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Morgenausgabe

Tr. 567 A 285

48.Jahrgang

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Der Borwärts" erscheint wochentag lich zweimal, Sonntags und Montags einmal die Abenbausgabe für Berlin  und im Sanbel mit dem Titel Der Abend, Jlluftrierte Gonntagsbeilage Bolf und Zeit"

Vorwärts

Berliner   Boltsblatt

Freitag 4. Dezember 1931

Groß- Berlin 10 Pf. si Auswärts 15 Pf.

Die etnipalt. Nonpareillezetle 80 23. Reflamezeile 5,- Rin kleine An zeigen das fettgedruckte Bort 25 P. ( zuiäffig zwei fettgedrudte Worte), jebes weitere Bort 12 Bf Rabatt It. Tarif. Stellengesuche das erste Wort 15 Bf. jebes weitere Wort 10 Bt. Worte über 15 Buchstaben zählen für zwei Borte. Arbeitsmartt Zeile 60 f Familien. anzeigen Belle 40 Bf Anzeigenannahm im Hauptgeschäft Lindenstraße 3, wochen täglich von 8 bis 17 Uhr Der Berlag behält fich das Recht ber Ablehnung nicht genehmer Anzeigen vorl

Bentralorgan der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands  

Redaktion und Berlag: Berlin   SW 68, Lindenstr. 3 Vorwärts: Verlag G. m. b. H.

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Otto Wels   warnt Brüning.

Kampfrede in einer Maffenversammlung in Stuttgart  .

Stuttgart  , 3. Dezember  .( Eigenbericht.)

In einer Maffenversammlung in der Stadthalle, die aus Anlaß der bevorstehenden mürttembergischen Gemeindewahlen stattfand und von mehreren zehntausend Personen besuci mar, fennzeichnete Otto Wels   die heutige politische Situation. Die Proklamation des Terrors durch die Beauftragten Adolf Hitlers   in Hessen   habe den von dem Führer und seinen Trabanten bisher betriebenen Legalitätsschwindel entlarot In einem demokratischen Staat sei es die Pflicht der Regierung, im Kampf gegen die Bedrohung des Staates die Führung zu ergreifen. Das fordern wir von ihr. Geschieht das nicht, so richten wir uns selbst auf den Entscheidungskampf ein.

Es ist ein altes, gutes, deutsches Recht, sich selbst zu wehren, wenn man angegriffen wird. Davon werden wir dann Gebrauch machen.( Stürmischer Beifall.) Abschließend führte Wels aus: Die Sozialdemokratie habe auf Grund des Ausfalls der Wahl vom 14. September nicht bestritten, daß von dem Notverordnungsrecht Gebrauch gemacht werden müsse.

Wenn aber Brüning jetzt eine neue Rotverordnung vor­bereitet, so sei es nötig, auszusprechen, daß für gewisse Dinge die Grenze jeßt erreicht sei.

Jede Absicht nochmaliger 2ohnkürzungen werde auf unseren erbitterten Widerstand stoßen.

Wir werden Brüning dann fragen, mit wem er regieren will. Für diese Auseinandersetzung appellieren mir an die Treue des ganzen arbeitenden Volkes in Deutschland   und rufen, es auf, im Stampf auf unserer Seite zu stehen.

Besprechungen mit Brüning   erst heute.

Die anfänglich für Donnerstag vorgesehene Be­iprechung zwischen dem Reichskanzler und Ver­tretern der sozialdemokratischen Reichstags. fraktion ist auf Freitagnachmittag verschoben worden.

Boftschedlonto: Berlin   37 536.- Bankkonto: Bank der Arbeiter. Angestellten und Beamten, Lindenstr.3 Dt B.n.Disc.- Gel.; Depofitent.. Jerufalemer Str. 65/66.

Halt!

Wirtschaftswende oder Wirtschaftsende?

Von S. Aufhäuser.

Der Auftrieb der deutschen   Reaktion bei den politischen Wahlen und die steigende faschistische Gefahr für das ar beitende Bolf dürfen weniger auf die eigene Kraft der Hitler­Bewegung, als vielmehr auf die Schwäche des deut­fchen Bürgertums, sowie auf die völlig passive Haltung der Reichsregierung zurüdgeführt werden. Trotz des Harzburger Anschauungsunterrichts über das Dritte Reich, troh der schändlichen Braunschweiger Umtriebe und und Mord verharren die verantwortlichen Stellen des Reiches froß der Borheimer Dokumente über organisierten Hochverrat in einer unverständlichen Bassivität gegenüber den Feinden

von Staat und Volk.

