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Beilage

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Mittwoch, 23. Dezember 1931

Der Abend

Spalausgabe des Vorwärts

Mussolini   erobert die Wüste

Der Leidensweg der libyschen   Bevölkerung

Als im Jahre 1911 innere Unruhen wegen des Wahlgesetzes in Italien   ausbrachen, ging die damalige Regierung an die Verwirt: lichung ihrer langgehegten nordafrikanischen Kolonialpläne. Auf Tripolitanien   und Cyrenaita hatte man schon seit langem ein Auge geworfen, und jetzt schien die Gelegenheit günstig, durch die Inangriffnahme dieses Projekts die öffentliche Meinung abzu­Jenten. Die italienische   Regierung stellte der Türkei   ein Ultimatum, in dem sie sich über die Zustände in Tripolitanien   wo Italien  schon seit 1900 besondere Handelszugeständnisse besaß- beschwerte und mit einer militärischen Beseburg drohte. Es tam zum Krieg. Die Eingeborenen verteidigten sich unter der Führung der Türken mehr als ein Jahr lang erfolgreich.

Mit ihrer neuen Kolonie erlebten die Italiener bald eine Ent­täuschung. Der fortgesetzte Kleinkrieg der Eingeborenen, der dürftige Boden und das ungünstige Klima machten die Gründung italienischer Niederlassungen zunächst unmöglich. Bis auf den heutigen Tag( im wahrsten Sinne des Wortes) ist Libyen   aus dem latenten Kriegs­zustand nicht herausgekommen. In den Randgebieten der Küste fonnten sich die Italiener zwar festsetzen, aber noch heute wagen sie fich nicht tiefer in das unermeßlich weite Territorium hinein. Und die legten Monate sahen wieder

eine neue Welle kleiner Einzelaufstände,

die überall emporfladern.

Italienisch Libyen   mit seinen Provinzen Tripolitanien   und Cyrenaika   wird im Westen von Tunis  , im Südosten von dem eng­ lisch  - ägyptischen Sudan   und im Osten von Aegypten   begrenzt. Berber und Beduinen bilden den Hauptbestandteil der Be­

völkerung. Sie stehen unter dem ausschlaggebenden politischen Einfluß der Senussi, einer religiösen Sette, die eine radikale Spielart des Islam predigt. In Libyen   besigen die Italiener eine Kolonie, die siebenmal so groß ist wie das Mutterland. Für die Ansiedlung Don Kolonisten tommt jedoch nur ein verhältnismäßig fehr schmaler Landstreifen an der Mittelmeerküste entlang in Betracht, wo ge­nügend Wasser vorhanden und der Boden dem von Süditalien und Sizilien   gleicht. Das fast uferlose Hinterland besteht aus reinem, teils sandigem, teils felsigem Wüstengebiet. Noch heute zählt es zu den am wenigsten erforschten Teilen Afrikas  . Die Italiener selbst geben an,

daß die Eroberung Libyens   und die dauernden Kämpfe fie bis­her über 100 000 Soldaten und annähernd 5,5 Billionen Gold­mart gekostet haben

nicht zu reden von den Opfern an Gut und Blut auf seiten der

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Stämmen, die die Italiener vornehmen, angeblich, um damit die Befriedung des Landes zu fördern, in Wirklichkeit, um günstig ge­legenes fruchtbares Terrain für eigene Kolonisatoren freizubekommen. Der Deportation verfielen bisher 95 000 Araber. Die ägyptische und arabische Presse schilderte schon vor vielen Wochen das tragische Schicksal dieser Leute. Endlose Züge von Männern, Frauen und Kindern schleppen sich durch die glutheiße Wüste, flan tiert von den schwerbewaffneten Milizsoldaten. Zehntausende von Menschen, Kamelen und Mauleseln, beladen mit Hausgeräten und Eßvorräten, Schaf- und Schweineherden, wälzen sich in unüberseh­baren Rolonnen über unwegsame Steppen und zerrissene Hochebenen. Tausende dieser Unglücklichen erliegen dem Hunger und Durst, den Krankheiten und Anstrengungen der verzweifelten Märsche. Wei­gern die Eingeborenen sich, den Weg fortzusetzen, so schreiten die Führer der Miliz zum Dezimierungssystem, dessen Be­währung die faschistischen Kulturträger in Libyen   bereits weitgehend erprobt haben. Jeder zehnte Mann wird aufgehängt. Galgen führt die Kolonialmiliz stets mit sich...

