Walter Schirmeier: Das Diphtherieferum
Die Nachtglode schrillt. Ein angstgehetzter Mann steht an der Haustür und bittet den aus dem Schlafe geriffenen Arzt, schnell zu tommen, um nach dem erkrankten Kinde zu sehen. Die Kleine ist schon seit ein paar Tagen nicht recht auf dem Posten, aber mir haben weiter fein Gewicht darauf gelegt. Heute abend stellt sich plöglich Fieber ein. Sie flagt über Halsschmerzen. Die Zunge und der Rachen find belegt..
ein
Dar Arzt untersucht, blidt in den Hals des Kindes spricht schreckeinflößendes, unbarmherziges, toddrohendes Wort
Diphtheriet
Und bann geschieht das Wunderbare: der Arzt legt Sprize und Ampullen zurecht, injiziert eine hellgelbe Flüssigkeit in den Schenkel des Kindes und das Kind, das schon dem Tode verfallen schien, mird gerettet!
Bis zum Jahre 1891 war die Diphtheritis( Rachenbräune) eine Krankheit, deren epidemischem Auftreten und Berlauf die Aerzte ratios gegenüberstanden. Die Sterblichkeitsziffer fchwantte und ftieg bisweilen bis auf 70 Prozent der ertranften Kinder. Und niemand konnte helfen! Man ließ, wenn wieder einmal das Gespenst ..Diphtheritis" durch die Häuser schlich, die Kinder vorbeugend gurgein; man schnitt in verzweifelten Fällen den mit dem Erstiden Ringenden die Luftröhre auf und schob ein Röhrchen hinein, um den Lungen dadurch die Luft zuzuführen, die der durch ein Häutchen, eine dünne Membrane verschloffene Hals nicht passieren ließ man man tämpfte gegen den Tod und hatte dabei doch keine Waffe, um ihn aus dem Felde zu schlagen, die winzig fleinen, feulenförmigen Bazillen und das tödliche Gift, das sie absondern, unschädlich zu machen, feine Wirkung zu zerstören...
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1884 entdeckte der Arzt Friedrich Löffler den Erreger der Diphtheritis. Zum erstenmal fah er unter dem Mikroskop den Ur heber so vieler Beiden: ein unscheinbares Stäbchen, pas so viel Hengste, Qual und Tod im Gefolge hatte. Seine fofort eifrig auf genommenen Lierpersuche endeten jedoch mit einem Fiasto. Es mar ihm nicht vergönnt, das begonnene Bert zu Ende zu führen; er permutete mohl, daß der Bazillus, der an sich ziemlich harmlose Eigenschaften zeigte, insgeheim ein tödlich wirkendes Gift absondern müßte aber er fonnte nicht den Nachweis erbringen und stellte fein Suchen ergebnislos mieder ein.
Den Mag, den Friedrich Löffler als erster beichritten hatte, zu Ende zu gehen und uns neben der Erkenntnis der mordendan Wirkungen dieses Bazillus auch das Mittel zu seiner Befämpfung in die Hand zu geben, blieb einem anderen vorbehalten: Emil Don Behring.
Etwa zur gleichen Zeit( 1888 bis 1891), da in Paris , in dem In ftitut Pasteur( Louis Pasteur , dem 1885 die erstellung des Anti tarins gegen die. Tollmut gelungen war, lebte damals noch) der Balteriologe Emile Roug, ein begeisterter Mitarbeiter Pasteurs, zum erstenmal das ausgeschiedene Gift der Diphtheriebazillen ifolieren tonnte, fuchte in Berlin der Militärarzt Emil Behring nach einem Mittel, bas die tödlichen, giftabfondernden Mikroben der Diphtherie zerstörte, bevor sie ihr mordendes Bart vollbringen fonnten. Er arbeitete im Kochschen Laboratorium in der Schumann
Mare Stahl:
straße, unter der Aufsicht jenes Robert Koch , der als einfacher Landarzt zum erstenmal einen anderen Todfeind der Menschheit, die Stäbchen der Tubertelbazillen, unter dem Mitrostop ertannt hatte. Jetzt war Koch schon Professor und Geheimrat; unter feiner fühl prüfenden, unbeirrbaren Leitung arbeitete ein ganzer Schwarm rorschungsfreudiger Bakteriologen( wer tennt nicht von ihnen z. B. den Namen Baul Ehrli chhs, des Erfinders des Salvarsan", jenes Heilmittels gegen eine noch viel grauenvollere Krankheit: die Syphilis!)- und so hodte auch der phantafiersiche Emil Behring in seinem Zimmer und opferte auf der Suche nach einem Mittel Dutzende von Meerschweinchen, bis er endlich den ersten kleinen Erfolg zu verzeichnen hatte!
