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Die französischen   Nazis.

Gesprengte internationale Abrüftungskundgebung in Paris  . Paris  , 27. november.( Eigenbericht.)

Unerhörte und eines zivilisierten Volfes un würdige Sze. nen spielten sich heute abend im Pariser Trocadéro ab. Der fran­zöfifche Nationalismus hat dort vor mehreren tausend Vertretern ucn 30 Nationen, die sich zu einer 2brüftungsfundgebung ein­gefunden hatten, sein Antlitz enthüllt. Die Kundgebung bildete den Abschluß eines Abrüstungstongresses, der auf die Initiative Lord Robert Cecils einberufen worden war und an dem auch eine ffarte deutsche Delegation, bestehend aus Bertretern der Liga für den Bölkerbund, des Reichsbanners, zahlreicher fatholischer und jüdischer Friedensverbände usw. tellnahmen. Gegen diefen Kongreß hatten die nationalistischen Zeitungen, allen voran das Echo de Paris" und die Coty  - Blätter als gegen eine ..prodcutsche Veranstaltung" protestiert..

Auf Grund dieser Proteste hatten Mitglieder zahlreicher nationalsozialistischer Hehverbände beschlossen, an der öffentlichen Schlußfundgebung im Trocadero feilzunehmen, um diese zu sabofieren.

Kaum hatte Herriot  , der den Vorsitz führte, seine Be­grüßungsanfprache begonnen, als sich von allen Seiten des Riefen­faales ein

ungeheures Protestgebrüll

erhob, das Herriot   das Weitersprechen unmöglich machte. Nach mehreren derartigen Unterbrechungen konnte Herriot   schließ­lich unter einem ohrenbetäubenden Lärm seine Rede vollenden. Als dann aber ein Vertreter der katholischen Liga für Frieden und infernationale Gerechtigkeit zu sprechen begann, war es mit der Ruhe vollkommen vorbei.

Jeht begannen die anwesenden Mitglieder der pazifistischen Berbände eine energische Säuberungsaktion, da Polizei nicht im Hause, sondern nur außerhalb anwesend war. Es begann ein

Ringkampf um die Logen,

in die fich nationalistische Führer mit ihren Anhängern eingenistet hatten. Unter Führung des radikalen Abgeordneten Pierre Cot  und des Bölkerbundsdelegierten Profeffor Cassin wurden die Radau­macher an die Luft gesetzt.

Etwa eine halbe Stunde lang bildete das Trocadéro einen wüsten kampfplah, während die Redner weitersprachen, ohne daß natürlich ein Wort zu verstehen war. Frau Couise Weiß, die Leiterin der Wochenschrift Europe Nouvelle" und Organisa­forin des Kongreffes, wurde besonders unanständig behandelt. Da fie mit etwas hoher Stimme sprach, wurde ihre Rede durch ständiges iterifi" und Zwischenrufe wie Mach, daß du in die Rüche tommst", unterbrochen.

Schließlich stimmten die Flegel die Marseillaise  " an, während andere Nach Berlin  " brüllten.

Noch unerhörter wurde die Kundgebung, als der Zentrums­abgeordnete 3oos das Wort nahm. Bon verschiedenen Seiten des Sacles brüllte man ihm zu:

Die Zarnung. 2 KOMMUNISTEN PUTSCH

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" Hinter diesem Schuhschild findet uns fein Oberreichsanwalt!"

Landtagspräsident Wittmaack.

Der Landtag bis zum 15. Dezember vertagt.

3m Preußischen Landtag wurde am Freitag der Abgeordnete| schen Unanständigkeit leidet das Ansehen des Wittmaad- Magdeburg( S03.) mit 250 Stimmen zum Prä­fidenten des Landtages gewählt. Der kommunistische Kandidat Kasper erhielt 33 Stimmen. 66 Jettel waren unbeschrieben und eine Reihe von Stimmen zersplittert.

In namentlicher Abstimmung wird dann der deutschnationale Mißtrauensantrag gegen den Kultusminifter Grimme mit 219 Stimmen der Regierungsparteien gegen 173 Stimmen der Opposition abgelehnt.

Entsprechend dem Borschlag des Geschäftsordnungsausschusses wurde ohne besondere Abstimmung einstimmig die Immunität des wirtschaftsparteilichen Abgeordneten Ladendorff aufgehoben. herausstellt, wurde der Landtag bis zum 15. Dezember verlagt. Als bei einer späteren Abstimmung sich die Beschlußunfähigkeit

antragten die Kommunisten, sofort über einige neue von ihnen ein­Zu Beginn der Freitagsigung des Preußischen Landtages be­gebrachte Anträge zu verhandeln, das Verbot des Rotfrontkämpfer­bundes aufzuheben und einen Untersuchungsausschuß über die Für forgeerziehungsanstalten einzusetzen. Bon sozialdemokratischer Seite wird der sofortigen Beratung widersprochen. Sie fann also nicht stattfinden.

