Sonnabend
19. Dezember
#Der Abend
1931
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Nr. 594
B 297 48. Jahrgang
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Auswirkung der Notverordnung bei den Eisenbahnern
Bestünde die Möglichkeit, die Vierte Notverordnung durch Mitglieder des Reichstabinetts in den Versammlungen der Arbeiter und Angestellten begründen zu lassen, dann hätte man gewünscht, daß dies am Freitagabend in der. Versammlung ge= schehen wäre, die die Ortsgruppe Berlin des Einheitsver bandes der Eisenbahner nach den Musikerfälen einberufen hatte. So blieb es aber dem Genossen Blaß vom Hauptvorstand des Einheitsverbandes überlassen, diesen von allen freien Gewerfschaften aufs schärfste verurteilten Versuch der Reichsregierung zur Ueberwindung der Krise den Verbandsmitgliedern in seinen Einzelheiten flarzulegen, zugleich aber auch die Notwendigkeit der Taktif, die die Spizen der freien Gewerkschaften und der Sozialdemofra tischen Partei gegenüber dieser Notverordnung anzuwenden gezwungen sind.
Diese Aufgabe war nicht leicht zu erfüllen. Wenn sich nach der Notverordnung für den verheirateten Reichsbahnarbeiter in der niedrigsten Lohngruppe des in der Entlohnung am tiefsten stehen den Wirtschaftsgebiets ab 1. Januar infolge Kurzarbeit und Lohn fenfung ein Retto mochenlohn von 14 Marf ergibt, und für viele Beamte ein Gehalt, das noch unter dem Vor friegsstand liegt, war es vom Referenten nicht zuviel gefagt, daß das eine Kulturschande sei. Die Reichsbahnarbeiter werden neben dem Lohnabbau noch ganz besonders hart getroffen durch die Verschlechterungen der Sozialversiche= rung auf Grund der Notverordnung, durch die eine mehrjährige zähe Gewerkschaftsarbeit mit einem Schlage illuforisch gemacht wird. Benn. die verantwortlichen Instanzen der Sozialdemokratie und des ADGB . zu dem Entschluß gekommen sind, die Regierung zu nächst weiter zu tolerieren und sie hinsichtlich ihrer Versprechungen über die Preissentung beim Wort zu nehmen, dann, so führte Genoffe Blaß aus, erklären die freigewertschaftlich organisierten Eisenbahner zum letztenmal, für sie ist jetzt das Maß voll.
In der Aussprache fam eine ungeheure Erbitterung über die radikalen Lohnabbaubestimmungen der Notverordnung zum Ausdrud, ebenso aber auch darüber, daß es die Reichsbahn in den Verhandlungen am 17. Dezember abgelehnt hat, für einzelne Arbeitergruppen geringere Lohn- und Gehaltstürzungen vorzunehmen, als es die Notverordnung vorschreibt, wozu sie nach§ 9 Abfaz 2 des Kapitels VI des fiebenten Teils der Notverordnung berechtigt ist.
Einstimmig wurde eine Entschließung angenommen, in der es zum Schluß heißt: Die Eisenbahner fordern mit größter Ent schiedenheit, daß jetzt die Rücksichtslosigkeit durchgreifender Maß nahmen, die sich bisher ausschließlich gegen die Arbeitnehmer richteten, auch dort angewendet wird, wo sie sich zugunsten der Arbeiterklasse auswirkt."
Berkürzter Reichshaushalt.
Um 1% Milliarden geringer.
Der Reichsetat balanciert mit 9,3 Milliarden auf Grund der Berechnungen, die schon die Wirkungen der jüngsten Notverordnung einbeziehen. Infolge der Aende rungen in Einnahmen und Ausgaben geht der Reichsetat um 1,4 Milliarden zurück.
Die Preissenfung.
Kali Kohlen- Gas.
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Der Reichstalirat hat beschlossen, alle Kalipreise ab Neujahr um 10 Prozent herabzusetzen.
Für Kohle ist sowohl die zehnprozentige Senkung des Zechenpreises wie der Fracht und der Handelsspanne beschlossen, so daß ab Neujahr mit einer nennenswerten Verbilligung zu rechnen sein müßte.
Die Berliner Gasperbilligung ist von der Gasbetriebsgesellschaft, die den Westen Groß- Berlins versorgt, noch nicht beschlossen worden.
