Weihnachtsfeier hinter Gittern Fem von den Nächsten In der Fürsorgeanstalt
Weihnachten feiern auch die Menschen hinter den Sittern. Auch die Iungens in den fZrziehunAsanstalten, die sie vor den Sittern bewahren sollen. Von Menschen, die noch Sinn und Verständnis für die Seelennöte ihrer Mitmenschen hinter Gittern haben, ist trotz der Not der Zeit doch s»o viel gespendet worden, daß für einen jeden eine kleine Gabe aus dem Tisch liegt. Für die Jungen und die Mädchen in den Erziehungsanstalten hat die Stadt Berlin trotz der leeren Kassen noch so viel herausgeholt, daß es auch für sie eine kleine Freude gab. In den Fürsot geanstalten. In Struweshof fand die g eter bereits am Sonntag statt. Da waren noch alle 230 Jungen beisammen. 100 von diesen 230 haben jetzt ihren Weihnachtsurla'ub und feiern zum zweiten Male im Kreise chrer Angehörigen. Vn der Kirche herrschte feier» liche und fröhliche Stimmung, die Orgel spielte, die Jungen trugen Gedichte vor. führten Melodramen auf. Pfarrer Rapsch aus Eütergotz sprach über die gegenseitige chilse in der Ge- m e i n s ch a f t: man sang ein gemeinsames Lied und setzte dann die Feiern in den festlich geschmückten Räumen der einzelnen Fa- Milien fort. Hier fand auch die Bescherung der Jungen statt. Di« 200 Jungen der Erziehungsanstalt Lindenhof ver- sammelten sich bereits am Mittwoch zur gsmeinsamen Feier: Ge- meinschaftlicher Gesang, Gesang des Anstaltschors, eine Gedicht- rezitation durch einen Jungen und dann erneut Chorgesang und ein feines Quintett. Direktor Krebs machte zum Leitgedanken seiner Ansprache ein Gedicht von Otto Ernst :.. wär't ihr be- glückt, wenn man euch Arbeit fchenkte?" Und doch: Schwand auch die letzte Rinde Brot aus eurem Schrank, hockt ihr am kalten Herd, mit dünnen Lumpen eure Blöße deckend, so sollt ihr doch das Fest der Hoffnung feiern.. Dann erhielten 121 Jungen ihre Pakete und konnten auf vier Tage auf Urlaub gehen. Am Donners- tag um sechs Uhr fanden für die Zurückgebliebenen die Feiern in den Iungensfamilien statt. Natürlich gab's auch hier Pakete. An beiden Anstoltsfeiern nahm Stadtrat W u tz k y teil. Hinter Gittern. In, Tagesraum des Jugendheims beim Polizeipräsidium saßen an festlich geschmückten Tischen 31 Jungen beisammen, die Aben- teurerlust, Not und jugendlicher Leichtsinn kurz vor Weihnachten aus der Heimat getrieben. Die schlichte Weihnachtsfeier sollte sie über die Sehnsucht nach Hause hinweghelfen. Ein junger Geiger spielte einige hübsche Sachen vor. die Jungen selbst sprachen Gedichte. Der Leiter des Jugendheims. Rasch, knüpfte in seiner Ansprache an das Lied„Süßer die Glocken nie klingen als zu der Weihnachts - zeit", leitete zu dem allen Jungen bekannten Volkslied„Don der Ferne hör' ich heimatliche Glocken klingen" und führt« den Gedanken aus: Dort, wo Menschen liebevoll sich ihrer Mitmenschen annehmen, dort ist die Heimat im Herzen zu finden. Bis 10 Uhr tat man sich gut an Kaffee, Kuchen und bunten Tellern. '.i Im. Frauengefängni». versammelten sich die Mädchen und Frauen um 3 Uhr zur Weihnachtsfeier. Da» Doppelquartett dsq, Arbeitersängervereins„M orgengrauen" fang di«>„Hymne an die Nacht",..Weihnachtsglocken" und„Die Nacht" von Schubert. Die