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Ein Arbeiterbezirk beschert

Weihnachten im Herzen des proletarischen Berlin  

In dieser Zeit grenzenloser Rot war die Feier des Beihnachts­festes für Hunderttausende von Menschen von der Sorge getragen, doch wenigstens an den Feiertagen einmal nicht hungern und nicht frieren zu müssen. Und überall da, mo mit öffentlichen Mitteln und durch Spenden von privater Seite den Erwerbslosen  und ihren Kindern eine kleine Freude bereitet werden konnte, mußte sich Nächstenliebe auf die leberweisung von Lebensmitteln und wärmender Kleidung beschränken.

So schlicht und einfach sich fast überall die Feiern abspielten, so leuchteten doch Tausende von Kinderaugen, die unter brennendem Weihnachtsbaum im Wohlfahrtsamt, in Horten und Krippen oder im Rachitisheim die Baben in Empfang nahmen; und freudige Ge­fichter sah man auch bei der älteren Generation, den Wärmestuben besuchern, den Sozial- und Kleinrentnern und bei den 600 Hospi talitinnen des Friedrich- Wilhelms- Hospitals. Erschütternd und doch zugleich erhebend mar die im Bezirk Friedrichshain   veran ftaltete Blindenfeier. Nur wenige Bezirke in Berlin   betreuen unsere blinden Mitbürger durch besonders bestellte und in einer besonderen Kommission zusammengefaßte Pfleger. Im Bezirk Friedrichshain   besteht diese Kommission bereits 10 Jahre, und 10 Jahre führt die Geschäfte der Kommission ein Mann von höchster Aktivität, ein Borbild treuester Pflichterfüllung, der Be­zirksverordnete Reinde. 100 Blinde mit ihren Familien fanden sich im Saale des Frankfurter   Hofes zusammen, um bei einem ausgewählten Programm, bei Kaffee und Kuchen Stunden der Freude zu verleben. Auch hier erhielt jede Familie Lebensmittel und Sachen für den täglichen Bedarf.

Bon den Feiern, die nicht durch das Wohlfahrtsamt getragen waren, wollen wir besonders die 3. Boltsschule in der Petersburger Straße hervorheben. Die Kinder dieser Schule, die unter der Leitung des Rettors Genossen Gensch steht, sind nach schulärzt Jedes vierte Kind ist hier Baise oder Halbmaise und die übrigen lichen Berichten die gefundheitlich gefährdetsten im ganzen Bezirf. leiden in ihrer Mehrzahl unter der Arbeitslosigkeit ihrer Väter. Dant des Opfermutes des Lehrerfollegiums fonnte Stoff für 50 Kleider beschafft werden, die in Handfertigkeitsunterrichtsstunden schmud und modern geschneidert wurden. Aus privaten Stiftungen trafen 50 funtelnagelneue Mäntel ein, Unterwäsche, Strümpfe und auch Müzen. So konnten manche Kinder von Kopf bis Fuß neu eingekleidet werden. Rund 100 Kinder, jedes 4. Kind der Schule, hatte teil an dieser frohen und so notwendigen Bescherung. Aber auch die Firma Osram  , die feit Wochen in geradezu vor bildlicher Weise die Familienmittagsspeisung durchführt, hat es sich nicht nehmen lassen, ihren Mittagsgästen, alt und jung, eine be­sondere Festfreude zu bereiten. Doppelt reichlich fielen die Bor. tionen aus, eine Weihnachtsstolle gab's dazu und für die Kleinen Schokolade und ein Spiel.

In Tausenden von Familien ist so ein Schimmer der Beih nachtsfreude hineingetragen worden. Wo mit den bescheidenen Mitteln geholfen merden fonnte, ist geholfen morden. Das Bezirks­amt Friedrichshain   hat im Rahmen der heutigen Verhältnisse getan, was menschenmöglich war. Es war ein Wert proletarischer Soli­darität, getragen durch ein sozialistisches Bezirksamt, dessen Bürger meister, Genosse Mieliz, sich mit voller Tatkraft für die Hilfe­Ileistung eingesetzt hat.

Dampfer in schwerer Geenot. n Hautausſchlag, der aber zur Ausheilung fam. Eine ein

Hamburger Schiff unbemannt und treibend aufgefunden. Kopenhagen  , 28. Dezember.

Um neun Uhr vormittags sah man von Bord des dänischen Feuerschiffes in Droden ein Schiff mit roter Not­flagge freiben. Die beiden Söhne des Feuermeisters ruderten mit einem Boot fofort zu dem Schiff und stellten fest, daß es sich um die Motorgaleasse helga" aus Hamburg   mit Hofsladung handelt. Da niemand an Bord war, befürchtete man, daß die Besahung umgetommen fel. Ein schwedischer Schiffer berichtete, daß er ein Boot mit einigen Seeleuten mit Kurs auf die schwedische Küste südlich von Limhamm gefehen habe. Möglicherweise feien es die Leute der Helga". Bis zur Stunde hat man jedoch noch keine Gewißheit über das Schidial der Mann­fchaft bekommen fönnen.

