Die schwarze Front.
Ein Berzweiflungsprodukt des zerfallenden Mittelstands.
Unter dem Sammelnamen Faschismus" werden in der üb. lichen Redemeise antidemokratische Kräfte zusammengefaßt, die aus den verschiedenartigsten Quellen gespeist werden. Um Herrn Hugen berg, um die Deutschnationalen, die Splittergruppen der bürgerlichen Rechten, Wirtschaftsverbände, Innungen und den Stahlhelm gruppiert sich die soziale Reattion, während Teile der nationalsozialistischen Bewegung, insbesondere solche, die dem Deutschnationalen Handlungsgehilfen- Berband, dem Jungbauerntum und der Studentenschaft entstammen, weit eher die Rebellion des Mittelstandes verförpern.
Die jüngere Schicht der Angestelltenschaft und des gesamten rebellierenden Mittelstandes überhaupt fucht, nachdem das Be mühen, der Proletarisierung durch eine Akademisierung zu entgehen, mit dem Steigen der akademischen Arbeitslosigkeit und dem leberangebot akademischer Kräfte in Deutschland , als Jrrweg erfannt ist, nach neuen Auswegen, wie sie etwa der politische Aesthet Möller van den Bruck bereits vor Jahren in seinem Traum Dom Dritten Reich geträumt hat. In dem Maße aber, in dem die offizielle nationalsozialistische Bewegung fürs erste den Tendenzen der sozialen Reaktion ihrer Geldgeber zu entsprechen sucht, werden die beweglichsten Geister dieser Bewegung enttäuscht. Und so hat sich bereits im September auf einer Tagung in Mitteldeutsch land eine neue Gruppierung unter dem Namen„ Die schwarze Front " vollzogen. Diese Gruppierung ist vorläufig zahlenmäßig noch schmach. Bei der Bedeutung aber, die ideologische Zentren bei der wirtschaftlich so wenig einheitlichen Schicht des Mittelstandes besitzen, ist es nicht angängig, an dieser Neubildung achtlos vorüberzugehen. Borläufig freilich sieht es bei denen, die sich in der Burg Lauenstein zur schwarzen Front" zusammengefunden haben, noch recht vielgestaltig aus. Neben Leuten, die aus der ursprünglich unpolitischen ,, Jugendbewegung" hervorgegangen sind, wie Herrn Eschmann Dingräve, und dem mit Siedlungsaufgaben betrauten Herrn von Enderlein aus dem jungdeutschen Lager, findet sich als stärkste agitatorische Kraft Otto Straßer , der abtrünnige Bruder Gregors, der auf Grund einer eigenartigen Geschichtskonstruktion im Gegenspiel von Ich- Idee und Gemeinschafts- Idee wieder ein Zeitalter des Gemeinschaftsgeistes, aber in den Formen korporativer Staatsauffassung und militärischen Geistes aufkommen ficht und zusammen mit einem alten politischen Landsfnecht, wie dem Rüstriner Putschmajor Buch ruder und manchen Führern der Bauernrevolten, die alte schwarze Fahne des Bauernfrieges unter neuen Parolen, aber mit der gleichen aussichtslosen Romantik zu hissen trachtet.
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Am interessantesten aber sind in diesem Kreise diejenigen Leute, die sich um die einst lediglich fozial- ethisch und religiös betonte Zeit schrift des Diederich- Verlages„ Die Tat" geschart haben und ins besondere in intellektuellen Kreisen und aud) in folchen, die politisch und wirtschaftlich nicht einflußlos find, Gehör finden. Neben 5 ans Zehrer, dem ehemaligen außenpolitischen Rebatteur der ,, Boffischen Zeitung", steht hier in vorderster Reihe ein Anonymus Ferdinand Fried , der in einem sensationell Das Ende des Kapitalismus" betitelten Buche eine geschickte und fluge Art von Wirtschaftstolportage treibt, die in verzweifelten Zeiten, wie den unferen, auf willige Leser stoßen fann. Herr Ferdi nand Fried, der wie aus dem Stil ohne weiteres ersichtlich ist, in der Schwarzen Front " unter dem Namen Mendelin Hippler chreibt, ist unseres Bissens identisch mit dem Handelsrebatteur fer, Berliner Morgenpoft. Herr Ferdinand Frieb alias Friebrich 3immermann bringt es fertig, in allen drei Drganen bie gleiche Meinung in einer Tonart zu vertreten, die vom harmlosesten Moll sum tämpferischsten Dur wechselt. Heißt es in der Morgenpost", daß eine große Lat erwartet werden müsse, wenn es gelingen solle, die auseinanderbrödelnden Teile der Welt mit oder ohne Gold wieder zusammenzutitten, so wird in Der Lat " wesentlich pessimistischer die Gefahr einer völligen Auflösung der Weltmirtschaft ausgemalt, während in der Schwarzen Front " bereits die Inflation als eine unpermeidliche Tatsache angekündigt und das ..Saufen in den Abgrund" mit Prophetenstimme verkündigt wird.
