Nr. 585 48. Jahrgang
1. Beilage des Vorwärts
Wieder Krach im Sklarek- Prozeß
Belastende Zeugenaussagen
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Der Vorsitzende eröffnete die gestrige Verhandlung im Stlaret Prozeß mit der Mitteilung, daß einer der Verteidiger im Sklaret- Prozeß, der Rechtsanwalt Dr. Georg Cohn, der dem Angeklagten Stadtrat Degner zur Seite stand, gestern plöglich gestorben ist.
Man sezt dann die 3eugenvernehmung fort, und zwar wurde der unbesoldete Stadtrat Hermann vom Bezirksamt Mitte vernommen, der Bürgermeister Schneider und Stadtrat Gäbel schmer belastete. Auf die Frage des Vorsitzenden, ob ihm bekannt fei, daß der Angeklagte Gäbel die Sklarets bezüglich der Auftragserteilung unterstüßt habe, erklärte Stadtrat Hermann, daß Gäbel in Verfügungen darauf hingewiesen habe, es müsse bei den Stlarets gekauft werden. Er, Hermann, habe billigere Angebote von anderen Firmen gehabt, und Stadtrat Gäbel. habe ihm, dem Zeugen, einmal im Amtszimmer von Stadtrat Schneider Vorhaltungen gemacht, daß Schwierigkeiten wegen der Aufträge an die Sflarets von seiner Seite gemacht würden. Ich habe das Gefühl gehabt, daß es nicht mit rechten Dingen zuging, und ich habe zu Bürgermeister Schneider und Stadtrat Säbel gesagt:
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Die Sache mit den Stlarets stinkt zum. Himmel,
das gibt noch einmal einen großen Krach." Stadtrat Hermann befundete dann weiter, daß Bürgermeister Schneider immer Freifarten von Theatern erhalten habe, und daß einmal eine Steuerschuld des Deutschen Theaters in Höhe von 72 000 Mart auf Veranlassung von Schneider niedergeschlagen worden sei, und daß als Gegenleistung Freifarten für Erwerbslose und städtische Angestellte gefordert wurden. Diese Vorgänge seien ihm, dem Zeugen, von Direktor Wallburger erzählt worden. Auch für den ,, Wintergarten " habe Schneider immer Freifarten gehabt. Bors.: Wissen Sie auch, ab die Steuerrückstände bei solchen Theatern niedergeschlagen wurden, zu denen Bürgermeister Schneider keine Freifarten befam? Zeuge: Das weiß ich nicht. Mir hat Direktor Ballburger aber einmal eine andere Sache erzählt, die ich zuerst für unglaubhaft hielt. Direktor Saltenburg hat Bürgermeister Schneider einmal Premierenkarten geschickt, und zwar für die zweite Parkettreihe. Bürgermeister Schneider soll sehr wütend gewesen fein, daß er trotz eines telephonischen Anrufes von Wallburger nicht Karten für die erste Reihe befam und soll dem Dezernenten dann die Anweisung gegeben haben, abends die Kasse zu pfänden.( Bewegung.) Bors.: Wie standen Sie denn persönlich zu Bürgermeister Schneider? Zeuge: Da wir der gleichen Partei angehörten ( Schneider ist bekanntlich seit langem aus der Sozialdemokratie ausgeschlossen Red. d. Vorwärts"), habe ich ihn zuerst nach Kräften unterstützt und ihm geholfen, sich in sein Amt einzuarbeiten. Als ich dann aber später bei einer Angelegenheit merkte, daß er sich von unsachlichen Motiven leiten ließ, ist es zu gewissen
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Spannungen 3mischen uns gekommen..
Der Angeklagte Bäbel vermochte sich an das angeführte Gespräch nicht zu erinnern, meinte aber, daß Stadtrat Hermann ihm nie fonfretes Material über die günstigeren Offerten anderer Firmen gegeben habe. Der 3eu e Hermann erklärte aber, daß gerade das Gegenteil der Fall gewesen sei, daß aber von Gäbel nichts veranlaßt wurde. R.-A. Dr. Kurtig hielt dem Zeugen einen Bericht an den Oberpräsidenten vor, in dem zum Ausdruck gebracht wird, daß andere Firmen nicht besser und billiger als die Sflarets liefern tönnten, und zwar sei dieser Bericht, der aus dem Jahre 1929 datiert, von BöB, Scholtz und Lange und noch zwei anderen Magistratsbeamten unterzeichnet. Der Oberstaatsanwalt erklärte hierzu, es fomme lediglich darauf an, von wem dieser Bericht entworfen sei, mas aber nicht festgestellt werden fonnte.
