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BERLIN Sonnabend

12. Dezember 1931

Der Abend

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Nr. 582

B.291 48. Jahrgang

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Kampf gegen den Schmuggel

Dietrich verlangt größere Mittel für Zollbeamte

In der heufigen Sihung des Haushaltsausschusses des Reichs­tages erbat das Reichsfinanzministerium die Genehmigung, Mittel für außerordentliche Zuwendungen an Beamte und Hilfskräfte des Grenzbewachungs- und Steueraufsichtsdienstes um 35 000 m. überschreiten zu dürfen.

Der Schmuggel an der West grenze hat unter dem Einfluß der wirtschaftlichen Verhältnisse erheblichen Umfang an­genommen. In der Hauptsache werden Tabakwaren, Kaffee, Getreide und Müllereierzeugnisse eingeschwärzt. Die Waren werden zum Teil von bewaffneten Banden in Stärke bis zu 100 Mann unter friegsmäßiger Sicherung über die Grenze gebracht, wobei Krafträder und Kraftwagen, oft fogar gepanzert, verwendet werden. Die Abfahorganisation reicht, mie festgestellt worden ist, bis in die Großstädte des Inlandes, 3. B. Berlin und Hamburg .

Dieses wohlorganisierte Gewerbe wirft hohe Gewinne ab und wird doher offensichtlich von Hintermännern unter Ausnutzung der Kollage der Erwerbslosen , die sich für einen fleinen Lohn zur Ver­fügung stellen, mit reichlichen Geldmitteln unterstützt.

Der Kampf um die Schmuggelwaren nimmt immer stärkere Formen an. In letzter Zeit ist es beim Zusammentreffen mit Schmugglern in einer großen Anzahl von Fällen zu lebhaften Feuergefechten gekommen. Nicht selten sind die Beamten gezwungen, gepanzerte Schmuggleraufos, die die vordere Linie durchbrochen haben, auf Motorrädern und Kraftwagen zu verfolgen und mit der Waffe zu stellen. Trotz aller dieser Schwierigkeiten wird der Kampf gegen den Schmuggel mit allem Nachdrud durchgeführt. So fonnten allein in den Landesfinanz­amtsbezirken Münster , Düsseldorf und Köln in der Zeit vom 1. April bis 30. Oftober 1931 25 800 Schmuggelfälle zur Anzeige gebracht und 18 900 000 3igareffen, 223 200 Heffchen Zigarettenpapier, 45 000 3igarren, 30 460 Kilogramm Tabat, 252 600 Kilogramm Getreide, 112 600 kilogramm Müllereierzeugnisse, 860 Fahrräder, 125 Krafträder und 115 Kraftwagen beschlagnahmt werden. Das planmäßige Personal der Zollverwaltung ist neuerdings 500 Mann verstärkt worden.

Todesstrafe gegen Reins beantragt

Staatsanwalt bejaht die Ueberlegung

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Jm Reins- Prozeß herrschte heute morgen allgemeine| Ich möchte des Mannes gedenken, der bei Erfüllung seiner Pflicht Spannung. Die angeklagte Mutter Reins ist nicht erschienen. zu Tode gekommen ist. Seine Frau hat den Ehemann verloren, der Rechtlich bestehen keine Hindernisse, ohne sie zu verhandeln. Tochter ist der Vater genommen worden. Wir stehen hier vor Frage zu richten, ob er die Tat bereue. Bors: Ich hatte sowieso der Anklagebant. Ich begrüße es, daß Frau Reins in diesem Augen­R.-A. Dr. Fuchs bittet das Gericht, an den Angeklagten die einem seltenen Fall: Die Mutter sigt mit ihren zwei Kindern auf die Absicht, das zu tun, doch erst beim letzten Wort des Angeklagten. blid im Gerichtssaal nicht anwesend ist. Es erscheint menschlich Also, Angeklagter Reins, wollen Sie die Frage beantworten. Ich begreiflich, denn ihr Sohn ist ja des Mordes angeklagt. Sie haben meiß, daß es Ihnen sehr schwer fällt, nach außen fundzutun, mas aus dem Munde der Sachverständigen die Darstellung des Lebens Sie innerlich bewegt. Wollen Sie sich hier in aller Deffentlichkeit des Angeklagten Reins gehört. Unverschuldet weicht er vom ge­dazu äußern? Reins: Ich sage hier die volle Wahrheit. Ob Sie funden Menschen ab. Es trifft aber nicht zu, daß er bloß auf der mir glauben wollen, ist Ihre Sache. Ich fann mir nicht vorstellen, Schattenfeite des Lebens gestanden hat. Subjektiv besaß er feinen wie ich so mas habe tum fönnen. Die Tötung lag meiner Auffaffung Grund, fich als Ausgestoßener zu betrachten. Er hatte eine und meiner Absicht vollkommen fern. Ich kann das Geschehene Freundin, er trieb Sport, er hatte alt in der Familie. nicht mehr ändern. Es ist furchtbar, daß ich daran glauben muß. Das änderte sich mit seiner Arbeitslosigteit. Arbeitslosigkeit ist ein soziales Problem; der Fall Reins ist aber feins. Ich bin der letzte, der die psychischen und sittlichen Folgen der Arbeitslosigkeit verkennt. Mit der Not aber, an der Millionen unserer Volks­

