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BERLIN Montag 14. Dezember 1931

Der Abend

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Nr. 584

B 292 48. Jahrgang

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Heimwehr - Putsch vor Gericht

Der Universaldreh: ,, Abwehr roter Herrschaft"!

Graz , 14. Dezember.( Eigenbericht.)

Vor dem Grazer Schwurgericht begann heute der Prozeß gegen Dr. Pfrimer und andere Heimwehrführer, die am 13. September den Putschversuch unternommen haben. Eine Anzahl Faschisten, die sehr aktiv an der Aufbietung der Heimwehrbanden beteiligt waren, aber behaupteten, von dem hochverräterischen Charakter des Unternehmens nichts gewußt zu haben, so der Stabs­leiter Rauter, der bayerische Baron Prankh und der Fürst Starhemberg , sind überhaupt nicht angeklagt.

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Die Angeklagten sind fast ausschließlich obersteirische Heimwehr­führer, und zwar: der Weinhändler Konstantin Kammerhofer , die pensionierten Offiziere Oberst Richard Flechner, Oberst Viktor Hofer, Hauptmann Harter, Oberstleutnant Johann Ried­lechner, der Forstrat Seitner und der Industrieangestellte Karl Harrant. Die Anklagefchrift gibt auf 58 Seiten interessante Einzel­heiten der Putschvorbereitungen. Dr. Pfrimer hatte bei seinem linternehmen vor allem die von der Alpine Montangesell fchaft hochgezüchteten und finanzierten obersteirischen Heimwehren hinter sich, während die durch den Kärntner Heimwehrführer General Hülgerth repräsentierte gemäßigtere Richtung die Butschpläne ab­lehnte. Dr. Pfrimer hat die Notwendigkeit" des Putsches den Heimwehrführern immer wieder damit begründet, daß eine sozial­demokratische Koalitionsregierung zustande kommen oder ein sozial­demokratischer Bundespräsident gewählt gewählt werden

fönnte.

General Hülgerth wollte megen der Putschpläne Pfrimers noch am 10. September seine Stelle zurücklegen und hat davon nur auf die ausdrüdliche Versicherung Pfrimers, daß er seine Auffassung teile und ohne sein Einverständnis nichts unternehmen wolle, davon Abstand genommen. Diese Versicherung hat Pfrimer noch am 11. September drei Kärntner Heimwehr­führern gegenüber wiederholt. Am jelben Tag aber teilte er dem obersteirischen Heimwehrführer Kammerhofer mit, daß es anläßlich einer sozialdemokratischen Versammlung in Obersteiermark am nächsten Tag zu Unruhen und im Zusammenhang damit zur Alarmierung des Heimatschutes zur Unterstützung der Staatsegetutive und zur Uebernahme der Staatsmacht" kommen werde. Kammerhofer erklärte daraufhin, daß er gegen die Staatsautorität nichts unternehme, ließ sich aber dann, wie die An­flage ausführt ,,, durch die unter Handschlag und Ehrenwort von Dr. Pfrimer und Karl Lamberg gegebenen

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Juficherungen, daß der Aufhebung Bereinbarungen mit führen­den Stellen im Bunde zugrunde liegen, wobei bestimmte Männer in der Regierung genannt wurden, deren Namen Kammerhofer nicht angeben will, und daß der Landeshauptmann von Steier­ mark , die Gendarmerie und das Bundesheer mittue, beschwichtigen und sagte die Befolgung der ihm erteilten Befehle zu." Wie sehr die Putschisten damit gerechnet hatten, daß die Staats­gewalt sich passiv verhalten werde, geht auch daraus hervor, daß Kammerhofer dem Kommandanten der Brucker Gendarmerieſchule einen Brief übergeben konnte, den er von Pfrimer erhalten hatte und der von dem Mitglied der steirischen Landesregierung, dem Gendarmerieoffizier Meyßner, ebenfalls ein Heim wehrführer, geschrieben war. Der Brief hatte folgenden Wortlaut:

,, Lieber Ortner!

Der Heimatschutz ist zu einer größeren Uebung aufgeboten und ich; bitte dich, dalls die Roten Störungen versuchen sollten, den Heimatschutz zu schüßen!"

Tatsächlich hat sich auch dieser Gendarmeriefommandant während des Butschsonntags dann, wie auch viele andere steirische Behörden, passiv verhalten und hat

nicht das geringste gegen die Gewalttäter und Hochverräter unternommen.

