Morgenausgabe
Tr. 610
A 307
48. Jahrgang
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Donnerstag 31. Dezember 1931
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Nur eine provisorische Lösung zu erwarten.
Die englische Regierung hat am Mittwoch allen an dem Reparationsproblem interessierten Staaten für die bevorstehende Reparationskonferenz Lausanne als Konferenzort in Vorschlag bringen lassen. Die Reichsregierung hat sich ihre Entscheidung über den Borschlag nach vorbehalten; desgleichen Paris . Es wird jedoch damit gerechnet, daß sich die Regierungen auf
Als Datum des Zusammentritts der Konferenz schlägt England den 18. Januar bor.
Amerifas Haltung verhindert endgültige Lösung.
Condon, 30. Dezember.
Das britische Außenministerium hat die Preffe dahin unterrichtet, daß eine endgültige Regelung der Tribuffrage
auf der bevorstehenden Regierungskonferenz wegen der Haltung des amerikanischen Kongresses nicht mehr in Frage komme. Die Berhandlungen würden sich nur noch auf eine provisorische Lösung erstreden. Eine Einigung zwischen Frankreich und England über die Dauer einer Berlängerung des gegenwärtigen Hauptschwierigkeit liege nicht so sehr in der Frage, wie lange das Shuldenmoratoriums jel bisher noch nicht erzielt morden. Die Moratorium ausgedehnt werden solle, sondern bei den Nebenfragen wie z. B. der Behandlung der ungeschütten Zahlungen.
Im großen und ganzen bestätigt es sich, daß die englische Politik an ihrem ursprünglichen Ziel einer endgültigen Lösung der Tribut und Schuldenfrage nicht mehr festhält, fondern sich gründet, daß durch die Entscheidung des amerikanischen Kongresses dem französischen Standpunkt genähert hat. Dies wird damit be eine neue unerwartete 2age gefchaffen worden ist.
Poftfarten 6, Briefe 12 Pfennig.
Die Entscheidung des Verwaltungsrats der Reichspoft.
Der Verwaltungsrat der Reichspost hat am Mittwoch beschlossen, die Gebührensentung in fol. gender Form durchzuführen:
Das Porto im Fernverkehr für Briefe wird von 15 auf 12 Pf. und für Postkarten von 8 auf 6 Bf. ermähigt. Bei Paketen tritt eine Ermäßigung| zwischen 10 und 15 Broz. ein. Diese Gebührenermäßigung fall vom 13. Januar ab gelten. Der der Reichspost dadurch entstehende Ausfall an Einnahmen wird auf 129 Millionen Mark jährlich geschäst.
Der Nationalsozialismus ist, unter großen historischen Gesichtspunkten betrachtet, eine innenpolitische Folge= erscheinung des außenpolitischen Druds, der seit dem Bertrag von Versailles auf unserem Bolte Tastet. Dieser Bertrag hat den Krieg abgeschlossen, aber er hat den Frieden nicht gebracht, weder für Deutschland noch für Europa . Der Kampf für die wirtschaftliche und politische über einem Jahrzehnt mit nie erlahmender Energie geführt Befriedung der Welt, den die deutsche Arbeiterbewegung seir hat, steht daher notwendigerweise im Zeichen eines unablässigen Kampfes gegen die von einer engstirnigen Machtpolitik diktierten Bestimmungen dieses Vertrages und gegen das politische System, das er geschaffen hat.
Einsichtige und weitblickende deutsche Staatsmänner, die ordnung unseres Bolles vertraten wie die Sozialdemokratie feineswegs die gleiche Auffassung von der sozialen Lebensund die Gewerkschaften, politische Persönlichkeiten von geistigem Format wie Rathenau und Stresemann haben den außenpolitischen Sinn dieses Kampfes der deut schen Arbeiterbewegung um einen echten Frieden denn auch intuitiv erfaßt und gemeinsam mit ihr an der großen und schwierigen Aufgabe gearbeitet, die politische und wirtschaftliche Souveränität unseres Boltes ungeschmälert wieder zugewinnen. Dagegen haben weite Schichten des Volkes ihn nie verstanden. Sie wollten ihn nicht verstehen, weil sie der von der Arbeiter egung angebahnten Entwicklung der deutschen Republik zu einem sozialen Boltsstaat mit innerer Fremdheit, ja mit wachsender Feindschaft gegenüber standen. Heute, in einer Zeit, in der die gewaltsamen Beschränkungen der politischen und wirtschaftlichen Bewegungsfreiheit unseres Bolles durch die Qualen und Nöte einer Wirtschaftskrise, die in der Geschichte des letzten Jahrhunderts ihresgleichen nicht hat, mit gesteigerter Bucht fühlbar werden, wendet sich ein großer Teil des mittleren Bürgertums, der Angestelltenschaft und der akademischen Jugend einer Partei zu, die in bewußtem haß erfüllten Gegensatz zur deutschen Arbeiterbewegung steht.
