Ulagda Jlcharya:
Sine Oiersse ist verbrannt
Jemand kommt in ein dunkles Zimmer und zündet eine Kerze an. Dann geht er fort und vergißt es. Das leere Zimmer ist hell er- leuchtet. D e Dinge treten aus dem Dunkel, Scharten gleiten über die Wand, Metall erglänzt. Eine zweite Welt aus Schatten und Licht erstrahlt in der Tiefe des Spiegels. Durch die weihe Spitze der Gardinen schimmert das Schwarz nächtlicher Fenster. Di« Kerze brennt. Di« Flamm« wird sp yer, weißer. Die Schatten liegen still in Ecken und Winkeln. Allmählich wird der Docht länger, die Flamme größer, gelber, unruhiger, die Kerze kleiner. Wieder gleiten Schatten über die Wand, steigen höher, das Dunkel kriecht über den Fußboden. Dt« Kerze brennt herunter, fängt an rot zu flackern. Auch das Dunkel flackert durch den Raum, flammt schwarz aus der Tiefe der Spiegel, fliegt oielgeftaltig über die Decke, während die zusammensinkende Flamme aus blauem Verdämmern noch einmal hinaufsteigt, ganz groß, ganz hell— und plötzlich in Schwärze umschlagt.— Ja, wo ist er, der Vergeßliche? In welchen Weltenfernen weilt er und weiß nicht mehr, daß er die Kerze angezündet hat, auf daß sie leuchte? Denn die Kerze ist wohl verbrannt, aber geleuchtet hat sie nicht. Sie brannte ja im leeren Raum, ganz unnütz. Von Anfang bis zu End« war um sie nur Dunkel, denn es hat ja keiner ihr Leuchten gesehen. E» war in Rußland , im Winter 1919/20 während der Reoolu- tion.— Es dämmerte im großen Zuschauerraum des ländlichen Theaters. Das kalte Schneelicht draußen nahm eine violette Färbung an. Der unzufriedene Regisseur oben auf der Bühne ging hin und her mit einer brennenden Kerze in der Hand, die im Zugwind flackerte, während der Tyrann von Padua gehorsam vor seinem Mörder zurückwich. Der Arbeiter, der die langen Bänke im Zu. schauerraum mit brauner Farbe angestrichen hatte, legte seine Pinsel hin und schaute interessiert aus die Bühne. Ich war erst vor ein paar Togen angekommen und kannte daher noch niemandeir als den Regisseur, der mich in dies ländliche Theater berufen hatte, um ihn als Theatermaler und Dekorateur bei seiner schwierigen Arbeit mitzu. helfen: galt es doch, ein Theater aufzubauen, in dem nicht Beruf». schauspieler spielen sollten, sondern Arbeiter und Bauern, Mitglieder eines Konsumvereins, der das gemeinnützige Unternehmen finanzierte. Die Probe zog sich in die Länge, es wurde immer dunkler. Der Arbester im Zuschauerraum schien dies nicht zu merken. Er stand noch immer neben der halbangestrichenen Holzbank, schaut« wie ge- bannt auf die Bühne und hörte den Erklärungen des Regisseurs zu Die» Interesse fiel mir aus und ich sah ihn zum ersten Male aufmerk- samcr an. Er hatte ein gewöhnliches und doch besonderes Gesicht: schmal, etwas pockennarbig, mit hochgewölbten Augenbrauen über den blanken schwarzen Vogelougen Diese Augen, die spitze Pierrot- nase und die versteckte Heiterkeit in den Mundwinkeln, gaben dem Gesicht eine besondere Rote. Es war in ihm ein« Heiterkest jenseits des Schicksals, wie gleitendes Licht über dunklem Wasser. Ich wußte nicht— war diese Seele noch leichte Flamme oder nur noch leichte weißliche Asche, die der Wind durch die Well trägt. Ich trat aus den Arbeiter zu. Und während der Regisseur auf der Bühne den armen Tyrannen mit endlosen Wiederholungen quält«, kamen wir in ein Gespräch. Der Arbeitsr gestand mir mit leuchtenden Augen seine Theaterleidenschast«in, von der er seit seiner frühen Jugend besessen war. Freilich in seiner Kindheit