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Rundfunk der Woche

Programm und Politik

Die Klagen der Hörer über eine zeitfremde Einstellung der Serliner Funkstunde waren seit längerer Zeit merklich zurück­gegangen. Jetzt beginnen sie wieder laut zu werden. Daß das seine guten Gründe hat, ist leider nicht zu leugnen. Es braucht an dieser Stelle wohl faum noch betont zu werden, daß nicht die Ansprüche jener Hörer hier verteidigt werden sollen, die ein Brogramm nach ihrem privaten Geschmack fordern. Das Ver­ständnis dafür, daß der Rundfunk zu allen Volksschichten sprechen muß, hat sich offensichtlich bereits bei einem sehr großen Teil der Hörerschaft Bahn gebrochen. Zuschriften aus dem Leser­freis, die sich gegen eine bestimmte Darbietung wenden nur mit der Begründung, daß sie einem einzelnen nichts zu sagen gehabt oder daß sie ihm in der Ausführung nicht gefallen habe, sind sehr selten geworden. Dagegen nehmen die Einwände gegen die Tendenz einzelner Darbietungen und die Gesamthaltung des Programms merklich zu. Es wird in den Zuschriften immer wieder betont, daß die Funkstunde es an politischem Verständnis und an Verständnis für die Gegenwart überhaupt fehlen lasse und daß sie vor allem von der Welt der werttätigen Masse, die den überwiegenden Teil ihrer Hörerschaft stellt, recht wenig zu wissen scheine.

Dieser letzte Vorwurf wurde früher von den maßgebenden Stellen gern zu entkräften versucht mit der Begründung, daß aus Zuschriften gerade aus Arbeiterkreisen immer wieder der Wunsch nach leichter Unterhaltung spräche. Das ist natürlich keine Wider­legung. Selbstverständlich will und braucht der werktätige Mensch abends Ausspanung, was für die meisten gleichbedeutend ist mit Unterhaltung. Diese so anregend und allgemeinverständlich zu ge­stalten, daß der Hörer sie als ,, leicht" empfindet, ist eine der wesen: lichsten Aufgaben des Rundfunks, eine Aufgabe, an deren Lösung heute noch viel fehlt. Die Berliner   Funkstunde tündigte den Hörern für ihr Winterprogramm unter anderem einen großzügigen leberblick über die Zeit von der großen Französischen  Revolution bis zum Sturz Napoleons   an. In einer Anzahl von Verträgen und künstlerischen Darbietungen sollte das Bild dieser Epoche sich aufbauen. Man hätte sich denken können, daß hier Unterhaltung und Belehrung zur Einheit werden und die Hörer sich durch das Unterhaltende gleichzeitig belehrt, durch das Belehrende unterhalten fühlen würden. Denn ,, Unterhaltung" ist für die meisten Menschen gar kein so enger Begriff, wie es manchem scheinen mag. Man fühlt sich gewöhnlich durch das unter­halten, was einem ,, interessant" ist- und wie viele Aus­legungen es für das Wort ,, interessant" gibt, dürfte der Deutsche Sprachverein Wißbegierigen gern mitteilen. Leider waren bisher die meisten Vorträge dieses großen Zyklus im Stil eines Hoch= schulfurses gehalten; sie beschränkten sich auf einem kleinen wissenschaftlichen Ausschnitt, ohne dem Hörer auf weitere Zusammen­hänge zu verweisen. Der ungebildete" Mensch, das heißt der Hörer, dem die Volksschule von gestern nur einen höchst unklaren lleberblid über geschichtliche Zusamenhänge mit auf den Lebensweg gegeben hat, konnte mit diesen Vorträgen begreiflicherweise wenig anfangen. Leider waren auch viele der literarischen Darbietungen in dieser Reihe nicht für ihn bestimmt. Denn diese bauten sich zum Teil auf der stillsdyweigenden Voraussetzung literaturgeschichtlicher und kulturgeschichtlicher Kenntnisse auf, die höchstens von der höheren Schule vermittelt wurden. Erläuterungen über die Musik jener Zeit wurden nicht versucht, so daß es den meisten Hörern wohl überhaupt nicht zum Bewußtsein fam, wenn Kompositionen aus jener Epoche gesendet wurden. Doch war hier die Auswahl so getroffen, daß im allgemeinen sehr viele Musikfreunde auf ihre Koften gekommen sein dürfen.