gebühren, die zur Erhaltung der Konkurrenzfähigkeit der Reichspoft gegenüber der Reichsbahn notwendig ist, etwa 30 millionen fojtet, jo.blieb fein Raum für eine entsprechende Ermäßigung per Borto föhe im Ortsverkehr. Damit wird man sich um so eher abfinden tönnen, als das Ausmaß der Breissenkung im Fernverkehr für Briefe 20 Broz, für Postkarten sogar 25 Broz. beträgt, also weit erheblicher ist. als die. beabsichtigte durchschnittliche Preissenkung. Große Enttäuschung wird es hervorrufen, daß es nicht gelungen ist, eine Sentung der Rundfunkgebühren durchzufeßen. Und mit Recht. Denn hier wären bei einer rein Dieser Beschluß des Verwaltungsrats, der nach wirtschaftlichen Betrachtung alle Voraussetzungen für die Senkung sehr heftigen Auseinanderschungen zugegeben. Der Rundfunk hat eine aufsteigende Entwidlung. Sie ist stande tam, weicht von den ursprünglichen Absichten der durch die Wirtschaftskrise nur verlangsamt worden. Troß des AnSoweit es Menschen der alten Generation sind, die dem Reichsregierung erheblich ab. Vorgeschlagen waren wachsens der Zahl der gebührenfreien Teilnehmer inner Nationalsozialismus heute ihre Stimme geben, waren fie Ermäßigungen an sieben verschiedenen Gebührensägen, halb eines Jahres von 40 000 auf 220 000 zieht die Reichspoft durch nicht unter den Männern zu finden, die es wagten, in der die insgesamt nur einen Ausfall von 125 Millionen die hohen Gebühren ständig steigende Erträge aus dem Rundfunk. Mark jährlich bringen sollten. Da Ermäßigungen an jo friedigen wird, so sicher ist, daß die Beschlüsse des Berlichem Handeln aufzubringen. Soweit die junge Geneso So wenig aber auch das Gesamtergebnis alle Interessen beschweren Zeit der Nachkriegsjahre den Mut zu verantwort vielen Stellen im Einzelfall nur geringfügig gewesen wären und eine sichtbare Wirkung auf die Preisgestal. maltungsrats den 3ntereffen der breiten Massen wäzen und eine sichtbare Wirkung auf die Preisgestal der Bevölkerung weit mehr entspremen als die ur tung weder direkt noch indirekt hervorgerufen hätten, so beschloß der Verwaltungsrat Gebührensenkungen iprünglichen Absichten der Reichsregierung. nur an zwei Stellen, nämlich bei den Portosäken im Fernverkehr und bei den Paketgebühren.
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Auch dieser Beschluß wird zweifellos nicht überall 3u
friedenheit auslösen. Das ist verständlich. Bei der Kritit muß jedoch beachtet werden, daß die Finanzlage der Reichso post sehr angespannt ist. Ihre Einnahmen gehen unter dem Einfluß der Wirtschaftskrise erheblich zurüd. Statt einer ermarteten Einnahme von 2200 Millionen im Jahre 1931 tann man nur mit 2040 Millionen rechnen. Durch Einsparung allein läßt sich der Fehlbetrag von 160 Millionen nicht decken. Die Reichspoft muß auf ihre Rücklage zurüdgreifen. Für die Senfung der Gebühren standen infolgedessen nur 95 Millionen aus der Ersparnts an Löhnen und Gehältern und 30 Millionen aus der allgemeinen Breisermäßigung zur Verfügung. Würde man die Gebühren um einen höheren Betrag gesenkt haben, so wären weitere Arbeiter entlaffungen größeren Umfanges die sichere Folge.
Je geringer der für die Ermäßigung der Gebühren zur Verfügung stehende Betrag ist, um so sorgfälliger muß geprüft werden, an welcher Stelle er eingelegt werden soll. Die Reichsregierung wollte die Ermäßigung in erster Linie den selbständigen Kreisen der Wirtschaft zugute fommen lajfen. Daher enthielt der Vorschlag des Reichspostministers neben der Senkung der Paketgebühr eine Ermäßigung für Drucksachen, der Einzelgesprächsgebühr im Ortsverkehr nicht aber der Grundgebühr somie der Fernsprechund der Telegrammgebühren. Sicher ist, daß diese Borschläge im wesentlichen fleinen Gruppen des selbständigen Internehmertums erhebliche Vorteile gebracht haben würden, und zwar wahrscheinlich ohne allgemeinen wirtschaftlichen Nuzeffekt. Wollte man, daß in erster Linie den breiten Maffen des Bottes eine unmittelbare Erleichte rung verschafft und daß die Preissenfungsaktion der Regierung auch von der Reichspoft fichtbar gefördert werde. so war der gegebene Weg hierfür, das start überhöhte porto der Briefe und Bostrarten herabzusegen.