hatte er nicht gewußt, daß es Theater gibt. In die zeitlose Welt des armen Ackerbauern, seines Daters, drang kaum eine Kunde von der großen Welt. Er ging hinter dem Holzpslug her, wie fest Jahrhunderten sein« Ahnen. An Winter- abend«» brannte der Kienspan und die Bäuerin saß am Webstuhl oder strickt« Strümpfe aus selbstgesponnenem Wollgarn. In dieser Umgebung wuchs das Kind heran. Früh schon hatte es ein« unruhige ÄhltüNg von einer anderen Welt. Der heranwachsend« Knabe träumt« vom städtischeu Leben, von den großen Häusern, von bunten Lichtern, von den schönen Geschäften, in denen man herrlich« Dinge taufen konnte. Eine» Tages konnte er die Still« und Einsamkeit nicht mehr ertragen und zög nach Peter». bürg, der großen Stadt, um dort sein Glück zu suchen, wie viele, viel« tausend Vauernlnaben e» vor ihm und nach ihm getan haben; und ebensowenig wie sie fand er dort sein Glück. Er wurde Fabrik- arbeiler. oerbrachte sein« Tage an der Maschine und seine Abende in einer oerräucherten Mietkaserne. Die Arbeit war schwer, di« Abend« am blinden Fenster eines vernachlässigten Zimmers— einsam. Dann kam ein Tag. an dem Onissim, der Bauernsohn, zum erstenmal von einer Theatergalerie herunter auf die Bühne schaute, hinein in ein großes Schicksal. Bon diesem Abend an war er dem Theater ver- fallen. Er sparte an allem, hungerte, um nur ins Theater gehen zu können. Allmählich wuchs- er über sein erstes primitives Erlebnis des Theaters hinaus, sah, daß es eine große Kunst gibt auf der Welt, die Schauspielkunst. Er wohnte verschiedenen Aufführungen derselben Stücke b«i, lernte groß« Schauspieler bewundern, mertt«, daß man eine Rolle auf verschiedene Art auffassen kann. Merkwürdigerweise wurde Hamlet sein Lieblingsstück, und er sah sich jede neue Inszenierung des Hamlet an. Er schafft« sich die Hauptwerke der dramatischen Literatur an und bewahrte sie, m Seidenpapier ge> wickelt, in einer hölzernen, eisenbeschlagenen Kiste auf. In eins der größeren Theater wurden mir«Herren" im Hut vom Portier hinein- qelafsen. Da ging Onissim auf den Trödelmarkt und erstand sich dort für ein paar Kopeken ein« altersgrün« Melone aus den. achtziger Jahren.(Später, als ich Chaplin auf der Leinwand sah, mußte ich an diese Melone vom Petersburger Trödelmortt denken). Aber während dies Leben Onifstms, das Leben auf der Theater- galeri«, das Leben im Traum, voll war von großen Erlebnissen, Freuden und Erschüterungen, ging sein anderes Leben in Fabrik und Mictkaserne seinen grauen unerbittlichen Weg. Manchmal kreuzten sich die beiden Lebenswege, wenn Onissim in Verwirrung geriet,— nichts Gutes kam dabei heraus. In so einem Augenblick der Der. wirrung heiratete er ein blasses, blondes Mädchen, das sich sofort Tüllvorhänge und Geranien anschasst« und noch einigen Jahren still oerblühte. Onissim versucht« mit ihr vom Theater zu sprechen, aber si«. gähnte und meint«, sie gehe lieber zum Tanz. Da schwieg er und ging weiter allein Ins Theater. Di« Revolution kam, der Bürgerkrieg, die Blockade. Die Fabrik, an deren sausenden Maschinen Onissim so viel« Jahre verbracht hatte, stand still und verlassen mit durchschossenen schwarzen Fenstern. In der Straße mit den erloschenen Laternen ging dos Gespenst des Hungers um. Aus den kalten Wohichöhlen flohen die Menschen ins Theater, das damals ein« seltsame Blüte erlebte. Onissim. in seinem alten Mantel, saß jetzt stolz und glücklich im Parterre, im Lehnstuhl, und hörte Schaljapin singen. Er träumte