wohl als auch der übrigen �Vorwärts'-Redakteure festzustellen. Schon unter dem 19. Juli d. I. richtete er an den Vertreter der Kläger die Aufforderung, ihm binnen zwei Wochen mit- zuteilen,„ob die Privatkläger jüdischen Glaubens oder jüdischer Abstammung sind und ob sich unter den übrigen Redakteuren des„Vorwärts" solche befinden, die jüdischen Glaubens bzw. lüdischer Abstammung sind". Da ihm auf diese überflüssige Frage keine oder doch nicht die gewünschte Auskunft er- teilt wurde, wiederholte er sein Verlangen unter dem 8. Au- gust 1931 mit folgendem Schreiben: Es muß Ihnen überlassen bleiben, die Anfrage des Gerichts vom 19. Juli jchon vor dem Hauptoerhandlungstermin zu beant- warten. Andersfalls muß Ihnen die Frage in der Hauptver- Handlung vorgelegt werden. Es kann bei dem Inhalt der angeb- lichsn beleidigenden Aeußerung für die Straf - aber auch für die Schuldfrage von Bedeutung sein, ob die betreffenden R«- dakteure Juden sind. Ein Blick in die Reichsverfassung hätte Herrn Suntel davon überzeugen können, daß seine Frage durchaus unberechtigt sei. Denn dort ist im Artikel 136 ausdrücklich gesagt: Zliemand ist verpslichtel. seine religiöse lleberzeugung zu ossenbaren. Die Behörden haben nur so weit da. Recht, nach der Zugehörigkeit zu einer Religionsgesellschast zu fragen, als davon Rechle und Pflichten abhängen oder eine gesetzlich angeordnete statlstische Erhebung dies erfordert. Die überflüssige Frage nach der Abstammung der„Vorwärts"- Leute war also offen ungesetzlich, sie gab Herrn Sunkel oder den willkommenen Vor wand für den oben zitierten Satz von der Tätigkeit der Juden innerhalb der Sozialdemokratie! Das freisprechende Urteil Sunkels im Falle des Nazibauern von Asmushausen unterliegt einstwellen der Nochprüfung durch die zweite Instanz. Wir unterbreiten aber die Absonderlichkeiten aus der Vorgeschichte des Urteils der Oeffsntlichkeit und damii auch den Justizbehörden. An sie richten wir die Frage, welche Mahnohmen gegen einen„unabsetzbaren" Richter getroffen werden, der durch solche Fragen und durch solche Urteilsgvünd« so offen» kundig gegen die Grundsätze der Reichsverfafsung und damit gegen das geltende Recht verstößt. ll>sn? Klühs.
Republik — die Erlöserin! Gestandnisse am Weihnachtsmorgen. In einem Berliner Blatt finden wir unter vielen anderen schmalzigen Weihnachtsbetrachtungen auch eine, die den schönen Titel trägt:„Deutsche Prinzen in neuen Berufen~ Parole: Es wird gearbeitet!" Darin wird getreulich aufgezählt, welcher Art von'neuen Beschäftigungen sich die Sprossen ehemals regiere über Fürstenhäuser im republikanischen Deutsch- land— und nicht nur in der deutschen Heimat— hingeben. Pom Autotechniker bei Ford bis zum Baiiteleoen bei Thyssen, vom Studenten der Forstwissenschaften bis zum katholischen Geistlichen -- die„Königlichen" und„Kaiserlichen" Hoheiten haben sich nach dieser Darstellung ganz nett der neuen Orümmg angepaßt. Sowe't sie arbeiten, wird niemand ihnen etwas in den Weg legen wollen. Die Republik gab ihnen, was die Monarchie ihnen verwehrte: Die Freiheit der Berufswahl, die Freiheit auch der persönlichen Lieb- haberei. Deshalb ist es ganz richtig, wenn in dem zitierten Weih- nachtsausfatz die frohe Schlußsolgerung gezogen wird: Auch h'er Rachwuchs, der aus starrer Tradition neue Wegs sucht und froh dem heute lebt, da, auch„Hoheiten" nur nach ihrem Können wertet... Das ist ein offenes Anerkenntnis, daß die Republik sich für die jüngere., Prinzen". Garniwr als die C rl ö s er i n darstellt, die sie befreit« au, der Eng« dynastischer Hausgesetz« und traditioneller Gebundenheit. Besonders eindrucksvoll ist das Bekenntnis, weil es in dem— deutschnationalen„Lokal-Anzeiger" des Herrn Hugenberg steht, der gleiche Hugenberg , der in seiner poliii- jchen Propaganda sonst die Wiederherstellung der Hohen- zollermonarchie fordert! In der sentimentalen Weihnächte- stimmung aber können auch in dem sonst so monarchistischen Klein- bürgerpapier ganz revolutionäre Geständnisse gedruckt werden.