Aber es war ein Sieg, an dem der Forscher feine Freude haite. Es sah einer Kur des Doktor Eisenbart verzweifelt ähnlich. Gemiß, die Versuchstiere wurden von den Diphtheriebazillen befreit; das Gegenmittel half radikal, doch leider oft su radikal, daß die unglück feligen Meerschweinchen starben nicht durch des Wirken der Diphtherieerreger, sondern durch den allzu kräftigen Angriff des Heilmittels".
Aber Behring ließ sich nicht entmutigen. Er sah einen Weg und ging ihn weiter, zäh, ausbauernb und immer das große 3iel vor Augen sehend. Er knüpfte an die Ergebnisse Roug' an, experimentierte, verwarf, versuchte von neuem und erlitt wieder Schiffbrud) mit feinen Versuchen, eine porbeugende Immunisierung der brudh mit seinen Versuchen, eine vorbeugende Immunisierung der Berfuchstiere durchzuführen. Endlich entschloß er sich, fein Serum noch als direttes Heilmittel bei schon Erfrankien anzuwenden und auf die Weiterführung seiner Versuche zwecks Herstellung eines Präventiomittels zu verzichten.
1891, turz vor der Jahreswende, erhielten zum erficnmal schmer trante. nach Atem röchelnde Kinder Injektionen von dem Behring. schen Anttitorin. Es mar ein Erfolg ein fast voller Erfolg. In der Welle von Jubel, die damals über die Welt ging, vergaß man beinahe, daß das Serum nicht in allen Fällen half. Stoch hafteten auch seiner Herstellung Mängel an, die zu beheben miederum Emile tour, der Franzose, auf dem Plon erschien. Wahrlich, ein selten schönes Beispiel des 3ujammenmirtens eines deutschen und eines franzöfifchen Arztes unb Farichers zur Erreichung des großen Menschheitszieles, bas beiden porschwebte! Wieviel hätten beibe Bölfer barous lernen fönnen- und wie wenig hat man daraus gelernt.
Roug fand einen Weg, das bis dahin schper herzustellende Gerum feight und ohne jebe Quäleret der Tiere von Pferden zu geminnen. Jegt mar genug von dem Mittel vorhanden.
Neuere Bersuche haben auch Möglichkeiten zur oorbeugenben Anwendung des Serums erschlossen. Hunderttausende von Säug lingen merben ohne jebe Gefahr geimpft und für Lebenszeit gegen die Diphtheritis immunifiert. Es wäre münschenswert, daß fich der Gedanke der vorbeugenden Behandlung immer mehr ver. breitete, baß auf diese Art inumer meniger Menschenleben der Seuche zum Opfer fallen; daß damit das hohe Ziel des Weges erreicht wird, an deffen Anfang neben den anderen ein Rame leuchtet, stolzer Triumph der Wissenschaft: Emil Behring !
Ein Kind namens Friedrich Schulze
Ein Kind mar geboren worben und deshalb herrschte große| Greube. Es ist taum zu glauben, baß es etwas ausmacht, menn bei ber Gesamtbenölkerung der Erde von 1 Weifiarbe 854 Millionen Menschen noch einer dazu geboren mird. Aber die Citern des Rin bes maren ganz entschieben anderer Meinung. Sie hielten den Rosmos für unvoltommen, wenn nicht eben dieses Kind Friedrich geboren worben märe.
Schließlich ist das zu begreifen. Es ist so, als ob man von ehenfppiel Infuforien eines genau unter bas Mitrostop nimmt und Da tetommt es[ eine ganz besondere Bedeutung.