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Gegenüber diesen Schwarz- in- Schwarz- Malereien nimmt sich allerdings das 3ufunftsprogramm des Herrn Ferdinand Frieb einigermaßen dürftig aus. Planwirtschaft und Verstaatlichung nebst Außenhandelsmonopol, Kontrolle der Agrarwirtschaft und andere ber sozialistischen Gedantenwelt entnommene Rezepte einen sich mit der typisch mittel ständlerischen Forderung auf Aufhebung der Ge werbefreiheit, dort, wo sie den Innungspatrioten nicht paßt, und mit einer besonderen Schußpolitik für den fleinen und mittleren Unternehmer. Das Kernstüd dieser Ideologie ist aber die Sehnsucht nach einer Selbstaustreifung Deutschlands aus der Weltwirtschaft in Gestalt eines autarten 3 wischen europa ". Selbst wenn diefes 3wischeneuropa" nicht nur eine Neuauflage des Naumannschen Mitteleuropa würde, wenn es also neben Deutschland und den Nachfolgestaaten des alten Desterreich auch die baltischen Länder und den Balkan umfaßte, würden immer noch nicht mehr als etwa 15 Prozent der deutschen Einfuhr und Ausfuhr davon betroffen, das hieße aber, da in unserem auf Beredelungsproduktion, also auf Import von Rohstoffen und Halbfabrifaten und Erport von Fertigwaren großenteils angewiesenen Lande ein überwiegender Teil der arbeitenden Bevölkerung dirett und indirekt vom Welthandel abhängig ist, unter der Glede der Autartie ein weiteres Wirtschaftssterben propagieren. Rann man schon den von fommunistischer Seite öfters gehörten Wunsche einer Angliederung Deutschlands an die großen Gebiete des Ostens nur mit tiefer Stepsis gegenüberstehen, so ist dieses ..3mischen europa " nichts anderes als die 3 mischen[ öfung einer an ihrer Zukunft verzweifelnden ökonomischen 3mischenschicht.
Die ganze Unflarheit dieses Dentens, das mit dem öfonomi schen Liberalismus zugleich das ganze geistige Erbe einer liberalen Gedankenwelt zerschlagen möchte und Gefahr läuft, alle mertvollen Traditionen des mesteuropäischen Humanismus, der Aufklärung und der deutschen Klassit mitzuvernichten, um dafür einen Kasernen hof der öffentlichen Meinung einzutauschen, erhellt schon aus ber völlig unzureichenden Kritik an unserer eigenen Bemegung, In ihren praktischen Forderungen, ebenso wie in ihrer theoreti schen Begründung ist also die„ Schwarze Front" sehr unzureichend untermauert, um so merkwürdiger die anmaßliche Sprache, um fo erstaunlicher der Erfolg, der nur aus der Birrnis des in Berzweiflung getriebenen Mittelstandes zu er tlären ist. Rlar und eindeutig ermächst daraus für uns die Forde rung, aud) biefen Schichten zu sagen, was wir nicht nur tattisch verteidigen, sondern mas mir grundsäglich wollen. Es genügt hicht zu sagen: Gebt uns die Macht", mir müssen auch sagen, wofür mir fie fordern. Zun mir das stärker als bisher, dann wird die Berzweiflung nicht die Menschen dorthin treiben, wo die schwarze Fahne der Nacht und der Traumzeiten weht, sondern dort hin, ma bas rote Bonner eines neuen Morgens grüßt.
Der Polizeimajor.
Nachtausgabe Polizei major Suspendiert
AMT
Diesem Major Lewit wurden vom Minister prompt die Lewiten gelesen...
Ein Schandfleck für die deutsche Sache.