Es ist bezeichnend für die Milde der Regierung gegenüber den Faschisten, daß solche Gendarmeriefommadanten noch immer auf ihren Posten bleiben dürfen.

Weiter sagt die Anflageschrift: Dr. Walter Pfrimer hatte schon 14 Tage vor dem Staatsstreich in verschiedenen mit einigen Unter­führern abgehaltenen Besprechungen den vom Grafen Lamberg ſtammenden Plan besprochen und gutgeheißen, daß nämlich einer für die nächste Zeit erwarteten sozialdemokratischen Versammlung in Liezen vom Heimatschutz eine Störung dieser Bersammlung zu unternehmen sei, was dann, da mit dem Hochgehen" des sozial ( Fortsegung auf der 2. Seite.)

Der Held und Händler

Kauft Briefe

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Hitler übergab seinen offenen Brief an Brüning zunächst der Hearst Presse.

Preiswerter

Verkauf

von

offenen

bei

Hitler 5₁

Briefen

Offener

Brief

an

Brüning

Dollar

20

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" Well, Mifter Hitler, Ihre Briefe werden in Wallstreet , Brief und Geld' gehandelt."

Gewerkschaften bei Brüning .

Neue Aussprache über die Notverordnung.

Die von den gewerkschaftlichen Spizenverbänden er­betene Aussprache mit dem Reichskanzler ist für heute nachmittag in Aussicht genommen.

Bergarbeiterverbände protestieren!

Gemeinsames Schreiben an den Reichskanzler.

Effen, 14. Dezember.

In einem gemeinsamen Schreiben an den Reichskanzler wenden sich die vier Bergarbeiterverbände gegen die Bestimmungen der Notverordnung, die die Bergarbeiterschaft betreffen. Schreiben heißt es unter anderem: Die Ausnahmebehandlung, die die Bergarbeiter in der neuen Notverordnung dadurch erfahren, daß ihre Löhne verhältnismäßig stärker gesentt merden als in den andes ren Berufen, muß als Härte bezeichnet werden. Der wiederholte Lohnabbau im Bergbau hat die Tariflöhne in den wichtigsten Re­vieren bereits soweit herabgedrückt, wie das die Notverordnung als allgemeines Ziel der amtlichen Lohnpolitik vorschreibt.

Daß wegen des überaus scharf gedrosselten Beschäftigungsgrades das tatsächliche Bergarbeitereinkommen noch viel tiefer liegt, fommt erschwerend hinzu. Dagegen hat die Schichtleistung der Bergarbeiter sich fortgesetzt stark erhöht, so daß feit Anfang 1930 im Ruhrrevier eine Lohnsenfung um zwei Mart je Tonne eingetreten ist. Schon die': Tatsache würde die durchaus notwendige Kohlenpreissenkung ermöglichen, ohne nochmals den unter ungeheurer Opfern an Ge­sundheit und Lebenskraft schaffenden Bergarbeitern weitere Ent­behrungen aufzuerlegen. Gegen eine solche Ausnahmebehandlung legen wir die schätsste Berwahrung ein und fordern die Ablehnurg diefes für die Pergarbeiter wie für den Bergbau gleichermaßen verhängnisvollen Unrechts.

Haussuchung auf Schloß Rotenberg.

Eine Aktion der badischen Polizei.

Wiesloch ( Baden ), 14. Dezember. ( WTB.)

schriftlichen Materials beschlagnahmf. Ueber den Grund zu der Haussuchung war von den Polizeibeamten keine Auskunft zu erhalten. Ben Reichenau soll der nationalsozialistischen Bewegung nahestehen.

Weihnachtsfrieg in Hamburg .

Kommunisten provozieren blutige Schießerei.

