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Die Bagatellsache. (Sin preußischer Staatsanwalt gegen die Notverordnung. Am SonntagnachMlttag marschierte, wie die Polizei- Pressestelle Altona meldet, verbotenerweise ein Trupp Nationalsozialisten, und zwar Mitglieder des Marine st urms der SA. Hamburg , geschlossen durch den Ort Rahlstedt . Eine Anzahl der Teilnehmer an diesem Aufzug trug Abzeichen, die die Zugehörigkeit zu einer politischen Organisation kennzeichneten. Ron den 28 von der Polizei festgenommenen Nationalsozialisten wurden 27 am Montag dem Schnellrichter zugeführt. Die Festgenommenen bestritten, sich an einem Umzug be- teiligt zu haben, sie hätten lediglich eine sportliche U e b u n g veranstaltet. Auf diese Ausrede hm hat der Staatsanwalt die Erhebung der Anklage abgelehnt, da es sich um eine Bagatellsache handle. Der Tatbestand von Teil VIII, Kap. IV, ß 1 der Vierten Notverordnung ist erfüllt. Ein preußischer Staatsanwalt aber erblickt in dem Tatbestand, den die Notverordnung mit(Se- fängnis bedroht, eine Bagatellsache. Wozu dann die Not- Verordnung? Künftig werden alle SA. -Märsche nurSportübungen" sein. Die SA. ist für die Justiz offenbar überhaupt nur eine Bagatelle!_ Helldorf wird vernommen. Che leugnet die Planmäßigkeit der Krawalle. Im Helldorf -Prozeß befragte der Vorsitzende den Angeklagten Helldorf , wi« es zu erklären sei, daß auf dem Kursürstendamm so viel« SA.-L«ut« aus verschiedenen Stürmen erschienen. Hell- darf hat dafür nur eine Erklärung: Die Behörden und die Geg­ner wären gerade in den letzten Tagen vor dem Kurfürstendamm » Ereignis äußerst scharf gegen die SA. vorgegangen. Die SA glich einem überhitzten Dampfkessel. Sie mußte sich irgendein Ventil verschaffen. So erschien sie auf'dem Kurfürstendamm . Der Vorsitzend« legt dem Angeklagten ein« Karte vor, auf der die einzelnen Verkehslokale und SA.- Heim« angezeichnet sind, von denen aus die Stürm« sich nach dem Kur- fürftendamm begeben haben müffen. Wie erklären Sie sich, fragt Landgerichtsdirektor Ohnesorge, daß Stürme aus fo entfernten Lo- kalen auf dem Kurfürstendamm waren? Das ist ja gerade ein Beweis dafür, daß die Sache nicht organisiert war, meint Graf Helldorf . Sonst hätten wir ja di« Stürm« vom Westen auf den Kurfürstendamm werfen können. Das ist kein Beweis, erwidert daraufhin Landgerichtsdirektor Ohnesorge. Erfahrungsgemäß wissen wir, daß in solchen Fällen absichllich Leute aus entfernten Stadt- gegenden herangezogen werden. Auf Graf Helldorf folgt als nächster Angeklagter fein Adjutant Ernst, dann Gewehr, Kühns u. a. Aerztekonsilium in Basel . �Wollen wir noch einen letzten Versuch machen und ihm die Deine amputieren oder wollen wir ihn gleich in den Sarg legen?" Ungenügender Preisabbau. Die Neichspost will die notwendigsten Preissenkungen unterlassen. Gegen die Provokateure. Verbot des Austretens von Nr. GiseviuS . In einer Kleinen Anfrage eines Landtagsabgeordneten der Deutschnationalen Voltspartei war gefragt worden, wer Listen zu- sammenstelle, in denen diejenigen geführt werden, deren Auftreten als Redner oerboten sei. Zur Begründung war darauf hingewiesen worden, daß die Polizeiverwaltung in Bottrop verboten hat, daß in ein« genehmigten Versammlung Dr. Gisevius als Redner sprechen dürfe, da dieser auf di«Liste der verbotenen Redner* gesetzt sei. Wie der Amtliche Preußische Pressedienst mitteilt, hat der preußische Minister des Innern folgend« Antwort«teilt: Die Gründe, aus denen dem Gerichtsreferendar Dr. Gisevius in Düsseldorf das Auftreten als Redner in öffentlichen Verfamm- lungen untersagt worden ist, sind dem Betroffenen von dem Regie- rungsxräfidenten in Münster durch Bescheid vom 27. November 1931 mitgeteilt worden. Die Polizeibchörven sind entsprechend unter- richtet worden. Offenbar hat sich die Polizeioerwaltung in Reckling- Hausen zu Kontrollzwecken ein Derzeichms solcher Personen ange- legt, deren Auftreten als Redner verboten worden ist. Bedenken sind dagegen nicht zu erheben. Hamburgs Genaisgefchaste neu verieili. Petersen erster, Roß zweiter Bürgermeister. Hamburg , 28. Dezember.