Was wird mii den Zuckerpreisen? 'Oos Zmkerzollgesetz ohne NreiSsenwag verlängert.- Ein merkwürdiger Kommentar. Wie amtlich mitgeteilt wird, ist durch eine Verordnung der Reichsregierimg die am 31. Dezember 1931 ablaufende Zuckerzollregelung um ein weiteres Jahr nerlängert worden. Die Notwendigkeit dafür ergebe sich daraus, daß der Zuckerpreis auf dem Weltmarkt feit Einführung des jetzigen Zolles dauernd gesunken ist. Eine Verminderung des Zollschutzes fei unter diesen Umständen für die rübenbauende Landwirtschast nicht zu verantworten gewesen, weil die Folge eine weitgehende Ueberschwemmung Deutschlands mit Auslandszucker hätte fein müssen. Diese Regierungsmitteilung geht um einen sehr wichtigen Punkt geschickt, aber in verdächtiger Weise herum. Im Zuckerzollgesetz ist nämlich auch die Regelung der Zuckerpreise entHallen. Die Sozialdemokratie hat im Interesse der Konsumenten eine Senkung des Zucker» Preises um mindestens 3 Mark verlangt, was auch für die Zuckerinteressenten sich günstig hätte auswirken müssen, weil die Lage der Zuckerwirtschaft gerade wegen der unhallbar hohen Preise und durch den Rückgang des deutschen Zucker» Verbrauches sich so ungünstig gestaltet hat. Eine Senkung der Zuckerzälle war hier also zunächst gar nicht notwendig, weil das Gesetz ohnehin die Möglichkeit zur Senkung der Zuckerpreise offen läßt. Die Regierung muß darauf auf» merksam gemacht werden, daß mit der von ihr für die Ver» längerung des Zollgesetzes gegebenen Begründung nicht das geringste gegen die Möglichkeit und die Notwendigkeit der Zuckerpreissenkung bewiesen ist.
Ois Nausbolde vom Kursürstendamm. HofientlassvngSanträge im Helldorf-Prozeß. 2m Prozeß der Raufbolde vom Kurfür st-nda mm Mte gestern Haftprüfungstermin stattfinden. Man erwartete aus- führliche Erklärungen der Verteidiger zur Haftentlassung: auch der „Lautsprecher* Freihler aus Kassel war zum erstenmal im Ge- richtssaal anwesend. Die Erklärungen blieben aber aus. ebenso der Beschluß des Gerichts über die Haftentlassung der zwei Dutzend noch inhaftierten Kurfürstendamm -Nazis. Die Verteidiger über reichten zum Schluß der Verhandlung ihre schriftlichen Erklärungen, das Gericht wird ohne Beteiligung der Schöffen im Rahmen eines Hauptprüfungstermin» über die Anträge entscheiden und heute früh seinen Beschluß verkünden. Der Stimmung der Angeklagten nach zu urteilen, betrachten sie sich schon so gut wie entlassen. Nach der Beendigung der Ver» Handlung war es ein freudvolles Hinüber und Herüber: die sich in Freihell befindenden Angeklagten tauschten Händedrücke mit den 'Verhafteten aus, es gab ein derartiges lebhaftes Hin und Her, daß der Dorsttzende schließlich mtt Donnerstimm« eingreifen mußt«: „Wann werden die Angeklagten endlich mal abgeführt?* Die heutige Verhandlung dürfte mll«inigen Hindernissen vor sich gehen. Der.Leiter der Stabswache* in der Hedemannstraße, der Angeklagte Gewehr, hat sich gegen 12 Uhr vor dem Schöffen gepicht Berlin-Mitte wegen einer Schlägerei mll Passanten am Anhalter Bahnhof zu verantworten: mit ihm auch mehrere seiner „Untergebenen*. Di« Vernehmung des Angeklagten Gewehr und de? Hetldarfer Chauffeurs Kuhns— beide wurden, wie«innerlich, vom Schnellschöffengerfcht verurteilt— soll nicht mll der Gruppe ihrer Mtverurtetllen stattfinden, sondern gemeinsam mll derjenigen des„Führers* Hslldorf und des..Stabsleiter,* Ernst. Di« Vernehmung dar Angeklagten ist bis Nr. 26 