Die starke nationale Regierung.
Zum erneuten Cturj des englischen Pfunde«. M
Nun hat sie 10/ii. des Unterhauses und drei Parteien hinter sich— und ist immer noch nicht stark genug. Hakenkreuzpolizei in Thüringen ? Offene Begünstigung nationalsozialistischer Llngesehlichkeiten?
Weimar , 2. Dezember. (Eigenbericht.) In der Nacht vom 5. zum 6. November 1931 wurde der Polizei- oerwaltung in Gotha gemeldet, daß im Ostviertel der Stadt Gotha eine größere Abteilung von Nationalsozia- l i st e n einen verbotenen Umzug veranstaltete. Das sofort alar- mierte Ucbersallkommando entdeckte an der Ecke der Bufleber- und Pfullendorfer Straße lleinere Trupps durch den Scheinwerfer des Ueberfallwagens und nahm etwa ISO Nationalsozialisten fest. Ein Teil der Nationalsozialisten entkam durch die Flucht. Schon bei der Festnahme bemerkten einige Polizeiwacht- meister, wie die Nationalsozialisten Gegenstände, die Waffen sein mußten, wegwarfen. Trotz der Lorstellung der Beamten lehnte der kommandierende Polizeioffizier nicht nur eine Durchsuchung der Festgenom- menen, sondern auch ein Absuchen der Straße nach Waffen ab. Auch auf dem Transport zur Kaserne wurden von den Festgenom- menen Gegenstände, die nach der Beobachtmtg der Beamten nur Waffen fein konnten, fortgeworfen. Beim Einmarsch aus der Gartenstraße in das Kasernengrundstück bemerkte ein Oberwocht- me.ister, wie ein Notionalsoziolist eine Pistole fortwarf und hob diese Pistole auf. Die Festgenommenen wurden in den Speisesaal der Polizei kaserne geschafft. Der Revierleiter meldete den Vorfall dem Kommandeur der Schutzpolizei , Polizei- major von Brandt, der auch kurze Zeit darauf zur Stelle war. Außerdem forderte er von der Polizeidirektion Kriminal- beamte zur Vernehmung der festgenommenen Nationalsozialisten an. Fast gleichzeitig mit dem Polizeimajar von Brapdt betroten der Reichstagsabgcorduete Triebet, der Landiogoabgrordnete heunicke und der Gothaer SA.-Führer Zimmermann die Kaserne. und hatten dann im Dienstzimmer des Polizeimajors von Brandt mit diesem eine Unterredung, die% bis'/t Stunde dauerte. Danach begaben sich von Brandt, die nationalsozialistischen Abge- ordneten und der SA.-Fiihrer in den-Speisesaal. Von Brandt und der Revierleitcr, Polizeihauptmann Wiegand, traten aus dem Speisesaal zurück, nachdem die genannten Nazisührer in diesen ein- getreten waren. Sie begrüßten die Festgenommenen mit heil Hitler . Dieser Gruß wurde von den Festgenommenen erwidert, während die Beamten des Ueberfallkommandos zur Seite stehen mußten. Danach hielt der nationalsozialistische Landtagsabgcorduete hennicke folgende Rede: Parteigenossen seid nicht so aufgeregt! Es liegt ein bedauerlicher Irrtum vor. Ihr seid für Kommunisten gehalten worden. Es passiert euch nichts, ihr könnt nachher ruhig nach Hause gehen. Diejenigen Parteigenossen, die im Vstviertel wohnen, werden unter polizeilichem Schutz heimgebracht. Daraus wandte sich hennicke zu den Oberwachtmeistern des Ueberfallkommandss, die ihm anscheinend von früheren Vorkomm-
nissen her persönlich bekannt sind, und sagte diesen in drohendem Tone:„Nach st es Jahr find wir hier! Da haben wir die Waffen! Da könnt ihrwas erleben" Der Offizier des Ueberfallkommandos fragte daraufhin die Festgenom- menen, wer die Waffe weggeworfen habe. Als eine Antwort nicht erfolgte, meldete sich der Obcrwachtmeister, der die Waffe aufgehoben hatte und sagte, Herr Leutnant, ich weiß, wer die Waffe weg- geworfen hat, gestatten Sie, daß ich den Burschen fasse. Daraufhin fuhr ihn der Polizeileutnont an, halten Sie den Mund, Sie haben hier nichts zu melden. Der Gothaer SA.- Führer Zimmermann führt« danach über einen Beamten, der ihn aufgefordert hatte, Im Speise- saal seine Mütze abzunehmen, Beschwerde, indem er sagte, da hat doch so ein Schwein gesagt, ich soll meinen Deckel abnehmen. Weiter beschwerte er sich, er sei bei seiner Festnahme geschlagen worden.