Gefangenen rezitierten Gedichte, die Leiterin des Frouengefängnisses. Frau Hel fers, sprach über das Weihnachtsfest als da» Fest der Liebe, der Versöhnung, des Friedens. Den Ab- fchluß bildete«in gemeinsames Lied. Es folgt» die Bescherung in den festlich geschmückten Einzel- und Gemeinschaftszellen. Ministerial- rat Dr. Gentz wohnte der Feier bei. Im Zellengefängnis Lehrter Straße fand die Feier im Zellengebäude selbst statt. In dem hohen Raum, von dem die Galerien zu den einzelnen Korridoren strahlenförmig ausein»
Sie durchschritten das Gesellschafts- und Musikzimmer, die Bibliothek und die kleinen Einzelzimmer der Arbeiter- studenten. Alles war geschmackvoll, aber sehr einfach ein» gerichtet.„Sehen Sie. das ist eben der Unterschied zwischen da drüben und uns, zwischen der Crosby Hall und dem Nusrin College. Sie gehen aus der Sonnenseite des Lebens, sind immer dort gegangen. So ist das Schöne, das Festliche, Aesthetik, Kunst der Architektur und der Wohnungseinrich- tung, Musik zu einem Teil Ihres Wesens geworden, und das brauchen Sie auch alles in Ihrer Umgebung. Hier aber finden Sie mir wenig, vielleicht überhaupt nichts davon. Hier herrscht nur schlichte Zweckmäßigkeit." „Ja. Herr Reiner", erwiderte Germaine, hier gibt es keinen Luxus! Nennen Sie ruhig dieses Wort, obwohl es doch nicht ganz zutrifft, denn eine Sonate von Beethoven werden auch Sie nicht unter die Rubrik„Luxusartikel" ein- ordnen, nicht wahr! Sic sind ja selbst musikalisch und Sie lieben die griechische Kunst, Sie bewundern den Parthenon — sehen Sie, auch Sie haben teil an dieser anderen Welt, die über das nur Zweckmäßige hinausragt. Aber Sie sind viel weiter als ich, denn Sie umspannen als Hauptteil Ihres Wesens eine andere, unermeßliche Welt, die ich nur ahnen kann. Auf diesen Gebieten hoffe ich noch viel von Ihnen zu lernen." Sie verließen das Ruskin College und wanderten lang- fam die breite Straße entlang. Ein schattiger Park hatte seine hohen Eisentore weit geöffnet. Hinter den breiten Stämmen der alten Bäume strömte halb versteckt die Themse . Lebhaft ging Germaine«ms eines der hübschen, bequem gebauten Boote zu. „Diese Punts haben es mir angetan.!" sagte sie.„Ich finde sie viel schöner als unsere steifen Ruderboote." Leise glitten sie unter niederhängenden Zweigen und Aesten hindurch. Leuchtend grüne Rasenflächen. Blumen- beete, kiesbcstreute Wege, Sport- und Spielplätze zogen am User vorüber." „Hallo! Hallo!" Reiner winkte einigen jungen Leuten zu, die Fußball spielten.
andergehen, erglänzte der Weihnachtsbaum in vielen Lichtern, llm ihn herum, die Galerien entlang, die einzelnen Gefangenengruppen: die Jugendlichen, die Kurzfristigen, die aus der Nervenabteilung ufw. Vor ihnen die Tische mit den Gaben. Der Dläferchor der Kirchengemetnde Lichtenberg, der Anstaltschor und die Kammer- fängerin Frieda Langendorff erfreuten die Gefangenen mit ihren Vorträgen. Die Festrede des Strafanstaltspfarrers klang in einem Appell an das Gute im Menschen aus, und der Strafanstalts- direktor spendete Dank all denen, die durch ihre Gaben etwa» zur Freud« der Gefangenen beigetragen hotten. Auch der Präsident de» Brandenburger Strafvollzugs, Wutzdorf, war anwesend.