Innsbruder Hafenkreuzler haben eine christlichsoziale Ber-| und schließlich mit Hilfe eines herbeigeholten Quartetts Wiener sammlung gesprengt, die sich mit dem Berrat der getnechte ten Deutschen des zu Italien geschlagenen Südtirol durch die Hitlerei beschäftigte. Dabei riefen die Hitlerianer „ Südtirol verrede!"
Der christlichsoziale Abg. Dr. Rolb hat in einer zweiten Bersammlung dieses Verhalten der Mussolinitnechte" angeprangert. Streng legal, wie sie sind, wollen aber die Faschisten nicht dulden, daß das Tiroler Volt über ihren Volksverrat ausgeklärt wird. Darum hatte sie am Donnerstagabenb
zu einer sozialdemokratischen Bersammlung in Kufstein Sprengfolonnen bis aus Rojenheim in Bayern , das gut eine Schnellzugsstunde entfernt ist, herangezogen,
die gleich bei Beginn der Berjammung gewalttätig manden. Natür lich ließen sich unsere Genossen nicht mehrlos mißhandeln; es gab zahlreiche Verletzte.
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Die freie Gewerkschaft der Wiener Polizei hielt am vergangenen Mittwochabend eine Branchenversammlung ab. Der antisozialistische Wirtschaftsverband" rüdte zur Störung der Versammlung mit den jungen Polizisten jener ,, Alarmabteilung" an, die nach dem Blutbad bes 15. Juli 1927 geschaffen wurde, vom Straßendienst frei ist, dafür aber mit Militärwaffen und Straßenfampfmitteln exerziert. Diese Truppe lärmte zuerst, dann begann sie hitter Lieder zu grölen, dabei mit Faschistengruß aufzustehen
In seinem Jahresbericht an den Kongreß erklärt der Kriegsminister, daß die Armee der Vereinigten Staaten 1476 verwendungss fähige Flugzeuge befigt, die zusammen mit den 1000 Flugzeugen des Fliegertorps den Bereinigten Staaten den vierten Rang unter den Luftmächten der Welt sichern. Es seien neue Jagdflugzeuge mit einer Geschwindigkeit bis zu 214 Meilen und Bombenflugzeuge mit einer Geschwindigkeit von 188 Meilen in der Stunde in Auf trag gegeben worden. Diese neuen Flugzeuge würden die gegen wärtig verwendeten Militärmodelle um 40 bzw. 70 Meilen in der Stunde übertreffen.
Die Mechanisierung der Armee werde fortgesetzt. Befriedigende Versuche seien mit einem Kampfwagen ausgeführt worden, der sowohl mit Raupenrädern als aud) mit gewöhnlichen Rädern aus gestattet sei und wahrscheinlich auf der Straße eine Stundengeschwindigkeit von 60 Meilen und auf dem freien Feld eine solche pon 30 bis 40 Meilen erreichen werde.
Die Stärke der regulären Armee beträgt 12000 Offiziere und 118 700 Unteroffiziere und Mannschaften, dazu kommen 190 000 Mann Nationalgarde und 108 000 Mann organisierte Referven".
Der Ausbau Leningrads.
Große Pläne für 1932.
Mostau, 4. Dezember.
Ein von Molotoff und Stalin unterzeichneter Aufruf der Volksfommissare und des tommunistischen Zentralfomitees behandelt die Frage der Umgestaltung Leningrads zu einer vorbildlichen Somjet stadt; sie soll 1932 beginnen. In dem Aufruf heißt es, daß Lenin grad in der ersten Reihe des sozialistischen Aufbaues und der fyftematischen Berbesserung der kulturellen 2age und der Lebenshaltung der Werttätigen marschiere. Leningrad habe den industriellen Fünfjahresplan im wesentlichen schon in drei Jahren erfüllt und seit der Revolution eine enorme wissenschaftliche Forschungsarbeit entfaltet. Wenn im Kommunal und Wohnungsbau auch bereits erhebliche Leistungen erzielt fcien, so jei die Stadt doch hinter dem Entwicklungstempo der Industrie und den schnell wachsenden Bedürfnissen der Arbeiter zu rüd geblieben. Daher soll für 1932 die Inangriffnahme einer Reihe von grundlegenden Arbeiten erfolgen: die Errichtung von 1,2 Millionen Quadratmeter neuer Wohnfläche( viermal soviel mie 1931), von 55 Kilometer neuer Straßenbahnlinien, non 85 Kilometer neuer Wasserleitungsanlagen, die Pflasterung von 450 000 Quadratmeter Fahrdamm, die Einftellung von 450 neuen Straßenbahnwagen und etwa 3000 Straftwagen, die Erweiterung ber Bartanlagen durch Schaffung
Kneiplieder zu fingen", wobei reichlich Bier vertilgt wurde. Die erst nach vielen Bemühungen der Bersammlungsleitung hingeschichte uniformierte Polizei griff nicht ein. Als um Mitternacht die ver eitelte Versammlung geschlossen werden mußte, begleitete die Polizei die Mitglieder der freien Gewerkschaft ein Stück Weges. Das Nazitum in der Bürgerkriegstruppe der Wiener Polizei ist erwiesen.