von neuen Möglichkeiten und sah sich selbst auf der Bühne. Aber in der ungeheizten Wohnung war tti eisig kalt, es war schwer, Milch für die beiden Kinder zu besoffen, und seine Frau oersuchte, ihn zu einer Rückkehr in die Heimat zu überreden. Sein Vater war vor zwei Jahren gestorben und seine Mutter schrieb chm ein poormol«m Jahr bekümmert«, unleserliche Brief«. ging nicht mit der Wirtschast. Onissim wollte nickst sort aus der Stadt, er dachte an einen Besuch der Schauspielschule , aber da» ältere Kind erkrankte yn Fleckentyphus, es gab ein« heftige Aus- etnarrderfetzung mit der Frau, und als das fi nd schließlich genas, orbnetr Onissim seufzend sein« Bücher in der Holzkiste, tat die Kinder
fachen und di« alte Melone hinein und klappte den Deckel zu. So kehrt« Onissim in die Heimat zurück. Seine Frau lernte Kühe melken und er selbst ging hinter dem Holzpslug her wie einst sein Bater. Wie seit Jahrzehnten saß seine Mutter am Webstuhl. Di« Holzkiste mit den Büchern stand verschlossen unterm Bett. Die Probe war zu End«. Der Regisseur kam, die Kerze in der Hand, in den Zuschauerraum, in dem es allmählich ganz dunkel ge- worden war. Ich machte ihn mit Onissim bekannt und zwei Wochen später spielte er schon den Advokaten Pathelin im altsranzösijchen Schwank,— er spielte ihn ausgezeichnet. Das Publikum jubelte ihm zu und er strahlte vor Glück. Er spielte den ganzen Winter über, wuchs mit jeder neuen Rolle, es war das Aufblühen einer großen Begabung. Schon schmiedeten wir Zukunftspläne. Onissim sollte später nach Moskau fahren und dort unter der Leitung eines hervor- ragenden Regisseurs arbeiten. Groß lag die Landschaft der Zukunft vor ihm. Wir sahen ihn öfters und nur ganz selten seine Frau. Sie saß steif auf einem Stuhl, mst zusammengekniffenen Lippen, hörte zu. Die Zeit verging, wir mußten nach Moskau zurück. Onissim sollte mit uns fahren. Da fiel uns allmählich e'ne Veränderung in seinem Wesen auf: er sprach weniger von der Zukunft, schien bedrückt
und llnfr«. Ich versuchte ihn auszufragen, ad« er gab rms ausweichende Antworten. Da kam eines Tages seine Frau zu mir: sie wolle mit un» sprechen, wir sollten aber Onissim nichts von ihrem Besuch erzählen. Wir ahnten wohl, was kommen würde. Sie zerrt*- an ihrem Tuch und fing plötzlich an zu schluchzen.„Dies Theatsr. dies schreckliche Theater!" rief sie verzweifelt aus,»was soll aus uns werden? Er will in Moskau Theater spielen, er will ein großer Herr werden, und wir werden hier inzwischen Hungers sterben. Er hat bloß Grillen im Kopf und will nicht arbeiten. Sein ganzes Leben lang hat er nur ans Theater gedacht, und jetzt hat ihm die neue Freiheit vollends den Kopf verdreht!" Es war ihr nicht beizu- kommen. Sie hatte keine Phantasie, keinen Glauben an die Zukunft. Die schwarze Mietkaserne in der Stadt hatte den letzten Rest chrer Jugend vernichtet. Wir oersprachen ihr schließlich, Onissim in keiner Weise zu beeinflussen. Als er das nächstemal zu uns kam und nur von gleichgültigen Dingen sprach, errieten wir sofort, daß er fac» schloffen hatte, zu bleiben Vielleicht hätten wir ihn doch noch dazu überreden können, seinen Plan nicht fallen zu lasien, aber er fing wie absichtlich an, von seinen Kindern zu reden. Da schwiegen wir. Nach einigen Wochen nahmen wir Abschied voneinander. Er reichte uns lächelnd die Hand. ?tie hat er uns eine Zeile geschrieben. Nach einigen Jahren hörten wir. daß er beim Fischfang ertrunken war. Die Kerze war im leeren Raum verbrannt.