,, Salt die Schnauze!" ,,, Das stinkt nach Sauerkraut" und ähnliche feine Worte. Inzwischen war der Saal von den rüfteffen Schreiern gesäubert worden, so daß Cord Cecil in einer verhältnismäßig ruhigen Situation das Wort nehmen konnte. Da er aber caglifd) sprach, wurde ihm von verschiedenen Seiten zugebrüllt: Sprechen Sie in Frankreich   französisch." Der Platz vor dem Trocadéro war inzwischen in eine Art Bc. Tagerungszustand versetzt worden. Ueberall hatten starte tag Bolizei und Gardeabteilungen mit Stahlhelm Aufstellung genom- Wittmaad( S03.).

men.

Berschärfte Bankenkontrolle!

Auf der Tagesordnung steht die Wahl des neuen Land agspräfidenten. Gemahlt wird mit 250 Stimmen Ahg.

Abg. Bittmaad( Goz.)

Das fordern die Einleger der Ladendorff- Bant. Die Bersammlung, die am Donnerstagabend von den Gläu­bigern der Bant für Handel und Grundbesig im Lehrerver- bemühen, das Vertrauen aller Abgeordneter zu erwerben. Ich werde einshaus abgehalten wurde, mußte schon vor Beginn poli­zeilich geschlossen werden. Hunderte erhielten feirien 3u­tritt. Das zeigt, wie groß die berechtigte Empörung in den Reihen der Geschädigten ist; das zeigt auch den Willen, das juristische und moralische Recht geltend zu machen.

übernimmt den Vorsiz des Hauses, und dankt für die große Stimmenzahl, die sich auf ihn vereinigt hat: Ich fann aber nicht leugnen, daß ich noch lieber einstimmig ge wählt worden wäre.( Seiterfeit.) Der Präsident muß getragen sein vom Vertrauen des ganzen Hauses, und ich werde mich darum die Geschäfte des Hauses ernst, fachlich und gerecht, uparteiisch, aber mit fester Entschlossenheit zu führen suchen. Ich kenne die Aufgabe feitigkeit herrschen: die Minderheit darf auch nicht versuchen, das des Präsidenten, die Minderheit zu schützen. Aber hier muß Gegen­Recht der Mehrheit und das Recht des ganzen Barlaments anzu Was die Einleger und Sparer der Bank für Handel und schlossen. Mein Leitfaden dabei wird die Geschäftsordnung des tasten. Solche Versuche zurückzuweisen bin ich gleichfalls fest ent Grundbesig- ausnahmslos Handwerker, fleine Unternehmer, Hauses sein. Mißachtung und Mißbrauch der Geschäftsordnung Hausbefizer zunächst verlangen, ist die Fortführung der Bank werde ich von niemandem dulden. Bei gutem Willen lassen sich die für Handel und Grundbesiz. Neben dem unverantwortlichen Beschärfften Gegenfäße in fachlichen Formen austragen. Ich habe es trug der leitenden Herren sei für den Zusammenbruch die Wirt stets bedauert, daß so viele Menschen, die sich in ihrem Brivatleben schaftsfrise verantwortlich. Die Gläubiger vertreten die An- einwandfrei bewegen, im politischen Stampf jeden Sinn für Gerech sicht, daß die Reichsregierung verpflichtet sei, zu helfen, da tigkeit und Anstand vermissen lassen. Unter diesen politi. sie nach der Bankenkrise im Juli durch Rundfunkreden und groß­zügige Propaganda immer wieder um das Vertrauen der Einleger zu Banken und Sparkassen geworben habe. Dadurch habe die Re gierung eine moralische Berpflichtung übernommen, da ja der ein­fache Mann aus dem Volke dem Firmenschilde nicht ansehen könne, ob die dahinterstehende Bank gut sei oder nicht. Wenn wir", so etma führte Rechtsanwalt vom Berg unter stürmischem Beifall der

übernimmt"

-

Staates und der ganzen deutschen   Nation.( Lebhafte Zustimmung.) Ich werde mit fester Hand alles tun, was notwendig wir dadurch richtungweisend und nachahmungheischend für das ist, um die Würde des Parlaments zu schüßen. Vielleicht können politische Leben des ganzen Landes werden.( Stürmischer Beifall und Händeklatschen, besonders bei den Soz.)