(Eigenbericht.) Der Hamburger Senat , der in jedem Jahr kurz vor Jahres- ende die Neuverteilung der Senatsgefchäfte für das neue Jahr vor- nimmt, wählt« am Montag für das Jahr 1932 Bürgermeister Dr. Petersen(Staatsparteiler) zum ersten und Bürgermeister Rudolf Roß (Soz.) zum zweiten Bürgermeister. Bürgermeister Roß war während der letzten beiden Jahre erster Bürgermeister, während Dr. Petersen dieses Amt von 1924 bis 1929 inne hatte 1928 war unter den Koalitionsparteien ein regelmäßiger Wechsel im ersten Bürgermeisteramt vereinbart worden. Während die Amtszeit danach bisher zwei Jahr« betrug, soll sie in Zukunft nur ein Jahr betragen, so daß die Sozialdemokratie am 1. Januar 1933 wieder den Bürgermeister stellen wird. Voraussetzung ist allerding», daß der gegenwärtige Senat, der nach dem Ausgang der letzten Bürgerfchaftswahlen zurücktrat und seitdem al» gefchäfts- führender Senat fungiert, 1933 noch im Amte ist. Da die neue Bürgerschaft nicht über eine andere koalitionsfähige Mehrheit als die bisherige oerfügt, ist das Ende der Amtszeit des gegenwärtigen Senats, der aus sechs Sozialdemokraten und je drei Staatspartetlern und Volksparteilern besteht, nicht abzusehen. Am Montag tagte im Reichsposlmlnlsterium der Ausschuß des verwallungsrates, um die Gebührenreform, die im Rahmen der allgemeinen Preissenkung stattfinden soll, zu beraten. Das Reichspoflminlsterium sieht in seiner Vorlage nur eine Preis­senkung für Drucksachen. Pakete. Telegramme und Fernsprech­gebühren vor. Diese Vorlage des Reichspostministeriums mutz ollgemein a u s das schwerste enttäuschen. So bleiben zunächst die eigeoMchen Massenbelastungeu de» Brief- und Sartenverkehr» von der Preissenkung völlig aus­geschlossen. Die Fernsprechgebühren sollen zwar bei den Ortsgesprächen von 19 auf 9 Pf. gesenkt und auch bei Ferngesprächen bis zu 199 Kil-v meter ermäßigt werden, aber die wesentlichste Belastung jedes Fernsprechteilnehmers, di« Grundgebühr, soll unverändert bleiben. Ein« große Enttäuschung bringt die Vorlage des Reichs- Postministeriums auch den Millionen Rundfunk- teilnehmern. di« mit Bestimmtheit«inen Abbau der Monat- lichen Rundfunkgebühren erwartet haben. Man sollte es kaum für möglich Kalten, daß eine Reichshehörd« die allgemein« Preissenkungsaktion des Kabinetts Brüning s o wenig unterstützen will, wie es da» Reichspostministerium mit seiner Vorlage für eine» der wichtigsten öffentlichen Unterneh» men in Deutschland beabsichtigt. Wo ist bei dieser Tarif.,resorm* der Rcichspost auch nur der ge­ringste Ansatz einer Entlastung für die breiten Schichten der Bevölkerung zu finden! Die vorgesehene Senkung für Drucksachen, Pakete, Telegramme und Fernsprechgebühren wird zwar der Wirtschaft gewiss« Er- leichterungen bringen, ober die Belastungen, die nach der Droste- lung des Einkommens mehr denn je am Haushalt des Pri- vatmannes zehren, das überhöhte Brief- und Karten- porw, di« 8 Mark Grundgebühr für das Telephon und die monat- liche Rundfunkgebühr von 2 Mark, die in Deutschland d i e teuerste der Welt ist, bleiben samt und sonders unver» ändert. Glaubt etwa