durch die Krise, die die ganze Welt erschüttert, zum Frieden m Freiheit hindurchzudringen, Hobe ich am letzten Märztage ISN de» Auftrag des Herrn Reichspräsidenten entgegengenommen Ich habe bis zum heutigen Tage noch dieser Richtschnur gehandelt. Dabei mar ich gelungen. Parteiwünsch« abzulehnen, Änter� cssentenforderungen Erfüllung zu versagen und alle Kraft daranzu» iA fetzen, die Freiheit unseres Voltes in diesem Ringen um die Zukunft drinnen und draußen zum Einsatz zu bringen. Äh merd« mich weiterhin mit ollen versasiungsmäßigen Mitteln solchen Partei- versuchen entgegensetzen, dos deutsch « Volt in dieser ungeheuren materiellen und seelischen Rot in zwei feindliche Lager zu zerreißen. Ein uralter Instinkt gesunder Völker ermahnt, den inner- politischen Meinungsstreit zurücktreten- ja völlig schweigen zu lassen, wenn das Vaterland in entscheidenden Stunden politischen Handelns steht. Deshalb ist es ein dem Laude abträgliches Unterfange», wenn mit dem Hinweis auf innenpolitische Verschiebungen in den Tagesmeinungen der Wähler verfocht wird, im Auslände de« Eindruck zu erwecken, als ob es in Teutschland in Wirklichkeit geteilte Fronte», ja eine Regierung von morgen gebe, die sich anmaße» durfte, für das deutsche Volk zu sprechen- Auch künftighin wird die politische Führung des Deutschen Reiches und die Vertretung der Juteresfen des Deutschen RcicheS im Auslände ausschließlich in den Händen des Herrn Reichspräsidenten und der verfasinngs- mäßigen Regierung liege». Um den inneren Frieden gegen Gewaltmaßnahmen und Terrorakte von jeder Seite zu schützen, ist eine Verschärfung der Bestimmungen über den Wafsengebrauch not» wendig geworden. Die zunehmende Vergiftung des öffentlichen Lebens durch Verunglimpfungen politischer Gegner und leichtfertige Ehrabschneidungen mußten zu einer Verschärfung der allgemeinen Beleidigungüparagraphcn führen. Dafür wird nunmehr auch für die im Wege der öffentlichen Klag» durchgeführten Strafprozesse wegen Beleidigung der Umfang der Beweisaufnahme lediglich in das Ermessen des Gerichts gestellt, und für diese das Schnellgerichts- Verfahren unbeschränkt zugelassen. Das Tragen von Uniformen und Abzeichen politischer Verbände hat sich als immer größerer Mißstand er- wiesen. Reichspräsident und Reichsregicrung haben sich daher«nt- schlössen, das Tragen von Uniformen und Abzeichen politischer Verbände allgemein und ausnahmslos für das ganze Reichsgebiet zu verbieten. Der Herr Reichspräsident hat sich ferner entschlossen, zur S i ch e- rung des Weihnachtssriedens von Mittwoch ab bis zum 3. Januar nächsten Jahres all« vsfenllichen politischen Versammlungen und Aufzüge zu verbieten, damit unser Voll Gelegenheit bekommt. Abstand von dem aufgeregten, lauten Tagesstreit zu ge- Winnen. Zum Schluß wandte sich Brüning gegen den Vorwurf, daß er zu viel schweig«. Die Pflicht des gewissenhaften Arbeitens scheine ihm trotz . ollem größer zu sein als die des Redens, und er hah« die Zuversicht. daß das deutsche Boll sich auf die Seite das sachlichen Ernstes stelle Der Mut, eine schlimme Wirklichkeit in ihrer ganzen Härte anzuschauen und danach sich einzurichten, habe in der Vergangenheit aLein die Böller zum Wioderausstieg gebracht. Neuer Antrag auf Reichstagsemberufung. Die k o m m u n i st i s ch e n Mitglieder be$ Aeltestenrats babon am Dienstag einen neuen Antrag auf Einbe- rufung des Aeltestenrats beim Reichstagspräsi- dsnten Lobe gestellt, und zwar für Freitag, den 11. Dezember. Dia Einberufung des Reichstagsplenums wird für Dienstag, den IS. Dezember, oerlangt. Als Tagesordnung werden kommunistische Anträge auf Aufhebung der neuen Rotoerordnung vorgeschlagen, in Verbindung damit ein« sinanz- und wirtschaftspoliftsche Aussprache sowie erneut eine außenpolitische Aussprache und eine Erklärung des Reichs- innenministers zu den hessischen Dokumenten. Die sozialdemokratische Reichstagsfraktion ist für Montag, den 14. Dezember, zu einer Sitzung einberufen worden.