gediehen— die Prophezeiung, daß sie erst nach Weihnachten zu Ende geführt werden wird, hat sich also bewahrhellet. Am Donnerstag soll nur eine Stunde lang verhandell werden. Die Sitzung darf nicht aus- »allen, da die nächste Verhandlung erst am Montag stallfinden kann, man aber nicht länger als drei Tage aussetzen darf: sonst inuß der ganze Prozeß von neuem beginnen. Die Vernehmung des Grafen Helldorf und Genossen wird also erst nach den Feiertagen vonstalleu gehen können. Die Verteidigung der Angeklagten vollzieht sich noch der üb- lichen Methode. Sie waren alle„rein zufällig* auf dem Kurfürsten» dämm, kein einziger war richtig dabei, bloß die Neugier hatte sie dorthin getrieben. Es gibt nach wie vor viel lustig« Momente, die Angeklagten überbieten sich in ihren Aussagen in humorvollen Pointen und ernten bei ihren Mitangeklagten reichen Beifall. Die Ausflüchte sind mitunter derart dumm, daß sogar die .Kurfürstendamm -Genossen sich über diese Dummhell unverhohlen amüsieren und selbst das Gericht nur mll Mühe ernst bleiben kaum Werden die Angeklagten zu lustig, so ruft der Dorsttzende da- zwischen: Ruhe! Allmählich lernt man auch die verschiedenen Freundinnen der Angeklagten kennen. Auf die„Lotte* von Sonnabend folgte gestern die„Frieda*. Ein Angeklagter«klärte nämlich, er sei nach Halensee gegangen, well er für da» jüdische Neujahrsfest eine Verabredung mit einem Mädchen getroffen halle, mll der er erst am Abend zuvor auf dem Tanzboden bekannt ge» worden war.„Wer war denn diese Dame?* fragt der Vorsitzende. „Hie hat sich mir nur als Frieda vorgestellt*. Der Angeklagte hat in der Hast geheiratet. Natürlich nicht die„Frieda*. Die Angeklagten sind diesmal vorsichtiger als vor dem Schnellschösfengericht. Sie wissen, worauf es ankommt und ver- meiden Ausflüchte, die in jener Verhandlung ihr« Aussagen be- sonders unglaubwürdig erscheinen ließen. Da war z.B. einer, der unter allgemeiner Heiterkeit dem Schnellschöffengericht weismachen wollte, er habe geglaubt, daß auch zum jüdischen„Silvest«* Feuerwerk abgebrannt werden würde: Um sich diesen Klamauk anzusehen, sei« auf den Kurfürstendamm gegangen. Diesmal will er vom Jeuerwerk nichts mehr wissen. Der Staats» a nw alt häll ihm aber auf Grund seiner Notizen die Aussage von der letzten Gerichtsverhandlung vor und beruft sich auf die all- gemsiue Hellerkell, die dieses„Feuerwerk* selbst bei den Ange- klagten ausgelöst habe. Der brave SA.-Mann bleibt ober bei seinem Leugnen. Seine Mllangeklagten sind ganz still geworden, sie wissen allesamt, daß chr Genosse lügt. Auch Fr e iß l er sorgt für Unterhaltung. Ein Angeklagter behauptete z. B., er habe auf dem Kurfürstendamm sehr viel .chefsere» Publikum* angetroffen. Dazu Freißler:„Damit hier kein Mißverständnis entsteht: D« Angeklagt« meint« damll nicht bessere», sondern besser gekleidete», also schlech- tere« Publikum. Da« bessere Publlkum ist doch zweifellos die Ä2l.* Derarttge Blödhellen muß sich das G«icht anhören... Die Angeklagten waren gestern in Zivil erschienen. Auch hatte sich niemand verspätet. Der Borsitzend« schloß die Verhandlung mll d« Ermahnung, pünktlich zur Stelle zu sein, da er widrigenfalls die Säumigen vorführen lassen und in Hast nehmen würde. Die Verhandlung geht heut« um 9 Uhr weiter.
Die gefährliche Reinmachefrau der IAH.
verwischt sie schon beim Scheuern die Stalinfche Linie— sie ist sicher eine Verräterin!"
Auslandsmoraiorium verkündet.