Im weiteren Verlauf der gestrigen Verhandlung bestritt Bürgermeister Schneider die Aussagen des Zeugen Stadtrat Hermann sehr entschieden. Die Feindschaft zwischen ihm und dem Zeugen
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Familie Soviet
Roman von Elfe Möbus
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,, Ja, das empfinde ich auch selbst", sagte Germaine. ,, Auch ich habe meinen Bruder für frank gehalten, als ich ihn damals zum ersten Male in Berlin wiedersah nur steht uns Normalmenschen eben diese Art von Krankheit ungemein fern, weil man sie nicht selbst durchgemacht oder an anderen gefehen hat..."
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Ja, Fräulein Germaine, das, haben Sie sehr richtig ausgesprochen. Uns Normalmenschen, uns hier in unseren kleinen, ruhigen, geordneten Verhältnissen... Aber Ihr Bruder hat Erlebnisse gehabt, von denen sich die meisten nichts träumen lassen. Er hatte die Enttäuschung mit seinem besten Freund, dann das Kriegserlebnis, in das er von der Schulbant hineinstürzte das muß ihn seelisch vollkommen zerrüttet haben, er deutete es mir einmal an- dann sein erstes feruelles Erlebnis, das auch vollkommen verpfuscht war. Entschuldigen Sie, bitte, auch das gehört ja bei uns zum guten Ton, über so etwas nicht zu sprechen lieber lassen wir die Jugend ins Unglück rennen! Das alles in Verbindung mit der ganzen Zeit heute es wackelt eben doch alles, eine Gesellschaftsordnung stürzt zusammen, denn die Revolution geht doch weiter. Sie hat ja erst angefangen, und sie wird noch Jahre andauern und nun steht mitten drin ein Mensch zwischen 18 und 21, fein gegliedert, außergewöhnlich begabt, aus hochgezüchteter Familie sehen Sie, das alles find ficht bare Dispositionen für den Griff zum Morphium, ganz abgesehen von dem Unsichtbaren, das niemand wissen mag und das vielleicht noch ausschlaggebender gewesen ist." ,, Daß ein junger Mensch von seinen Fähigkeiten, von seinem Charakter so dahinsiechen muß", sagte Germaine verzweifelt, und andere sind so gut durch alles hindurch gefommen..
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Der junge Arzt stand auf und machte sich an seinem Schreibtisch zu schaffen. Andere... ja.... Fräulein Ger maine , auch ich gehöre zu diesen anderen. Aber eines möchte
Neue erregte Zusammenstöße
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Dienstag, 15. Dezember 1931
3m Yangtsedelta ereignete sich auf dem Dampfer„ Taleh", basiere auf der Vergnügungssteuerangelegenheit. In diesem Zu- plosion, die einen Brand zur Folge hatte. 300 Personen der mehrere hundert chinesische Passagiere an Bord hatte, eine Ersammenhange erklärte Schneider, daß Stadtrat Hermann nur dadurch sollen er trunken oder in den Flammen umgekommen sein. Die zum unbesoldeten Stadtrat gewählt worden sei, daß der deutsch - Ueberlebenden der Katastrophe berichten über Schredensszenen, die nationale Bezirksverordnete Börner sich der Stimme enthalten sich auf dem brennenden Schiff abspielten. Zahlreiche chinesische hätte. Börner habe dann später durch Hermann ein städtisches und japanische Schiffe eilten dem brennenden Dampfer zu Hilfe, so Darlehen von einigen 1000 Mark erhalten, das restlos verloren sei. daß von 600 Passagieren etwa die Hälfte gerettet werden konnten. Stadtrat Hermann erklärte hierzu, daß das Darlehen an den Bezirksverordneten Börner, mit dem er weitläufig verwandt sei, nicht auf seine Veranlassung, sondern eines anderen Stadtrates gewährt worden sei.