Nothilfe der Rathausmarxisten.
Der Andrang um Bezugsscheine für die Wiener Winterhilfe ( Essen in dazu gemeldeten Gasthäusern, öffentlichen Küchen und Privathäusern oder für Nahrungsmittelpakete) war am ersten Tage der Aktion so start, daß viele Bewerber stundenlang anstehen mußten. In langer Ueberarbeit der Fürsorgestellen sind an diesem einen Tag und bei genauer Prüfung der Bedürftigkeit schon 50000 Berechtigungsscheine ausgegeben worden.
Lex Strafella.
one had a Wien , A. Dezember.( Eigenbericht.) Der Nationalrat hat bas fogenannte Strafella- Gesch befchloffen. Es bewirkt, daß die Bensionsverträge mit dem von der Staatsstreichregierung Baugoin- Starhemberg ernannten und inamischen abgefägten Generaldirektor der Bundesbahnen Strafella und seinen Freunden aufgehoben werden.
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eines Parts für Kultur und Erholung". Dafür werden 290 Millionen Rubel bewilligt. Leningrad soll eine selbständige Verwaltung erhalten und ein Wirtschaftszentrum mit eigenem Budget werden.
Neue Staatspräsidenten.
Die fortschreitende Stimmenzählung läßt zweifelsfrei erkennen, daß General 3 u sto bei weitem die meisten Stimmen erhalten hat. Dagegen ist das Wahlergebnis für die Bizepräsidentschaft noch ganz unentschieden. Die Präsidentschaft Justos ist indes nur wahrscheinlich, wenn der Kongreß nicht die Wahlen in den Provinzen Buenos Aires und Mendoza, die heftig angefochten werden, annulliert. Berdächtige Einmütigkeit in Litauen .
Kowno , 4. Dezember. ( Oft- Expreß.)
Das Ergebnis der Wahl der Wahlmänner, die am 11. Dezember den litauischen Staatspräsidenten zu wählen haben, wird von der Regierungspresse mit größter Genugtuung verzeichnet: unter den Gewählten ist ein einziger Gegner der Regierung! Die Wahl des Butschisten Smetona dürfte keinem Zweifel unterliegen. Die Presse der zahlenmäßig durchaus nicht fleinen Oppositionsparteien ist durch die 3ensur verhindert, das Geheimnis dieser Einmütigkeit zu lüften.
Kampf den Nazis!
Die Nazizelle des Herrn Wittler.
Freitag, den 4. Dezember, hatten die Nazis, abends um 8 Uhr, eine Belegschaftsversammlung von Wittlers Brot
fabrik nach der Hochschulbrauerei in der Geestraße einberufen. Der Saal war zur Hälfte von SPD. - und KPD. - Anhängern gefüllt, die andere Hälfte hatten die S.- Leute als Betriebsfremde und die Nazizelle des Herrn Wittler befeßt. Die Herrschaften wittern Morgenluft und glauben, den Betrieb erobern zu fönnen. Der Referent, angeblich ein Tarichauffeur, verfuchte in zweistündigen Ausführungen über das Thema Welchen Weg zeigt der Nationalsozialismus aus Lohnabbau und Erwerbs losigkeit?" zu reden, hielt jedoch eine üble Hegrede gegen die SPD. und zum fleinen Teil gegen die RBD. Unser Genoffe Dreffet trat biefem Helben in dreiviertelstündiger Distuffionsrede wirtungsboll entgegen, morüber mir noch weiter berichten werben.
Mitteilung des Kriegsministeriums betragen die Gesamtverluste der Erste Blutbilanz des japanischen Imperialismus. Nach einer Japaner seit dem Beginn des mandschurischen Konfliktes am 18. September 210 Tote, darunter 12 Offiziere, und 473 Verletzte, darunter 27 Offiziere.