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,, Girafantrag" gegen Gevering

Eine Razispielerei.

Ab und zu leisten sich die Nationalsozialisten auch einmal ein Späßchen. Der Preußische Pressedienst der Nationalsozialistischen Bartei" verkündet der Welt, daß der Landtagsabgeordnete Rube heim Oberstaatsanwalt beim Landgericht I, Berlin , Strafan­trag gegen den preußischen Innenminister Carl Severing gestellt hat.

Was ist das für ein Verbrechen, dessen sich Minister Sepering fchuldig gemacht haben soll? Der Polizeiminister hat nach Mei­mung des streng legalen" Stube in eine Amtshandlung der preu­Bischen Polizei eingegriffen und man höre und staune! Delift der Gefangenenbefreiung begangen!

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Es handelt sich um die Sistierung einiger Reichsbannermite glieder, die nach Schluß einer republikanischen Rundgebung am Dienstagabend im Herrenhaus megen Hochrufe auf die Republik und Severing unverständlicherweise von der Polizei sistiert wurden. Minister Severing, der danon sofort Kenntnis erhielt, hat be­fanntlich durch sein persönliches Eingreifen die Entlassung der Reichsbannermitglieder veranlaßt.

Zur Sache selbst sei bemerkt, daß die sinngemäße Anwendung bestehender gefeglicher Bestimmungen über die Bannmeile und der Rotverordnung durch untergeordnete Polizeiorgane auf keinen Fall dazu führen darf, Leute, die feinesfalls die Absicht hatten, be flehende Bestimmungen zu verlegen, die sich gegen die Gegner der Republik wenden, ausgerechnet wegen Hochrufe auf die Republik festzunehmen.

Es sei in diesem Zusammenhang auch daran erinnert, daß seiner Zeit beim Empfang Hitlers durch Hindenburg meder die Bestimmungen der Notverordnung noch die über die Bannmeile den die Absperrung leitenden Polizeioffizier veranlaßt haben, gegen die Ansammlung der Hitlerjünglinge in der Wilhelm­straße einzuschreiten oder gar etwa Hochrufer auf Hitler zu ver= haften.

Die Auslassungen Rubes hätten uns feinen Anlaß zu irgend­einer Aeußerung gegeben. Aber da ein Teil der Berliner Rechts­presse, der sich geradenwegs zu Handlungen der Hanffeilpartei macht, die gleiche Entrüstung" gegen Severings Eingreifen nach außen zur Schau stellt, so sei an die Duldung der Hitler= opation in der Wilhelmstraße hier ausdrüdlich erinnert. Sie hebt sich seltsam ab von dem Eifer, der gegen hochrufende Reichs= bannerleute angewandt wurde.

England treibt zum Zollfrieg.

3mmer mehr Einzelzölle.

London , 26. November.( Eigenbericht.) Die englischen Schutzöllner haben einen neuen Sieg über die Regierung oder genauer gefagt über die freihänd­lerischen Elemente in ihr errungen. Am Donnerstagnachmittag tündigte der Landwirtschaftsminister an, daß die Regierung in der nächsten Woche ein Ermächtigungsgesetz für die Berordnung Don Zöllen auf Frühgemüse und andere Frühprodukte vom Barlament verabschieden laffen werde. Ferner verfündete er, daß die Regierung das Prinzip des Beim ahlungszwangs für englischen Beizen angenommen habe. Man rechnet mit einem Bei­mahlungszwang von 15 bis 20 Broz.

Das ist das letzte Ergebnis des ständig wachsenden Drucks, der von den Borfämpferit bes Brotettionismus auf die Regierung aus geübt wird. Nach den Runciman 3öllen auf gewisse Fertigfabrikate, die am Mittwoch in Straft getreten find, find jetzt auch Zölle für Frühfartoffeln, Tomaten, Spargel, Gurfen, Schnittblumen somie Konserven zu erwarten, pon benen in erster Linie Frankreich . Belgien unb Holland betroffen werden. Diese Länder werden natürlich zu Gegenmaßnahmen greifen, und der Zollfrieg erscheint unvermeiblich. Bereits jetzt bekommt England die Folgen seiner neuen Handelspolitik zu spüren. Die 15prozentigen Zölle auf die englische Einfuhr, die Frankreich unter der Begründung der Bfundentwertung erhebt, sowie vor allem die Herabsehung der Einfuhrquote für englische Rohle von 80 auf 72 Broz. des Durchschnitts der letzten drei Jahre treffen die englischen Rohlenbergwerte in Wales sehr empfindlich. Die Regierung hat zwar im Unterhaus versprochen, bei der französischen Regierung