Während die Vernehmung mehrerer anderer Bezirksamtsmitglieder nichts wesentlich Belastendes für Bürgermeister Schneider ergab, und die Verhandlung sich in ruhigen Bahnen bewegte, fam es bei der Zeugenvernehmung des Stadtrats Neuendorff zu neuen heftigen Szenen. Stadtrat Neuendorff bekundete, daß Bürgermeister Schneider bis zur Bekanntschaft mit den Sklarets nichts dagegen einzuwenden hatte, daß Zahlungsbefehle wegen der schleppenden Mietzahlung in dem städtischen Grundstück in der Kommondantenstraße ergingen und derartige Zahlungsbefehle auch selbst unterzeichnet habe. Später habe dann Bürgermeister Schneider einem anderen Beamten gegenüber gesagt, daß man doch auf die Firma mehr Rücksicht nehmen müsse. Stadtrat Neuendorfi hat dann auch mit den Sflareks wegen des Grundstückskaufs verhandelt, und die beiden Angeklagten hatten vor einiger Zeit in der Hauptverhandlung behauptet, daß Stadtrat Neuendorff verlangt hätte, sie sollten sich mit 50 000 mart an einer Patent finanzierung beteiligen. Stadtrat Neuendorff erklärte, daß zwar ganz zwanglos über das Patent gesprochen worden sei, daß aber eine Beteiligung der Sklarefs gar nicht in Frage gekommen und ihnen auch nicht nahegelegt worden sei. Er hätte gerade vorher eine Beteiligung in Höhe von 100.000 Mark abgelehnt, also die Sflaretschen 50 000 Mart überhaupt nicht gebraucht. Leo Stiaret: Das ist unwahr, mas Stadtrat Neuendorff sagt, er hat doch von der Patentfinanzierung gesprochen, und Mar hat noch hinterher gesagt, wie schwer das immer ist, immer wird von uns eine Gegenleistung verlangt. Billy Stlaret: Sie müssen doch hier die Wahrheit sagen, Herr Stadtrat . Stadtrat Neuendorff: Nehmen Sie es mir nicht übel, meine Herren, aber mas die Sklarets hier sagen, sind alles Märchen. Es war vielmehr so, daß die Stlarets mich immer wollten, und da habe ich sie leider zu mir in meine Wohnung wegen des Grundstückgeschäfts einmal an einem dritten Ort sprechen gebeten. Eine Beteiligung der Sklarets tam gar nicht in Frage. Leo und Willy Sflaret blieben aber ziemlich erregt dabei, daß Stadt rat Neuendorff ihnen eine Beteiligung nahegelegt hätte, während Stadtrat Neuendorff seine Aussage aufrecht hält, daß die Stlaretsche Darstellung eine Unmahrheit und ein glattes Märchen sei, und daß
ihre Beteiligung außerhalb des Bereichs der Möglichkeit lag.
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Zum Schluß murde hierauf der frühere Berliner Magistratsrat Dr. Hiller als Zeuge gehört, der jeßt Stadtrat in alle ist. Er befundete, bags gegerät irta for Brunditude in Kommandantenstraße in der Nähe des Spittelmarktes an die Eflarets gewesen sei, weil der gebotene Preis von 8000 Mark pro Quadratrute zu niedrig war. Aus diesem Grunde habe er die Tendenz gehabt, das Geschäft taputt zu machen und juristische Bedenken wegen der Bebaubarkeit geäußert. Anhaltspunkte dafür, daß fich Bürgermeister Schneider in unzulässiger Weise für den Verkauf an die Sklareks eingesezt hätte, konnte der Zeuge nicht angeben. Die Verhandlung wurde auf Mittwoch 10 Uhr vertagt.
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Selbstmord nicht Mord. In einer Remise des Hauses Bergstraße 62 wurde gestern der 75 Jahre alte Rentner Franz Klinte tot aufgefunden. Der Berdacht, daß der alte Mann einem Verbrechen zum Opfer gefallen ist, hat sich nicht bestätigt. Aus welchen Gründen K. Selbstmord verübt hat, weiß man allerdings nicht.
ich Ihnen unter vier Augen doch andeuten. Ich bin gerade noch durchgekommen, durchgeschlüpft durch eine winzige Lich tung, durch ein Wunder, eine Gnade, oder wie man es nennen will. Ihr Bruder aber ist meinen Schicksalsweg zu Ende gegangen.