Für Kleinbauern und Pächter. Herabsetzung 0er Beiträge zur landwirtschastlichen Berufe!- genossenschast erreicht. In zahlreichen landwirtschastlichen Berufsgenossenschasten be- steht insofern eine ungerechte Staffelung der Beiträge, als die kleinen Landwirte und Pächter prozentual weit stärker belastet werden als die Besitzer von Großbetrieben In besonders starkem Maße war das bisher in der Landwirtschaftlichen Berussgenossenschaft für die Provinz Sachsen der Fall. Dort hatte nach den Angaben der„Volks- stimme", Magdeburg (Nr. 226), ein Besitzer von M bis 8 Morgen Land(8,00 M), von 8 bis 16 Morgen Land 10,— M. und darüber hinaus 12,— M. an Beiträgen zu entrichten Der Beitrag der Be- sitzer von% Morgen Land mar höher al» die von ihnen zu zahlend«
Pari». 26. Dezember. Die französisch« Presse erklärt übereinstimmend, daß die bevor- stehende Regierungskonferenz am 18. Januar im h a a g eröffnet werden wird Die französische Regierung betone, daß man sich mit der englischen Regierung auf diesen Zeitpunkt und diesen Ver- Handlungsort geeinigt habe. Den übrigen Interessierten Re- gierungen sei ein entsprechender Vorschlag unterbreitet worden. Washington . 26. Dezember. Washingtoner diplomatische Kreise lehnen es ebenso wie Stimson ab, sich über die bevorstehend« Haager Regierungskonferenz zu äußern. Stimson hatte mit dem britischen Botschafter ein« Be- sprechung. über die aber von beiden Seiten jede Mitteilung abgelehnt wurde. Die Entscheidung darüber, ob Amerika an der Haager Konferenz teilnehmen wird, liegt beim Präsidenten, dessen Haltung zurzeit noch ungewiß ist. Paris über den Baseler Bericht. Ruhige Stellungnahme. Paris , 26. Dezember. Die Presse bespricht den Baseler Bericht und die Aus- führungen de Reichskanzlers dazu. Der„T e m p s" vertritt den Standpunkt, daß der Sachverständigenausschuß allerdings die Ansicht zum Ausdruck bringe, daß die Regierungen unverzüglich auf Grund der wirtschaftlichen Realitäten die Probleme prüfen müßten, die die zeitweilige Zahlungsunfähigkeit Deutschlands aufrollt, daß dos aber nicht bedeute, daß notwendigerweise Lösungen außerhalb des Aoung-Planes gesucht werden müßten. Die gegenwärtige Krise sei nur vorübergehend: das hebe der Sachver- ständigenbericht. ziemlich klar hervor. Wenn der Sachverständigen- bericht auch nicht ausdrücklich die ernsten, von Deutschland begangenen Fehler verzeichne, so sei es deshalb doch nicht weniger wahr, daß die Berantworllichkeit der Regierenden in Deutschland mit aller Deutlichkeit aus gewissen Ziffern herauszulesen sei.„Journal des D ö b a t s" ist besonders unzufrieden mit dem Verhalten der Amerikaner. Es vertritt den Standpunkt, daß die amerikanische Po- litik und die Schwäche der europäischen Exalliierten gegenüber Deutschland eine absurde und gefährliche Lage geschaffen hätten. Wenn die Engländer nur ein klein wenig klaren Blick