Die Baseler Beratung. Eindrucksvolle Darlegung Dr. Melchiors. Sasel , 8. Dezember. (Eigenbericht.) Der Sonderausschutz der BIZ. hielt am Dienstagvormittag ein« Sitzung ab, der zwei der neucn Mitglieder, Dr. Bindschedler- Schweiz und C o l i j n- Holland beiwohnten. In dieser zwetstündi- gen Sitzung beschäftigte man sich mit dem sehr eingehenden Expose über die Finanzlage Deutschlands . Das Expose, das einen ausge- zeichneten Eindruck gemacht haben soll, ist die Einleitung zu einem Bericht, der noch vorgelegt werden wird. Di« Diskusston wird sich zunächst mit dem vorliegenden rem technischen Teil des Berichtes Dr. Melchiors beschäftigen. In der Rachmittagssitzung führt« Dr. Melchior sein« Dar- legung der deutschen Finanzen zu End« und betont« die Entfchloflenheik Denftchlavds. trotz dieser SiluaNo« die Goldwährung unbedingt anfrechtzoerhotten und zwar aus folgenden Gründen: Deutschland hat die Verpflichtung zu? AufrechtarhaUung der Goldwährung in den Haager Verhandlungen über- nommen. Die ausländischen und inländischen Anleihen, namentlich die Hypothekenailleihen, tauten auf Gold mark, schließlich steht die deutsche Bevölkerung nach unter dem Eindruck der verheerenden Inflation. Ein Verzicht auf den Goldstandard würde sofort eine ollgemeine Preissteigerung herbeiführen. Der Sande , aueschuß hat einen technischen Unterausschuß aus den Sachverständigen der einzelnen Delegationen«ingesetzt, der das deutsche Material prüfen wird. Ministertawirettor Graf Schwerin nyn Krosigk wird am Donnerstag in Basel eintreffen, um dem Ausschuß alle notwendigen Erklärungen über. den llleichshaushalt zu geben. Staatssekretär Schaff«? vom Reichsfinanzmimftermm ist in Bafel eingetroffen, um Dr. Melchior über die Einzelheiten der neuen Rotverordnung zu Unterricht«»
Obcrbürgcrweister Veims vsrv»glück l. Wie aus Magdeburg ge- meldet wird, ist der frühere Oberbürgermeister der Stadt. Genosse , Beim», durch einen Starz schwer verunglückt. Er mußte ins Krankenhaus gebrocht und operiert werden.
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„Schöner Weg! Schade nur, daß ich unterwegs soviel abschwitze!" Die 5. Million überschritten. Ende November 5057000 Erwerbslose.
3a der zweiten Rooewberhälsl« hat noch dem jetzt vorliegenden Bericht der Reichsav stall die Erwerbslosigkeit ia Deutschland die Fünf- Millionen. Grenze überschritten. Die Zahl der Arbeitslosen nahm um rund 214 000 Personen za, so daß die Gesamtzahl 5 05? 000 Erwerbslose erreichte. Der Zustrom der neuen Erwerbslosen kam überwiegend aus den Saisonberufen, bei denen die Erwerbslosigkeit nm 7.7 Proz. zunahm, während sie in den übrige» Bernfsgruppen gegenüber dem lS. Zlovember nm 2.4 Pro;. anstieg. Daß alle Maßnahmen der Regierung, die Arbeitslosigkeit ein- z»dämmen, restlos sehlgeschlagen sind, wird durch nicht» dcnlllcher gekeunzeichnel als durch die Talsache, daß die lleberlagerung gegenüber dem Vorjahr Ende Rovember mit 1,3 Millionen genau s o hoch geblieben ist wie im Sommer 1331. obwohl im 0(- tob er und November vergangenen Zahres eine sprunghaste Sletzerung der Arbeitslosigkeit eingesetzt hatte. Mit diesem sprunghaften Anwachsen hat ober da» Tempo der Annahm« im setzten Vierteljahr völlig Schrift gehalten, denn seit dem sotnmer- thhen Tiefstand hat sich dt« Erwerbsloseuzaht i» Deutschland um rund 1.1 Millionen vermehr k.