Er blätterte in den Büchern, die auf dem Schreibtisch lagen. Dann setzte er sich wieder seiner Besucherin gegenüber. ,, Aber es ist noch nicht zu Ende mit ihm, und es wird, es darf auch nicht mit ihm zu Ende gehen. Sehen Sie, er steckte ja tief darin, er nahm täglich ein Gramm, das ist ungeheuerlich und jetzt ist die Dosis im Verhältnis dazu winzig, sporadisch ich versuche immer mehr, sie durch Schlafmittel, durch Wein und anderes zu ersetzen. Ich denke, in ein paar Wochen sind wir soweit. Dann noch vierzehn Tage in eine Privatklinik mit Bädern und Packungen und Suggestion und was es alles gibt und dann ist er dem Leben wieder geschenkt!"
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Germaine stand auf und wandte sich zum Gehen. ,, Sie haben also wirklich Hoffnung! Dann dürfen auch wir nicht verzweifeln." Frau Loriot stand an der Gartentür, als Germaine herüber fam. Sie sah übernächtigt und verhärmt aus.
,, Er hat mir große Hoffnung gemacht", sagte Germaine, und er glaubt, daß Walter bestimmt wieder gesund werden wird. Wir müssen nur Geduld haben..."
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Frau Loriot zog die Tochter in den Obstgarten, der hinter dem Haus lag. Es ist so warm und sonnig heute, wir wollen uns hier ein wenig segen wir wollen uns hier ein wenig segen das ist besser als im Haus. Walter schläft jetzt er hat mir wenigstens auf mein Klopfen nicht geantwortet. Wenn er nur nachts schliefe...
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Germaine legte den Arm um die Mutter. Es wird alles gut werden, Mama, du mußt nur den Mut und die Hoffnung nicht verlieren!"
Frau Loriot erwiderte nichts. Sie stüßte beide Arme auf den weißen Gartentisch und legte den Kopf in die Hände. ,, Germaine", sagte sie endlich, ich muß dir erzählen, was ich heute nacht gesehen habe, denn ich fann das nicht mit mir allein herumtragen. Ich wachte auf durch irgendein Geräusch, ich horchte, und da hörte ich sprechen Es war Walters Stimme. Sie war nicht laut, aber doch dem Ton nach vernehmbar in dieser lautlosen Stille. Er ging vor meinem Zimmer im Korridor auf und ab, immer auf und ab, und es hörte sich an, als ob er mit jemand spräche. Ich
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13 Matrosen ertrunken.
Küstenwachtschiff im Sturm untergegangen.
Paris , 14. Dezember. Ein französisches Wachschiff für die Ueberwachung der Küstenschiffahrt ist am Sonnabend zwischen Bizerte und Bône an der nordfranzösischen Küste mit 13 Mann Besatzung unter= gegangen. Das Schiff wurde am Freitag von einem fleinen Marineschlepper von Bizerte nach Bone geschleppt, als auf halbem Bege infolge der stürmischen See die Schleppleine riß und das Schiff den Wellen preisgegeben wurde. Der Schlepper versuchte vergeblich, sich dem losgerissenen Schiff zu nähern, was ihm aber wegen der hohen See und wegen des Tiefganges in der Nähe der Küste nicht gelang. Nach stundenlangen Bemühungen verlor der Schlepper das hilflos treibende Schiff außer Sicht und kehrte sofort nach Bizerte zurück, um die dortigen Hafenbehörden zu alarmieren. Hilfsschiffe wurden ausgesandt, doch rechnet man schon jetzt mit dem Verlust des Wachschiffes und seiner dreizehnköpfigen Be satzung.
Eisenbahnunglück bei Rendsburg . Arbeitszug fährt in Personenzug.- Gechs Berlette. Rendsburg , 14. Dezember.
Ein Eisenbahnunglüd ereignete sich heute nachmittag menige Minuten nach 5 Uhr hinter der Station Büdelsdorf bei Rendsburg . Der von Flensburg nach Hamburg fahrende Personenzug hatte gerade die Station verlassen, als ihm ein rangierender Arbeitszug in die Flanke fuhr. Bei dem Zusammenstoß stürzten den Insassen wurden sechs Personen verlegt. Aerzte und zwei Wagen des Personenzuges um und gingen in Trümmer. Von Sanitätspersonal bemühten sich sofort um die Verunglückten. Ein in Rendsburg zusammengestellter Zug beförderte die Fahrgäste weiter.