hätten, würden sie chren Irrtum einsehen und sich von nun ab mit Frankreich oereinigen. Journal erklärt, der Baseler Bericht gehe zwar nicht soweit, anzuerkennen, daß die Reparationen d i e Wurzel des ganzen Uebels seien, aber er gebe doch zu. daß die Krise alle Boraussagen der Autoren des Poung-Planes übertreffe. Das führe zu einem unbestimmten und unbegrenzten Zahlungsaufschub, und diese Tatsache mißfalle den Deutschen gewiß nicht. O u o t t d i e n schreibt, wenn jeder glaube, bei dem Bericht der Sachverständigen auf seine Rechnung zu kommen, so bedeute das, daß der Bericht nichts regele und wenig präzisiere. Vonlonte erklärt, wenn die französische Regierung den Dingen mutig ins Angesicht sehe, habe die zweijährig« Frist keinen Sinn mehr. Man müsse unverzüglich eine neue umfassende Rege- lung ins Auge fassen. Nach dem Baseler Bericht sei die Politik der Berufung auf„hellige Texte" eine Vogelstraußpolitik und die Politik des Stillschweigens aus der Mode gekommen. Der sozialistische P o p u l a i r e schreibt: Entsprechend den Geflogenheiten inter - nationaler Verhandlungen hätten die widerspruchsvollen Thesen, die während der Beratungen zum Ausdruck gekommen seien, schließlich zu einem einmütig angenommenen Text geführt, der die formelle Feststellung enthalte, daß Deutschland nicht in der Lage sei, seine Verpflichtungen durchzuführen. Die fvanzösiche Regierung habe geglaubt, ein Meisterstück dadurch zu vollbringen, daß sie für die Trennung des Problems der privaten Kredite und des Problems der Durchführung des Poung-Plans eintrat. In Wirklichkeit habe sie dadurch die Reparationen im voraus preisgegeben. Borah für volle Gchulbensireichung. Washington , 26. Dezember. Senator Borah erklärte.zum Baseler Ergebnis, daß er keine wirtschaftliche Erholung Europas sehen könne, solange die Repa- rationcn nicht gänzlich gestrichen würden. Zwölf Jahre lang seien Konferenzen abgehalten und Aenderungen vorgenommen worden, ohne daß ein« Besserung eingetreten sei. Wenn Europa die Tribute nicht annullieren könne, sei es besser für die Bereinigten Staaten, Europa gänzlich allein zu lassen, um nicht selbst mit in den Bankrott hineingezogen zu werden. Di« französische Behaup- tung, daß die ungeschützten Zahlungen berechtigt seien, könne Deutschland durch die Erklärung zurückweisen, daß bereits rund 10 Dollar-Milliarden gezahlt worden seien.