Deutscher Dampfer gefunken. genoffen leiden, hat Reins' Not nichts zu tun. Selbſtverſtändlich

Bier Mann umgefommen- 26 Mann vermißt.

Bergen, 12. Dezember.

ein deutscher Frachtdampfer heute nacht auf Grund ge­Dem Horst Telegrambyraa wird aus Maalon gemeldet, daß raten und beim Hindernaes- Ceuchtfeuer gefunten ift. Einem Floß mit sechs Mann gelang es, an Land zu kommen; vier von den sechs Leuten waren tot. Das Schiff foll eine Besagung von 32 Mann gehabt haben, das Schicksal der übrigen ist noch unbekannt. Ein Motorboot ist nach der Unglücks­stelle ausgelaufen.

war auch die wirtschaftliche Lage der Familie Reins feine gute. Die Notlage des Angeklagten Reins war aber selbst zur Zeit der Tat nicht aussichtslos.

Die Motive spielen für die Schuldfrage keine entscheidende Rolle.. Mit Bedauern müsse er aber feststellen, daß er bei den Sach­verständigen vermißt habe, daß sie auch das für Ernst Reins Ungünstige hervorgehoben haben.

Sie hätten nur die Schattenseiten gewürdigt und die sympathischen Büge betont, feien aber über all das Unsympathische hinweg­

Ich bereue es aufs tiefst e. Das alles wurde wie immer Vorbereitungen zu einer Reise treffe, die schließlich doch eine Ver­stodend hervorgebracht.

Das Wort zu seinem Plädoyer erhält Staatsanwaltschafts­rat Höfer. Er beginnt ungefähr mit folgenden Worten: Ich begrüße es, daß der Angeklagte Reins wenigstens im legten Der Haushaltsausschuß genehmigte einstimmig die Ueber- Augenblid, der Anregung seines Verteidigers folgend, feine Reue fchreitung des Etatsfolls. über die schreckliche Tat zum Ausbruck gebracht hat. Während der ganzen Verhandlung hat er fein Wort davon verlauten lassen. In seinem Lebenslauf steht kein Satz von seinem Opfer. Ich habe die ganze Zeit über gewartet, daß er doch etwas in dieser Richtung fagen würde. Es kommt zwar spät, aber doch nicht zu spät. Ich werde es berücksichtigen.

Einbruch imGewerkschaftshaus Mit der Strickleiter in die Räume des Vereins Berliner Buchdrucker.

In der vergangenen Nacht hatte es eine Einbrecherbande auf den Inhalt der Geldschränke des Vereins der Berliner Buch­drucker und Schriftgießer, die ihre Büroräume im Gewerkschaftshaus am Engelufer haben, abgesehen.

Als heute früh um 4 Uhr die Reinemachefrauen erschienen, fanden fie in den Verwaltungs- und Kassenräumen die größte Un ordnung vor. Sämtliche Fenster standen offen, aus dem Fenster des Sekretärzimmers führte eine Stridleiter auf die Straße. Gleich der erste Befund ergab, daß eine ganze Kolonne von Geld= schrattnadern am Werke war. Von der Adalbertstraße hatten fich die Verbrecher Eingang verschafft. Durch mehrere Kellergänge waren sie in das Gebäude eingedrungen und hatten sich der Schlüssel bemächtigt, die in einem besonderen Raum für die Reinemache frauen bereitliegen. Mit den Schlüsseln verschafften sich die Ein­dringlinge in den meisten Zimmern mühelos Emlaß, wo die Türen noch durch Patentschlösser extra gesichert waren, trat das Stemm eisen in Aktion. Zwölf Zimmer wurden von oben bis unten durch­fucht. Kleine Geldbeträge einiger Angestellten fielen den Tätern in die Hände. Im Kaffenraum versuchten die Einbrecher drei Geld­schränke aufzufnaden. Bei zwei ganz modernen Schränken famen fie nicht zum Ziel, einen Geldschrank älteren Ursprungs fonnten sie funstgerecht auffnabbern. Die Beute betrug etwas über 1000 Mart.