der Reichspoftminister ebenso wie der Ber- waltungsrat der Deutschen Reichsbahn , man könne um 39 bis 199 Proz. gegen 1914 erhöhte Tarife in einer Zeit aufrecht» erhalten, in der das Masseneinkommen auf das äußerste zu- sammengeschrumpft ist? Wir möchten die Reichspost nachdrücklich an ihre drei lejjten Ouartalsberichte erinnern, in denen sie über den ständigen Berkehrsrückgang gerade in den Sparten klagte, die sie jetzt von der Preissenkung ausnehme.» will. Es besteht gar kein Zweifel, daß dir bedenkliche Zahl von 29 099 Telephonabmeldungen im nächsten Jahre sich bei einer derart unklugen Tarifpolitik der Reichspost beträchtlich erhöhen, ja, oerdoppeln dürfte. Der Verwaltungsrat der Reichspost wird im Lauf« des heutigen Tag�-s zusammentreten, um endgültigen Beschluß über die Tarifrcform zu fasten. Der Verwaltungsrat wird im ureigenste» Intereste der Reichspost handeln, wenn er diese völlig unzulängliche Vorlage des Ministeriums einer eingehenden Revision auf der Linie einer wirksamen Mastenentlastung unterziehen wird. KeinWeihnachisgefchenk an dieKirche" Vielmehr Kürzungen im Nahmen der Notverordnung. DieRote Fahne" verbreitet in ihrer Nr. 237 vom 24. Dezem- ber d I. unter der UeberschriftWeihnachtsgeschenk der preußischen SPD. -Regierung": Wieder 31 Millionen für die Kirche!" die Be- hauptung, die preußische Notverordnung vom 23. Dezemberüber- rasche die evangelisch« Kirche mit einem Weihnachtsgeschenk von 36 Millionen und die katholische mit 15 Millionen für 1932". Amtlich wird mitgeteilt, daß das Gegenteil richtig ist. Es ist selbstverständlich, daß die Notoerordnung, die überall Sparmaß- nahmen bringt, nicht bei den Kirchen«ine Ausnahme macht und ihnen Erhöhungen gewährt. In der Tat bringt sie eine Kürzung der Psarrbesoldungszuschüsse von insgesamt über 6,4 Millionen Mark, und zwar von nahezu 4,8 Millionen für die evangelisch« und von 1,7 Millionen für die katholisch« Kirche. Schießerei in Hamborn . Hamborn . 23. Dezember. In den Mvrgenstunden des Zwesten Wechnachtsfeiertages be- lästigten zwei angetrunkene Personen vor der Geschäftsstelle der NSDAP , die dort anwesenden Nationalsozialisten. Sie wurden daraufhin von diesen zur Rede gestellt. Im Perlaufe der Ausein- andersetzung gab einer der Betrunkenen zwei Pistolenschüsse ab, durch di« der Nationalsozialist Kampin lebensgefährlich verletzt wurde. Die Täter ergriffen darauf die Flucht, wurden aber heute von der Polizei verhastet und in» Gefängnis gebracht. Einer von ihnen hatte einen Hüftschuß, den u auf der Flucht erhallen haben will. Bei dem anderen Festgenommenen wurde«in« Pistole mit 17 Schuß Munition gefunden. Diu Lea. der früher« Präsident des gesetzgebenden Rates, ist von der Kuomintang zum chinesischen Staatspräsidenten bestimmt worden. Mmisterprästdent der neuen Regierung wurde Sunfo. Ghandi landet in Indien . Massenbegrüßung in Bombay.- Llnzusriedene Extremisten stören Empfang. patel spricht von Nevolution. Bombay , 28. Dezember. Mahatma Ghandi traf am Montag, von der London « Kon» ferenz zurückkehrend, in Bombay ein. Kurz vor seiner Ankunft war es zu schweren Zusammenstößen zwischen Parias und Kon- greßanhängern gekommen. DieUnberührbaren ", die Ghandi be- schuldigen, die Durchsetzung ihrer Forderungen nach entsprechender Vertretung in den indischen Provinzparlamenten oerhindert zu haben, waren mit Stöcken, Glasscherben, Messern u. a. bewaffnet. Sie risien die Fahnen und Girlanden, die von den Kongreß- anhängern in den Straßen angebracht waren, herum«. Kurz vor der Ankunft von Ghandis Dampfer strömten sie zum Hafen, wo sich ein Kampf zwischen