Die Eltern des Kindes hatten sich natürlich nie mit ähnlichen Erwägungen beschäftigt. Sie maren so glücklich, daß jemand ihren Ramen meitertrug, obwohl auch gerade an Beuten namens Schulze lein Mangel herrschte.
Das Kind Letam einen filbernen Patenlöffel, mit dem es feinen Brei essen sollte. Es bekam ihn allerdings nicht in die Hand, der Softbartett megen, nur einen aus Aluminium, der die selben Dienste leistete, aber der filberne öffel schwebte doch wie ein Wahrzeichen über ihm. Jedenfalls legten die Eltern ein Gelübde ab, daß es diesem Kinde besser gehen sollte als ihnen selbst.
Um dies zu bemerfftelligen, mußte der Vater 16 Stunden am Lag Gäfte in einem Speiselokal bedienen. Das Kind und die Mutter hielten dies für durchaus richtig. Friedrich stolperte dem Bater entgegen, menn er nach Hause fam, wurde auf den Arm gehoben und hörte der Versicherung zu, daß er dieses alles einmal nicht nötig haben werde.
Er ging zur Schule, lernte leiblich, blieb zweimal fizen und jah in verzweifelte Gesichter. Er begriff dunkel, daß er sein Dassin mirtlich nur geschenkt erhalten hatte und dafür bezahlen müffe, wie für alle Geschente. Er spielte gern, durfte es aber nicht oft, mit dem Hinweis auf die außerordentlichen Anforderungen, die das Leben an ihn stellen würde. Er war fangaufgeschossen und dünn, er hatte menig Appetit, litt an Kopfschmerzen und schwitzte nachts. Er kam mit Mühe durchs Abiturium und langte mit der Frauden nachricht gerade in dem Moment zu Hause an, als der Bater in halber Agonie lag. Die Mutter tniete am Bett und weinte.
Sie sagte unter Schluchzen, daß er seinem Vater allen Dank schulde und zog die Dede von den furchtbar geschwollenen Beinen, bie 20 Jahre lang 16 Stunden täglich für ihn unterwegs gemejen maren, um ihm ein Dasein zu bereiten, das nichts vom Schimpfen übelgelaunter Gäste und Berachtung mußte. Es schien Friedrich, als ob die Last dieser Beine ihn zu Boden drücken mußte.
Die Mutter wusch fortan. Sie hat ihr möglichstes, um sich durchs Leben zu bringen und dem Sohn ein Taschengeld zuzustecken. Friedrich wurde etwas, was man mit dem Namen Werkstudent be. zeichnet.
Das heißt, er führte ein Leben, gegen das die Plagen seines Baters, des Kellners, einfach und eindeutig gewesen waren. Er hungerte. arbeitete wie ein Pferd, lernte schwer aus Mangel an Nahrung und genoß dafür die Berachtung vieler Kommilitonen. Die Mutter pries ihm jeden Tag in der Küche, die von heißem Seifendunst durchzogen war, das Glück, zu den gel ildeten Leuten zu gehören. Sie wunderte sich, daß er nicht schneller meitertam, da doch der Bater ihm alle Wege geebnet habe. Is er endlich sein legtes Erainen beftand, machte sie es dem Bater nach, legte fich bin und starb, nicht ohne ihn auf die Opfer aufmerksam zu machen, die man ihm gebracht hatte.
Das Kind Friedrich Schulze, joßzt erwachsen, begann mit der Zentnerlast, die ihm der Tod der beiden Leute, die seine Eltern
maren, auferlegt hatte. Durch Bleiß und Tüchtigteit bemühte er fia), der Opfer mert zu sein. Es mar nicht anzunehmen, daß die Eltern noch etwas bapen hatten, aber er erleichterte trobem fein Gemiffen.
Er war jest Architekt, hatte cina fleine Anstellung, bejas zwei Baar Schuhe ſtait des einen, ging Sonntags aus und leistete sich ah und zu eine Bigarre. Er lebte allo, gemessen an den wirtschaft. ilchen Umständen der Zeit, gut, bis er Unita traf.