Libau  , 28. Dezember.

Bei dem am ersten Weihnachtsfeiertag herrschenden Sturm find an der lettländischen Küste 3 mei Dampfer gestrandet. Der etwa 500 Labetonnen große Dampfer, Bartana" befand sich mit einer Kohlenladung aus Gdingen   nach Libau   unterwegs. Bei dem unsichtigen Better geriet das Schiff um 6 1hr morgens unmeit von Libau   in der Nähe des Strandes auf Grund. Gegen Mittag

gelang es fünf Mann der Besagung in einem Boot das Land zu erreichen. If meitere Mann wurden durch die Libauer Rettungsstation an Land gebracht.

Bei Windau ist der 3000 Tonnen große englische   Dampfer ,, ioonia" im Rebel auf ein Riff gelaufen. Das Schiff, das unter lettländischer Flagge fuhr, befand sich von England nach Riga   unterwegs. Die Besagung von 22 Mann fonnte sich in Schiffsbooten an Land retten; nur der Kapitän blieb auf dem Dampfer zurüd.

Der Fall des Kindes Griese. Gelbftimpfungsversuche des Professors Dence. £ übed, 28. Dezember.

Die Montagnerhandlung im 2übeder Calmette Prozeß begann nachmittags um 2 Uhr. Der Vorsitzende teilte mit, daß der bedauerliche Zwischenfall, der sich vor einigen Tagen zwischen Professor Much   und Professor Schürmann im Gerichtssaal ereignet hat, inzwischen in seinem Beisein in ehren voller Weise erledigt worden sei.

Das Gericht beschäftigt sich dann eingehend mit dem Fall des Kindes Griese. Das Kind ist im Dezember 1929, also

zwei Monate vor der offiziellen Einführung des Calmette­

Berfahrens, bereits gefüttert worden. Es stammt aus einer tuberkulösen Familie. Ende Januar 1930 zeigten sich Krant­heitserscheinungen. Die Aerzte führten diese Erscheinungen auf eine tongenitale, im Mutterleibe erworbene Tuberkulose zurüd. Pro­fessor Dende wurde Anfang März von zwei Aerzten eine eitrige Halsbrüse des Kindes gebracht, die er auf Meerschweinchen weiterimpfte und von der er eine Kultur anlegte. Die ausgedehnte Erörterung dieses Falles sollte Klarheit darüber bringen, ob man vielleicht schon bei diesem Rinde darauf schließen tonnte, daß der BCG., der also schon im Dezember verfüttert wurde, giftige Reime enthielt. Professor Dencke äußerte sich eingehend über die fongenitale im Mutterleibe erwor bene Tuberkulose und über die Forschungen und Bersuche, die er später mit BCG.- Kulturen und den Kulturen Griese unternommen hat und sprach sodann über den Versuch, den er an seinem eigenen Körper vornahm: Am 6. März 1931 impfte er fich 35 milligramm einer BCG  - Kultur unter bie Oberhaut feines Unterarmes. Er nahm dazu eine Kultur, die etwas giftiger erschien als die anderen. Es entwickelte sich eine Bustel, bie all­

Im großen

Verkaufstage

mählich ziemlich umfangreich wurde. Zwei Wochen später zeigte sich Eine ein 10- Pfennig- Stück große Fläche blieb übrig. Es handelte sich dabet um eine Wucherung, die er herausschneiden ließ und an Dr. von Prauß übersandte. Dieser untersuchte sie und stellte Stachelzellenfrebs feft, aber feine Tuberkulose. Er gab Dr. Dende den Rat, die ganze Sache herausschneiden zu lassen, was auch geschah. Die Wunde ist später ausgeheilt. Der Eiter auf dem Abzeß am Arm Professor Dendes wurde auf Meerschweinchen weitergeimpft. Auch diese zeigten keine Lubertulose herde. Am 27. April wurden von einer Kultur des Eiters drei Meer­Schweinchen geimpft. Eins davon erfranfte an Lungen und Drüsentuberkulose, das andere zeigte eine schwere Bauchfell- und Sodentuberkulose.

Das Gericht und die Nebentläger bemühten sich hierauf, zu klären, wie man überhaupt dazu tam, dem Kinde Griese die Drüse herauszunehmen und sie untersuchen zu lassen. Während Professor Dende hierzu angibt, daß die Untersuchung der Drüse früheren Bernehmungen Dr. Jannasch und Dr. Wiener, man habe nur aus wissenschaftlichen Gründen erfolgt sei, befundeten in ihren Die Drüsen herausgeschnitten, um Klarheit über die Diagnose zu gewinnen. Der Bertreter der Nebenfläger fragt, ob man nicht die Drüse herausgenommen habe, meil man 3meifel an der Un­schädlichkeit des BCG. hatte. Darauf antwortet Dr. Biener, man

habe die Drüse nur herausgenommen, um endlich zu einer flaren Diagnose zu tommen und festzustellen, ob es sich um Drüsentuberkulose handle. Die Zweifel seien durch die Ergebnisse der Drüsenuntersuchung behoben worden. Heute, Dienstag, wird die Berhandlung fortgesetzt.