ihnen und den Kongreßanhängern entspann. der erst durch starke Polizeiabteilungen beendigt werden konnte. Bei der Prügelei wurden 23 Personen verletzt. Der ursprünglich vorgesehene großartige Empfang, bei dem Ghandi in einem mit weißen Pferden bespannten Wagen durch die Straßen Bombays fahren sollt«, war fallen gelassen worden. Trotzdem hatte sich ein« ungeheure Menschenmenge am Hafen eingefunden. Riestge Menschenmassen, die aus 899 999 ge- schätzt werden, drängten sich in den Straßen. Ghandi wurde von Patel und dem Moslemführer A n s a r i sowie von seiner Frau an Bord des Schiffes begrüßt. Mit dem Spinnrad unter dem Arm schritt Ghandi unter die Meng«, die ihn mit lauten Rufen begrüßte und ihm Girlanden aus indischem Garn zuwarf. In den Straßen wurde Ghandi mit Rufen begrüßt, die zum Un- gehorsamkeitsfeldzug aufforderten. Ghandi erklärte Presieoerttetern, die Ergebnisse der Londoner Konferenz halt«« für s e h r g« r i n g. Di« Konferenz sei nur«in Debattier-Klub gewesen. Heb« den Waffenstillstand von Delhi sagte Ghandi , er betrachte die Unterzeichnung dieses Vertrages als«wen Akt staatsmännischer Klugheit von seilen des indischen Kongresses. Spät« hi«U Ghandi eine Rede, in der er das Volt auffordert«, sich berstt zu hallen, wenn der Kampf unvermeidlich sei. Er werde ab« keinen Versuch unterlassen, um ein« gülliche Lösung zu finden. Patel«klärt«, für das Herannahen einer Revolution in Indien feien viele Anzeichen vorhanden. Indien müsse den Boy« tott gegen englische Waren noch viel strenger durchführen, als bisherl Nehru verhastet / Kämpfe in Nordwestindien. London , 28. Dezember.(Eigenbericht.) Auß« den schon gemeldeten blutigen Zusammenstößen in Peschawar wo 8 Personen getötet, 39 oerletzt und 148 wegen Pachtoerweigerung von Sondergerichten zu je sechs Monaten Ge- fängnis verurteill wurden kam es auch in anderen Orten Nord- westindiens zum Waffengebrauch des britischen Militärs gegen die Rochcmden". 11 P«sonen wurden getötet, zahlreiche verwundet, viele verhaftel, darunter der Präsident des allindischen Kongresses, R e h r u, ein naher Freund Gandhis . Er wur�e auf der Reis« von Allahabad nach Bombay festgenommen. Gandhi hat inzwischen Indien wieder erreicht. Zukunftsfragen bei öer�eichsreform. In einer. Kleinen Anfrage eines wirtschaftspartellichen Land- tagsabgeordneten war an das Staatsministerium die Frage ge- richtet worden, ob es bereit sei, bei einem Anschluß von Mecklen- burg-Strelitz an Preußen den Kreis Templin in der Uckermark im Regierungsbezirk Potsdam zu belassen, da der Kreistag und der gesamte Kreis schärfsten Protest gegen«ine beabsichtigte Angliede- rung des Kreises an Mecklenburg-Strelitz erheben würden. Wie der Amtliche Preußische Pressedienst mitteilt, hat der preußische Minister des Innern folgende Antwort erteill: Bei einem Anschluß von Mecklenburg-Strelitz an Preußen würde eine Ab- trennung des Kreises Templin vom Regierungsbezirk Potsdam nicht in Frage kommen. Der tschechische Legalloassekretär aus Moskau . Wanjet. der auf Veranlassung der russischen Regierung wegen angeblicher An» stiftung zur Ermordung des japanischen Botschafters in Moskau von seiner Regierung nach Prag zurückberufen wurde. «klärt« während des kurzen Aufenthalts seines Zuges in Warschau . daß er mit dem japanischen Botschafter durch jähre- lange gemeinsame Tätigkeit persönlich befreundet sei und dann ihm vor der Abreise noch Grüße habe üb«mitteln lassen. Wanjek scheint ein«twas komischer Kauz zu sein Es wird von ihm be­richtet. daß er dem deutschen Generalkonsul in Charkow vor einiger Zeit einmal die Hand geküßt hat,