Einzelbild herunterladen
 

BERLIN Montag 21. Dezember

1931

10 Pf.

Der Abend

Erscheint tåglich außer Sonntags. Zugleich Abendausgabe des Vorwärts" Bezugspreis für beide Ausgaben 85 Pf. pro Woche, 3,60 m. pro Monat ( davon 95 Vf. monatlich für 3ustellung ins Haus) im voraus zahlbar oft bezug 4,32 m. einschließlich 60 Pf. Postzeitungs

und 72 Vf. Vostbestellgebühren.

Spätausgabe des Vorwärts"

48. Jahrgang

-

Anzeigenpreis: Die einfvaltige Nonpareillegeile 80 Dt.. Reflamezeile 5 M. Ermäßigungen nach Tarif. Vo stiched fonto Borwärts- Verlag G. m. b. H., Berlin Nr. 37 536. Der Berlag behält sich das Recht der Ablehnung nicht genehmer Anzeigen vor Redaktion und Erpeditton Berlin SW 68, Lindenstr. 3 Fernsprecher Dönhoff( A 7) 292-297

Maffenfündigung bei Borsig

Angeblich wegen Inventur"- Stillegung nicht beabsichtigt!

Ab heute ist der gesamten Belegschaft des Borfig- Werkes in Stärke von 2800 Mann wegen- Inventuraufnahme- voraussicht­lich vorübergehend gekündigt worden.

Die Arbeiterschaft hat fofort eine Betriebsverfamm­lung nach dem Borsig- kafino einberufen, wo zu der Kündigung Stellung genommen werden soll.

Ms die Borsig- Arbeiter heute früh zur Arbeit anrüdten, waren an den Wertstoren große Plafate angeschlagen, die die Entlaffung der gesamten Betriebsbelegschaft verkündeten. Der Arbeiterschaft bemächtigte sich eine begreifliche Erregung. Der Betriebsrat versammelte die Belegschaft darauf sofort im Wertstafino und legte vor der Versammlung die Lage dar.

Hermann Beims

Eisen- und Zuckerbarone sich durchzusetzen, sowohl im offenen Kampfe wie in den fachlichen Verhandlungen der Ausschüsse.

An den Folgen eines Unfalls, den er vor kurzem erlitten, ist| Mann dazu, gegen das vorherrschende nationalliberale Element der der frühere Oberbürgermeister von Magdeburg , Genosse Hermann Beims , am Sonntag gestorben. Mit ihm verliert die deutsche Arbeiterbewegung einen ihrer tatkräftigsten und ideenreichsten Mit­tämpfer, der auf zahlreichen Gebieten sich bewährt hat und, bis zu feinem Unfall, die Hoffnung als berechtigt erscheinen ließ, daß er feiner fast 69 Jahre noch lange anregend und vorwärtsdrängend in der Partei tätig sein würde.

Danach hat die Verwaltung beschlossen, eine Inventur der Vorräte und der Aufträge vorzunehmen und ferner festzustellen, welches ausstehende material noch geliefert wird und welche Auftro träge zunächst aufzuarbeiten sind, bei denen in erster Linie Geld­eingänge erwartet werden können. Diese Untersuchungen haben es unmöglich gemacht, einen geregelten Fabritationsbetrieb auf­rechtzuerhallen.

Auch ist es vor der Feststellung des finanziellen Status, der frühestens zwischen Weihnachten und Neujahr abgeschlossen werden wird, unmöglich, neue Kredite zu erhalten, so daß auch hierdurch eine Beschränkung der Fabrikation auf die kurzfristigen Aufträge geboten ist.

Die Berwaltung erflärte in einer Pressebesprechung hierzu, daß sie die Belegschaft hätte beurlauben können. Da die Frist der Arbeitsunterbrechung noch nicht genau abzuschäßen ist und die Möglichkeit besteht, daß sie länger dauert als die 14tägige Karenzzeit, die vor der Leistung der Arbeitslosenversicherung not­wendig ist, so hat die Berwaltung

die vorsorgliche Entlaffung beschlossen,

um die Belegschaft eventuell in den Genuß der Arbeitslosenunter­ftügung tommen zu lassen. Nach der Entlassung der Gesamt­belegschaft find heute bereits 200 Mann wieder eingestellt worden, die zunächst die dringlichsten Aufträge erledigen sollen. Weitere Neueinstellungen sind in den nächsten Tagen

geplant.