Mellen: �OVIl
Zum Symbol des Wechnachtsfeftes ist der Weihnachtsbaum oder Ehristbaum geworben, eine Fichte oder Tanne, die mit Lichtern und glänzendem Flitter geschmückt wird und an deren Fuß die Weih- nachtsgefchenke ausgebrettet werden. Man hat diese Sitte aus einer allindischen Gewohnheit, an festtichen Zeiten einen Baum mit Lichtern zu bestecken, herleiten wollen, doch läßt sich eine solche Herkunst nicht nachweisen. Vielmehr ist unser jetziger Weihnachtsbaum Verhältnis- mäßig jungen Dawms. Literarisch bezeugt ist er zuerst vom Anfang des 17. Jahrhundert». In weiten Kreisen hat er sich erst im 18. und 19. Jahrhundert verbreitet. Di« einzelnen Element« aber, aus denen er besteht: das Baumgrün. die brennenden Lichter und die an dem Bauns hangenden Früchte, sind urött und finden sich schon bei der römischen Kalenderfeier. Der Straßburger Pfarrer Geiler von Kaisersberg sagt 1508 in seiner Predigt, es fei«in heidnischer Brauch.»Dannenreiser in die Stube zu legen". Das Volk hiell aber an der Sitte fest, und bald kam man auf den Gedanken, statt die Stube mit Tannenzweigen zu schmücken, ein ganzes Tannenbäumchen darin aufzustellen. Die Becksche Chronik berichtet vom Jahre 1600, daß am Weihnachtsabend m der Herrenstub« zu Schlettftadt im Elsaß„Mayen " aufgerichtet und mit Aepfeln und Oblaten geschmückt wurden. Unter„Mayen " sind wohl Tannenbäumchen zu verstehen, denn fünf Jahre später werden wohl die Bäume ausdrücklich als Tannenbäumchen bezeichnet. In dem 1605 erschienenen Werke:..�lsmarabilis guaeftsm Argen- torati obsftrvat«"(„Einige in Straßburg beobachtet« Denkwürdigkeiten") heißt es nämlich:„Auff Weihenachten richtet man Daunen- bäume zu Straßburg in den Stuben auff, daran hencket man Rosen aus vielfarbigem Papier geschnitten, Aepfel . Oblaten, Zischgold, Zucker usw. Man pfleget darum einen vierckent Ramen zu machen."— Da Lichter nicht erwähnt werden, war es damals sicher noch nicht üblich, solch« am Weihnachtsdaum anzubringen. Schiller nennt den Weihnachtsbaum 1789 den„grünen Baum", Iung-Stilling.Lebens- bäum". Die Ausbreitung des auch mit Kerzen geschmückten Weihnacht»- bäum es können wir ziemlich genau oerfolgen. Das älteste Zeugnis von einem Lichterschmuck de» deutschen Weihnachtsbaumes datiert aus dem Jahre 1737. Der Wtttenberger Professor Kißling erzähll nämlich, wie ein« Gutsfrau in Zittau chr� Kinder und ihr Gesinde beschenkt hat:„Am helligen Abend stellte st« in ihren Geinächern so viel Bäumchen auf, wie sie Personen beschenken wollte. Aus deren Höh«, Schmuck und Rechenfolge in der Aufstellung konnte jedes er- kennen, welcher Baum für es bestimmt war. Sobald die Geschenk«
verteilt und darunter ausgelegt und die Leuchter auf den Bäumen und neben chnen angezündet waren, traten die Jahre der Reche nach in das Zimmer, bettachteten die Bescherung und ergriffen jedes von dem für es bestimmten Baume und den darunter bescherten Sachen Besitz. Zuletzt kamen auch die Knechte und Mägde in bester Ordnung herein, bekamen jedes seine Geschenke und nahmen dieselben an sich". In Berlin tauchte der Christbaum 1780 auf. in Hamburg 1736. Christbäume auf dem Weihnachtsmarkt gab es zuerst in Dresden 1807, und zwar neben dem künstlichen Christbaum, der aus Stäben hergestellten„Pyramide", die mtt Ketten aus buntem Papier oer- ziert wurde und die sich noch heute zuweilen in Mitteldeutschland vorfindet. Nach Wien wurde der Weihnachtsdcuun noch später eingeführt. Der