(Zimmermann gehört zu denjenigen, die bei der Festnahm« durch Flucht entkamen.) Der Polizelleutnant fragte nun die Pe- omten, wer Zimmermann geschlagen Habe. Als keine Antwort erfolgte, ließ er das IleberfällkoiNmando auf dem Flur antreten. Der SA.-Führer Zimmermann schritt die Front ab und bezeichnete einen Oberwachtmeisier als den Schlager. Dieser stellte es in Abrede, in« dem er sagt«, er habe seinen Gummiknüppel überhaupt nicht ge« zogen gehabt. Oer Polizeileutnant hat daraufhin den Polizeiwachtmeister zur Bestrafung gemeldet, weil er angeblich auf sein Kommando hin nicht eingeschlagen habe. Der Polizeimajor von Brandt hat diese Sache damit abgeschlossen, als er zum Oberwachtmeister bemerkte:„Ihre Sache ist erledigt, es ist nur schade, daß Sie schon befördert worden sind" Die inzwischen angekommenen Kriminalbeamten in der Kaserne wurden wieder nach Hause geschickt. Die Hälfte der Festgenommenen wurde enllassen. die andere Hälfte mußten Beamte des Ueberfall- kommondo» in die Ostvorstadt zurückbringen. Ein Absuchen des Fe st nahmeortes nach Waffen hat nicht statt- gefunden. Die Dienststelle der Schutzpolizei hat offiziell bekannt- gegeben, daß auf dem Äasernenhof nur eine Scheintodpistole ge, funden worden sei. Die Beamten des Ueberfallkommandos sind befragt worden, ob sie den Eindruck gehabt hätten, daß es sich um einen verbotenen Umzug gehandelt habe. Alle Beamten haben diese Frage bejaht, trotzdem ist weder der Schnellrichter in Aktion ge- treten noch sonst irgend etwas erfolgt. Der der NSDAP , offiziell angehörende Polizeihaupt» mann Schmückte hat im Unterricht ein strenges Verbot, mit politischen Persönlichkeiten über solche Sachen zu sprechen, bekannt- gemacht. Unter der verfassungstreuen Polizeibeamtenschaft herrscht wegen dieses Borfalles eine ungeheure Erregung. Viele haben den Eindruck, daß die leitenden Polizeioffizicre mit den Nationalsozialisten in Gotha unter einer Decke stecken. Manche getrauen sich überhaupt nicht mehr gegen Nationalsozialisten einzuschreiten. Es ist dringend notwendig, daß der Vorfall objektiv untersucht und wegen der in den Handlungen der Polizeioffiziere liegenden Amtsvergehen und Disziplinarvergehen strengstens eingeschritten wird.
Hugenberg in Aengsten. Sein Wort vom rechten Flügel macht ihm Sauchschmerzen. Auf der Tagung der Parteivertreter der DNVP . hat .hugenberg eure Programmrede gehalten, in der er den sozial- reaktionären Charakter seines Programms wieder einmal 1 unterstrichen hat. Diese Rede war im übrigen ein Bekennt- nis der Angst, daß seine Partei von hiller gänzlich aufge» fressen werden könnte. Er polemisierte gegen den„Marxis- mus", und fuhr dann fort: „Es ist einfach ein unerläßlicher Tell der politischen Hellkunde, die Köpfe von diesem Gift zu befreien. Ich muß auch offen aus- sprechen: Es ist gefährlich und nicht notwendig, dies in der Form zu versuche», daß man das W o r t sozialistisch gewissermaßen als Bestandteil einer Entwöhnungskur behandelt. Das ist nicht etwa mit Sozialismus zu hellen, sondern nur mit einer ganz gründlichen Abkehr nom Sozialismus. Aber jetzt ist es nötig, ein offenes Wort auszusprechen, um so mehr, als gerade jetzt van führender Stelle Worte ins Land hinausgehen, wie: Es werde in Deutschland erst Friede sein wenn der Nationalsozialismus den anderen Parteien den letzten Manu entreißt, oder wie das, wenn das gegnerische System tu Deutsch - land zum Sturze käme, es werde dies ausschließlich das Verdienst des Nationalsozialismus sein, hierzu nur eine Randbemerkung. Repräsentant des heutigen Systems ist doch wohl in vorderster Linie das Zentrum. Warum bezeichnet das Zentrum gerade mich als den einzigen Gegenspieler? Aus dem Lande kommen hunderte Anfragen an mich feit vielen Monaten. Die einen sagen:„Jur Wahlkamps von 1930 hast du gesagt: Macht mir den rechten Flügel st arkl Das haben viele Tausende dahin verstanden, daß sie für die Nationalsozialisten stimmen sollten, denn sie bilden doch heute den rechten Flügel!" Dazu ein kurzes Wort: Den rechten Flügel bilden noch heute wir Deutsch uationalen. Wenn ich also heule sage:„Macht mir den rechten Flügel