Anita, fchlant, blond, mit nettem, etwas schnippischem Gesicht, tippte im Rechtsanwaltsbüro von Erb u. Ewigmüller togaus lagein Brotokolle, die ihr zum Halse herausmudjen. Sie beschloß, Grieb rich Schulze zu ehelichen, um den Beruf loszusein, führte ihr Brojeft mit Erfolg durch und beide lebten in einer Anderthalbzimmer mohnung ein etwas eintöniges Dasein, das nur von den Erzählin gen Friedrich Schulzes unterbrochen wurde, die von der Berant mortung handelten, die ihm das Opfer feiner Eltern auferlegt hatte. Anita hörte ohne Lailnahme zu. Sie beanspruchte jetzt das zweite Baar Schuhe, das sonst Friedrich Schulze zugekommen mar. Er begnügte sich wieder mit einem, ging wohl noch Sonntags mit ihr aus, perzichtete aber auf die 3igarre, er rauchte nur noch Pfeife,
Dieses Leben führten sie beide, bis mieder ein Kind namens Schulze geboren wurde, nur daß man es dem Zeitgeist entsprechend Fredy rief. Er erfüllte sie gang mit denselben Soffnungen wie seine Eltern, rief dieselben Pläne ins Leben und sie legten ein Gelübde ab, daß es dieses Kind besser haben sollte als sie selbst.
Friedrich Schulze arbeitete jetzt, menut er aus dem Dienst nach Hause fam, noch nebenbei, die Sonntage verbrachte er ebenfalls mit der Anfertigung von Zeichnungen und Bauplänen. Anita wurde schnippischer, beklagte sich über ihre mangelhafte Garderobe, feufzte und ließ den Mann ratios und unglücklich zurüd. Er lebte jetzt zwischen zwei Berantwortungen, einmal der alten, die ihm die Eltern auferlegt hatten, und der neuen, diesen jungen Friedrich Schulze noch ein Stück weiterzubringen als sich selist. Das ist ein schmeres Ding bei schlechter Konjunktur, der ein Stopf mit schwer fälliger Auffaffung gegenübersteht.
Als er das Kunststüd fertiggebracht hatte, mit dem Magimum an Arbeit ein Minimum an Einnahmen zu erlangen, wurde er abgebaut.
Er aß sich nicht mehr satt, ging nom Tabak zum völligen nicht raucher über, und auch das einzige Paar Schuhe, das er besaß, wurde nicht mehr rechtzeitig besohlt. Er begegnete Anitas Borwürfen mit leisen schuldbewußten Entgegnungen, er klopfte den Teppich und trug ihr den Mülleimer auf den Hof, um sie zu bes ruhigen,
Er blieb mit der Miete im Rückstand, bezog Arbeitsloferuntarftügung und ging mit leichtfnidenden Knien von Büro zu Büro. um Arbeit zu finden. Der symbolhafte Batenlöffel tag mit anderen Gegenständen längst auf dem Berfazamt. Friedrich wurde an den Schläfen grau, ein Mann mit dreißig Jahren. Das Kind hatte ftets Jaden mit ausgewachsenen Wermeln, fein Vater Hosen, die nie zu den Jacken paßten, die Blondheit der Mutter Anita wurde fahl und verstaubt.
Obwohl sein Verftand etwas dumpf war, ftaunte er doch manchmal felbst über die Ausdauer, mit der er sich über den zähen Sumpf forbarbeitete. Er erzog den Jungen, weil er fidh an feinem Dasein für schuldig hielt, zu einem abscheulichen Benget. Ab und 31r verdiente er etwas, das gab ihm neuen Mut. Er formte bann einen Teil der Schulden bezahlen und genoß fo von Lieferanten und Hauswirt eine neue kleine Frist.