Der deutschnationale Mißtrauensantrag gegen den Kultus. ( Bravo  ! bei den S03.) minister Grimme wird mit 219 geen 173 Stimmen abgelehnt.

Unter Ablehnung aller Abänderungsanträge tritt das Haus den Feststellungen der Untersuchungsausschüsse über die Preußenkasse und das Verhalten der Regierung beim Boltsbegehren Freiheits­geset" bei.

Entgegen dem Antrag des Unterrichtsausschusses, zu den Rot­verordnungen der preußischen Regierung auf dem fulturellen Gebiet den Wunsch auszusprechen, daß die Regierung eine Staffelung der erhöhten Studiengelder auf den Universitäten in Aussicht nehmen möge, beschließt das Haus gegen Sozialdemokraten und Kommu nisten, diese Staffelung abzulehnen.

Es folgen die Abstimmungen zur neuen Geschäfts­ordnung.

Die fommunistische Fraftion beantragt 165 namentliche Ab­ftimmungen.

Abg. Bord( Dngt.): Diese Abstimmungen mürden uns vierzig Stunden fosten. Ich beantrage, von der Durchberatung der neuen Geschäftsordnung Abstand zu nehmen. Unsere Borarbeiten bleiben bestehen, und die endgültige Beschlußfoffung fann beim neugewählten Bandtag liegen.

Abg. Stieler( 3) beantragt, Dormeg den Paragraphen der Geschäftsordnung zu beschließen, der es in das Ermessen des Hauses stellt, ob es namentlich abstimmen will ober nicht. Warde diese Bestimmung angenommen, tönne fie fofort in Kraft gesetzt werden, und die Beratung der übrigen Bestimmungen der Geschäftsordnung sei dann sehr vereinfacht,

fetzung einer solchen neuen Bestimmung für nicht zulässig. Bizepräsident Dr. von Kries: Ich halte die sofortige Intrajt

Abg. Leinert( Soz.), von den Kommunisten mit großem Lärm empfangen, weist an der Hand der bisherigen Braris nach, daß ein inlches Verfahren rechtlich nicht zu beanstanden sei.

Sigung nur über den einen Paragraphen entschieden werde, her Abg. Stieler( 3.) erklärt sich damit einverstanden, daß in dieser die Zulassung namentlicher Abstimmungen ins Belieben des Hauses folle, darüber fönne man fich später verständigen. stellt. Bon wann an diese Bestimmung dann in Kraft gesezt werden

Ueber diesen Antrag wird namentlich abgestimmt; Kommu nisten und Rechtsparteien nehmen an der Abstimmung nicht teil. Es werden 208 Ja- Karten abgegeben. Das Haus ist also nicht befchlußfähig. Vizepräsident Dr. Kries beraumt unter großem Jubel der Kommunisten die nächste Sigung auf den 15. Dezember an.

Unternehmer und Wirtschaftsstandale.

Bersammlung aus, in Deutschland   eine Bankentontrolle haben, dann haben wir jedenfalls eine sehr mäßige. Was hilft eine solche Kontrolle, wenn sie erst eingreift, wenn das Kind Gestern nachmittag hat der neue Präsident des Reichsverbands! in den Brunnen gefallen ist. Nicht eher werden die Groschen und der Deutschen Industrie Krupp von Bohlen und albach die Marfstüde aus dem Strumpf in die Kaffen wandern, ehe nicht die Berliner   Hauptausschußtagung des Verbandes mit der Bemerfung Berliner   Hauptausschußtagung des Verbandes mit der Bemerkung Regierung durch Reichsgesetz die Haftung für alle Einlagen eröffnet, daß der Reichsverband nach wie vor entschlossen sei, das was natürlich nur nach Einführung einer wir Eystem der Privatwirtschaft und der individualistischen Wirtschafts­fungsvollen präventiven Bankenkontrolle oder gar eine Verstaat- führung zu verteidigen. Der mächtigste Unternehmerverband lichung der Banken möglich wäre. Deutschlands   sieht aber selbst das Bertrauen in die kapitalistische Wirtschaftsführung durch die häufung der Wirtschafts: skandale tief erschüttert, und so erlebte man als wichtigstes auf dieser Tagung durch Krupps Repe eine Stellungnahme zu den Ber­antwortlichen dieser Wirtschaftsskandale, die durch ihre Schärfe fast sensationell wirft. Krupp sagie 1. a.:

Tagung des Reichsverbandes.- ,, Geradezu unverständliche und ungeheuerliche Vorfälle."