Der Appell des Komitees für den Schutz Libyens  " an den Völkerbund, stellt ein wahres Dokument des Schreckens dar. Es wird u. a. berichtet, daß die die Marschtaramanen der Deportierten   be= gleitenden Milizsoldaten die arabischen Frauen und Mädchen zu ver­gewaltigen und die Araber, die das zu verhindern suchen, nieder zuschießen pflegen. Die Eingabe beschwert sich ferner über die Weg­nahme von Moscheen, die von italienischen Offizieren in Freuden häuser umgewandelt wurden.

Um eine weitere Ausbreitung der Revolten zu verhindern, wendet man ein mit raffinierter Grausamkeit ausgeflügeltes Ver­fahren an. Die Araber, die der Verbindung mit aufständischen Ele­menten verdächtig sind, werden aus ihrem Stamm, mitten aus ihren Familien herausgerissen und in besondere Gefangenen= lager übergeführt, die sogenannten, campi chiusi". Dort stehen sie unter schärffter Bewachung, dauernder Kontrolle und völliger Abriegelung von der Außenwelt.

Diese Internierungslager umfaffen gegenwärtig etwa 12 000 Menschen.

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Bon 3. Geelmaeder

Stämme, von denen man weiß oder annimmt, daß Angehörige von ihnen auf der Seite der Rebellen" fämpfen, werden streng isoliert. Die cyrenaitischen Eingeborenentruppen werden aufgelöst und ent waffnet. Die Senussipriester schüren und fommandieren in vorderster Front die Widerstandsbewegung. Bei der unbegrenzten Autorität, die sie unter den einheimischer Bewohnern genießen, be­deuten sie eine ernste Gefahr. Man hat daher

alle Senuffischulen und-organisationen geschlossen, ihren Besitz eingezogen und die Führer verhaftet.

Die Maßnahmen der Faschisten beweisen, wie bedenklich sie selbst die Situation einschätzen. Die von glühender Freiheitsliebe befeelten Araber lassen sich freilich nicht einschüchtern, sie sehen ihren Klein­frieg nur um so verbissener fort. Es ist bezeichnend, daß die Italiener   ihre eingeborene Kolonialtruppe auflösen mußten.

Wie reagiert nun die mohammedanische Welt auf diese faschisti schen Kolonialmethoden? Schon vor Monaten ist durch ihre höchsten Repräsentanten der Bontott auf alle italienischen

Waren proflamiert und allen Muselmanen befohlen worden, teinerlei Beziehungen mehr zu Italienern zu unterhalten. In einem von dem ,, Komitee für den Schuß Libyens  " herausgegebenen Mani­fest heißt es, daß ,, die ganze islamitische Welt von Italien   in ihren heiligsten Gefühlen verlegt worden sei" und daß es gelte, den Kampf der Glaubensbrüder in Libyen   mit der größten Intensität Es werden dann die Einzelheiten und Ausdauer zu unterſtüßen".

des Boykotts aufgezählt: Von Italienern   darf nichts gekauft, an sie nichts verkauft werden. Kauf und Verkauf italienischer Produkte ist verboten, Gelder auf italienischen Banken find sofort abzuheben. Mohammedanische Kinder dürfen keine italienischen Schulen besuchen. Italienische Krankenhäuser und Aerzte sind zu meiden, italienische Schiffe nicht zu benutzen. Diese umfassende Boykotterklärung wurde in den Zeitungen sämtlicher von der Religion des Propheten be­herrschten Länder veröffentlicht, sie ist verbindlich für die Bewohner aller arabischen Staaten, ganz Nordafrikas  , Aegyptens  , Kleinafiens, der Türkei  , sehr großer Teile Asiens   furz, für alle Islamanhänger der Erde. Auch auf dem vor wenigen Tagen in Jerusalem   abgehal­tenen islamitischen Weltkongreß wurden äußerst heftige Angriffe gegen Italien   gerichtet.

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Ein Dichter schreibt Geschichte

Eingeborenen. Es wäre eine lehrreiche Illuſtration zu dem Kapitel Randbemerkungen zu einem Buch

,, Für und wider Kolonien", zu errechnen, welche aus der Kolonie gewonnenen ftipposten Italien   diesen Zahlen gegenüberstellen fann.