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Der zu späte Anfang wichtiger Darbietungen gibt immer mieder Anlaß zu Klagen aus dem Hörerkreise. Auch in der Zeit­einteilung des Programms fann sich sehr deutlich das Verständnis für die Hörerschaft beweisen.

Wer zufällig am vergangenen Dienstag von 15.20 Uhr an den Berliner   Sender einschaltete, erlebte eine eigenartige Folge eigen artiger Darbietungen. Zuerst kam ein Vortrag von Martha Große, betitelt Die Frau als Hüterin der Tradition". Es wurde den Hörerinnen darin empfohlen, bei festlichen Gelegenheiten das Familiensilber aus dem Glasschrank zum Schmuck des Tisches zu verwenden. Mit dem Weben und Sticken von Kissen und Decken, so meinte die Vortragende, sollten sich die Frauen beschäftigen, denn es sei ein erfreulicher Anblick ,,, wenn ein feiner Frauenkopf sich über den Stickrahmen beugt". Auch die Pflege von Volksliedern und Mysterienspielen wurden ihnen ans Herz gelegt, und die Kultur eines behaglichen Heims, das meder ein Boudoir" noch ein Büro" werden dürfe. Daß es immerhin Frauen gibt, die mit einer viel föpfigen Familie auf engstem Raum hausen müssen, war der Bor­

Theater, Lichtspiele usw.

Staats

Theater

Montag, den 14. Dezember Staatsoper Unter den Linden

20 Uhr

Schwanda, derDudelsackpfeifer

Staatl.Schauspielhaus Gendarmenmarkt.

20 Uhr

Schiller- Theater Charlottenburg  .

20 Uhr

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8.15 Uhr Flora 3434 Rauchen erlaubt Das beliebte Clown- Trio Barraceta

Gsovsky- Ballett, Luisita Leers ,, Paolo" der jüngste Ball- Jongleur

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Städt. Oper

Charlottenburg Bismarckstraße 34. Montag, d. 14. Dez. Kein Kartenverkauf Volksvorstellung Anfang 20 Uhr Soldaten Ende 22,30 Uhr

Theater am Nollendorfplat Regie: Heinz Saltenburg  Täglich 84 Uhr Sonntag 4 Uhr

Gasparone Mittwoch 4 Uhr Knecht Rupprechts Fahrt ins Märchen land

Volksbühne Theater am Bülowplatz

8 Uhr. Die

tragenden wenigstens nicht völlig unbekannt. Wenn sie allerdings den Schrebergarten als gesunden Ausweg" pries, so bewies sie damit, daß sie proletarische Verhältnisse wahrscheinlich nur vom Mörensagen fennt. Der Schrebergarten bietet heute für viele Prole­tarier die einzige Möglichkeit, der Familie, vor allem den Kindern, Aufenthalt in freier Luft zu schaffen; er hilft, den allzu mageren Küchenzettel der Kurzarbeiter und der Arbeitslosen etwas aufzu­bessern. Mit Wohnungskultur und Hütung der Tra­dition" hat das alles aber gar nichts zu tun. In der Laube, die heute bei sehr vielen die Wohnung ersetzt, gibt es keine liebgewordenen Möbelstücke, sondern nur Betten, meist nebeneinander und über­einander, soviele nur irgend hineingehen. Und selten gehen genug herein, selten sind überhaupt genug vorhanden. Man lebt in den Wohnlauben bei schlechtem Wetter und in der falten Jahreszeit unter Verhältnissen, die sich Frau Martha Große wohl nicht einmal in der Phantasie ausmalen fann; von Seele und Gemütlichkeit" ist in diesen Lauben jedenfalls nichts zu spüren.

An diese Ausführungen schloß sich ein Vortrag zum Ge= denktag der Seeschlacht bei den Falklandinseln  ". Die Schlacht fand statt vor siebzehn Jahren. Es ist im allgemeinen nicht üblich, nach solchem Zeitabschnitt besondere Gedenkfeiern ab­zuhalten. Der Massenopfer des Krieges wollen wir uns immer wieder erinnern, und an sie wollen wir auch immer wieder jene erinnern, die sie vergessen zu haben scheinen und die nach neuen Kriegsvorbereitungen, nach neuen Kriegen rufen. Aber wir wollen nicht die Gedenktage von Schlachten ,, feiern", besonders dann nicht, wenn wirklich gar feine Veranlassung dazu vorliegt.