Hier ist also einer großen Masse geschädigter Mittelständler zum Bewußtsein gekommen, wie wichtig und nühlich die öffentliche Bankentontrolle ist. Hier wurde erkannt, daß die Be trügereien Seifferts und Ladendorffs niemals hätten stattfinden fännen, wenn wir in Deutschland   eine wirkungsvolle Bankenton­trolle und nicht nur einen schwachen Ansah dazu hätten. Aber werden diese Kreise auch für die Politik daraus lernen? Oder werden sie meiter den Ladendorffs und Hitlers   nachlaufen, statt mit den Arbeitern zu gehen, von denen ihr ganzes Wohl und Wehe ab­hängt und die für Bankenkontrolle allein fämpfen?

Vorschüsse für die Einleger.

Die Forderung der Einleger der Berliner   Bant für Handel und Grundbesig, menigstens einen Teil der festgefrorenen Mittel wieder in die Hand zu bekommen, ist außerordentlid, bringend geworden. Biele Betriebe sehen sich nicht mehr in der Lage, die laufenden Löhne und Unkosten zu zahlen. Die Dresdner   Bant, die be kanntlich die Abwicklung der Seiffert- Bant besorgt, hat deshalb bei ihren Schaltern in der Französischen Straße eine Ans: funftsstelle für die Einleger eingerichtet, durch die auch die Bevorschussung der Einlagen in besonders dringen­den Fällen, alfo für Steuerzwede und Gehaltszahlungen vermittelt werden dürfte.

,, Die tiejbedauerlichen, vielfach geradezu unverständlichen und ungeheuerlichen Vorfälle, die in lehter Zeit in unserer Wirt­fchaft fich gehäuft haben, fönnen nicht scharf genug verurteilt werden."

Gegenüber jedem, der vom Wege des chrbaren Kaufmanns abweicht, folle und müsse eine scharfe persönliche und wirtschaftliche Tren. nungslinie gezogen werden. Diese Stellungnahme wurde auch unterstrichen durch eine offizielle Erklärung, die Krupp im Namen der Vorstände des Bankenzentralverbandes, des Indu strie und Handelstages, der Hauptgemeinschaft des Einzelhandels, des Reichsverbandes des Deutschen   Groß- und Ueberseehandels, der Reichsverbände des deutschen   Handwerks und der Brivatversicherung sowie der Vereinigung der Deutschen   Arbeitgeber- Berbände abgab. ,, Die deutsche   Wirtschaft ist seit Monaten Zeuge von Borfomm­niffen innerhalb ihrer Reihen, deren Zahl die Gefahr herauf­beschwört, daß sie nicht als Einzelerscheinung, sondern als

Zeichen eines allgemeinen Niedergangs der faufmännischen Ehr­barkeit gewertet werden",

mit diesen das Mißtrauen in die Wirtschaftsführung Sie schließt mit der Feststellung der besonderen Pflicht der Ber­fennzeichnenden Worten beginnt die Erklärung der Spizenverbände. bände, alle Kräfte an die Selbstreinigung der deut schen Wirtschaft zu menden und nicht nur eine scharfe per fönliche Trennungslinie zu ziehen, sondern auch die wei­tere 3 u gehörigkeit der Betroffenen zu den Organen der Spißenverbände von dem Ergebnis der zu treffenden Feststellungen abhängig zu machen.

Hier liegt das erste Eingeständnis sämtlicher Spizen­verbände der deutschen   Unternehmer vor, daß, eine Reinigung in der deutschen   Wirtschaftsführung notwendig ist. Die lügenhafte und die öffentliche Meinung in den letzten Jahren vergiftende These ist offiziell preisgegeben, daß die öffentliche Mißwirtschaft und die Gewerkschaften" das Hemmnis einer vernünftigen deutschen   Wirt­fchaftspolitik seien. Wir stellen das fest.

Für die vom Reichsverband zu befolgende wirtschafts­politische Linie ergab sich aus der Rede Krupps nichts Neues. Krupp   fand freundliche Worte für die Landwirtschaft; er verriet freilich nicht, wie durch den auch vom Reichsverband erfolgten Lohn abbau die Kauffraft der städtischen Bevölkerung gehoben werden soll. Er fand freundliche Worte für die mittlere und Klein­industrie, ohne aber zu sagen, daß auch die Sentung der Kartell­preise und die durch das Einfrieren der großindustriellen Kredite verhinderte Kreditverbilligung, eine Lebensfrage für die mittlere und fieinere Industrie sind. Krupp   fand sogar freundliche Worte für die Arbeiterschaft, die freilich im gegenwärtigen Augenblid, wo Lohn fenfung nach wie vor die Parole ist, wie Hohn flingen mußten.