Aber wenn der Verdienst nachließ, fiel er wieder in seine dul bende Berzweiflung. Von Galgenfrist zu Galgenfrist schleppte pr fich mit fnickenden Knien, mit der alten Schulb gegen die Eltern belastet und mit der neuen gegen das Kind, er, das Glied in der Kette der Friedrich Schulzes, einer von den fast zwei Milliarden Menschen, über deffen Eristenz eine so große Freude bei seiner Geburt geherrscht hatte,
Wie die Menschen heutzutage altern
des Menschen" schreibt Dr. Fr. Kahn: Der moderne Mensch altert In dem eben erschienenen 5. Band seines Wartes„ Das Leben nicht normal, indem alle seine Organe gleichmäßig dem ter entsprechend eindorren, sondern einzelne durch die Lebensführung offenbar überlastete Organe altern den anderen weit poraus und führen, wenn sie ihrerseits die Todesgrenze erreicht haben, ahne Rücksicht auf die Lebensfrische der anderen zum frühzeitigen Lob beit, aber sonst geregelten und mäßigen Lebensweise in der freien des Gesamtorganismus. Der Bauer, der den Tag bei harter Ar Natur verbringt und seinen Körper wenig pflegt, sieht früh gealtert aus. Aber seine Organe in der lederigen Hülle der Haut find terngesund. Er wird 70 und 80. Bom Großstädter, der sich zu fleiden und zu halten weiß, rafiert und frisiert, pomadisiert und parfümiert, außen von Gesundheit strogend, aber innen reif für den Spaten. manikürt und die grauen Härchen auszupfen läßt, gilt das Wort: Unter einer mohlgepflegten rosigen Haut klopft ein schon dreiviertel degeneriertes Herz, zwischen den scheinbar kraftgeschwellten Musfein laufen verfalite Adern, in diesem vom Fett so feist umrundeten Bauch hängen zwei Nieren, deren Filtrierapparate einem fortschrei tenden Berödungsprozeß anheimgefallen find. Er gleicht den Baum, der noch mit breitem Wipfel dafieht, grün belaubt und fruchtlehangen, aber der nächste Sturm fällt ihn, denn im Innern ist er, ohne daß jemand das geringste ahnt, morsch und faul geworden. In den allermeisten Fällen altert als erstes das Kreislaufsystem Herz Adern- Nieren. Der Mensch gleicht dem Auto, in dem er fährt. Mie am Auto die Gummixeifen, so find in feiner Körpermaschine, die Gunumischläuche der Adern der schwächste Buntt der Konstruktion. Der Autofahrer führt einen Crfagreifen mit sich, und wenn ein Reifen, worauf er porbereitet ist, plagt, hält er den Magen an und mechfelt den Reifen aus. Der Mensch ist noch nicht so weit, einen Erfagreifen mit sich führen zu fönnen, auch fann die Menschenmaschine fich nicht den Surus leisten, zum Reifenmechsel zu halten, fie muß laufen. Menn sie nur einmal stille steht, mirb fie lofort aus dem Rennen genommen und von der Landstraße des Lebens heruntergeschoben auf den Ader". Sie muß die Banne mit dem Beben bezahlen. Die überwiegende Mehrzahl der Menschen stirbt an vorzeitiger Alterung des Herzens, der Adern ober der Nieren. Im höheren Alter bedarf es nur einer geringen Mehrbelastung burd eine fleine, an sich harmlofe Ertranfung, um die Katastrophe einer tödlichen Herzschwäche oder des Bruchs einer großen Körperaber, einen Herzschlag oder einen Schlaganfall herbeizuführen.
Klingende Säulen flüsternde Räume
nons Säulen in Megypten, zwei Roloffelftatuen, wie sie fid) Für eins der Weltmunder des Altertums galten die Mem vor den Tempeln am Ril finden. Sie gaben, menn sie von ber Sonne getroffen purden, feltsame Töne non fich, und jeder Besucher bes Rillandes wollte dieses under gehört haben. Man hat diese Slangerscheinung nerfdhiebenartig gebeutet; manche Forscher Dermuten, daß fich im Innern der Säule Apparate befanten, Die unter bem Ginfluß der Morgenstrahlen Jummende Saute erzeugten, anbere permuten, daß die Lone durch eine Verschmelzung von Sonnenmirtung und einer beftimmten Windrichtung hervorgebracht murpen. Jedenfalls stehen biefe fingenben Säulen nicht vereinzelt ba, wie Anton Daily in der Beipziger uftrierten Zeitung hervorhebt. Go gibt es in der Bielshöhle bei übeland im Sarz eine solche flingenbe Saule", bie ein eigenartiges Gesumme hören läbi, mem fie von den Strahlen der Dorgenfonne berührt mith Aehnliches wird von der Südmand der Stiftstirche zu Heiligentreuz im Wiener Bald erzählt. Auch aus dem Alterium wird von verschiebenen chernen Tempelsäulen berichtet, bie ganz eigenartige Löne non fich gaben. Das Rätsel foldher tönenber Denkmäler erklärt sich daraus, das pie Morgensonne einen Suftburchgang burch ihre Boren be wirft; dadurch werden tönende Schwingungen veranlaßt. Wenn man in der Morgensonne an einer langen Mauer vorbeigeht, hören Leute mit feinen Ohren ein Schwirren, das in abgeschwächter Form die gleiche Erscheinung darstellt. Bei hohen Erzsäulen wird das Singen durch die schwingende Luft im Innern sowie durch das Auftreffen des Mindes auf die Ränder noch wesentlich unterstützt.