Auf verschiedenen Berliner Wochenmärften sind, wie behauptet wird, die Preise für 3uder, Mehl, Kartoffeln und Fleisch gestiegen, und zwar über das Maß der Erhöhung der Umsatzsteuer. Diese ist zwar noch gar nicht in Kraft getreten, wird aber zur Begründung von Breistreibereien schon herangezogen. Der Preisdiktator wird Arbeit haben....
Paris , 19. Dezember.( Eigenbericht.) des Landes eingerichtet worden, um Arbeitslose dorthin zu leiten, wo Arbeitskräfte fehlten. Die Regierung habe Fahrpreisermäßigungen für Arbeitslose und auch für Industriearbeiter durchgesetzt, die sich in ihrer Heimat wieder der Landwirtschaft widmen wollen. Was die Arbeitsbeschaffung anbetreffe, so habe die Rammer vor kurzem einen Gesetzentwurf für die Ausführung großer öffentlicher Arbeiten angenommen. Die Regierung habe andererseits die öffentlichen Körperschaften aufgefordert, so viel Arbeiten wie möglich ausführen zu lassen. Zur Zeit herrsche leider eine Tendenz zur Verminderung der Ausgaben vor, was u. a. die Zunahme der Einlagen bei den Sparkassen beweife. Die Einlagen hätten sich seit dem 1. Januar um über 5 Williarden Franken erhöht. In der jetzigen Zeit, so erklärte des Minister mit Nachdruck, sei es aber die
In Japy- Saal fand am Freitagabend die vom Aktionskomitee für den Frieden auf Vorschlag des Allgemeinen Gewerkschaftsbundes( CGT.) einberufene Kundgebung für den Frieden und die Abrüstung statt, die die Antwort auf die Sprengung der Abrüftungstagung im Trocadéro durch die Pariser Nationalisten darstellt.
Die Versammlung, an der über 10 000 Personen teilnahmen, nahm einen glänzenden Berlauf. Es sprachen der Generalsekretär der CGT. Jouhaur, der Führer der englischen Arbeiterpartei 2ansbury, der Reichstagsabgeordnete Graßmann im Namen der deutschen Sozialdemokrate und des ADGB. , Professor Quidde , im Namen der deutschen Pazifisten, sowie der radikale Abgeordnete Pierre Cot , der Sozialistenführer Léon Blum und der Präsident der Liga für Menschenrechte Victor Basch . Lansburn und Graßmann wurden bei ihrem Erscheinen auf der Tribüne mit dem Gesang der Internationale begrüßt. Unter wiederholten Rufen„ Es lebe der Frieden" ging die Bersammlung zu Ende.
Auf der Straße tam és zu Zusammenstößen mit der Polizei, als einige hundert Bersammlungsteilnehmer sich zu einem Zug zu fammenfchlossen und unter Rufen„ Es lebe der Frieden", Nieder mit dem Kriege" nach dem Platz der Republif zogen. Dem Zug stellte sich ein starkes Polizeiaufgebot entgegen. Es entstand eine Schlägerei, in der zehn Personen leicht verlegt wurden. Der Zug wurde in die Seitenstraßen abgedrängt und aufgelöſt.
Die Pflicht, viel auszugeben. Französischer Arbeitsminister für Arbeitbeschaffung durch Konsumsteigerung.
Bei der Debatte über die Arbeitslosigkeit erklärte Arbeitsminister Landry in der Kammer: Die Regierung habe eine doppelte Pflicht: fie müsse den Arbeitslosen eine wirksame Unterstützung angedeihen lassen und ihnen nach Möglichkeit Arbeit verschaffen. Die letzte Aufgabe jei am nüglichsten und werde von den Arbeitslosen selbst gefordert. Um sie durchzuführen, müsse die Unterbringung der Arbeiter organisiert werden. Zu diesem Zwed sei eine Korrespondenz zwischen den amtlichen Stellennachweisen und zwischen den verschiedenen Teilen
Condon, 19. Dezember.
Infolge dichten Nebels, der seit gestern früh über England lagert, fuhr bei Dagenham( öftlich von London ) ein Personenzug auf
einen Güerzug auf. 3wei Personen, ein Reisender und ein Bremser, wurden getötet, 30 personen verlegt. Die zu Hilfe eilenden Sanitätswagen hatten große Mühe, durch den Nebel an die Unfallstelle heranzukommen. Polizisten mit brennenden Fackeln mußten ihnen voranschreiten.
Sammelfarte wird billiger.
BBG. will forrigieren.- Neue Aufsichtsratfihung am Montag.