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fitsch, schauermoritatenhaft in der Handumg- nicht ungefonnt, aber: ungekannt! Die Menschen des Buches bleiben dem Lefer fremd, weil sie ihrem Autor vermutlich fremd sind. Es geschieht fogar Schlimmeres als das Fremdbleiben: sie werden unsympathisch, vor allen Dingen deshalb, weil ihre Sinnlichkeit, unter der die Verfasserin sich vermutlich etwas Erdhaftes" gedacht hat, als dekadente Geilheit herauskommt unnützes Bemühen vielleicht einer in Paris   lebenden Deutschen  , es hierin französischen   Schriftstellern gleichzutun, denen dergleichen mühelos gelingt. Diese Sinnlichkeit" tobt sich Seite um Seite in schlechthin widerwärtigen Szenen aus wobei die Gerechtigkeit es erfordert, zu sagen, daß unter den schätzungsweise fünfunddreißig Kapiteln des Buches immerhin zwei oder drei sind, in denen nicht ,, geliebt" wird.. Schade um eine nicht nur technische Könnerin, die vergessen hat oder nicht weiß, daß die Not des Proletariats da erst beginnt, wo das Buch bereits aufhört, sich in denjenigen Dingen nur zuweilen manifestiert, in deren Darstellung der Autor sich erschöpft. Guter Wille allein tuts nicht, Können allein auch nicht, Demut vor den unheimlichen Tiefen des Themas und demzufolge Berzicht auf literarische Eitelkeit ge­hören dazu, und es ist sehr notwendig, zwischen wahrhaft sozialen und sogenannt sozialen Romanen aufs schärfste zu unterscheiden. S. H.   Mostar  .

FUNK UND­

AM ABEND

Montag, 14. Dezember.

17.15 Unterhaltungsmusik. 19.00 Stimme zum Tag. 19.10 Studenten diskutieren. Ludwig Bernhard.)

Berlin  .

National oder international?( Ltg.: Prof. Dr.

Der Hörer, der noch weiter am Lautsprecher blieb, erfuhr nach Abschluß dieser Rede, daß ,, Wilhelmshaven   heute feinen 17.00 Staatssekretär z. D. Heinr. Schulz: Die Gemeinschaft als Kunstmäzen. großen Tag" habe, und daß man ihm die Teilnahme daran selbstverständlich nicht vorenthalten wolle. Was war los? Die Emden  " kehrte von ihrer Ausfahrt zurück. Von diesem großen Tag konnte man selbstverständlich den Rundfunkhörern eine Repor= tage nicht vorenthalten. Daß ein Sturm anderer Meinung war und die Reportage völlig unverständlich machte, veranlaßte den Sender nicht, die Darbietung abzustellen. Es schien, daß ihm dafür der Tag zu groß war.

Nach diesen drei Vorträgen mußte man sich bestürzt die Augen reiben: hatte man geschlafen und geträumt von einem Rundfunk im Jahre 1910? Leider war man wach gewesen. Und auch der vom Vorwärts" schon entsprechend gekennzeichnete Bortrag Faschis­mus und Republik von Dr. F. Béjeau war fein schöner Traum der Hakenkreuzler, sondern eine wirkliche Sendung der Berliner  Funkstunde.

"

Tes.

Das meile Buch

G. H. Mostar  :

Ein sozialer Roman

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und ein sozialer"

äußerster und geschmackvollster. Einfachheit, welche die Haltbarkeit E. P. Tals Verlag in Wien   bringt in einer Ausstattung von eines gebundenen Buches mit der Wohlfeilheit eines broschierten vereinigt, zwei Proletarierromane heraus, die zu einem lohnenden Vergleich auffordern. Der eine, Ein Mensch ertrin ft", spielt in Paris   und ist geschrieben von Claire Goll  , der andere, Liebe der Armen", von H. S. Milde( ein Pseudonym?), schildert einen Wiener   Hinterhof. Das zweite Werk: herbe, sachliche Schilderung des Milieus und der Menschen, letztere in einer erstaun­lichen Vielzahl, die dennoch keinen zu kurz kommen läßt; Furcht­losigkeit in der Darstellung auch gewagtester Szenen, die aber stets notwendig sind und tragisch überschattet; scharf profilierte Klar­legung der komplizierten Verhältnisse, in welche die Armut einfache Menschen stellt, während es den ,, komplizierten" Reichen leicht wird. sich einfache Lösungen aus mißliebigen Situationen zu schaffen; rücksichtslose Aufdeckung innerer Roheit, Gemeinheit und Selbstsucht, die doch nur aus äußerem Schmutz, aus Enge und Verkommenheit

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des Milieus erwachsen furz: scharfe Erkenntnis und warmes Verständnis, auch welcher Mischung allein der wahrhaft gute soziale Roman erwächst.

