Die Kraftprobe im Landbund. . Auch hier frißt Hitler Hugenberg.
Der Vorstand ber Ostpreußischen Jandwirtschaftskmnmer bs» müht sich krampfhaft, c«n Beschluß der Dolloersammlung abzu- biegen, der die Amtsniederlegung des Reichspräsidenten gefordert hatte. Er will eine nochmalige Abstimmung herbeiführen, um den Beschluß abzuändern. Er riskiert ein« Kraftprobe mit den National- soziaUsten. die immer mehr die Bundesgenosi« nf chaft der Groß- agrarier linden. Die alten Führer des Landvolk werden dabei immer stärker an die Wand gedrückt. Der Bundesvorstand des Reichs- landbundes hat. sich durch die Zuwahl des nationalsozialistischen Reichstagsabgeordneten Willikens ergänzt— offenbar in der Absicht, damit- die Nationalsozialisten zu besänftigen. Es sieht je- doch nicht so aus, als ob die Nazis nun stillhalten würden. Die nun schon seit Monaten währenden Auseinander» s e tz u n g e n zwischen Nationalsoziali st en und Land- b ü n d l« r spitzen sich vielmehr zu. Neuerdings begnügen sich die Nazis nicht mehr damit, die Maßnahmen und die Politik des Landbundes zu kritisieren. Sie fordern vielmehr die Einräumung eines weitgehenden, ja absoluten Einflusses in den Landbundleitungen. Das offenbarte sich kürzlich besonders deutlich in Pommern . Dort riefen die Nazis in ihrem Organ„Die Diktatur" dem Präsidenten der Pommerschen Landwirtschaftskammer, dem Land- bündler von Flemming, wörtlich zu:
„Herr von Flemming, treten Sie ab! Dos Landvolt will Sie nicht mehr!" Nicht minder stürmisch gehen die Nazis im Lande Braun- schweig gegen die Landbündler vor. Der Naziabgeordnet« Buch- Heister verlangte in einer vom Landbund einberufenen Bauern- Versammlung im Kreise Helmstedt offen die Beseitigung der deutschnarionalen Führung des braunschwetgischen Landbundes, um Platz für eine nationalsozialistische Führung zu erzielen. Dem Naziführer W i e g a n d t mußte der Zutritt zu der Versammlung mit der Motivierung verweigert werden, daß er nicht Landwirt sei. Hitler zog aus, um den Marxismus zu zerschmettern. Es gelang ihn aber nur, die bürgerlichen Mittelparteien zu zerreiben und— was für ihn noch wichtiger ist— die bisherige Bauern- organisation im Landbund und in den Landwirtschaftskammern zu zersetzen. In Thüringen , Pommern und Braunschweig kämpfen die alten Landvolksührer einen Nerzweislungslampf gegen die hakenkreuzlerische Verleumdungspest. Die großen Zeitungen, die dem Landbund gehören, bemühen sich aber nach Kräften, den Hitlergeist Sekundantendienste zu leisten, bis er auch die Reste der Bauernorganisation zerschlagen hat. Der Vorstand der ostpreußischen Lanowirtschaftskammer wird bei der Kraftprobe merken, daß die bisher deutschnotioncklen Groß- agrarier es heute mit den Nazis holten.
auch der Sturz der Regierung Brüning gehSren. Kann sie nicht die Preise senken, in dem selben Maße, in dem sie die Löhne gesenkt hat, dann hat sie ihr Spiel verloren, und ein unrühmliches Ende ist ihr gewiß! Auch der Regierung Brüning wird bekanntgeworden sein, daß sich am 16. Dezember die Sozialdemokratische Partei , die freien Gewerkschaften, das Reichsbanner und die Ardeiter- sportorganisationen zu einem festen Abwehrblock gegen die faschistische Gefahr zusammeng'eschlosien haben. Alle freiheitlich gesinnten Kreise haben diese Tat freudig be- grüßt, aber es ist bisher nicht bekanntgeworden, wie sich die Retchsregierung zu ihr stellt. Wer den Kampf gegen den Faschismus will, dem kann es nur willkommen sein, wenn er starke Bundes- genossen findet. Die Frage, ob Herrn Brüning die Bildung der„Eisernen Front" erwünscht ist oder nicht, scheint daher einigermaßen absurd. Natürlich muß sie ihm erwünscht sein— wenn er den Kampf gegen den Faschismus will. Es liegt im Interesse des Reichskanzlers selbst, die Stimmen im Lande und außerhalb zum Schweigen zu bringen, die behaupten, seine Regierung sei nicht ein Boll- werk gegen den Faschismus, sondern eine Brücke zu ihm. Diese Zeit schreit nach klarenEntscheidungen! Mehr denn je ist es die Zlufgabc der Regierung zu führen, so daß jedermann sieht, wohin sie führt. Verzicht auf den Kampf ist gleichbedeutend mit Verzicht