Die Angestellten, die einen Kündigungsschutz genießen, find von der heutigen Kündigung nicht betroffen worden, jedoch besteht die Möglichkeit, daß zum 31. Dezember 1931 einem großen Teil der Angestellten doch noch gekündigt wird.

Hermann Beims war im besten Sinne des Wortes ein Typus des Arbeiters, den die organisatorische Schule der Sozialdemokratie entwidelte und zu immer neuen Leistungen befähigte. Am 26. April Um 1863 in bem feinen Harzdorfe Haverlah bei Goslar als Sohn eines Hausmebers geboren, mußte er das Tischlerhandwerk erlernen, da

Entscheidend für den Bestand des Werkes ist und bleibt nach wie vor der Beschluß der Gläubigerversammlung, die sofort nach der Veröffentlichung des finanziellen Status zu­fammentreten wird. Es liegen Pläne zur Aufrechterhaltung des Betriebes vor, die von der Verwaltung gemeinsam mit den Ver. fein Wunsch, Lehrer zu werden, nach des Baters frühem Tode tretern der Arbeiterschaft und der Angestellten aufgestellt sind. nicht durchführbar war. Noch während des Sozialistengesetzes wurde 3ur Untersuchung über die Möglichkeiten der Rentabilität der er Sozialdemokrat und selbstverständlich Mitglied seiner Fachorgani­einzelnen Betriebsabteilungen sind Wertstommiffionen gefation Wegen seiner lebhaften agitatorischen Tätigkeit oft gemaß bildet worden, die sich aus Vertretern der Verwaltung, der regelt, mußte er sich für kurze Zeit selbständig machen und als Klein­Arbeiterschaft und Angestellten zusammensetzen. meister im Tischlergewerbe sich durchzuschlagen suchen. Von 1897 bis 1899 war Beims dann als Hilfsarbeiter im Hauptverband des Holzarbeiter- Verbandes in Stuttgart tätig. Im Jahre 1902 wurde. er als Arbeitersekretär zunächst nach Braunschweig , später nach Magdeburg berufen; 1906 übernahm er das neugegründete Amt eines Bezirtssekretärs der Sozialdemokratischen Partei in Magdeburg . In allen diesen Stellen entwickelte er ein hervorragendes organisatorisches Talent, das sich mit umfang: reichen juristischen und wirtschaftlichen Kenntnissen glücklich paarte.

Gammelfarte 90 Pfennig.

-

Neuer Beschluß der BVG. Monatsfarten werden auch billiger.

Der Aufsichtsrat der Berliner Verkehr- Gesellschaft, der heute mittag zu einer neuen Sigung zusammengetreten war, um die kürzlich beschlossene Preissenkung zum 1. Januar noch einmal nachzuprüfen, faßte folgenden Beschluß: Ab 1. Januar soll der Preis der Sammel­karte, die zu fünf Fahrten auf der U- Bahn und der Straßenbahn berechtigt, 90 Pfennig betragen. Jeder Einzelfahrschein auf der Straßenbahn und der Unter­grundbahn berechtigt auch zum Umsteigen und kostet 25 Pfennig.

Die Monatskartenpreise der BVG. sollen an die Zeitkartenpreise der Neichsbahn angeglichen werden, was einer ungefähren Preissenkung um 10 Proz. gleich tommt; der Einzelfahrschein auf dem Autobus kostet wie bisher 25 Pfennig, für den Umsteigefahrschein auf den Autobus muß man 30 Pfennig wie bisher bezahlen.

Sein besonderes Verdienst aber liegt auf dem Gebiete der kom- munalpolitit. Hier erblickte er mit Recht die Möglichkeit, für die Arbeitertlaffe als Sozialist zu wirken. In der Gemeinde und von ihr aus in der Provinz und im Staate Einfluß auszuüben, erschien ihm von je eine der wichtigsten Aufgaben der in der Sozial­demokratie organisierten Arbeiterklasse. Nachdem er schon früher im Harz als Gemeindevertreter tätig gewesen, wurde er 1905 ins Magdeburger Rathaus entsandt. Die Tätigkeit der Sozialdemokraten war damals durch das Dreiklassenwahlrecht aufs engste eingeschnürt. In Magdeburg tamen noch raffinierte Sonderbestimmungen hinzu, die die Arbeitervorstädte wahltechnisch von der wohlhabenden Alt. stabt absonderten. So blieb die Zahl der sozialdemokratischen Stadt­verordneten dauernd beschränkt. Um so mehr kam es auf die Qualität der einzelnen an, wenn trotzdem der Einfluß der sozialisti­ schen Ideen sich geltend machen follte. Hermann Beims war der