Pachtsumme. Verantwortlich zu machen ist dafür der Landbund, der die Genossenschaftsversammlung beherrscht. Die Vertreter der Sozialdemokratischen Partei im Provinzial- ausschuß für die Provinz Sachsen , der den Genossenschastsvorstand der landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft der Provinz Sachsen darstellt, haben kürzlich gegen die erwähnte Preisregelung einen scharfen Vorstoß unternommen Er war nicht erfolglos. Es gelang, den Mindestbeitrag von 8,— M. aus 4,— M. für das Jahr 1932 herabzusetzen und Betriebe, die weniger als% Morgen groß sind, beitragsfrei zu lassen. Damit ist für jeden, der sehen will, erneut der Beweis erbracht, daß die Sozialdemokratische Partei von dem Schutz der kleinen Landwirt« und Pächter nicht nur redet, sondern sich auch bemüht, ihn Taffache werden zu lassen. Roihemden auf dem Kriegspfad. Velagentngszustond in l»«r Nordwestprovinz Indiens . London , 26. Dezember. Di« englische Regierung hat drei Notstandsversügungen er- lassen, die der Regierung in öer N o r d w e st p r o v i n z in Indien weitgehend« Vollmochten zur Aufrechterhallung der Ord- nung geben. Sie gestatten Massenverhaftungen, Jnhaft- nähme von verdächtigen Personen, Besitzergreifung von Gebäuden und Land, Herausgabe von Bestimmungen, die öen Zutritt zu bestimmten, besonders gefährdeten Gebieten verbieten und die Ein- setzung von Sondergerichten, die das Recht haben, gegen auf. rührerische Personen sofort die Todesstrafe zu verhängen. Der Handel mit Massen wird einer besonders scharfen Kontrolle unterworfen. Die Behörden sind berechtigt, gegen Personen, die Steuern verweigern, sofort«inzuschreiten. Sofort nach Herausgab« dieser Notstandsversügungen kam e, zu schweren ZusammenstöheN zwischen den Behörden und den Roten Hemden, die in größerer Anzahl in Peschawar er- schienen waren. Di« Polizei ging mit Stöcken gegen die Menge vor, während das Militär das Feuer eröffnete. Dabei wurden
acht Personen getötet und fünfzig verletzt. Der Chef der Polizei wurde verwundet. Auch in anderen Bezirken kam es zu Zusammenstößen mit der Polizei, wobei die Menge auf die Polizei mit Steinen warf. Die Behörden melden jedoch, daß sie die Lage völlig in der Hand haben. Der Führer der Roten Hemden, Abul Bhasur Khan, der auch der Gandhi der Nordwestgrenz« genannt wird, und sein Bruder sind von den englischen Behörden ver- haftet und aus der Nordwsstprovinz abgeführt worden. Außerdem wurden noch 17 Verhaftungen vorgenommen.
Der srerazösijche Senat Hit das Marinebauproaramm für das nächste Jahr ohne Debatte angenommen. Dank des Widerstandes der Sozialisten und des schlechten Eindrucks auf die Welt, enthält die französische Marinebauvorlage keinen Posten für dos im Sommer nach geplante Schlachffchfff. Sowjet- Schiffsbeffellung in Spanien ? Im Madrider Mmisteri- um für öffentliche Arbeiten wird eine sowjetrussische Bestellung auf SO große Handelsschiffe geprüft, die auf spanischen Werften in einem Zeitraum von drei Jahren gebaut werden sollen. Man ver- mutet, daß diese Bestellung mit sowjetrusflschen Petroleum-Lieferun- gen an Spanien verbunden werden wird. Eine Königskrone verschwindet. Bei dem Strafprozeß gegen den früheren Nazimmister granzen, der im Schwurger'.ctstssaal 664 des neuen M o a b i t e r Kriminalgerichts stottfanid, wurde es von den republikanischen Pressevertretern unliebsam empfunden, daß sich noch immer über dem R i ch t e r t i s ch in der Holz- vertäfelunz eine Nachbildung einer großen Köniaskrone befand. Wie der Kununergerichtspräsident T i g g e s der Republikanischen Beschwerdestelle Berlin mitteilt, ist dieses Zeichen nunmehr be- seitigt worden. Arbeitslosendemonstration in Paris . In der Nacht zum ersten rtog kam es in Paris zu Arbeitslosenkundgebungcn, die von !ommunlsten organisiert waren. Etwa ZOO Arbeitslose durchzogen in geschlossenem Zuge unter dem Ruf:„Brot oder Arbeit" die Straßen der Stadt. Ein starkes Polizeiaufgebot zerstreute schließlich die Menge. Dabei kam es zu einem Handgemenge. Drei Polizei- beamie wurden ernstlich verletzt, einer mußte ins Krankenhaus übergeführt werden. 40 Verhaftete wurden abgeführt.