auf das Leben. Es heißt jetzt: Abdanken oder kämpfenl Es.geht ein gräßliches Wort um, das heißt:„T o l e- r i e r e n." Es weckt Vorstellungen eines Zustandes zwischen warm und kalt, einer Gemütsverfassung, die klaren Entschei» düngen abgeneigt ist. Die Sozialdemokratische Partei — das gilt für ihre Anhänger, aber auch für ihre Führung— ist von einem solchen Zustand und einer solchen Gemütsoerfassung weit entfernt. Sie ist gesonnen, Hunger und Knechtjchast nicht zu tragen» sondern den Kampf gegen sie auf der ganzen Linie aufzunehmen. Die Massen des arbeitenden Volkes fordern Schutz vor den würgenden Folgen der Wirt- schaftskrise, Kampf gegen alle Feinde der Republik . Je nach- dem, wie sich die Reichsregierung zu diesen Forderungen stellt, wird sich ihr Schicksal entscheiden und nicht nur dos ihre! Niemand vermag zu sagen, was sonst noch alles mit ihrem Sturz in die Tiefe gehen wird. Aber Sorge vor den Folgen vermag das Schicksal nicht aufzuhalten, wenn die Re- gierung selbst es durch Zögern und Unklarheit herauf- beschwört. Die Sozialdemokratie wird ihr Schicksal mit dem einer Regierung, die fällt, weil sie nicht kämpfen will oder kann, nicht verbinden, sondern ihre eigenen Wege gehen.
Stahlhelm rüffelt sein Ehrenmitglied. Eine Aktion gegen Hindenbvrg. Dem„Stahlhelm", der bisher allerlei Vorzugsbehand- lung genossen hat. paßt es nicht, daß er setzt mit denl Reichs- Nrnner in der gleichen Verdammnis fein soll, daß nämuch seine Mitglieder keine Uniform und keine Abzeichen mehr tragen dürfen. Deshalb haben die Bundesführer eine Er» klärung losgelassen, die weinerlich und großspreckierisch zu- gleich ist. Semem Ehrenmitglied, dem. Reichspräsidenten , schreibt die Bundesfiihrung deshalb ins Stammbuch: Mit tiefem Schmerze hat es uns erfüllt, daß unser Ehren- inUglied, der Herr Leichspräsideul. geglaubt Hai. auch sür diese Rofoemdauag die Verantwortung übernehmen zu müssen. Damit das Ehrenmitglied diesen„tiefen Schmerz" auch richtig würdigt, wird gleich hinzugefügt, daß der Stahlhelm auch in Zukunft in allen p o l i t i s cy e n Kämpfen, be- sonders m dem Kampf um Preußen, mit„höchster Aktivität" eingreifen werde. Dazu sei ihm jeder„aufrechte und treue Bundesgenosie" willkommen, also auch die Rationalsozialisten, die mit ihm die Harzburger Front— vor allem in Hessen -Boxheim— bilden. Eine Weihnachtsgabc für Hindenburg ! Weii vom Schuß. Naziforderungen!n Hamburg / 22 Prozent der Stimmen, aber LOOprozentiges Maul. Um die Verhandlungen zwischen Zentrum und Nationalsozialisten in Hessen ist es still geworden. Dafür haben die National- sozialsten in Hamburg ihr« Grundforderungen sür die Bildung einer neuen Hamburger Landesregierung veröffentlicht. Sie ver- langen die Mehrheit im Senat, den ersten Bürgermeister, den, Polizeisenator und die Schulbehörd«— kurzum, sie wollen ganz allein regieren. Die Hamburger Nazis haken von 160 Bürgerschafts- sitzen 43, sie haben rund 27 Prozent der abgegebenen Wähler- stimmen. Stärkste Partei ist die Sozialdemokratie mit 46 Sitzen. Die Naziforoerungen sind reine Agitationsinusik. ___ Oeuischnationale Frager abgeblitzt. Die Vorgänge auf dem Polizeirevier in der Voßstraße. Die bekannten Vorgänge im Anschluß an eine Rede des preu- ßischen Innenministers vor den republikanischen Jugendoerbänden im jrüheren Herrenhaus« waren von einem deutschnationaien Landtags- abgeordneten zum Gegenstond einer Kleinen Anfrage gemacht wor- den. Besonders wurde das Stvatsministerwm gefragt, ob es das Bertzalton des Imienministers billige. Der preußische Innenminister hat aus die Kleine Anfrage folgende Antwort erteilt: „Gemäß Artikel 4b der Dersassung des Freistaates Preußen leitet jeder Staotsminister den ihm anvertrauten Geschäftszweig selbständig und unter eigener Verantwortung gegenüber dem Landtage. Eine Billigung meiner Maßnahme durch das Staatsministerium kommt daher nicht in Frage. Zum sachlichen Teil der Anfrage habe ich folgendes zu bemerken: Ich habe auf dem Polizeirevier festgestellt, daß sich keine unangemeldeten Demonstrationszüge formiert hatten: von einer Durchbrechung der Bannmeile war keine Rede."
