorwinter sehen wir Manchmal sehen die Aeste aus, als wären sie mit feiner Watte überzogen. In Laienkreisen hört man öfter, hoch oben auf den Bergen sei der Rauhreif noch viel schöner und stärker. Dies ist jedoch nur sehr bedingt richtig. Es gibt allerdings Berge, wo sich der Rauhreif viel stärker bemerkbar macht, als in den Niederungen. riffen zu erkennen sind. Aber nicht auf den höchsten Bergen macht Pfosten, Telegraphenstangen und so weiter faum noch in ihren Um­sich der Rauhreif so stark bemerkbar, sondern auf den Bergen von mittlerer Höhenlage. Auf den höchsten Bergen ist nämlich von Rauhreif viel meniger zu merken. Die Erklärung dafür ist sehr einfach. Der Rauhreif zeigt sich auf jenen Bergen am stärksten, deren Höhenlage ungefähr der Höhe der Winterwolfen gleich ist. Berge, deren obere Partien über die Höhenlage der Wolken hinaus­reif auf Bergen wie dem Brocken oder wie dem Ben Nevis   in ragen, haben auch nur einen geringen Rauhreif. Daher tritt Rauh­Schottland am stärksten auf. Dort macht der Reif im Herbst und Winter aus Gegenständen, die draußen sind, recht seltsame Gebilde.

Die erste Eisenbahn in Deutschland   wurde im Jahre 1835 auf der Strecke Nürnberg- Fürth dem Verkehr übergeben. Der deutsche  Bergbau benutzte aber schon im 16. Jahrhundert sowohl Holz- als auch Steingleise. Letztere kamen sogar schon bei den alten Griechen zur Anwendung.

Berantwortlich für Bolitik: Victor Schiff; Wirtschaft: 6. Klingelhöfer: Gewerkschaftsbewegung: 3. Steiner; Feuilleton  : Dr. John Schilowski; Lokales und Sonstiges: Friz Karstäbt; Anzeigen: Th. Glocke; sämtlich in Berlin  . Berlag: Borwärts- Verlag Gm b. S., Berlin  . Drud: Vorwärts- Buchdruckerei und Verlagsanstalt Paul Einger u. Co., Berlin   SW. 68, Lindenstraße 3. Sierzu 2 Beilagen.