Häufiger als solche tönende Säulen findet man cigenartige Schallwirkungen in den Sprachgewölben oder flüstergalerien. Dabei handelt es sich meist um Gewölbe in Form von Ellipsen oder Barabeln, und es läßt sich nach den akustischen Gesezen leicht erflären, warum die an einer Stelle leise gesprochenen Worte an einer anderen deutlich vernehmbar sind. Die Schallwellen werden nämlich non der Wand in einem Reflerionsmintel zurüdgeworfen, der gleich dem Einfallswinkel ist. Auf diese Weise entsteht auch das einfache und mehrfache Echo. In einem elliptisch gewölbten Raum sammeln sich die Schallmellen, die von dem einen Brennpuntt ausgehen in dem andern, ganz so wie bei zwei gegeneinander gefehrten HohlSpiegeln. Darauf beruht das Geheimnis der flüsternden Bäume", wie z. B. der Pariser Sternwarte oder der Londoner Paulskirche. Im Altertum haben schlaue Priester diese Erscheinung oft zu
underwirtungen" bemußt, so 3. B. beim Ohr des Dionyfius". einem Gewölbe in den Steinbrüchen von Syratus. Die Drakelfammern der alten Mysterien zeigen ovale Nischen, durch die ein minutenlanges Echo oder ein dumpfes Dröhnen hervorgebracht wurde. Der Indianertempel mit dem sprechenden Kreuz" auf Dutatan, eine der ältesten Sultstätten Ameritas, ist ebenfalls solch ein Flüstergewölbe, das aus zwei gewölbten Räumen besteht, die die Form und wohl auch die Wirkung von gegenübergestellten Hohlspiegeln haben. Wenn man an einem Ende dieses treuzförmigen Raumes einige Worte flüsterte, so wurden sie am anderen Ende mit großer Lautstärke wiedergegeben, und so fonnte dem Volt auf geheimnisvolle Weise ein Drafel mitgeteilt werden.
Das Bierzehen der Weiber". Bielfach glaubt man, es sei eine Errungenschaft der Neuzeit, daß Frauen die Wirtschaften besuchen. Das ist aber auch früher schon vielfach der Fall gewesen, so daß fogar die Männer sich darüber betlagt haben. So wendeten sich im Jahre 1576,, die aus gemeiner Bürgerschaft" zu Borna an den Rat mit dem Gesuch, daß den Weibern am Abend das Bierzechen verboten sein sollte, in Ansehung, daß daraus allerhand Unrecht und Beschwerung nicht allein dem Wirte, sondern auch den Bersonen, so die Zeche für sie bezahlen müßten, entstände. Und während die mit dem Gesinde und den Kindlein" Die Chronik jest jedoch hinzu: Weiber fäßen und zedheten, ging's dahein in Haus und Hof übel zu Es hat aber solches nit viel helfen wollen, und mag woll derer Weiblein Einrede das Meifte dazu beigetragen haben.
Das Wort„ Ceichenbitter" hat mit dem Adjektiv ,, bitter" nichts gemein. Der Leichenbitter bittet zur Leiche", das heißt, or ladet. Sie Gäste ein. In manchen Gegenden Deutschlands gibt es heute noch außer Leichenbitter auch den Hochzeitsbitter".