aus Deutschland nach Wien gereist« Musiker I. F. Reichardt berichtet 1808:„Nicht in einer einzigen der mir bekannten Famllien habe ich hier das luft-ge Ausputzen des Baumes und Kinderleben gesehen, das bei uns am Christabend in jeder Familie zu finden ist". Eine aus Berlin stammende Familie Arnstein scheint die Sitte zuerst in den Bürgerkreisen dort eingeführt zu haben, denn der Wiener Polizeibericht erwähnt 1814, daß in dem Hause jener Famllie ein „zahlreiches Weihbaum- und Christbaumfest" war. Im folgenden Jahre wird auch am Wiener Hos« ein Ehristbaum erwähnt, und zwar beim Erzherzog Karl. Im übrigen aber breitet« der Brauch sich in Wien und im übrigen Oesterreich nur langsam aus. und in manchen Orten Steiermarks, Kärntens und Tirols hat er sich überhaupt nicht eingebürgert. A'-ch nach Bayern und Württemberg drang er nur langsam vor. so daß er z. B. in den 18S0er Jahren in altbayerischen Städten noch unbekannt war. Auf dem flachen Lande aber haben die Bauern überhaupt nur wenig Sinn dafür gehabt. Erst mst anderen städtischen Sitten wurde der Weihnachtsbaum allmählich bei chnen üKlich Di« Bezeichnungen Weihnachtsbaum. Ehristbaum. Lichter. bäum , Zuckerbaum tauchen erst zu Ansang des 19. Jahrhunderts auf.' Ein« stark« Verbrettung fand der Christbaum im ersten Drittel des 19. Jahrhundert. Lange Zeit blieb er auf Deutschland und die nor dischen Länder beschränkt. In Westeuropa ist er erst m jüngster Zell eingedrungen. Mll Vorliebe schmückte man den Ehristbaum mll Aepfeln und Nüsien. Der Apfel war ja sell aller Zell das Sinnbild der Liebe�und die erste Kultursrucht der Germanen. Die Nuß aber war das Sinn- b'ld des Lebens, der Fruchtbarkeit. Den Früchten, die aus dem Weihnachtsbaum gehangen hatten, schrieb man übernatürlich« Eigen- schaften zu.
n.'Euboiiakott: Minderfürforge Sotvielruffifche Groteske (Aus dem Russischen von Hans Ruoff .) Ein stupsnafiger kleiner Jung« bettat schüchtern den Konsum- laden. In seinem schweißseuchten Fäustchen hiell er krampfhast da» Einkaufsgeld. Er blickt« sich im Laden um und schritt«nt- schlössen auf die Wurstwarcnabtellung zu. Ein Verkäufer, der gerade für irgend jemanden Roulade abwog, wandte sich an den Knaben und fragte: „Was wünschst du denn, mein Junge?" Und zu den andern wartenden Käufern gewandt, erläutert« er:„Ich bttte um Ent- schuldigung, Bürger, klein« Kinder werden bei uns außer der Reihenfolge bedient! Sie sind ja doch sozusagen die Blüte des Leben». Wie sollten si« auch auf ihren schwachen Beinchen herum- stehen, bis sie an der Reihe sind!" „Schon gut. meinetwegen," stimmt« ihm ein« weichherzig« Frau zu, di« ganz hinten stand..„Hier könnte sich ja«in Erwachsener di« Bein« in den Leib stehen, geschweige denn so«in Knirps..." „Was willst du denn. Kleiner?" „Ich bekomme ein halbes Kilo Teewurst, vierhundert Gramm Käse, zwei Heringe und«in Kllo Sulzfleisch." „Also Teewurst, Käs«, Heringe. Sulzsleisch... Macht zu- sammen einen Rubel fünfundzwanzig. Geh an die Kasse und zahle dort... Ja, ja... So«in kleiner Floh, sozusagen, und doch auch ein freier Staatsbürger!" „Das kann man schon sagen!" stimmte ihm die weichherzig« Frau zu. die ganz hinten stand„Gewiß, gewiß!" „In früheren Zeiten," fuhr der Verkäufer fort, während er di« Wurst sorgfältig abschnitt,„behandelte man bei uns die Kinder nicht mll soviel 2lchtung Heutzutage aber könnten sie selbst einen Säugling zu un« in den Sowjet-Konsumladen schicken, und wtt würden ihn beim Abwiegen nicht benachtelligen. Sie sehen ja, was selbst dieser Junge hier für eine Zuwage bekommt." Und in der Tat überwog die Wagschale mll der Wurst bei weitem die Schale mll den Gewichten. „Ein braver Mann!" sagte einer der wartenden Käufer.