Dagegen das Buch von Claire Goll  : ein Pariser   Dienst­mädchenschicksal, geschrieben mit einem literarischen und sprachlichen Können, über das der in dieser Hinsicht beinahe unbeholfene Ge­stalter der ,, Liebe der Armen" nicht entfernt im gleichen Maße ver­fügt; mit heißem Bemühen auch um die Darstellung des Milieus, der man nur eben die gemachten ,, Studien" anmerkt, und um die Verständlichmachung der immer mißbrauchten und endlich zugrunde gehenden Heldin, die dennoch Schablone bleibt; handfest im Gefühls­

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Große Frankfurter Straße 132 Tel. Weichsel E 7 3422 8.15 Uhr

Dle keusche Susanne

19.40 Mitteilungen des Arbeitsamtes. 19.45 Lieder.

20.15 Neue Lyrik: Oskar Loerke  ( Sprecher: Gerd Fricke  ). 20.45 Fantastische Sinfonie und Lelio von Hector Berlioz  . Ltg.: Hans von Benda  . Dir.: Oskar Fried  .

22.20 Wetter-, Tages- und Sportnachrichten. Tanzmusik. 16.00 Prof. Willi Fender: Beruf und Berufsschule. 16.30 Leipzig  : Konzert.

17.30 Dr. Oswald Jonas: Die Wiederholung in der Musik. 18.00 Prof. Dr. William Stern  : Die Seele des Kindes und Jugendlicher. 18.30 Botschafter Dr. Nadolny: Die Türkei   und Europa  . 18.55 Wetter für die Landwirtschaft.

19.20 Kann sich Deutschland   wirtschaftlich unabhängig machen?( Prof. Dr. M. J. Bonn  , Geh. Reg.- Rat Dr. Quaatz, M. d. R.) 20.00 Hamburg  : Orientalische Skizzen.

Königswusterhausen  .

16.00 Prof. Willi Fender: Beruf und Berufsschule. 16.30 Leipzig  : Konzert.

17.30 Dr. Oswald Jonas: Die Wiederholung in der Musik.

18.00 Prof. Dr. William Stern  : Die Seele des Kindes und Jugendlicher. 18.30 Botschafter Dr. Nadolny: Die Türkei   und Europa  .

18.55 Wetter für die Landwirtschaft.

19.20 Kann sich Deutschland   wirtschaftlich unabhängig machen?( Prof. Dr. M. J. Bonn  , Geh. Reg.- Rat Dr. Quaatz, M. d. R.) 20.00 Hamburg  : Orientalische Skizzen.

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die Mietsenkung und die Regelung der Wohnungswirtschaft durchb Heute wichtiger Rundfunkvortrag über die Mietsenfung. ,, lleber abend, 19 Uhr, für alle deutschen   Sender. Die ,, Stimme zum Tag" fällt aus. die neue Notverordnung" spricht Oberregierungsrat Durst heute

Groß: Berliner   Parteinachrichten.

4. Kreis: Achtung, Abteilungstaffierer! Die Eintrittskarten zum Film ,, Kameradschaft" müssen bis morgen Dienstag, 18 Uhr, beim Genossen Seelbinder restlos abgerechnet sein.

lung im Schüßenhaus, Reinickendorf- Ost, Residenzstraße 1. Franz 20. Kreis: Dienstag, 15. Dezember, Kreismitgliederversamm­Künstler spricht über: Unsere Stellung zur Notverordnung."

leichten Niederschlägen und mäßigen westlichen Winden. Wetter für Berlin  . Feucht  - mildes Wetter mit zeitweiligen Für Deutschland  . Im Süden des Reiches nebelig- trübe mit schmacher Luftbewegung und vereinzelten Nachtfrösten. Im übrigen Reidhe feucht- mildes Westwindwetter mit verbreiteten, aber meist leichten Niederschlägen.

,, Fravenraucher." Eine englische Eisenbahngesellschaft hat in zwei Klassen ihrer Wagen Raucherabteile eingerichtet, die nur von Frauen benutzt werden dürfen.

Verantwortl. für die Redaktion: Rich. Bernstein, Berlin  ; Anzeigen: Th. Glode, Berlin  . Berlag: Borwärts Berlag 6. m. b. H., Berlin  . Drud: Bormärts Buch­druckerei und Berlagsanstalt Paul Singer& Co., Berlin   SW 68, Lindenstr. 3. Hierzu 1 Beilage.

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