Von der eigentlichen Verwaltung der Städte blieben Sozialdemokraten unter dem wilhelminischen System ausgeschlossen. Erst im Jahre 1917, während des Weltkrieges, gestand man ihr auch in Magdeburg einen unbejoldeten Stadtrat" zu. Als solcher wurde Hermann Beims gewählt. Nach der Revolution wurde er dann 1919 zum Oberbürgermeister der Stadt bestimmt. Dieses Amt hat er bis zur Erreichung der äußersten Altersgrenze 68 Jahre- ausgeübt. Erst im Mai dieses Jahres trat er zurüd. Sein Nach folger wurde bekanntlich der Berliner Stadtrat, Genosse Ernst Reuter .

As Oberbürgermeister fonnte Beims erst seine ganze Straft entfalten auf dem Gebiete, das ihm besonders am Herzen lag. Wem Die Stadt Magdeburg , früher eine durch Festungsüberlieferung ein­geschnürte Beamtenstadt, mit engstirniger, rechtsnationalliberaler Fabritantentendenz, im lezten Jahrzehnt aufblühte und neues Leben auf fast allen Gebieten entwickelte, so war das nicht zuletzt der starten vorausschauenden Initiative und dem energischen Vorwärts­drängen ihres Oberbürgermeisters aus proletarischem Geschlecht zu danken. So start umfämpft er auch als politische Persönlichkeit war, feine unbeirrbare und erfolgreiche Arbeit für die Stadt wird auch von den verbissensten Gegnern anerkannt.

Seit 1919 gehörte Beims , mit furzer Unterbrechung, auch dem Reichstag als Vertreter des Wahlkreises Magdeburg an. Seine Haupttätigkeit aber widmete er der kommunalen Arbeit, nicht nur in der Stadt selbst, sondern auch in der Provinzial­vertretung und in den Städtetagen, deren Vorständen er bis zu seinem Ausscheiden aus dem Amte angehörte. Magdeburg hat noch zu seinen Lebzeiten sein Andenken für die Nachwelt gesichert, indem es eine große geschlossene Wohnsiedlung im Westen der Stadt nach ihm ,, Hermann- Beims- Siedlung" benannte.

Im Gedächtnis der deutschen Sozialdemokratie wird Hermann Beims fortleben nicht als ein Wortmacher, dessen Spur vermeht, fondern als ein fenntnisreicher, energischer und fonfequenter Arbeiter am sozialistischen Aufbau, als einer, der aus der Enge proletarischer Kindheit sich ernst und ausdauernd emporarbeitete, innerhalb seiner Klasse und für sie den harten Weg zu sozialistischer Gestaltung fand.

Der Parteivorstand sandte an die Witwe des Genossen folgendes Beileidstelegramm: ,, Erschüttert von der Nachricht des Todes Ihres lieben Gatten, unseres treuen Kampfgefährten, Hermann Beims , sprechen mir Ihnen und den Familienmitgliedern unser herzlichstes Beileid aus. Ihr Gatte wird uns auch nach seinem Tode das Vorbild eines verdienstvollen, uneigennützigen und unermüdlichen Streiters für den praktischen Sozialismus fein."

Als Nachfolger für den Verstorbenen wird die Genossin Frieda Fiedler aus Anhalt in den Reichstag eintreten.

Explosion in Möbelfabrik.

Ein Arbeiter verletzt.- Schwerer Schaden.

3m Maschinenhaus der Möbelfabrik Winterhelf in der Warschauer Straße 70 ereignete fich heute vormittag eine folgen­fchwere Explosion. Das Dach des Gebäudes wurde teilweise abgededt und über 50 Fensterscheiben zerfrümmert.

Der 21 Jahre alte Heizer Walter K. erliff erhebliche Berlegungen. Durch den starken Luftdrud wurden in einer Werkstätte auf einem Nachbargrundstück in der Romintener Straße fchwere Verwüstungen angerichtet.

wohnern große Unruhe verursacht. Offenbar handelt es sich um eine Die Explosion, die weithin hörbar war, hatte unter den Be­Gaserplosion, die Untersuchung darüber ist jedoch noch nicht abgeschloffen.