Die Bande muß mit den Dertlichkeiten außerordentlich gut ver­traut gewesen sein, das beweist ihr Vorgehen und ihre Lofaltenntnis. Alles deutet darauf hin, daß sie von den Reinemachefrauen über. rascht worden sind. Fluchtartig müssen die Banditen das Haus ver­laffen haben. Von der Kriminalpolizei und vom Erkennungsdienst find inzwischen die notwendigen Nachforschungen eingeleitet worden.

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Es kann nur Aufgabe des Gerichts sein, auf Grund der Wür­digung der ganzen Beweisaufnahme zu entscheiden, ob die Tat mit Ueberlegung ausgeführt worden ist.

Hochbahnviadukt geriffen.

Verkehr Gleisdreieck- Warschauer Straße lahmgelegt. Heute mittag mußte der Betrieb auf der Hochbahnstrecke Gleisdreied- Warschauer Brücke überraschend ein­gestellt werden. An der Eisenkonstruktion der Hochbahn war in der Gitschiner Straße in der Nähe des Patentamtes ein Diagonalträger des Hochbahnviaduktes gerissen. Aus Sicherheitsgründen wurde der gesamte Verkehr sofort eingestellt.

Bei Schluß des Blattes ist ein Pendelverkehr zwischen den Stationen Warschauer Brücke und Kottbusser Tor fowie Gleisdreied und Hallesches Tor eingerichtet worden. Die Schwere des Schadens läßt sich zur Zeit noch nicht überbliden. läßt sich zur Zeit noch nicht überblicken.

Nach Absteifungen hofft die BBG. den Betrieb in den Abend­ffunden wieder aufnehmen zu können.

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Der Hochbahnviadukt ist etwa 30 Jahre alt und erff vor wenigen Jahren dem dichteren Berkehr entsprechend verstärkt worden.

Die norwegischen Gemeindewahlen haben der Arbeiterpartei 40 von ihren 800 Sigen gekostet, den Gewinn haben größtenteils die linksbürgerlichen Raditalen. In Oslo hat die Arbeiterpartei die Mehrheit verloren.

auch

gegangen. Man möge sich überlegen, wie es in der Seele eines Menschen aussehen müsse, der nach einer so grauenvollen, bestia­lischen Tat vollste Gemütsruhe zeige und in aller Seelenruhe die gnügungsreise wurde. Der an die Mutter geschickte Brief offenbare einen grenzenlosen Zynismus. Das müsse gewürdigt werden, unt das von den Sachverständigen gegebene Bild des Angeklagten zu vervollkommnen. In seinem Lebenslauf habe der Angeklagte audy nicht ein Wort des Bedauerns über den Tod des Schwan geäußert. Der Staatsanwalt beantragte gegen Ernst Reins wegen Mordes in Tateinheit mit schwerem Raube mit Todeserfolg die Todesstrafe und dauernden Berlust der bürgerlichen Ehrenrechte, gegen die Mutter Frau Ida Reins wegen Hehlerei 2 Monate Gefängnis, die durch die Untersuchungshaft als verbüßt zu erachten sind, gegen die Schwester Sophie Reins. wegen Hehlerei 7 Monate Gefängnis, die ebenfalls als verbüßt zu erachten sind. Nachdem der Staatsanwalt die Strafanträge gestellt hatte, trat, ehe R.-A. Dr. Herbert Fuchs , als Verteidiger des Hauptangeklagten, das Wort erhielt, eine kurze Pause ein.

Hehlerlager ausgehoben.

Für annähernd 100000 Mart Beute im Norden Berlins beschlagnahmt.

Der Kriminalpolizei ist heute vormittag ein großer Schlag ge­glüdt. Im Norden Berlins in der Mittenwalder Straße und am Hadefchen Markt wurden zwei Hehlernester ausgehoben, die Diebesbeute im Werte von annähernd 100 000 Mark enthielten. Die Gegenstände rühren zum größten Teil aus Diebstählen her, die erst in der letzten Zeit verübt worden sind.

In der Mittenwalder Straße nahmen die Beamten der Dienst­stelle II in der Wohnung eines schon vielfach vorbestraften Ein­brechers eine überraschende Haussuchung vor. Dabei entdeckten die Polizisten in den Betten versteckt einen kleinen Posten erstklassiger Seidenschirme, die aus einem Einbruch in das Schirmgeschäft der Berbrecherbande hatte in dem Geschäft, nachdem sie in mühevoller Firma Vigdor in der Rheinstraße in Friedenau stammten. Eine Arbeit mehrere Mauern durchstemmt hatte, das ganze Schirmlager ausgeräumt. Die Beute, die mit einem Fuhrwert fortgeschafft wurde, hatte einen Wert von mehreren tausend Mart. Als die Beamten das Fehlernest einer eingehenden Durchsuchung unterzogen, entdeckten sie unter der Küche ein raffiniert angelegtes Gewölbe, das mehrere hundert Schirme und anderes Diebesgut enthielt. Als die Beamten