Budapest , 22. Dezember. Die ungarische Regierung hat heute ein Transfer. Mora- torium erklärt und augeküudigt, sie werde in deu kommenden zwölf Monaten, von gewissen Ausnahmen abgesehen, die in diesem Zeitraum fälligen Zahlungen aus den Auslandsverpflichtungen Ungarns nicht in fremden Zahlungsmitteln, sondern in Pengö, die in einem besonderen lrinstlweilen ge- sperrten) Fonds der Rallonalbank gesammelt werden, tilgen. Von den Verhandlungen mll den ausländischen Gläubigern wird es dann abhängen, wann diese Pengä-Guthaben in Auslands- Valuten umgewandelt werden, d. h. wann der Transfer tatsäch- lich vollzogen worden wird. Die Verordnung ist von dem Ministerrat bereits fertiggestellt worden und gelangt am heutigen Dienstagabend vor den ZZer-Aus° fchuß. Der neue Finanzminister Baron Friedrich Koranyi wird dabei besonders begründen, welcher Teil der etwa 300 Millionen Pengö betragenden jährlichen Gesamtschuld wellerhin in der fest- gesetzten Weise bezahll wird und für welchen das Transfer-Mora- torium in Anspruch genommen wird. Man glaubt, daß der Transfer von etwa 100 Millionen aufrechterhalten bleibt und etwa 200 Mll- lionen dem Transfer-Moratorium unterliegen müden. Gerüchts, die ungarische Regierung wurde ein allgemeine» Zahlungemora- torium erkläven, werden als vollständig unbegründet bezeichnet. » Der Entschluß der ungarischen Regierung, ein Mora- torium für Auslandsschulden zu verkündeu, kommt keines- wegs überraschend. Seit Tagen wurde ein solcher Schritt an» gekündigt, der praktisch einer Bankrotterklärung des Staates gleichkommt. Am stärksten betroffen dürfte dadurch Frankreich sein, das erst kürzlich Ungarn einen großen Kredit gewährt hatte. Wegen dieses Kredits wurde die französische Regie- rung nock vor wenigen Tagen im Parlament angegriffen. Vermutlich wird sich dieser Angriff nunmehr in verstärkter Form im Parlament wiederholen und es wäre kein Wunder, weim die Regierung Laval bei diesem neuen Vorstoß unter- liegen würde. Denn bisher war es fast ausschließlich die L i n k e. die ihr jene großzügige Anleihepolstik gerade gegen- über reaktionären Regierungen wie der ungarischen und der jugoslawischen vorwarf, während bei der angekündigten Jnterpellationsdebatte auch die Nationalisten unter Führung von Franklin-Vouillon gegen das Kabinett vor- gehen werden. Im übrigen ist der ungarische Entschluß ein ernstes Warnungszeichen für die ganze Welt. Das Beispiel aus Budapest könnte sehr wohl Nachahmung finden, wenn man nicht bald zu einer vernünftigen Regelung der gegenwärtig schwebenden Schuldenprobleme gelangt. Der Bericht des Baseler Sonderausschusses wird offenbar sehr d ü r s t ig ausfallen. Die Berliner Stillhalteverhandlungen sind einstweilen« r- gebnislos abgebrochen worden und«erden erft nach Weihnachten wieder aufgenommen werden. Sowohl die Reparations- wie die Privatgläubiger Deutschlands sollten bedenken, daß ein Mangel an Entgegenkommen Deutschland gegenüber auch für sie mit einem nicht geringen Risiko verbunden ist. Endkamps in Basel . SchluHsihong Mittwoch nachmittag? Basel . 22. Dezember. Auf Grund privater Befprcchuageu am Diene kagabend wurde\ der Souderauefchuß für Mittwoch 10 Uhr zu einer Vollsitzung eiubonlfen. iu d« nunmehr versucht werden wird, die in deu Be- raiungeu des Redakllonsaugschusses aufgetretenen Schwierig- keilen zu überwinden. Räch Mitteilungen von englischer Seite soll, fall» tu der vormltlagssttzung eine Einigung über da» Kapilel 2
Theater: Die Tribüne. „Stichwort: Felveva!� Wieder einmal«in Stück mtt einer Doppelrolle. Ein« Unbe- kannte nützt ihr« Aehnlichkeit mll einem Filmstar zu sehr unlauteren Zwecken aus. Der nette Einfall wird umständlich und zuletzt mit reichlicher Sentimentalllät zu drei Akten anegewalzt. Verfasserin und Hauptdarstellerm ist Else Eckersberg . Freundlicher Beifall. Dgr.