Hamburg , 14. Dezember.( Eigenbericht.) Am Sonntagabend kam es auf dem Hamburger Dom", dem Hamburger Volksfest, das jedes Jahr vor Weihnachten auf dem Heiligen Geistfeld stattfindet, zu einem schweren Zusammen­stoß zwischen kommunisten und der Polizei. In der Notwehr fchoffen die Beamten scharf. Ein Arbeiter wurde ge­tötet, fünf Personen wurden schwer und zahlreiche leicht verletzt. Etwa gegen 5 Uhr abends versuchten kommunistische Trupps immer wieder auf die Menge einzuwirken. In einer der Quer­reihen, die von den mächtigen drei Bergnügungsstraßen abzweigen, begann zunächst ein Kommunist, von dem Podium einer Schau­bühne herab eine Ansprache zu halten. Die Folge war, daß sich in wenigen Minuten weit über 200 Personen ansammelten, die Inter­nationale fangen und Schmährufe gegen die Republik und die Polizei ausffießen. Auch von anderen Podien herab hielten kom­munisten immer wieder Reden. So wurde die Erregung der Menge systematisch gesteigert. Mehrere Schaubudenbesitzer benachrichtigten deshalb die Domwache der Polizei. Bald erschienen fünf Beamte, die bei dem Versuch, die Menge aufzulösen, beschimpft und um­ringt wurden. Schließlich wurden sie mit Steinen und Eisenstücken beworfen. Ein Teil der Demonstranten ging jogar mit Latten und Balfen gegen die Beamten vor. Jetzt zogen die Beamten ihre Pistolen und gaben mehrere Schredschüsse ab. Als die Menge auch dann noch nicht zurüdwich und zwei Beamte bereits verlegt waren, wurde scharf geschossen. Panifartig wich die Menge zurüd.

Amtlich wird über den Vorfall berichtet: Am Sonntagabend, gegen 17 Uhr, versuchten Kommunisten auf dem Heiligen Geist­feld während des Dommarktes zu demonstrieren. Es traten an mehreren Stellen Redner auf. Als einige Ordnungspolizisten einen der Redner festgenommen hatten, wurden sie von Teilnehmern der Demonstration angegriffen, mit Latten geschlagen und mit Steinen beworfen, so daß die Beamten schließlich von der Schußwaffe Ge­brauch machen mußten. Tödlich verletzt wurde der etwa 22 Jahre alte, in Altona wohnhaft gewesene Karl Wittroď, der einen Brustschuß erhalten hat. Bier weitere Männer und ein Schulfnabe erlitten Bein- und Armschußwunden. Einer der Redner und vier weitere Demonftranten tonnten festgenommen werden.

Lohnverhandlung abgebrochen.

Die heutigen Cohnverhandlungen in der Berliner Metall­industrie vor dem Schlichtungsausschuß wurden ergebnislos ab­gebrochen. Nunmehr wird der Schlichter auf Grund der Notver­ordnung die neue Cohnkürzung der Berliner Metallarbeiterlöhne von sich aus durchführen.

Hitlers Flugträume.

Er möchte ein Kampfgeschwader haben. In dem neuesten ,, Verordnungsblatt" der Leitung der National­ sozialistischen Partei verfügt Hitler die Organisation eines Fliegertorps. Bis zum 20. Dezember sollen ,, alle mit der Flugwaffe ausgebildeten" Mitglieder der Nationalsozialistischen Partei, die in der Lage und gewillt" sind, sich für die Bildung der nationalsozialistischen Fliegerforps zur Verfügung zu stellen, listen­mäßig erfaßt werden.

Diefe Meldung wird allerdings von den Albatros- Werken mie

Bor mehreren Wochen sollen bereits, wie ein Montagsblatt be­richtet, bei den Albatros- Werken in Berlin- Johannisthal etwa 25 Flugzeuge von Anhängern der Nationalsozialistischen Partei be­Auf Schloß Rofenberg bei Wiesloch , das dem Gestellt worden sein. Die Abnahme der Flugzeuge ist angeblich in fandten 3. D. von Reichenau gehört, wurde gestern nach- Animefenheit beauftragter S.- Leute erfolgt. mittag eine Hausfuchung durch die Schuhpolizei vor­genommen. Die polizeiliche Aktion erfolgte, als auf dem Schloß eine Besprechung stattfand, an der Herren und Damen ver­fchiedener Parteirichtungen und auch Personen ohne ausgesprochen politische Tendenz teilnahmen. Der Gesandte und feine Frau wurden polizeilich verhört und ein Teil des vorgefundenen

von ihrem Arbeiterrat bestritten. Der letztere teilt uns dazu

mit, daß ihm von Aufträgen dieser Art nichts bekannt sei. Im Gegenteil werde von ihm versucht, beim Verkehrsministerium Auf­träge zu bekommen, um die geplante Stillegung der Albatros Werte zu verhindern.