borstellig zu werben, boch ist ihre Position in einem Augenblick, in bem fie prohibitive Maßnahmen gegen die Einfuhr französischen Frühgemüses ankündigt, nicht fehr start. Trotzdem geht die Schuh­3ellwelle in England weiter. Schon werden Zölle auf Zuckerrüben, Fischereimaren, Eisen, Stahl ufm. verlangt. Das Ziel des Brotet tionismus ist, nach und nach so viele Einzelzölle burchzusehen, daß die Einführung eines Generaltarifs schließlich praktisch feine Verände­rung der Lage, sondern nur noch eine gefeßzgeberische Ordnung der tatsächlichen Verhältnisse bedeuten wird.

Acht Tote in Freiwaldau . Parlamentarische Untersuchung.

Prag , 26. November.( Eigenbericht.)

Die Zahl der bei dem Zusammenstoß mit der Gendarmerie ums Leben gekommenen Personen hat sich auf acht erhöht, da im Kranken­haus Freiwaldau zwei Berlegte ihren Bermundungen erlegen sind. Die Zahl der Berlegten beträgt 13 und bei der Gendarmerie 14; nier Gendarmen erlitten Gehirnerschütterungen. Der amtliche Bea right bestätigt, daß zwei Arbeiter im Rüden verlegt wurden. Die Verlegungen der Gendarmen sind entgegen dem von schweren Ver­mundungen sprechenden amtlichen Bericht mur geringer Natur. Der Gendarmerieoffizier, der den Befehl zum Schießen gab, ist nur an der Lippe perlegt und befindet sich in häuslicher Pflege.

Die nach Freiwaldau entfandte parlamentarische Untersuchungs­tommission hat ihren Bericht erstattet; er stellt fest, daß ein kom­munistischer Abgeordneter den Demonstrationszug ge­führt und nach den Kolbenstößen der Gendarmen gegen die voran­gehenden Frauen und Kinder, die Demonstranten zur Gegenwehr aufgefordert hat. Jedoch erklärt der Bericht, wenn der Bezirks­hauptmann( Landrat) das Kommando selbst geführt hätte, statt es dem Offizier zu überlassen, die mörderische Salve wohl nicht ge­fallen wäre.

Im Freiwaldauer Elendsgebiet verdienen die Stein- und Kalf­arbeiter, foment fie nod) in Arbeit stehen, wöchentlich 10,88 mart! noch Lohnabbauversucht der Unternehmer haben die Erregung gesteigert und bereits einen Streif hervorgerufen.

Regierungsffurz in Australien . Die Bundesregierung erhielt bei der Abstimmung mur 32 Stimmen gegen 37 Stimmen der Oppo. fition. Dem Finanzminister Theodore wurde von der Opposition parteiliche Berwaltung der Unterstüßungsgelder für Arbeitslose vor gemorfen. Man rechnet mit Neumahlen vielleicht schon im Januar.

Zwangs­Arbeit 347

A

Blick ins Dritte Reich.

Requisitions Schein

Zwangs­Arbeit 348

Zwangs Arbeif349

9.

Genau nach dem Regierungsprogramm der Nazis zusammengestellt.

Laval und die Reparationsfrage.

Für Brüning- gegen die deutschen Nationalisten.

Paris , 26. November.( Eigenbericht.)

In der Kammer antwortete am Donnerstag nachmittag Ministerpräsident Laval auf die verschiedenen Interpellationen über die Außenpolitit. Das Haus und die Tribünen waren start besetzt. In der ersten Reihe der Diplomatenloge sah man den deut­fchen Botschafter von Hoesch.