zustande kommt, um 15 Uhr die Schlußsitzung stattfinden. Die Veröffentlichung des Berichts könnte also Mittwochabend er- folgen. Zürich . 22. Dezember. �Eigenbericht.) Die„Reue Züricher Zeitung* meldet: „Statt der Vollsitzung des S ander aus fchuss es bei der B Z Z. fand am Dienstag eine private Sitzung statt, die um 11,30 Uhr begann. Die Stimmung ist optimistisch, den» man ist der Meinung, daß ein von Coliju eingebrachter Vorschlag über die Aufhebung der Reparationszahlungen— der Vorschlag ist im Grunde identisch mit demjenigen Sir Walter Laylone. doch ist er in eine andere Form gekleidet— ausgeschaltet wird, deu» sonst könnte dag Komitee seine Arbeiten nicht zum Abschluß bringen. Die Delegierten Frankreichs , Belgiens und Jugoslawien » würden, wenn Coliju feinen Vorschlag aufrechterhalten würde, an den Verhandlungen in Basel nicht mehr teilnehmen.* „Die Delegierten prüften— so fährt die„Neue Züricher Zeitung * fort— am Dienstag den ersten Absatz des B«>chtes. der Zich mll dem Budget Deutschlands , der Lage der Reichsbant, der Zahlungsbllanz und dem Betrog der Schulden und der Guthaben Deutschlands im Ausland befaßt. Dieser erste Teil des Berichtes. der erst am Dienstagrrwrgsn um Uhr fertiggestellt werden konnte, wurde angenommen. Der zweite Abschnitt des Bericht«» bezieht sich auf die Ursachen d« Krise, der dritte auf die Not- Verordnungen und ihre Rückwirkungen auf da» Budget und der vierte Abschnitt enthäll die Schlußfolgerungen. Dieser vierte Ab« schnitt ist gegenwärtig der Hauptgegenstand der Differenzen. Auf Dienstagabend 0 Uhr ist wieder eine„Pnvatsitzung* anberaumt. Bayerische Justiz. Immer langsam voran.- Sozialdemokraten interpellieren. München , 22. Dezember.(Eigenbericht.) Die sozialdemokrattsche Fraktion hat im Bayerischen Landtag eine Interpellation eingebracht, in der die Regierung gefragt wird, welche Mahnahnren sie ergreifen wolle, um die Durchführung von schwebenden Prozessen ohne Rücksicht auf die Person und polllische Einstellung des Angeklagten zu ermöglichen. In der jetzt zu Ende gegangenen München « Schwurgerichtsperiodo wurde eine Reihe kommunistischer Presse- vergehen abgeurteilt, die teilweise mehrere Jahre zurück lagen. Dagegen schweben zur Zeit noch über 4 0 A»- klagen gegen Nationalsozialisten, deren Durchführung immer wieder verschoben wird, weil die Angeklagten zu den Ter» minen nicht erscheinen. Einzelne Vorführungsbefehle mußten die Hakenkreuzler dadurch zu umgehen, daß sie sich knapp vor dem Termin von ihrem Arzt Verhandlungsunfähigkell bescheinigen ließen. Diese zum System gewordene Methode läßt den Verdacht berechtigt erscheinen, daß die Nazis ihre Sabotage einer gerichtlichen Verhandlung nicht ohne stille Duldung gewisser Iustizorgani- saiiomm üben können. Das wird auch niemand weller wunder nehmen, der die politische Vergangenheit der bayerischen Recht«- pflege kennt. Polizeiaktion gegen Münzenberg -Liga. Fünf Auslander noch in Hast. Die Politisch« Polizei nahm am Montag in dem Büro der Antiimperialistischen Liga ein« Haussuchung vor. bei der umfangreiches Material beschlagnahmt und 16 Personen zunächst festgenommen wurden. Bei dem beschlagnahmten Materiol handelt es sich, wie von der Polizei mitgeteilt wird, um Zersetzung»- schristen gegen Polizei und Reichswehr . Die Sichtung des Materials wird mindestens noch drei bis vier Tage in Anspruch nehmen. Während die meisten der Festgenommenen nach Nachprüfung der Personalien wieder auf steten Fuß gesetzt wurden, blieben fünf Personen in Polizeihaft. Es sind dies Ausländer, und zwar Bulgaren , Polen und Tschechen, die keine Pässe besaßen. Einig« gaben den Beamten d« Politischen Polizei falsche Nomen an. Als einer der Beamten einen Festgenommenen, der sich Stahl nannte. bei der Vernehmung darauf aufmerksam machte, daß er sich der Urkundenfälschung schuldig mache, wenn er das Protokoll mtt dem falschen Namen unterzeichne, verweigerte der Betreffende schließlich die Unterschrift unter da« Bernehmungsprotokoll Überhaupt. Bisher hat die Polizei nicht feststellen können, wer der Betreffend- in Wirklichkeit ist._ Gold fliegt tonnenweise nach pari». Fünf Tomaen Gold sind in dey letzten zwei Tagen im Flugzeug aus Amsterdam in Paris eingetroffen.