Die Ausführungen von Otto Wels   wurden von der Massen- durch SA. Truppen muß angesichts des Versagens der Reichs­Die ständige Bedrohung der friedlichen Bevölkerung versammlung mit stürmischem Beifall aufgenommen. behörden die von Hitler   gewollte weitere Einschüchterung des Bürgertums herbeiführen, und so den Volksstaat für die ,, legale" Machtergreifung sturmreif machen. Die daneben laufenden politischen Gespräche von Zentrumstreifen und Nationalsozialisten tragen mit dazu bei, die ganze gegen­wärtige politische Konstellation als eine etwa bis Februar 1932 befristete Angelegenheit erscheinen zu lassen. Die nach der Oktobertagung des Reichstags. not­wendig gewordene klare Frontstellung von Reichsregierung, Republik   und Arbeiterschaft gegen den Faschismus und die Sozialreaktion ist nicht sichtbar. Darum heute der Mißmut in den Kreisen der republikanischen Kräfte, der nicht ohne weitgehende politische Konsequenzen bleiben kann, wenn es nicht gelingt, in diesen Tagen endlich die erforderliche Akti­vität der Reichsregierung gegen die unerträglich ge­mordenen Umtriebe des Faschismus wach zu rufen. Der Reichsfanzler und Reichsaußenminister Brüning darf nicht länger zögern, dem deutschen   Bolt die unerhört weittragen den Folgen befanntzugeben, die eine Auslieferung Deutsch­ lands   an Hitler- Hugenberg auf außenpolitischem Gebiet nach sich ziehen muß. Es ist diesem in Not darbens den Volk zu sagen, welch furchtbare Lebensbedingungen seiner harren, wenn die übrigen Länder der Welt mit dem Dritten Deutschen Reich zu tun haben werden.

Hitler   deckt Best weiter!

Best sollte als Redner in Sachsen   auftreten!

haben seit 1918 die Milliarden zu Unrecht bezahlt."

Der Berfasser der hessischen Blutdokumente, Herr den Krieg nicht gewollt, wir haben den Krieg nicht verloren, mir Best, ist angeblich durch Hitler  , von jeder parteiamt lichen Tätigkeit entbunden" worden. Der Wert dieser Majuahme geht daraus hervor, daß die Ortsgruppe Chemnitz   der NSDAP  . Herrn Best für Freitag als Redner in einer Rundgebung vorgeschen hatte!

Das Auftreten Bests in Sachsen   wäre eine un­geheuerliche Provokation der sächsischen Arbeiterschaft.

Der sächsische Innenminister- nicht etwa Herr Hitler  !

hat dies Auftreten untersagt.

Es steht also fest, daß die Reichsleitung der NSDAP  . keineswegs von Best abrückt, sondern ihn als agitato.

risches Paradepferd zu verwenden gedenkt!

Hitler   rückt von den Blutdokumenten nicht ab. Er kann sie nicht verleuguen! Vor dem Hitler  - Putsch 1923 fertigte der Rat am Obersten Landesgericht von Bayern  von der Pfordten im Auftrag Hitlers   einen Ber fassungsentwurf an, der mit seiner Sänfung von Todes drohungen ein Borbild der Bestschen Blutdokumente gewesen ist. Von der Pfordten ist auf dem Odeonsplat gefallen. Herr Best geht immer noch in Freiheit spazieren und fann für seine Blutpläne öffentlich Propaganda

machen.

Hitler   aber ist der Hauptverantwortliche bon der Pfordten wie für Best!

für

Dieser Bericht eines immer noch beamteten Demagogen ift dem Zentrumsorgan des badischen Zentrums, dem Badischen Beobachter Nr. 330 vom 1. Dezember, entnommen.

Dazu bestialischer Terror!

Minden  , 3. Dezember  .( Eigenbericht.)

In Preußisch- Oldendorf  ( Kreis Lübbecke) wurde der 40jährige Aushilfskellner Karl Brand von dem 21jährigen Nationalsozialisten Walter Borgemann nachts aus dem Hinterhalt über fallen und mit einer Latte niedergeschlagen. Der Arzt fand Brand in einer Blutlache auf und veranlaßte feine sofortige Ueberführung ins Krankenhaus. Dem Ueberfall war ein Disput voraufgegangen, in dessen Verlauf der Hilfsfellner, gefagt hatte, daß er auch nicht alles unterschreiben fönne, was in dem Programm der Nationalsozialisten stehe".

Und die Justiz?

Es kann den deutschen   Republikanern, insbesondere der

Arbeiterklasse als der Kerntruppe der Republik  , nicht länger zugemutet werden, sich für die Verteidigung eines Staates mit dem Leben einzusetzen, dessen Staatsgewalt selbst teine ausreichende Verteidigung gegen die Todfeinde dieser Republik betreibt. Dieses Ringen zwischen Volksstaat und Faschismus ist bereits, wie die Terrorherrschaft in Eutin   beweist, in ein entscheidendes Stadium ge treten. Darum ist die nächste politische Entscheidung der Sozialdemokratie eine Entscheidung über das Kabinett Brüning.