Feler im Kinderhort der Arbeiierwohlfahrt. Wer die schönen renovierten Räume des Kinderhorts der Ber - liner Arbeiterwohlfahrt in der vanzcger Straße betrat, spürte etwas von der Freude, die all« erfüllte. Gemeinsam hallen Eltern, Kinder und Hortleitung an der Ausgeftalning dieser Sonnen- wendfeter mitgewirkt. Bei der Zusammenstellung des Programms hatte man nach neuen künftterifchen Möglichkeiten gesucht. Beim Kerzenschein las einer der Hortjungen einen Gefängnisbries Rosa Luxemburgs vor. Gemeinschastsgesänge der 50 Hortkinder wechsellen mit Borlesungen aus dem.Linderland 1932", das alle nachher ge- schenkt erhielten, ab. Die Eltern, die sehr zahlreich erschienen waren, kamen aus dem Staunen gar nicht heraus. Ihre Freude nahm noch zu, als sie die sauber gebastelten Geschenke ihrer Kinder erhielten: aber auch an jedes einzelne Kind hatte man gedacht. Mit großer Freude wurden die Gemeinschaftsgefchenke begrüßt, voran eine richtige Wippe! Sie wurde mit Feuerwerk eingeweiht, und fand ihren Platz im Hof neben der Rutschbahn. Schaukel und Hand- ball konnten leider nicht so schnell eingeweiht werden. Der Gong hingegen wurde sofort seiner Bestimmung übergeben. Dies alles trug aber nicht den Charakter einer Bescherung eines Wohltätig- keltsoereins, sondern ohne jegliche Ambitionen gab die Arbeiter- Wohlfahrt auch in diesem Notjahr, soviel als sie nur konnte, an den Hort, in dem sozialistische Erziehungsarbeit mit den beftmög. lichen Mitteln geleistet werden soll. Sa baute man den Kindern keinen Gabentisch auf, sondern gab ihnen einfach die Kleidungs- stücke, derer sie am meisten bedurften, mit schlichter Selbstverständ- llchkeit beim Fortgehen unter dem Arm. Man hatte an alles ge- dacht, auch an die anschließende Ferienzeit, wo die Eltern, die Kinder allein verpflegen müssen, sie erhielten für diese Zeil Proviant zum Mitnehmen. Den Abschluß der Feier bildete das .Lameradschaftslied" aus dem„Bimmeljungen". Lang« hallte noch der Ruf„Freundschaft, Freundschaft" durch die Räum« des Hortes.
Hundert Gläiteunfälle! Mehr Rücksichtnahme auf das Wohl der Mitmenschen! Der gestern abend plötzlich einsetzende Regen oerwandelte Bürgersteige und Fcchrdämme in gefährliche„Eisbahnen", auf denen sich wahre Massen stürze ereigneten. Bis um 20 Uhr wurden etwa 100 Unglücksfälle bekannt, die durch das Glatteis ver- ursacht worden waren. Zahlreiche Passanten zogen sich schwere Knochenbrüche zu. Vom Städtischen Rettungsamt mußten ollein zwölf Verunglückte in die Krankenhäuser übergeführt werden. Es wird nichts übrig bleiben, als daß Polizei und Schnellgericht« mit aller Rücksichtslosigkeit gegen Hausbesitzer und deren Verwalter vorgehen, die die einfachst« Rücksichttiahme auf Leben und Gesund- heit ihrer Mitbürger vermissen lassen und nicht rechtzeitig und genügend streuen. Mit den fast immer mageren Entschädigungen einer Haftpflichtversicherung wird ein schwerer Leibesschaden nicht repariert.
„Das find englische Genossen", sagte er.„Arbeiter- studenten. Sie brauchen diese Entspannung, denn meist sind sie durch die Fabrikarbeit und den harten Lebenskampf ge- gangen, bevor sie hier studieren konnten. Ich wünschte, wir hätten in Deutschland diesen Studententyp an Stelle der- jenigen, für die der Alkoholkonsum immer noch den Haupt- inhalt des Studentenlebens ausmacht." Germaine zog das kleine Paddel ein und lehnte sich zurück. „Das ist eine Ohrfeige für die Bourgeois", sagte sie lächelnd. Aber heute gibt es doch auch an den Universitäten eine neue Jugend— ich muß sagen, ich habe sehr wenige von der alten Sorte kennen gelernt. Allerdings steht diese Jugend vielfach der sozialistischen Sbeenwelt skeptisch gegenüber.