Seitdem die Faschisten am Ruder sind, haben die Italiener ihre Anstrengungen, Libyen   zu unterjochen, erhöht. Neben die regu­lären Kolonialtruppen stellte Mussolini   bald nach der Macht: ergreifung die faschistische Kolonial miliz  . Rücksichtslos und grausam gingen die Schwarzhemden gegen die., Rebellen" vor. Hier sollen kurz die Ereignisse geschildert werden, die sich während der lezten Monate abgespielt haben. In Italien   selbst gibt es nur wenige Leute, die die Berhältnisse wirklich kennen, und diese wenigen hüten sich, den Mund aufzumachen. Merkwürdigerweise war auch in den großen internationalen Blättern bisher nichts darüber zu lesen, obgleich, hätte der Faschismus nicht schon Beweise übergenug er­bracht, seine ,, Befriedungsmethoden" in Tripolitanien   und Cyrenaika  allein genügten, ihn als das hinzustellen, mas er ist die Ver= förperung der rohen Brutalität und der blutigen Gewalt. Eine friedliche Zusammenarbeit zwischen Italienern und der arabischen Bevölkerung existiert nur in den Spalten der faschistischen Presse. Das Gegenteil ist der Fall. Seit kurzem haben die aufrührerischen Eingeborenen ihre Aktivität gegen die Unterdrücker im schwarzen Hemd wieder erheblich gesteigert. Ihre bewaffneten Haufen schwär­men durch die Wüste und tragen den Keim der Revolte von einer Dafe zur anderen. Es gibt feinen Stamm, der nicht direkt oder indirekt an dem Aufstand beteiligt wäre.

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Die faschistische Kolonialmiliz wird von dem General Gra= ziani und dem Herzog von Puglie befehligt, beides typische

Faschisten: der eine ein wütender Militarist, der andere der letzte Sproß eines degenerierten Fürstengeschlechts. Alle Eingeborenen er­füllt ein wilder Haß gegen die italienischen Beherrscher, die die Stimmung der Araber sehr wohl fennen. Sie wissen, daß morgen die noch nicht aufrührerischen Volksteile offen zu den Rebellen" übergehen können, mit denen sie heute längst insgeheim paftieren. Auch die Solidarität der in Aegypten   lebenden Mohamme daner mit ihren unterdrückten libyschen Glaubensbrüdern macht den Italienern viel zu schaffen. Denn von der ägyptischen Grenze her bekommen die Aufständischen große Mengen Waffen, Muni tion und Lebensmittel geliefert. Graziani und der Herzog von Puglie planen daher, die Grenze zwischen Cyrenaifa und Aegypten   hermetisch zu verschließen.

Ein durch in Zementfodeln ruhende Eisenpfähle gestütztes Be­feftigungswert von dreihundert Kilometer Länge ist bereits im Bau!

Drei Meter hoch und zehn Meter breit, soll dieser Steinwall alle 20 Kilometer einen Verteidigungsturm erhalten, der von Milizen besetzt sein wird. Tag und Nacht sollen Panzerautos, die be­sonders zu diesem Zwed konstruiert werden, die Wüstenmauer abpatrouillieren. Man kann sich ausmalen, welche Summen das den schon reichlich ausgeplünderten Massen des italienischen Bolkes foftet. Im übrigen sind diese Maßnahmen in ihrem praktischen Wert sehr problematisch: Eine Hunderte von Kilometern lange Strede afrikanischer Wüste läßt sich nicht durch Zementwälle und Panzer­autos verteidigen, am wenigsten einem Feind gegenüber, dem das Klima teine Schwierigkeiten macht, der die örtlichen Verhältnisse genau tennt und zu allem entschlossen ist. Auch den Waffen und Nahrungsmittelschmuggel aus Aegypten   with man dadurch faum

unterbinden.