Im Ruhrkohlenbergbau scheint nunmehr der Tiefstand der Beschäftigung überwunden zu sein. Der Belegschaftsabbau ist zum Stillstand gekommen und die Zahl der Feierschichten Hot sich verringert. In der Großelsenindustrie hielt dagegen der Rückgang der Beschäftigung an, wenn sich auch das Tempo verlangsamt hat. Trotz der überaus starten Schrumpfung in der Metallindustrie wurden hier auch in der Berichtszeit neue Eni- lassungen vorgenommen. Umfangreiche Entlassungen in der Strumpffabrikatüm. der Tuchindustri« und anderen Zweigen des Textilgewerbes werden überwiegend aus die englischen Zollerhöhungen, verbunden mit dem Pfundsturz, zurück* geführt. Das nur nach sehr schwach beschäftigt« Baugewerbe setzt« nach Fertigstellung einer größeren Anzahl Bauten und unter dem Einfluß des Froftwettsrs noch zahlreiche Arbellsträste frei. Daß die Arbeitslosenversicherung ihren Bersicherungs- charatter nahezu völlig eingebüßt hat, beweist die Tatsach«, daß von der Arbeitslosenversicherung nur noch 1,36 Millionen Erwerbslose, also gerade noch 30 Proz., unterstützt wurden, daß w der Krisenfürsorg« 1,40 Millionen Erwerbslos« sich befanden, während 7Z Millionen als Ausgesteuert« der kommunalen Wohlfahrt»- fürsorge überlasten sind
Hoovers Zahresboffchast. Das Feierjahr/ Plädoyer für den Kapitalismus.
Mofhington, 8. Dezember. In gemeinsamer Sitzung beider Häuser des Kongrestes wurde die Jahresbotschaft des Präsidenten Hoover verlesen. Di« Außen- Politik ist nur in wenigen Sätzen behandelt, da sie Gegenstand einer Sonderbotschaft zur Ratifizierung der Moratoriumsoorlage sein wird. Weiter« Abrüstung, so meint Hoover, sei notwendig, wenn die Welt den früheren Lebensstandard zurückgewinnen wolle. Di« bestehenden Abmachungen zwischen den See mächten böten die Möglichkell weiterer Herabsetzung der Flolleastärken. besonders wenn die sranzösisch-italienischen Verhandlungen erfolgreich verlaufen sollten. Auf Deutschland und die deutsche Frag« über- gehend, erklärt Hoover: Die Wirtschaftskrise in Deutschland und in Mitteleuropa ncchn: im letzten Juni Ausmaße allgemeiner Panik an. die erkennen ließen, daß diese Völker ohne fremde Hlls« zusantmeirbrechen mußten. Die Furcht vor solchem Zusammenbruch hat unsere Produkten- und Wertpapier- Märkte in Verwirrung gebracht und auch andere Völker bedroht, was wiederum neue Gesahren für un» herausbeschwar. Bon größter Be- deutung war daher die Rotwenbigkell unserer Mitarbeit, um das deutsche Volk vor der unmlltelbar bevorstehenden Katastrophe zu schützen und seinen wichtigen Anteil am Fortschritt und an der Stabllllät der Well zu bewahren. Aus diesem Grunde Hot Amerika das Schuldenfeierjahr und das Stillhalteabkommen in die Weg« geleitet. Ausführlich behandelt Hoover die innere Wirtschafts- d e p r e s s i o n. deren Gründe er in Spekulation, Inflation auf den Wertpapier- und Grundstücksmärkten, in{ ch l« ch t e r G e- schäftsführung zahlreicher Fwonzinstiiute und vor ollem in ständigen Erschütterungen und Störungen im Ausland erblickt. In- dessen glaubt Hoover, daß Amerika sein« Erholung in weitem Maße unabhängig von derübrigen Welt bewerkstelligen könne, wenn es ihm geling«, durch Wiederherstellung des Vertrauens den abgestauten Kreditstrom wieder ins Fließen