— Aber diese jungen Menschen sind doch noch nicht am Ziel. Sie suchen nur verzweifelt nach einem Weg.— Die Bourgeois, wenigstens was ich darunter verstehe— ach, lieber Herr Reiner, die finden Sie heute im allgemeinen nicht in den Hörsälen, sondern ganz wo anders. Das sind die Leute, für die der Krieg ein glänzendes Geschäft war, für die das ganze Leben nur ein Geschäft ist. Aber diese Art Menschen stammt nicht nur aus dem Bürgertum. Ihr Glaubensbekenntnis besteht darin, daß nicht nur vor Gott , sondern auch vor dem Geschäft all� gleich sind, ob sie rechts oder links stehen."--- Sie ivaren an einer kleinen Biegung der Themse an- gekommen. Eine alte Weide lag quer über dys Wasser, an den Ufern standen breitästige Bäume, und dahinter dehnte sich grrünes Land. Reiner legte das Boot an der Weide fest. Dann lehnte er sich weit zurück und sah in den blauen Himmel.„Was ist das schön, daß ich hier mit Ihnen auf dem Wasser gleiten kann!" Aber Germaine wiegte zweifelnd den Kopf.„Die beiden Welten prallen aber manchmal etwas aufeinander", ant- wartete sie lächelnd. „Ja", sagte er,„aber es schwingt keine persönliche Ge- hässigkeit mit. sondern nur starkes fachliches Interesie. Und jeder von uns beiden läßt auch den anderen zu Wort kommen." Germaine tauchte ihre beiden Hände in das Wasier. „Für mich bedeutet es sehr viel, daß ich mir alles so von Herzen herunterreden kann", sagte sie dann.„mehr, als es vielleicht äußerlich den Anschein hat. Es ist schade, daß Sie nicht in unserer Nähe wohn-n— aber so liegen Hunderte von Kilometern zwischen uns." „Kann ich Sie nicht noch einmal sehen, solange Sie noch
Vriesmarkenschwindler endlich gefaßi. Händler durch plumpen Trick um Hunderttausende betrogen. Seil mehr als zwei Jahren treibt in Berlin ein lniernationaier Briefmarkenfchwlndler sein Unwesen. Nach langwieriger Verfolgung konnte der Betrüger jetzt als ein 28 Jahre alter Kaufmann Theodor Weber ermittelt und am Rollen dorsplah ln Berlin oerhaftet werden. Wobcr hat Berkmer Markenhändler um Beträge von je- weils 30 000 bis 50 00V Mark geschädigt. Der Schwindler hiell sich zunächst in feudalen Pensionen auf und nannte sich dort zum Beispiet„Friedrich Windisch, Gerichtsasiessor", oder auch „Georg Abel, Amtsgerichtsrat aus Halle " und oerübte unter diesen Namen die größten Betrügereien, indem er sich von Brief- markenhändlern ganze Kollektionen schicken ließ, und zwar nach Halle und von dort zurück nach Schöncberg. Da er immer seine Adresse postlagernd angab, und auch falsche, jedoch hochklingende Namen als Referenzen angab, war es ihm ein leichtes, dadurch über sich selbst die beste Auskunst zu erteilen. Die Händler pflegten natürlich, bevor sie ihre Kollektionen abschickten, Auskünste über den Empfänger einzuholen. Diese waren großariig. Im Mai d. I. hatte er so eine Kollektion im Wert« von mehr als 30 000 M. zu erwarten. Er schickte jetzt seine Braut zum Postamt. Da man aber schon lange hinter ihm her war und auch von der Existenz des Mädchens wußte, wurde es bei der Abholung'fest- genommen. Dos Mädchen wollte jedoch von nichts wissen. Weber flüchtete zuerst nach Paris , von dort nach Athen und schließlich wieder zurück nach Berlin . Hiert rat er als Rechtsanwalt Dr. Simon auf und wohnte in der Nollendorfstraße. Als er sich wieder neue Sendungen kommen lasien wollte, wurde er nach Beobachtung ver- lüftet. Auf dem Postamt lag eine Sendung im Werte von 90 000 Mark zur Abholung für ihn bereit... Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, daß bei derartigen Riesenbeträgen die Händler ziemlich sorglos ihr kostbares Eigentum aus der Hand gegeben haben und in die Falle getappt sind.