Konzentration in den Schöffengerichten.
Kürzlich wurde in der Presse angekündigt, daß sämtliche Schöffengerichtssachen im Bezirk des Landgerichts I Berlin dem Amtsgericht Berlin- Schöneberg übertragen würden. Diese llebertragung ist jetzt durch einen Erlaß des preußischen Justizministers mit Wirkung vom 1. Januar 1932 erfolgt. Von diesem Zeitpunkt ab werden also alle Schöffengerichtssachen aus dem Bezirk der Amtsgerichte Lichterfelde , Trebbin , Zossen , Berlin- Tempelhof, Köpenid, Neukölln, Königswusterhausen und Mittenwalde vom Amtsgericht Berlin- Schöneberg bearbeitet und im Kriminalgericht abgeurteilt werden. Ausgenommen find allein die Jugendsachen, für die auch weiterhin die einzelnen Amtsgerichte zuständig bleiben. Die Zusammenfassung sämtlicher Schöffengerichtssachen des Landgerichts II in Moabit im Interesse der Einheitlichkeit ber Berliner Rechtspflege ist außerordentlich zu begrüßen.
Heute spricht Maria Juchacz im Rundfunk. Um 19.20 Uhr spricht heute Genoffin Marie Juch a cz über Erwerbslosigkeit und Familienleben" im Berliner Rundfunk.
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stand auf und öffnete die Tür. Er sah mich nicht, vielleicht erkannte er mich auch nicht. Er ging auf und ab und hatte seinen Arm um irgend jemand gelegt es sah grauenhaft aus...
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Germaine, dieser Mensch, mit dem er sprach, um den er den Arm gelegt hatte, war einfach nicht da. Neben ihm war nur der leere Raum, nichts weiter. Ich war wie gelähmt an allen Gliedern, ich fonnte mich nicht bewegen, feinen Laut von mir geben. Ich weiß nicht, wie ich wieder in mein Zimmer fam. Ich weiß nur, daß mich plöglich ein entsetzliches Grauen packte, daß ich nach langer Zeit aufstand und meine Tür verschloß, was ich noch nie getan habe. Aber es war wohl nur ein Ausdruck für etwas Unerhörtes, etwas noch nie Dagewesenes, das ich erlebt hatte. Ihn aber hörte ich noch lange hin und hergehen und sprechen. Ich horchte an der verschlossenen Tür, er sprach vom Krieg... Aber ich fonnte nur einzelne Worte verstehen."
Germaine saß ganz still. Mutter", sagte sie endlich gepreßt ,,, das ist nicht das erste Mal. Auch ich habe Walter einmal so gesehen gleich in der ersten Nacht, als wir aus Berlin hier anfamen. Aber mich hat es nicht so erschreckt denn davon wußte ich schon."
,, Er denkt also immer noch an jenes Mädchen fragte Frau Loriot müde.
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,, Nein, Mutter, das ist etwas anderes. Auch dieses Mädchen wird noch irgendwie in ihm sein, als Abneigung, als Bitterkeit als irgend etwas, denn das läßt sich nicht abschütteln. Aber was du heute Nacht gesehen hast, das ist etwas anderes, was noch viel tiefer in ihm fizt. Das ist vielleicht der tiefste Kern, der Schlüssel zu allem Da ist irgend eine Bresche in ihm geschlagen worden, Mutter, die erste entscheidende Bresche. Er ist in zwei Hälften gespalten worden- und nun sucht er immer wieder nach dem Einklang. Der erste Mensch, den er im Krieg getötet hat, bewußt und von Angesicht zu Angesicht, ist ein junger Franzose gewesen. Er glaubt, ihn vor sich zu sehen, er spricht mit ihm, schildert ihm alles und glaubt, tiefstes Verständnis zu finden. Mich ängstigt das heute nicht mehr, es erschreckt mich auch nicht, denn das muß so sein."
,, Und das sagst du so ruhig, als sei das die natürlichste Sache von der Welt? Germaine, siehst du denn nicht, daß das Wahnsinn ist, in den er da versinkt, grauenhafter Wahnsinn? Weiß denn der Arzt davon?" zu Tode erschrocken, mit entsegten Augen sah sie die Tochter an.( Forti. folgt.)