Autokatastrophe.

Bier Tote bei einem Autounfall.- Bagen umgestürzt. Neumarkt  ( Niederschlesien  ), 28. Dezember.

Auf der Fahrt pon Beltau nach Nimta u verlor der Führer eines mit acht Bersonen besetzten Autos, dessen Insassen von einem Reiterfest in Beltau heimkehrten, die Gewalt über den Wagen. Das Auto fuhr eine 4 Meter hohe Böschung hinunter und stürzte um. Bier der Insassen wurden getötet und zwei verlegt. Bei den Ge­titeten handelt es sich um den Kaufmann Suchantle aus Nim­fau, der den Wagen steuerte, ferner den Straßenmeister Geide aus Nimfau, eine Frau Grosser aus Nimfau und eine Frau Weber aus Breslau  .

Ab nach Afrika  !

Auf dem Flugplay Tempelhof   startete am Montag im

Flugzeug D 2220 die wissenschaftlichen Zwecken dienende Expedition

des österreichischen Naturwissenschaftlers Dr. Simmer. Das Reise­ziel der von dem Monteur Spindler gesteuerten Maschine ift 3entralafrita. Dr. Simmer will hier vor allem umfang reiche Windmeffungen vornehmen. Die auf den Namen Austria  " getaufte Maschine gleicht einem fliegenden Laboratorium. Scheinche eines Bigamisten.

Der eigenartige Fall, daß einem Manne Betrug durch eine Chefchließung vorgeworfen wird, ereignete fich vor dem Amts­gericht Berlin- Mitte. Der ungarische Tischler Wilhelm hatte vor einiger Zeit in einem Café eine Landsmännin kennen­gelernt, mit der er zuerst nur in geschäftliche Beziehungen trat. Nach furzer Zeit der Bekanntschaft heirateten aber beide. nach jüdisch­religiösem Ritus. Aus einem Brief, der aus der Heimat anfam, erfah nun aber die Frau, daß ihr Mann bereits verheiratet war erstattete fie Anzeige gegen ihn wegen Doppelehe. Das Berfahren gegen Wilhelm wurde aber nur wagen Betruges eröffnet, da er mit seiner zweiten Frau nicht standesamtlich getraut worden war, sp

daß im zivilrechtlichen Sinne feine zweite he beftand. Der Amts­richter stellte nunmehr feft, daß der Angeklagte burch die religiöse Trauung einen Heiratsschwindel begangen hatte, und verurteilte ihn daher wegen Betruges zu sechs Monaten Gefängnis.

Schneesturm über Schweden  .

Stocholm, 28. Dezember.

Ein außerordentlich heftiger Schneesturm hat in der Nacht zum Montag in Schweden   gemütet und besonders an der Küste große Berheerungen angerichtet. Der Sturm erreichte stellenweife Der aus Deutschland   tommende Zug hatte mehrere Stunden Ver­eine Geschwindigkeit bis zu 25 Gefunden meter. spätung. Der auf der Fahrt von Hamburg   nach Leningrad   be­griffene Rigaer Dampfer Dagö  " tam bei Gotland   in eine kritische Lage, da die Ladung sich bei dem Sturm verschob. Der Dampfer tonnte aber einen Rothafen erreichen. In Stockholm  find wieder sehr große Schneemengen gefallen und haben mehreren Tausenden von Arbeitslosen Arbeit verschafft. Filialdirektor iot aufgefunden.

Landschaft in Gerdauen  , Müller, dessen Namen vor etwa brei Der Filialleiter der Bant der Ostpreußischen genannt worden war, wurde gestern abend im Neuendorfer Balde Wochen im Zusammenhang mit größeren Beruntreuungen tot aufgefunden. Man nimmt an, daß der Tod des Banfbeamten mit den Vorgängen bei der Bank in Zusammenhang steht. Primaner als Straßenräuber.

Nachts einen Stubien assessor, mürgten ihn und versuchten Zwei Naumburger   Oberprimaner überfielen des ihn zu berauben. Als die Täter von Passanten überrascht wurden, flüchteten sie, konnten jedoch später ermittelt und gestellt werden. In ihrem Besiz befanden sich Echußwaffen. Vor der Tat hatten fie fich zur Unfenntlichmachung die Gesichter geschwärzt. Beide Primaner find ,, Söhne aus achtbarer Familie".

Der Tod im Bergwerf. In einem Schacht des Bergmerts Fricklen"( Yorkshire  , England) wurden fünf Borarbeiter durch Gase, die sich während der Feiertage in der Grube ange­sammelt hatten, getötet.

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