Drei tödliche Ltnfälle am Heiligabend. Kohlensäureexptosion in Moabit . Im Betrieb der Kohlensäurewerke Rommhöller in der Q u i tz o w st r a ß« 5 0 in Moabit ereignete sich gestern ein folgenschweres Explosionsunglück. Ein Kohlensäurebehätter explo- dierte plötzlich aus noch ungeklärter Ursache. Durch den starken Luftdruck wurde der 38 Jahre alle Dreher Heinrich Held aus der Ouigowstraße 2 so heftig gegen eine Mauer geschleudert, daß er mit einem doppelten Schädelbruch bewußtlos liegen blieb. H. wurde ins Moabiter Krankenhaus gebracht, wo er wenige Stunden nach seiner Einlieserung starb. Ein zweites Todesopfer forderte der Bahnbetrieb. Zwischen den Stationen Stettiner Bahnhof und Gesund- b r u n n e n war der-tOjährige Bahnarbeiter Richard N o z k e aus der Schönwalder Straße 21 mit dem Schmieren der Weichen be- fchäftigt. Unter der„Wiesenbrücke" wurde Noskc von dem Strom- leiter eines vorüberfahrenden Vorortzuges erfaßt und auf der Stelle getötet. Die Leiche ist von der Staatsanwaltschaft beschlagnahmt worden. Schließlich wurde noch vor dem Hause Boxhagener Straße 123 der 12 Jahre alte Schüler Gerhard I s e n d a h l aus der Memeler Straße 1 von einem Lastauto überfahren und lebene-. gefährlich verletzt. Der Junge wurde ins Lichtenberger Krankenhaus gebracht, wo bei seiner Einlieserung nur noch der Tod festgestellt werden konnte.
Ole Ladenkasse geplündert. In der Charlottenburger Straße in Weißenseo drangen gestern abend fünf sunge Burschen in die B u t t er f i l i a I c der Firma„Hansa" ein und zwangen das Verkaufspersonal mit vorgehaltenen Pistolen zur Herausgab« der Ladentasse. Die Täter erbeuteten etwa 300 M. Auf Fahrrädern gelang es den Räubern. Im nahegelegenen Laubengelände zu entkommen.
hier find", fragte er.„Ich fahre morgen früh nach Dir- mingham und Manchester , dann nach Leeds . aber in zehn Tagen bin ich wieder in London ." „Dann sehen wir uns heute zum letztenmal, Herr Reiner", sagte sie leise. Am 21. fahre ich nach Hause— das ist wohl gerade der Tag, an dem Sie hierher zurückfahren." Er wandte sich ab und verbarg sein Gesicht in den Zweigen, die dicht über seinem Kopf hingen. Dann löste er das Boot. „Wir wollen noch ein wenig weiterfahren, wenn es Ihnen recht ist. Und niit meiner Rückfahrt— ich muß sehen, wie ich das ändern kann. Am 20. ist abends eine Ver- sammlung, in der ich sprechen muß. Aber ich werde den Nachtzug nehmen, dann komme ich noch zurecht. Ich möchte Sie doch noch einmal sehen, Fräulein Loriot! Ach, wissen Sie, das ist ja die schönste Zeit meines Lebens, die ich jetzt hier mit Ihnen verbringe! So ganz losgelöst zu sein von allem, von Arbeit und Kampf und Sorge— dazu bin ich eigentlich niemals in meinem Leben gekommen. Aber jetzt, heute, in diesem Augenblick— da ist es so.. Germaine antwortete nicht. Sie sah hinüber zu den blühenden Wiesen, den weiten, grünen Rasenflächen.„Ich würde auch noch einige Tage länger bleiben", sagte sie dann,„ich möchte jedoch zum Geburtstag meines Bruders zu Hause sein. Aber ich danke Ihnen, daß Sie die Nacht durchfahren wollen— ich werde dann auch erst den Mittags- zug nehmen und-nachts über den Kanal fahren..., denn auch ich möchte Sie noch einmal sehen..." 33. Die Familie des Universitätsprofessors Mactavish faß um den runden Mahagonitisch des Eßzimmers, in dessen polierter Platte sich der silberne Brotkorb und die Platten, in denen der Lunch gereicht wurde, spiegelten. Im Weltkrieg hatte man aus Sparsamkeit kein Tisch- tuch mehr aufgelegt. Dann aber befreundete man sich in den meisten englischen Familien immer mehr mit der neuen Sitte, die das alte Silber und das moderne Kristall durch die Spiegelung in dem dunkelgetönten Holz zu neuartiger Geltung kommen ließ und stets wechselnde, eigenartig schöne Wirkungen hervorzauberte. Unter jeder Platte, jedem Teller lag eine kleine Matte oder ein feine, zierliche Handarbeft. und das nahm wiederum jeden Hauch von Käste, der von dieser Zusammenstellung von poliertem Holz, von Silber und Kristall ausgehen konnte, und brestete einen warmen Schimmer von Gemütlichkeit über die. Mahlzeit. (Fortsetzung folgt.)