stark!, so heißt das:„Macht mir die Deutschnatlonale volkspartci stark." Andere Freunde im Lande sagen mir:„Die Nationalsozialisten un- seres Bezirks kämpfen trotz der gemeinsamen Front ans das schärfste gegen uns. Der Hauptstoß richtet sich heute wahlpolitisch gegen die Bundesgenossen." Dazu muß ich bemerken: Ich kann mich nicht um jeden Stunk im Lande kümmern. Ihr müßt mit den Waffen kämpfen, mit denen ihr bekämpft werdet. Und wenn es irgendwo einmal zu schlimm werden sollte, so wird hoffentlich der gemeinsame Blick auf die Sache die Möglichkeit eröffnen, daß Herr Hitler und ich noch rechtzeitig Ord- nung stiften." Er hat Angst vor seiner eigenen Parole bekommen und interpretiert sich! Es wird heiter werden, wenn die Deutsch - nationalen nun noch Hilgenbergs Rezept den Wettbewerb in Beschimpfung und Verleumdung mit den Nationalsoziatisten aufnehmen wollen. In Pommern hat man einen kleinen Vor- geschmack davon erhalten. Man hat bei dieser Gelegenheit erfahren, daß das Kalisyndikat die National- sozialisten gekauft hat. Im übrigen hat hugenberg den deutschnationalen Reichs- K- tagsabgeordneten Schmidt-Hannover zum Mitinhaber feiner innerparteilichen Diktaturgewalt ernannt. Gregor Straßer wird operiert. Anstatt nach Moabit , fährt er nach Breslau . An ihren Führern sollt ihr sie erkennen! In ihrer ganzen Fichrergröße zeigen sie sich aber vor Gericht. Diesmal betrifft es hlllers Reichsorzanifationsleiter Gregor Straßer ... Gregor Straßer war vom Schöffengericht Oranienburg wegen öffentlicher Beleidigung der Reichsregierung mit dem Reichskanzler Müller an der Spitze— er hatte sie„Agenten Frankreichs " genannt— zu 3 Monaten Gefängnis verurtellt. wegen Beleidigung des Vizepräsidenten Friedensburg zu 1 Monat Gefängnis und wegen Beleidigung des Bizepräsidenten Dr. Weiß zu 600 Mark Geldstrafe. Sowohl er wie der Staatsanwalt legten gegen die Urteile Berufung ein. In der Berufungsverhandlung war Gregor Straßer nicht erschienen. Der Staatsanwall nahm feine Berufung zurück, das Gericht verwarf wegen Abwesenheit die Berufung Gregor ötraßers. Das Reichsgericht hob das Urteil der zweiten Instanz mit der Begründung auf, das Gericht fei verpflichtet gewesen, die Zustimmung des abwesenden Gregor Straher zur Zu- rücknahme der staatsanwalllichen Berufung einzuholen. Also fand gestern zum zweitenmal die Berufuiigsverhaudlung stall. Wer wieder nicht erschien, war Gregor Straßer . Sein Verteidiger, Rechtsanwalt Biek, gab die Erklärung ab, Gregor Slraßer fei am 30. November in Wüuche» opericrl worden und noch nicht reijefähig. Den Bescheid habe er von Strahers Privotfekretär Schulz, der am Dienstag aus München in Berlin eingetroffen fei. Das Gericht be- schloß, die Berhandlnng auf einige Stunden zu vertagen, um aus München telegraphischen Bescheid über den Gesundheitszustand des Reichsorganisationsleiters der NSDAP , einzuholen. Der Verteidiger ließ sich von Strahers Arzt telegraphijch be- stättgen, daß fein Klient am 23. November wegen einer eitrigen Nagelentzündung operiert und noch nicht reisefähig sei. Aber auch der Staatsanwoll Halls sich seinen Bescheid geholt, allerdings nicht beim Arzt des Herrn Gregor Straßer . sondern bei der Polizei- direktion München . Diese fragte das Braune Haus nach Gregor Straßers Aufenthall an und erhiell zur Antwort, daß er am Sonntag nach Breslau mit dem Endziel Berlin abgereist sei. Das mit der Operation am 30. konnte also nicht richtig sein. Da war es dem Staatsanwalt weiter nicht zu verdenken, daß er annahm, das Gericht sei bewußt irregeführt worden— entweder von dein Verteidiger oder von Strahers Prioatsekretär. Das Gericht beschloß, die Verhandlung zu vertagen und den Staatsanwall zu beauftragen, den Reichstag um die Erlaubnis zur Berhastung oder zur Vorführung des am Nagel operierten und nicht reisefähigen Gregor Straher nachzusuchen. An ihren Führern sollt ihr sie erkennen. In ihrer ganzen Führergröße zeigen'sie sich uor Gericht. Denn sie haben stets den Mut, dafür«inzutreten, was sie verbrochen...