„Es kann nie schaden, wenn man sich etwas um di« Kinder bekümmert!" „Sie müssen wissen." ergoß sich der Verkäufer weiter, während er den Käse für den Jungen aussuchte,„ich bin selbst ein großer Kindernarr Ich bin sogar Abonnent des.Linderfreundes". Also Käs«... Ich muß ihm doch einen besieren Käse aussuchen. Wir sind ja kein Privatladen, wo man nur Ladenhüter und schlechtes Zeug erhall. Ja, natürlich, dort.. Wir aber haben hier einen Arbeiter-Kansumlohen
Und auch den Käs« wog er sehr reichlich ab. „Ich werde mich verjüngen lassen," bemerkte kokett eine Bürgerin mll geschminkten Lippen.„Ich möchte auch«in Kind sein. Sie geben chm ja so reichliche Zuwage!" „Das wäre ganz falsch gedacht. Bürgerin. Die Kindhell dauert nur fünf bis sechs Jahre, dann werden alle zu Erwachsenen. Jeder Erwachsene aber ist. Sie müssen schon entschuldigen, ein Halunke. Jetzt muß ich für chn noch die Heringe aussuchen..."- Und er begann die Heringe zu beschnuppern, um die besten heraus- zufinden. „So ein netter Mensch!" bemerkte eine der Käuferllmen.„Ich müßte meinen kleinen Petja auch mdl herschicken." „Ja. bei uns geht es nicht so zu wie anderswo!" brüstete sich der Verkäufer.„Sehen Sie, muh das Sulzfleisch, da» ich für chn abgewogen habe, ist erstklassig!" Der Verkäufer verpackt« all« Einkäufe, überreichte sie dem Jungen, strich chm mll der Hand über das Haar und sagte: „So. nun kannst du gehn! Ein tüchtiger Bursche! Und was er für eine Stupsnase hat!" Der klein« Junge ging zur Tür, kehrte aber, da er noch etwas vergessen hatte, nochmals zu dem Verkäufer zurück: „Und bann, Vater, läßt Mutter dir sagen, du sollst nach der Arbeit nicht in die Bierhalle gehen, si« will noch dein« Leibwäsche waschen..." „Geh doch, geh!" winkte der Verkäufer hastig mll beiden Händen ob.„Störe mich nicht bei der Arbell! Wer ist der nächste, bitte?" Die Wartenden stutzten, einig« kicherten, ander« warfen dem ..Kinderfreund" giftig« Blicke zu. wie alt ist der Schlittschuh? Der Schlittschuhsport ist ein« der ältesten Sportarten, die wir kennen. Im Märkischen Museum zu Berlin befinden sich Knochenschllltschuhe aus uralter Zell , die man «inst bei Spandau gefunden hat. Di« Gelehrten behaupten, daß dies« Schlittschuh « über 3000 Jahr« all seien, sie sollen öen Pfahl- lauern gedient haben, um im Winter die vom Wasser überflutete» und vom Eis bedeckten Gebiete überaueren zu können. Aehnlichc Schlittschuh« aus den Knochen von Pferden und Hirschen hat man auch in Norwegen und Eng'and tief in alten Mooren oersteckt ge- funven. Es find etwa 3 Zentimeter breite und 28 Zentimeter lanae Knochen, di« unten und an den Sellen ongesckliffen wäre« und mll Ledernemen am Fuß befestigt wurden. Mll dies-n primitiven Schlittschuhen ist man in der Urzell mll großer Geschwindigkett über dos Eis geglitten. Mtt oiejen Funden reißt aber auch die alleste Geschickte d>s«cklittschuhs zunackst ab. Zwar findet man in den fkandinavlscken Saoen den Schlittschuh immer wieder er- mahnt, aber genaue historische Kunde gibt e-z in Deutschland eigent» lich«rlt seit Klopktock in seinen Oden„De? Eislauf" und„Die Kunst Tiolf-." di« Freuden des Schlittschuhloufs besungen Hot.