Laval beschränkte sich in seiner Rede, die kaum eine halbe Stunde dauerte und nichts Neues brachte, auf eine Erläuterung der internationalen Verhandlungen und Besprechungen, die seit 3u1i stattgefunden haben, und schloß daran einige Bemerkungen über die Ideen und Grundsäge, die die französische Regierung bei den kommenden Reparationsverhandlungen verteidigen merde". Bährend Laval in dem ersten historischen Teil seiner Ausführungen äußerst herzliche Worte über Brüning und die wahrhafte Entente" fand, fennzeichnete er im zweiten Teil die Haltung Deutsch lands und verteidigte das Recht Frankreichs auf Repa ratinnen ir einer Weise, die ihm zwar den stürmischen Beifall der Rechten und der Mitte brachte, in Deutschland aber Mißfallen erregen muß. Allerdings nuß man anerkennen, daß der Minister präsident jede derartige Aeußerung sofort durch verständnis polle Worte über die Lage Deutschlands abschwächte und die Bereitwilligkeit Frankreichs erflärte, dieser Lage Rechnung zu tragen. Ferner darf man nicht vergessen, daß Laval aus inner politischen Gründen gezwungen ist, auf die Auffassung seiner Rechtsmehrheit Rücksicht zu nehmen. Wenn man in Anbetracht dieser Tatsachen die Bilanz aus seiner Rede zieht, fommt man zu dem Ergebnis, daß Frankreich bei den kommenden Reparationsverhandlungen unter Borbehalt der Respektierung der Verträge eine versöhnliche Haltung einnehmen wird.

Frankreich flattfänden.( Stürmischer Beifall rechts und im Zentrum.)

Ohne die Würde des deutschen Volfes zu verlegen, habe er das Recht und die Pflicht, so zu sprechen. Die Vorbedingung für normale Be ziehungen zwischen Deutschland und Frankreich sei die vertrauliche und normale Zusammenarbeit zwischen beiden Völkern.

die Einberufung des Sachverständigenausschusses, ein. Er erklärte, Laval ging dann auf den deutschen Antrag, betreffend Frankreich werde bei den kommenden Berhandlungen von Deutsch land die Achtung der gegebenen Worte und Unterschriften verlangen. Die Haager. Ablommen feien auf der Basis einer vollkommenen Gleichberechtigung abgeschlossen worden. Frankreich ) merde sich aber nicht weigern, die Bedingungen und Modalitäten für einen neuen 3ahlungsplan während der Zeit der wirtschaftlichen Depression zu prüfen. Es liege im Interesse Frankreichs und aller anderen Staaten, daß Deutschand wieder zahlungsfähig merde. Auf eine Berringerung der Reparationen fönne Frankreich nur eingehen, wenn eine gleich hohe Herabfehung der Kriegsschulden erfolgt fel. Frankreich fönne feine Priorität der furzfristigen Kre­bite por den Reparationszahlungen anerfennen. An dem Prin zip der ungeschütten Zahlungen des Young Plans fänne Frankreich ebenfalls nicht rühren lassen.( Großer Beifall rechts und in der Mitte.)

auf alle Fragen zu antworten, die von den Fraktionsrednern gestellt. Im Anschluß daran erklärte sich der Ministerpräsident bereit, mürben.

Frankreich genieße zur Zeit ein unvergleichliches Prestige. Zusammenfassend erklärte Laval am Schluß seiner Rede: Es hege teinerlei Hegemoniepläne, es hat feinen Ehrgeiz. Es mill bem alten Ideal dieser Zivilisation dienen und den wahren Frieden schaffen. Für diese Aufgabe, der sich die Regierung gewidmet hat, mitte. Die Radikalen und die Sozialisten hatten sich wäh verlange ich Ihr Vertrauen."( Großer. Beifall Rechts und in der rend der ganzen Rede vollkommen schweigend verhalten.). Es wurde beschlossen, die Debatte in einer Nachtsigung fortzusetzen. Franklin- Bouillon verursacht Sturmszenen.

Laval begann seine Rede mit der Erklärung, daß die Regie­rungschefs nie eine so große Berantwortung zu tragen gehabt hätten Handeln aufgefordert. Es sei leicht, dieses zu verlangen, aber wie jetzt. Verschiedene Interpellanten hätten die Regierung zum weniger leicht, die Worte in die Tat umzusehen. Er habe der Kammer vor den Berhandlungen persprochen, die Unterschrift Frant reichs nicht ohne die Zustimmung des Barlaments zu engagieren. Dieses Bersprechen habe er gehalten. In seiner ersten einstündigen Pariser Besprechung mit Brüning hätten Brüning und er ihre Etandpunkte dargelegt. Sie hätten sich schäßen und achten gelernt, und er, Laval , könne der Kammer nicht sagen, wie ergreifenb diese Aussprache gewesen sei. Leider habe sich schon bei dieser Gelegenheit gezeigt und später in London bestätigt daß es un möglich sei, Deutschland eine sofortige Unterſtügung zu geferenz eingetreten fei. währen. Allein Frankreich habe einen Plan gehabt. Es habe eine internationale Anleihe zugunsten Deutschlands vorgeschlagen, aber die Garantien der Regierung für die Anleihe hätten von ge wissen Pfändern und gewiffen politischen Maßnahmen seitens Deutschlands abhängig gemacht werden müssen, die sich als un durchführbar erwiesen hätten.