Französische Raziv brüllten in einer Friedenskundgebung zu Toulouse die deutsche Rednerin Frau Perlen aus Stuttgart nieder, wurden aber hinausgeworfen, worauf die Versammlung wcitertagte.
Tokio , lg. Dezember. Jtach einer Mitteilung des japanischen Truppenchess aus Mulden hak General h o n j o am Sonnabend Ischaaghfueliang durch eioea Funkspruch davon verständlgk, daß die chinesischen Truppen am 21. Dezember Ischiolschau verlassen müßten. Im Falle ihres weiteren Verbleiben« tu der Stadt werde das japanische Ober- kommando die Eröffnung militärischer Operationen gegen Tschlnlschau anordne» müssen. Mehrere japanische Kriegsschiffe sind bereit« in den nordchlnesischen Gewässern zusammengezogen worden. Die Hauptmasse der chinesischen Armee zog sich in den letzten Tagen nach Lanlschau, südöstlich voa Tschintschau zurück. Der chinesische Gesandte in Tokio erhielt gestern abend von seiner Regierung unerwartet die Weisung, sich sofort zu einer Besprechung nach Ranking zu begeben. Amerika warnt Lapan. Washington . 19. Dezember. Das Staatsdepartement tellte heute mit, daß es die Meldungen üb« ein« angebliche Strafexpetrnion Japan « nach Tschintschau mit großer Besorgnis und, wie man durch Botschafter Forde? wiederholt tu Tokio habe betonen lassen» die
Das durchlöcherte llniformverboi. Das Draunfchweiger Seispiel wirkt weiter. Den Naziabgeordneten von Braun- schweig, die auf das Uniforrnoerbot des Reiches gepfiffen ' haben, geschieht nichts; denn sie find immun. Die m der Notverordnung vorgesehene Mindeststrafe von einem Monat Gefängnis wird sie nicht erreichen. Daß ihnen nichts geschieht, hat anderen Mut gemacht. Im H e l l d o r f- Prozeß erschienen mehrere Angeklagte, vor allem H e l l d o r f und der vungstahlhelmführer Brand, in verbotenen Uniformen und mit verbotenen Abzeichen. Sie wurden vom Vorsitzenden verwarnt. Helldorf und Brand sind bestimmt nicht immun. Aber es scheint, daß sie trotz der Notverordnung mit einer Ver- Mahnung davonkommen. Während die Angeklagten im Helldorf -Prozeß gegen das Verbot von Uniformen und Abzeichen demonstrieren, betätigt sich einer von ihnen, der SA. - Führer Schulz, damit, auf der Straße Leute anzurempeln, die die Reichsfarben im Knopfloch tragen. Er wurde dabei in der Nacht zu Sonn- abend von der Polizei verhaftet. Darf man aus diesen Vorgängen schließen, daß die Notverordnung weitherzig nach allen Seiten hin angewandt werden soll? Zm Helldorf-prozeß wird gelogen. Ob im Prozeß Graf Helldorf und Genossen bis Weihnachten die Vernehmung der Angeklagten fertig wird, steht dahin. Es war ein Irrtum: nicht 7K, sondern 5% Angeklagte sind vorgestern ver- nommen worden. Gestern kamen wettere 5 oder 6 hinzu. Die Kursürstendamm-Nazis nehmen den Berufungsprozeß vorläufig a u f dieleichteSchulter. Sie befinden sich in so guter Stimmung. daß sie die humorvollen Ausführungen ihrer Mitangeklagten mtt dankbarem Lachen quittieren— die Rüge des Vorsitzenden macht ihnen nicht allzu viel aus. Sie sind voller Hoffnung auf die H a f t- entlassung, sie zweifeln gar nicht daran, daß sie Weihnachten im Kreise der Familie und Siloester in ihren Berkehrslotalen verbringen werden. Die sich bereits auf stetem Fuße besinden, nehmen es nicht so genau mtt dem Beginn der Sitzung. Dem Landgerichts' diroktor Ohnesorge reißt die Geduld und er droht unverhohlen, die unpünktlich Erscheinenden einzusperren. Die Vernehmungen verlaufen nicht anders wie erwartet. Die Angeklagten frischen die alten Lügen von der ersten Berhand» lung auf, finden aber auch bei diesen Richtern vorläufig mcht mehr Glauben als bei den ersten. Die blöden Ausreden rufen nur ein Lächeln hervor. Die Gründlichkett des Borsttzenden wird den Angeklagten zu einer großen Gefahrenquelle. Er klammert sich an jede Einzelheit, läßt nicht locker, hält Wort sür Wort die Polizei- liehen Vernehmungen vor. und je weiter, desto mehr oerwickeln sich die Jungen in Widersprüche. Ein einziges Beispiel: einer von ihnen hatte bei der Polizei ausgesagt, daß er mtt einer größeren Anzahl von SA. -Leuten aus dem Ku�fürstendamm erschienen sei. In der ersten Verhandlung war aus dieser größeren Anzahl einer geworden, und gestern