Die Empörung der einheimischen Bevölkerung richtet sich vor allem auch gegen die 3wangsdeportationen non gauzen

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Von G.H. Mostar

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200

Des öfteren schon haben sich Geschichtsprofessoren unter die| oder höchst zweifelhafte Persönlichkeiten, jede große geistige Dichter genischt. Sie schrieben dann historische Romane, die, weil Bewegung, deutsches Kaisertum, deutsche Freiheit, deutsche   Re­ihre Verfasser des trockenen Tones satt waren, meist allzu tränens formation, deutsche Einigung jede ist nur einen weltgeschichtlichen feucht wurden. Dennoch fanden sie dereinst an allerhöchster Stelle Augenblid lang wirklich da, wirklich vorhanden, rein und lauter vor­viel Förderung und Verständnis; sie durften ja, los und ledig der handen eine Minute später ist sie bereits nichts mehr als ein Verpflichtung zur geschichtlichen Treue, a conto der dichterischen Frei Vorwand für die Großen, zu schachern, fich zu bereichern, sich zu heit allerlei Tatsachen ummodeln oder verschweigen, die der aller beweihräuchern, und das Bolt, aus dem die Idee kam und dem sie höchsten Stelle peinlich zu hören waren. Was allerdings Wilhelm galt, leidet ärger als zuvor immer wieder, immer wieder... den 3 weiten betrifft: dem war selbst des guten Felig Dahn   So daß man, wenn man diese zahllosen Porträts der Mächtigen aus ausgiebiger ,, Kampf um Rom  " noch nicht ungeschichtlich genug; denn deutscher Geschichte betrachtet, an Anton Ruhs gewagtes Wort gelegentlich eines Hofballs wandte sich Wilhelm huldvoll an den denken muß: Wie sich der kleine Moriz die Welt­Autor und sprach also: Ihr Buch gefällt mir ausgezeichnet, Herr geschichte vorstellt genau so ist sie!" Professor; nur eines stimmt nicht: daß die Goten unterliegen!! Die Goten müssen siegen, Herr Professor!" Und als Dahn   stammelte: Aber Majestät, historisch sind doch nun einmal die Goten unter legen!" da erklärte Majestät, bereits im beleidigten Abgehen: Das ist mir ganz egal! Die Goten haben zu siegen!" Ja, so war das damals. Es herrschte Ordnung, Hohenzollernmoralordnung. Die Goten hatten zu siegen, die brandenburgisch- preußischen Herrscher hatten ausnahmslos gottbegnadete Heroen zu sein, den linken Fuß vorzustellen und die Siegesallee zu bilden. Und als in dieser Zeit, zum wohl erstenmal seit Schiller, auch ein Dichter sich unter die Historiker mischte und eine Art preußische Geschichte schrieb, da war der Dichter danach und seine Geschichte auch. Der Dichter hieß Rudolf Herzog  .

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deutsche   Geschichte schrieb, und der erste, der sie heute schrieb, kein Nun, es ist kein Plus für die Republik  , daß der dritte Poet, der Rudolf Herzog   ist. Zwar ist es auch kein Schiller, aber es ist Wolfgang Goeß, der preisgekrönte Novellist, der Dramatiker des Gneisenau". Es bedeutet gerade für diesen Mann feinen Tadel, sondern fast ein Lob, wenn man den einschränkenden Titel, den er seinem bei Ulstein in vorzüglicher Ausstattung erschienenen Werke gab: Eine deutsche   Geschichte( nicht: Die deutsche   Geschichte), noch einmal einschränkt: Seine deutsche   Geschichte; Wolfgang Goetz' spezielle deutsche   Geschichte.

Denn Goetz ist ein Einzelgänger, weit über das Maß hinaus, in welchem es jeder Dichtende üblicherweise ist. Er ist mit Hingabe Einzelgänger, er ist es fast aus Prinzip, und hätte er weniger Format, so wäre er einfach ein Querkopf. Indes er hat immer noch mehr zu sagen als zu widersprechen, und so ist er mehr. Immerhin ist feine innere Situation als Geschichtsschreiber eigentümlich genug. Denn das Goetzsche Herz ist, man fühlt es oft, vielleicht ein revo luzzerndes, aber kein revolutionäres, tein lintes" Herz; die Tradition liebt es, aber den Fortschritt anerkennt es nur; es fühlt individualistisch( Persönlichkeiten machen die Geschichte", sagt Goetz, nicht allzu frei nach Mussolini  !!); es hängt im Grunde an vielen, an fast allen Illusionen nationalistischer Geschichtsschreibung; es wahrt ihr gegenüber oft die Haltung der ,, allergetreuesten Oppo­sition". Aber:

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Aber daneben, ja darüber steht, nicht hoch genug anzuerkennen bei einem Dichter, der auch in der Historie das Recht hätte, den Zug des Herzens des Schicksals Stimme sein zu lassen darüber steht der Goegsche Intellett mit seinem starten und tiefen Bedürfnis nach der Goetsche Intellekt mit seinem starten und tiefen Bedürfnis nach Wahrheit, nach objektiver Wahrheit. Und so erlebt man Seite für Seite, wie ein unerbittlicher Geist die Musionen des eigenen Herzens zerschlägt. Das falsche Hängen an ach so schönen und fo geliebten Traditionen fostet nach Goetz das deutsche Volf seine Einig­feit und seine politische Geltung, die Persönlichkeiten, welche die Ge­schichte machen sollen, sind bis auf wenige Ausnahmen eben teine

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Nein, es bleibt wirklich verdammt wenig von all dem Heroischen, das wir in der Schule gelernt haben, und das leider auf Schulen und Universitäten auch heute noch ausgiebig gelehrt wird der Gelehrte Goetz zerschlägt das Heroische, und der Dichter Goetz möchte es doch so gerne postulieren! Dieser Widerstreit zwischen Forscherehrlichkeit und Menschensehnsucht gibt dem Wert etwas ungeheuer Dramati­fches, ergibt in jeder Zeile die Forderung an den Leser, sich selbst damit auseinanderzusetzen. Zugegeben, daß die Darstellung einen Bruch hat: daß, je meiter die Tatsachen zurückliegen, desto mehr das illusionslos Wahre herrscht, je näher wir aber ans Heute heran­rücken, das Bedürfnis nach idealistischer Auffassung sich durchsetzt, was zweifellos nicht ausschließlich darin seinen Grund hat, daß hier die Quellen noch nicht so geklärt sind wie dort, sondern eben in dem spezifisch Goezischen Kampf zwischen Wunsch und Wahrheit

zugegeben. Dennoch bleibt jener Wert des Anregenden, das zu eigener Stellungnahme Zwingenden, und überdies erhellt aus diesem Manto schlaglichtartig die Position des wohlmeinenden, heute leben­den, aber gestern geborenen Bürgers.

Bleibt als letzter und nicht geringster Vorzug, daß Goetz bei so beschaffenen inneren Nöten einen Rettungsanfter brauchte und ihn fand in einem farkastischen, oft geradezu schnoddrigen Humor, im Humor des Berliners( obwohl Goeg, glaube ich, aus Sachsen   stammt und Sachsen   in seiner Darstellung denn auch miserabel abschneidet). Der Fenstersturz von Martinih und Slavate anno 1618 etwa, bei dem ein Misthaufen die Stürzenden vorm Zerschellen rettete, aber nicht das Reich vor dem 30jährigen Krieg, wird also tommentiert: ,, Noch heute lobpreist eine Säule die Engel, die jene drei Märtyrer ihres Glaubens so sanft auf ihren Fittichen hinabgeleitet hatten. Dem Misthausen hat man fein Denkmal gefeßt." Und daß siebzig Jahre früher der Schmalkaldische Bund   trotz großer Machtmittel ver­sagte, wird durch den lapidaren Satz ausgedrückt: Mit großer Mühe gelang es ihnen dennoch, den Krieg zu verlieren." Während dem Schauspieler Paul Wegener   deshalb ein Plätzchen in der deutschen   Geschichte reserviert wird, weil er, als man ihm während des Krieges zum Eisernen Kreuz   erster Klasse gratulierte, antwortete: Dante. Es war zum Kotzen."

man verüble

it. So sei denn dies Buch, trotz aller Extravaganzen, trotz aller rsprüche, trotz aller Privatmeinungen empfohlen. Man ver­üoie es seinem Verfasser nicht, wenn er etwa die Sozialisten lobt und den Sozialismus nicht recht mitmachen will, wenn er Kriege für unvermeidlich hält und doch recht oft flar macht, wie meist nur unfähige Diplomaten Kriege verschulden es ihm nicht, sondern setze sich mit ihm auseinander. Goetz' Liebe zu seinem Volt ist die rechte Liebe zum Volk, heiß und kritikbereit, meilenweit entfernt von der Art Baterlandsliebe, die gewisse Leute im Munde führen gemiffe Leute, die auch heute noch von einer Geschichtsschreibung verlangen, daß die Goten zu siegen haben..."

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