Die Kritik der Deffentlichkeit an dem Beschluß der BBG., den Preis der Sammelfarte ab 1. Januar nur um 5 Pf. zu fenten und den Preis auf 95 Pf. feftzufetzen, ist nicht ohne Erfolg geblieben. Der Aufsichtsrat der Verkehrsgesellschaft ist von seinem Borsigenden, Bürgermeister Dr. Elfas, zu einer neuen Sigung einberufen worden, die am Montag im BBG.- Haus stattfinden soll. In dieser Sigung foll der Preis der Sammelfarte und auch die Möglichkeit| einer Sentung der Monatstartenpreise noch einmal genau nachgeprüft werden. Es ist anzunehmen, daß man nunmehr den Preis der Sammelfarte doch noch, wie wir gefordert haben, auf
Pflicht aller Franzosen, möglichst viel auszugeben. Die gegenwärtige Krise sei zum großen Teil auf psychologische Urfachen zurückzuführen, die man bekämpfen müsse. Um den Sieg zu erringen, müsse man die Hoffnung zum Sieg haben, besonders auf wirtschaftlichem Gebiet. Die Krise werde dann weniger lang und hart sein.( Großer Beifall.)
Der
Im Anschluß daran antwortete der Minister für öffentliche Arbeiten auf die besonders von dem Sozialisten Ramadier gegen die Kohlenpolitik der Regierung gerichteten Kritiken. Minister verteidigte die Festsetzung von Einfuhrkontingenten für Auslandskohle, die entgegen den Behauptungen Ramadiers regelmäßig angewandt worden seien. Man könne die ausländische Kohleneinfuhr nicht ganz sperren, da die französischen Gruben den Kohlenbedarf Frankreichs nicht decken könnten. Die mit 21 000 an= gegebene Zahl der Arbeitslosen in der Grubenindustrie sei übertrieben. Die Lage sei nur in einigen Bezirken ernst, aber es sei zu erwarten, daß sie mit der weiteren Anwendung der Einfuhrfontingente allmählich wieder normal werde. Ramadier warf ein, daß große Teile der Haldenvorräte aus Industrie kohle bestehen, während an Hausbrandtohle Mangel herrsche. Er sei also angebracht, die Einfuhrkontingente auf Industriefohle zu beschränken und dafür mehr Hausbrandtohle einführen zu lassen.
Zum Schluß bat der Minister die Kammer, ihm Vertrauen zu schenken, damit er die Interessen der Grubenarbeiter weiter schützen fönne, ohne den Interessen der Kohlenverbraucher zu schaden.
90 Pf. festsetzen wird. Darüber hinaus scheint auch für eine Senfung der Zeitkartenpreise Stimmung vorhanden zu sein.
Der gestrige Beschluß der städtischen Gaswerke, den Gaspreis um 10 Proz. zu senken, ist von allen Bevölkerungskreisen begrüßt worden. Der Beschluß des Aufsichtsrats der Gasag dürfte auch auf die Herren des BVG.- Aufsichtsrats nicht ohne Wirkung geblieben sein. Die Bewohner der westlichen und südlichen Vororte erwarten nun, daß sich der Preiskommissar auch einmal mit der privaten Gasbetriebsgesellschaft und ihrer Preispolitik beschäftigt.
Mieterschaft und Notverordnung.
Protest gegen den Abbau der Hauszinssteuer.
Die Reichsorganisation der Mieter, der Bund Deutscher Mietervereine e. V., Siz Dresden, nahm Stellung zum wohnungswirtschaftlichen Teil der neuen Notverordnung. Die Beratungen fanden ihren Niederschlag in Leitfäßen, in denen der Abbau der Hauszinssteuer als eine unerträgliche Zumutung an die enteigneten alten Hypothekengläubiger und Sparer bezeichnet wird, deren durch die Inflation verloren gegangene Vermögenswerte wider jedes soziale und sittliche Rechtsgefühl dem Hausbesitz zugewiesen würden. Die jetzige Regelung wird unter feinen Umständen ruhig hingenommen.
Aus wohnungsmarkt und arbeitsmarktpolitischen Gründen sei die angeordnete Berfümmerung des Wohnungsbaues völlig unverständlich. Maßnahmen zur Belebung des Baumarktes feien unerläßlich.
Die angeordnete Mietsentung wird im Berhältnis zur allgemeinen Kauftraftschrumpfung als durchaus unzulänglich und im