Die amtliche Mitteilung.
Der neue Tarif.- Rene Briefmarken zu 6 und 12 Pfennig. Reihe wichtiger Postgebühren herabzusetzen, und zwar werden Der Berwaltungsrat der Deutschen Reichspost beschloß, eine gefentt: 450 gesenkt:
Die Gebühren für Fernbriefe bis 20 Gramm von 15 auf 12 Pf., für Fernbriefe von 20 bis 250 Gramm von 30 auf 25 Pf., die Gebühren für Briese über 250 Gramm bleiben unverändert.
Die Fernpofttatte toffet fünftig flatt 8 nur 6 Pf., die Poftfarte mit Antwort statt 16 nur 12 Pf.
Bei den Pateten werden in Zukunft lediglich die Beförderungsgebühren und nur im Falle der Zustellung vom Empfänger die Juffellungsgebühr von 15 Pf. für jedes Patet erhoben. Die Beförderungsgebühren betragen fünftig bis zu 5 Kilogramm in der ersten Zone 30 Pf., in der zweifen 3one 40 Pf. und in der dritten bis fünften Zone 60 Pf.
Ueber 5 kilogramm bis 10 kilogramm werden die Gebühren in der ersten Zone für jedes Kilogramin mit 5 Pf.. in der zweiten mit 10, in der driften mit 20, in der vierten mit 30 und in der fünften 3one mit 40 Pf. gestaffelt.
Bei Paketen über 10 kilogramm kilogramm beträgt diese Staffelung in der ersten Zone 10 Pf., in der zweiten 15, in der driften 20, in der vierten 25 und in der fünften Zone 30 Pf., außerdem wird der Freimachungszwang für Pakete aufgehoben.
Die Senkungen werden mit größfer Beschleunigung durchgeführt, jedoch erfordert die Herstellung neuer Postwert. 3eichen zu 6 und 12 Pf. und die technische Durchführung so daß die neuen Gebühren voraussichtlich wohl erst mitte der neuen Regelung des Paketverkehrs einen gewiffen Zeitraum, Januar in Kraft treten werden. Die nötigen Vorbereitungsmaßnahmen find vom Reichspoffminifterium bereits in Angriff ge
Die Ermäßigung des Briefportos um 3, des Kartenportos um 2 Pfennige bedeutet allein für den Fernverkehr einen Gebühranousfall non 99 millionen Mart. Da die Sentung der Batetnommen worden.
ration in Betracht kommt, die in ihrer Kindheit den Krieg, in ihrer Jugend die Jahre der Inflation erlebte und heute ohne Hoffnung auf eine gesicherte Eristenz oder eine anfteigende Laufbahn ins Leben tritt, wurde sie leicht zum Opfer jener historischen Legende, zu der von einer zielbewußten Propaganda die harte Wirklichkeit der deutschen Geschichte der legten anderthalb Jahrzehnte verfälscht worden deutsch empfindenden Persönlichkeiten ein Maß von Entist, eine Wirklichkeit, die den leitenden Staatsmännern als jagung auferlegte, das faum zu ertragen war. Es wurde noch bitterer und schwerer durch die Berleumdungen. denen sie preisgegeben waren. Unbekannt mit dem wirklichen Berlauf der deutschen Geschichte suchte diese verführte und tritiflose Jugend nach einem Schuldigen an dem Schicksal des Boltes und der Not des einzelnen und ließ sich willig überreden, daß das herrschende System und die Parteien, die sich schüßend vor die Weimarer Verfassung und die Rechte der Arbeiterschaft stellten, allen voran der ,, internationale Marrismus", für den Gewaltvertrag von Versailles , ja für den unglücklichen Ausgang des Krieges die Verantwortung trügen, ganz zu schweigen von der gegenwärtigen Not, der Verarmung der Mittelschichten und dem Elend der Arbeiterschaft.
Und diese Erfolge erzielte eine Partei, die feine einheitliche Weltanschauung, feine einheitliche geistige Haltung hat, es sei denn, daß die erregte und lärmende Unzufriedenheit mit dem gegenwärtigen System" unter den furchtbaren Verhältnissen der Gegenwart schon als eine Weltanschauung gelten fann. Aber eben weil sie sich mit dieser bloßen Berneinung begnügt, eben weil im übrigen ihr positives Programm banal wie eine Kinderftbel ist, kann sie heute, mp aus begreiflichen Gründen die Bitterkeit über das Ausweglose der Situation überall das vorherrschende Gefühl ist rechnen, wenn sie nur verspricht, die Berge, die wie ein und die kritische Einsicht lähmt, auf Massenbefehrungen Alpdruck auf dem Bolk lasten, zu versetzen, sobald fie an der Macht ist.
Die deutsche Arbeiterbewegung fann dieser Bewegung