zu bringen und die Lag« der amerikanischen Eisenbahnen zu verbessern. Zur Frag« der Arbeitslosigkeit erklärt Hoooer, daß di« Regierung bestrebt gewssen sei, durch Schaffung neuer Arbeits mög- llchkeiten, durch Einrichtung von Arbettsnachweisen und durch die Abdrosselung der Einwanderung dem heimischen Ar» bellsmarkt Erleichterung zu verschaffen. Hoover betont, daß er sich jeder unmittelbar«» oder mittelbaren Erwerb slosenfürsorge widersetze, denn Jter Zusammenbruch und die vermehrte Arbeitslosigkeit in Europa ist teilweis« durch solche Maß- nahmen verschuldet worden'. Ein« allgemeine Abänderung des Zolltarif«» lehnt Hoover ab: das würde die Industrie, den Handel und die Land- Wirtschaft stören und die Depmfstm, verlängern. Durch die
Zolltaristommistion sei die Möglichkeit geboten, Zollsätze auf industrielle und tandwirtschaftlich« Erzeugnisse, die durch die nitt niedrigen Löhnen und Gestehungskosten arbellend« ausländische Konkurrenz bedroht sei, zu erhöhen und übermäßige Tarife herabzusetzen. An praktischen Maßnahmen zur Wiederbelebung der Wirtschast schlägt Hoover vor: eine drastische Verminderung der Regie- rungsausgoben und eine vorübergehend«, höchstens auf zwei Jahr« berechnete Steuererhöhung: weitere Kapitalbeteiligung der Regierung an den Bundes l a n d danken zur Beschaffung billiger Kredite für die Landwirtschaft: Gründung von Baukredllbankeu zur Förderung der Heimbautätigkeit: Schaffung einer„Wieder- a u s b a u g e s« l l s ch a f t'. die den notleidenden, aber innerlich ge- sunden Industrien, Eisenbahnern, Finanzinstituten und tandwirfschaft- lichen Kreditanstalten gegen taugliäi« Sicherheiten varübergeftand Vorschüsse leisten soll. Hoover gibt nicht an. auf eine wie hohe Kapitalgrundlagedie Wiederaufbaugefellschaft gestellt werden soll: man nennt aber eine Milliarde Dollar. Wetter schlägt Hoovcr vor: Erweiterung der bei den Federalreservebanken diskantsShigen Papier«:«in« Bankgefetzreforw. die den Banken dt« Einrichtung vvn Zweigstellen und den Bettritt zum Federalreservesystem erleichtern soll:«in« Hilfsaktion für di« Eisenbahnen, denen die Möglichkeit ge- geben werden soll, durch geeignete Zusammenschließungen ihr« Be- tmbskosten herabzusetzen, und ein« Lockerung der Lntitrust- gesetzgebung, besonders zugunsten der Kohlen-, Petroleum- und Holzindustrien. Ferner empfiehlt Hoover ein« gewisse Vereinfachung der Bundesverwaltung und eine gesetzlich« Verankerung der Tin- Wanderungsbeschränkung. Hoover schließt mit den zuversichtlichen Worten, daß dos aift persönliche Initiative gegründete Wirtschaftssystem auch den Sturm der gegenwärtigen Krise überstehen werde.
Landfriedensbruch. Otts LlrteU im Neumünfiercr Kommmifieapriwfe. Reumünsi«. 8. Dezember. Nachdem im Kommuniltenprozeß die Beweisaufnahme zu End« geführt worden war, begannen am Montaguachmtttag die Plädoyers. Am Spätabend fällt« das Gericht folgende« Urteil: Wegen Land- friedensbuch» bzw. qualifizierten Laudfriedensbruch» werden verurteilt: der Hauptangettagte Timm zu 2K Jahren Gefängnis. die Angcktagten Winkl«? zu 1 Jahr. Rahlfs zu sieben Monaten. Köbbert zu sieben Monaten Gefängnis, die übrigen 17 Angeklagten zu Gefängnisstrafe» von vier bis sechs Monaten. Zwei Angeklagte wurden freigesprochen.