Besetzung Tschintschaus durch japanisch« Truppen als sehr b c» d a u e r l i ch betrachten würde. Tschiangkaischeks Wiederwahl wahrscheinlich? Schanghai , 19. Dezember. Wie aus gutunterrichieien Kreisen verlautet, ist die Wieder- mahl Tschiangkaischeks zum Vorsitzenden der National- regierung durch die Vollversammlung des Zentralvollzugsausschusses und des Zentralbewachungsausschusses der Kuomintang wahr- s ch e i n l i ch. Bezeichnend für diese Ansicht ist, daß sie durch die Kantonesen-Gruppe auegesprochen worden ist, die für den Rücktritt Tschiangkaischeks in erster Linie verantwortlich ist. Kein Abkommen Iopan-Frankreich. Varls, 19. Dezember.(Eigenbericht.) Das Außemninisterium dementiert die in verschiedenen Auslandszettungen veröffentlichten Gerücht«, daß in Jndochina, nahe der chinesischen Grenze,«ine T r u p p e n k o nz e ntr at i o n im Gange sei, und daß anderersests ein geheimes französisch- japanisches Abkommen bestehe. Di« betreffenden Meldutn gen seien völlig unzutreffend und entbehrten jeder Begtündung.
hatte sich der SA. -Mann in eine Lot.te»«wandest.„Wo kommt denn plötzlich die Lotte her?" wundert sich der Vorsitzende.„Ach ja," meint der Angeklagte,„ich habe die Lotte nicht nennen wollen aus Furcht vor meinem Vater, der nicht wünscht, daß ich mtt einem Mädel gehe." Mutig« Männer, die SA. -Leute. Besonders stark sind sie im Lügen. Die nächste Sitzung ist am Dienstag.
Beamte der Republik . Disziplinarverfahren gegen einen Nazi-Etudienrat. Der Studienrat Dr. Mund vom staatlichen Reform- Realgymnasjum in Halle beschwor in einer Gerichtsverhandlung am 29. August 1939, daß er weder der NSDAP , angehöre, noch mit ihr irgendwie in Verbindung stehe. Einige Zeit später wurde er jedoch in Halle der erste Sturmbannführer und führte beispielsweise am 22. März 1931 einen Werbeumzug der SA. Außer- dem beteiligte sich dieser Studienrat als Sturmführer in entsprechender Uniform am 3. und 6. September an einem Gautage der NSDAP , in Gera . Wie nunmehr dos Provinzialschulkollegium in Magdeburg der Republikanischen Beschwerdestelle Berlin mitteilt, ist gegen den genannten Studienrat. ein Verfahren von uns alz Dienftaussichtsbe- Hörde eingelettet". Die republikanische Presse meldet, daß die.Höllische Universi, tätszeitung" wegen mehrerer Artikel, die im wesentlichen gegen die Berufung des Professors Dehn polemisierten, auf zwei Monat« ver- boten worden ist. Im Zusammenhang damit dürste von Interesse sein, daß außerdem noch gegen das genannte Blatt, und zwar gegen den verantwortlichen Redakteur Günther Stove, auf Betreiben der Republikanischen Beschwerdestelle Berlin von dem Oberstaatsanwalt Dr. Luther in Halle Anklage erhoben worden ist, weil das Blatt einen Artikel aus der Feder von Dr. Goebbels veröffentlicht«, der schwere Beschimpfungen der Republik enthielt.
Nicht vergessen! Dem Deutschen Reichstag gehören insgesamt 197 National- soziallsten an. Hierunter befinden sich: 33 Großgrundbesitzer. Fabrikanten und Kausieut«: 31 höhere und mittlere Beamte: 19 Rechieaumälle. Aerzle und sonstige freie Berufe: 9 pensionierke Offiziere: 8 Angestellte und— 7 Arbeiter! Sie gehören sämtlich dem Roichstog an.. Aber sie kommen nicht in den Reichstag , um zu arbeiten, sondern verzehren draußen die gesetzlichen Diäten, um desto besser auf»chas System" schimpfen zu können!