Breslau  , 3. Dezember  .( Eigenbericht.) Das Schmellgericht in Brieg   verurteilte am Donnerstag den Nationalsozialisten Hiriemann wegen schwerer Kör perverlegung und verbotenen Waffenbejiges zu 3 Monaten und 1 Woche Gefängnis. Hirfemann hatte am 13. November in Bürben, Streis Ohlau  , im Berlauf blutiger Auseinander fegungen zwischen Nationalsozialisten und Reichsbannerleuten einen Reichsbannermann über den Haufen geschossen. Der Ueberfallene wurde mit einer schweren Rüdenmarkverletzung ins Strankenhaus eingeliefert und ringt jetzt noch mit den Tode. Die Beweisaufnahme ergab, daß die Nationalsozialisten den Streit begonnen hatten. Trogdem wurden fünf gleichzeitig ange ,, Kein Blutvergießen gibt es für solche, die mit Dredfau, Dred. flagte Reichsbannerleute, die zum Teil überhaupt nicht lich und ernst gewarnt, jene Leitfäße des Wirtschafts­hund, Schweineigel usw. ütuliert werden. Nein, diese lassen tätlich geworden sind, zu Freiheitsstrafen von insgesamt

Bestialische Agitation.

Karlsruhe  , 3. Dezember  .( Eigenbericht.)

Auf einer Agitationsreise erklärte der nationalsozialistische Reichstagsabgeordnete, Oberpoftfefretär 3enfe, Breslau  , in einer Berjammlung in Löfflingen( Baden) folgendes:

wir baumeln. Es sollen ihnen nur die 3ungen heraus. hängen, und die Stride müssen did und start sein, daß sie zum abschredenden Beispiel auf lange Zeit hängen bleiben die Körper follen nicht verfaulen, sondern ausdörren.

Die Arbeitslosigkeit wird abgeschafft durch den Zwangs­dienst der jungen Ceute in schmucker Uniform mit freler kost und Wohnung und 50 Pfennig Sold pro Tag. Die Arbeitskolonnen bauen u. a. Straßen, die spiegelblank sein müssen, auch die Waldwege und die Feldwege, damit der Bauer mit seinem Ochsengespann auch feine Freude am Dritten Reich hat. Nach einigen Jahren Zwangs­dienst kommen diese Arbeiter zur regulären Wehrmacht. Dividenden, Gewinne des Freihandels und der Industrie werden fonfisziert. Weltwirtschaft das gibt es für uns nicht, das kennen wir nicht. Wir find deutsch   und bleiben deutsch   und lehnen alles Juternationale ab. Reparationen das fennen wir auch nicht Wir werden durch unsere Sender der Welt mittellen: Wir haben

32 Monaten verurteilt. Das Urteil murde unter dem Borsiz des in republikanischen Kreisen Schlesiens unrühmlich bekannten Land­gerichtsrats Juguth gefällt.

Die Abwehr der faschistischen Gemalt hat aber auch nur einen Sinn, wenn sie zeitlich verbunden ist mit dem Kampf gegen die Not der Massen. Der Reichskanzler Brüning   hat noch im Oktober im Reichstag erklärt, daß er zur lleberwindung der Wirtschaftskrise in diesem Winter in feinem Falle gegen die Arbeiter regieren tönne. Dazu wäre aber erforderlich, daß sich die Regierung schleunigst entschlichen fönnte, ihre im Anschluß an die Beratungen des Wirtschafts beirates bekanntgegebenen Leitfäße für das Winterprogramm zu verlassen, um von ihrer geradezu verhängnisvollen Schrumpfungspolitik zur konstruktiven Wirtschaftspolitik überzugehen. Die sozialdemokratische Reichstagsfraktion hat foeben in Uebereinstimmung mit den Gewerkschaften eindring­beirats zum Gegenstand einer der bevorstehenden Not­verordnungen zu machen. Dieses Programm starrt von Halbheiten und es ermangelt jedes festen Willens, endlich der Staatsführung innerhalb der Wirtschaft Geltung zu ver­fchaffen. Der Appell an die Freiwilligkeit der Wirtschafts­

Kontrolle des Waffenbesitzes. führer muß in der gegenwärtigen Situation zur Katastrophe

Die politischen Mordiaten der letzten Zeit haben im Reichs­innenminifterium u. a. zu Erwägungen über eine stärkere kon­trolle des Waffenbefizes geführt. Zunächst besteht die Abficht, den Ländern durch Notverordnung die Möglichkeit zu geben, für das ganze Staatsgebiet oder einzelne Bezirke eine Un­meldung für alle Waffen anzuordnen und von folchen Personen, die unzuverläffig erscheinen, die Waffen einzuziehen. Inwieweit auch die Waffenproduktion von der neuen Verordnung dadurch erfaßt merden soll, daß sie kongeffionspflichtig gemacht wird, steht vorläufig noch nicht feft

führen.

Der positive Teil des Winterprogramms erinnert allzu deutlich an die Vorschläge des Reichsverbandes der Deutschen Industrie und der Vereinigung Deutscher Arbeitgeberver­bände. Die Loderung des Tarifrechts in regionaler, zeitlicher, betrieblicher und beruflicher Hinsicht muß in Verbindung mit der festen Absicht weiteren Lohn- und Gehalts­abbaues den schärfsten Widerstand aller arbeitenden Menschen in Deutschland   hervorrufen und eine die Krise ver­schärfende Schrumpfung des Inlandsmarktes zur Folge haben. Die Begründung, monach die Bohnfenfuung eine Baffe