Der Aeltestenrat d�s Reichstages ist für Freitag, den 4. d- M-, nnchmittags 5 Uhr, einberufen worden. Er wird sich mit dem Antrag der komnnmistifchen Fraktion auf Einberufung des Reichs- tags beschäsligen. Der auswärtige Ausschuß der kommer hat an Stelle Paul Boncours den bisherigen Vizepräsidenten de Castellana(Links- repubkifaner) mit 16 von 3ö Stimmen zum Vorsitzenden gewählt.
Japan nimmt Truppen zurück. Wettbewerb um die Mitgliedschaft in der Kommission. Paris , 2. Dezember. (Eigenbericht.) Der Redaktion sausschuß des Bölkerbundsrats hat sich am Mitllvochvormittag mit der Zusammensetzung der nach China zu e>Uf enden den Kommission beschäftigt. Die Meldung. daß der Rat bereits die Mitgliederzahl auf fünf und die Namen der fünf Mächte festgesetzt Hobe, entspricht nicht den Tatsachen. China wünscht zwar, daß die Äomwission aus fünf Mitgliedern besteche, Japan - hall jedoch an der ursprünzllch-vorgesehenen Zahl drei fest. Ferner befaßte sich der?lusschutz mll der Schaffung einer neutralen Zone in Tschingtschau und der Forderung Japans auf Polizeirechte gegen die Banditen in der Mandschurei , gegen dl« sich allgemeiner Widerstand bemerkbar machte. Man will ver- suchen, dieses Polizeirecht dadurch einzuschränken, daß einigen neutralen Beobachtern der Auftrag erteilt wird, den beiden Parteien Ratschläge zu erteilen, falls die Umstände es erfordern. Am Nachmittag tagte der Rat ohne die Vertreter Chinas und Japans und beschäftigte sich besonders mit der Schaffung einer
neutralen Zone um Tschingtschau, die zur Zeit das.Haupt- Hindernis für eine Einigung bildet. Die französische Delegation hat dazu dem Bölkerbundsrat die Mitteilung überreicht, die besagt, daß auf Grund von Nachrichten französischer Beobachter in der Gegend von Tschingtschau die Presseineldungen von einem Stellungsweclstel und einer Verstärkung der chinesischen Truppen unbegründet sind. Ein weiteres Schreiben der französischen Delegation teilt mit, daß das japanische Truppenkommaudo beschlossen habe, alle Streit- tröste m die Eisenbahnzone zurückzuschaffen mit Ausnabme von zwei Bataillonen in der Gegend von Tsitsikar und je einem Bataillon in Kinn,'Ischangschun und am Liao-Fluß. Das Frauenstimmrechl in Spanien . Die Nationawersommlung beschloß, das Stimmrecht für- Frauen in der Ber- f as j un g festzulegen. Die Wahl Alcala Zamoras zum Staatspräsidenten Wirt) voraussichtlich atn 8. Dezember erfolgen. Mardonald führt die englische Abrüslungsabordvung. Auf eine Anfrage im Unterhaus sagte Ministerpräsident Macdonald, es sei sicher, daß folgende Kabniettsmiglieder in der Abordnung vertreten sein würden: er selbst, der Außenminister Sir Jobn Simon, d-r Minister für die Dominien, der Kriegsminister, der Luftfahrt- minister und des Erste Lord der Admiralität.