Der Empfang in Berlin

sei durchaus herzlich gewesen und habe feinen Miston hinterlassen Die Reise nach Washington habe man mit großen Hoffnungen erwartet. Es habe sich aber bei den Besprechungen Heffnungen erwartet. Es habe sich aber bei den Besprechungen mit Hoover nicht um eine Konferenz, sondern um eine Aussprache über eine aktivere Politif internationaler Zusammenarbeit ge handelt Damit hätten Hooner und er nicht nur den Interessen Frankreichs und Amerikas , sondern denen der ganzen Welt gedient. Hoover und er hätten sich darüber verständigt, daß an Stelle des außerordentlichen Hoover- Regimes in bezug auf die Reparationen mieder das normale System des Young Plans treten solle.

Zu dem zweiten Teil seiner Ausführungen übergehend, be. mertte Laval zunächst, daß Frankreich seit dem Bersailler Vertrag ständig große Opfer gebracht habe. An dem geheiligten Charakter der Reparationen müsse Frankreich aber festhalten. Deutschland fchmenderische Ausgaben und für den Ausbay seiner Industrie ver­habe sich auf dem Anleihewege Gelder beschafft, die es für ver. mandi habe. Als diese Gelder aber fällig geworden seien, habe es sich zahlungsunfähig erklärt. Als Gläubiger Deutschlands habe Frankreich das Recht, diese Politik schrf zu fritifieren.( Großer Beifall rechts und in der Mitte.)

Ueberaus zahlreich feien die nationaliffifchen Kundgebungen in Deutschland , an denen ein großer Teil der Wählerschaft teil­nehme. Er erfenne zwar das Eleud des deutschen Volfes in jeder Weise an, müsse aber die Frage stellen, was man in Deutschland fagen würde, wenn derartige Sundgebungen in

In der Nachtfihung verursachte eine nationalistische herede des Abg. Franklin- Bouillon mehrfache Sturm­fzenen, befonders als der Redner Caval daran erinnerte, daß er als Sozialist während des Krieges für die Entfendung einer fran­3öfifchen Delegation zu der Stockholmer Sozialistenton­

Außerdem geriet Franklin- Bouillon mit den Sozialisten in Konflikt, als er der deutschen Sozialdemokratie ihre Unterstützung der Regierung Brüning vorwarf. Die franzöfifchen Sozialisten, so meinte er, begrüßten die Einigkeit in Deutschland , nicht aber im eigenen Lande. Darauf gab es einen minutenlangen schweren

Krach im ganzen Hause.

Die sozialistische Fraktion hat für den Abschluß der De batte eine lange Resolution eingebracht, in der u. a. erklärt wird, daß die Mittel zur Bekämpfung der Krise in einer inter­nationalen Aktion der Zusammenarbeit und Splidarität ge­franzöfifchen Annäherung aufgebaut sein und in einer lucht werden müsse; daß diese Zusammenarbeit auf der deutio= europäischen Organisation fortgesetzt werden muß, die auf eine Sta­bilisierung der Währungen, Erhöhung des Warenaustausches, Re­gelung der Produktion und Erhöhung der Kauftraft hin­bielt; daß die Vorbedingung für sie die Organisation des Friedens und die allmähliche Herabsehung der Rüstungen bis zu einer gleichzeitigen und kontrollierten Ab­rüstung set. Die Kammer fordere daher die Regierung auf, die entsprechenden Maßnahmen zu treffen, u. a. das Abrüftungsmemorandum vom Juli durch ein neues zu ersehen, das dem Geist des Bölferbundspattes und dem Willen der Völker entspricht, und gehe zur Tagesordnung über.

Die Entschließung enthält also zwar weder den Ausbrud des sich aber durch ihre Schlußforderung deutlich gegen den Striegs­Bertrauens noch des Mißtrauens gegenüber der Regierung, wendet minister Maginot. Die Radikale Fraktion hat unter Herriots Borfiz beschlossen, für die sozialistische Resolution zu stimmen.

Philipp Snowden ist als Ersatz für das Vertrauen der Arbeiter sum Lord Ickenham ernannt worden. In Purpur und Hermelin gehüllt, unter den hierbei üblichen Seremonien, hielt er seinen Einzug in das Haus der Lords. Die wenigen arbeiterparteilichen Mitglieder fehlten.