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Nr. 3 49. Jahrgang

4. Beilage des Vorwärts

Der Berliner Konflikt.

Montag fällt die Entscheidung.

Der Gesamtverband ersucht uns um die Aufnahme fol­gender Darstellung des Konfliktes bei der BBG., den Gas- und Wafferwerken:

In der Deffentlichkeit wird die Meinung verbreitet, die Beleg­schaften der Berliner städtischen Gas- und Wasserwerke und der BBG. hätten unter dem Lohnabbau noch längst nicht so gelitten mie die Arbeiter der Privatindustrie. Wie irrig diese Auffassung ist, geht am deutlichsten aus einer Erhebung hervor, die der Gesamt­verband erst in diesen Tagen gemacht hat. Der Einkommens­verlust beträgt

durch Arbeitszeifverkürzung und Lohnabbau einschließlich des zehnprozentigen Abbaues auf Grund der Bierten Notverordnung bei den städtischen Gas- und Wasserwerfen für den ungelernten Arbeiter 52,60 m. pro Monat, für den angelernten Arbeiter 43,20 m. pro Monat und bei den Handmerkern 57,03 m. im Monat. Bei den Verkehrsa arbeitern ist der Lohnausfall wie folgt: für die Handwerker pro Monat 58,15 M., für die Fahrer und Schaffner 53,44 M., für die angelernten Arbeiter 54,15 m. pro Monat und für die ungelern­ten Arbeiter 48,92 m.

Die Einkommensminderung geht bis zu 30 Proz. des Gesamt­einkommens.

Das ist den Direktionen noch nicht genug. Unter Bruch des Tarifvertrages soll den Gas- und Wasserwerksarbeitern unter Berujung auf die Zweite und Dritte Notverordnung eine weitere Lohnfürzung von 4 Pf. pro Stunde auf­gezwungen werden. Bei der BVG. sollen die Tariflöhne um 1 bis 3 Pf. gekürzt und den Berheirateten die Frauenzulage genommen werden. Wenn man auch die Kinderzulage um 1 Bf. erhöhen will, ja kontmt das immer noch einer herabsetzung der Personal­unfosten der BVG. für Sozialzulagen um ungefähr die Hälfte gleich. Dazu kommt noch die Kürzung der Fahrzulagen usw. und die im Jahre 1931 erfolgte Kürzung der Frauen und Kinderzulagen, die bei dem Verheirateten mit einem Kind einen weiteren Einkommensverlust von rund 50 M. im Jahre zur Folge hatte.

Die Mindereinnahmen der Gaswerfe aus der Preis fenfung belaufen sich auf rund 6,2 Millionen Mark jährlich. Die Forderung des Stadttämmerers, daß die Abführung der Ueber­schüsse an die Stadt Berlin trotz der Gaspreissenkung nicht geringer

Morgen!

Eine schwache Hoffnung.

Morgen, Montag, fann sich erst in vollem Umfange heraus stellen, wie groß das kommunistische Massenstreik- Fiasto ist. Am Sonnabend ruhte in vielen Betrieben die Arbeit ohnehin, so daß in diesen Betrieben der Streit erst morgen beginnen könnte. Für Berlin mar ja auch der Streit in der Metallindustrie von vorn herein auf den 4. Januar festgesetzt. Im Ruhrbergbau aber mie auch im Wurmrevier und im Hamburger Hafen gann die Arbeit bereits am Sonnabend wieder. Von einigen all­gemein bedeutungslosen Ausnahmen abgesehen, ist

die Streifparole ins Wasser gefallen.

werden darf, wird durch die vom Kämmerer gleichzeitig, verlangte geringere Abschreibung und durch den zehnprozentigen Abbau der Löhne und Gehälter sowie der Ruhegelder voll erfüllt. Die über die Bierte Notverordnung hinausgehende, tarif­e über widrige Lohnfentung ist also nicht nöfig.w Bei den Wasserwerfen ist überhaupt feine Preis fentung erfolgt, so daß sich hier die Kürzungen der Löhne, Gehälter, Pensionen und Ruhegelder um 10. Proz. restlos zu gunsten der Berliner , Finanzen auswirken. Bei der BBG. wird die Herabseßung der Verkehrstarife ausgeglichen durch die zehnprozentige Lohnfenfung und den Erlaß der Beförde­rungssteuer. Zugleich darf auch nicht außer acht gelassen werden, daß bei diesen Gesellschaften im letzten Jahre neben dem Lohn­abbau eine Leistungssteigerung einhergegangen ist.

Troh Arbeitszeifverkürzung ist die Belegschaftsstärke bis zu 10 Proz. zurückgegangen.

Das Vorgehen der Direktionen ist auch nicht mit den Absichten der Reichsregierung in Uebereinstimmung zu bringen, die durch Mitglieder des Kabinetts wiederholt zum Ausdruck gebracht hat, daß eine zehnprozentige Senkung der Löhne der Arbeiter in den öffentlichen Betrieben zwar außerordentlich hart, aber unumgänglich sei. Sonderbar nrutet es auch an, daß in der letzten Aufsichtsrats­sigung der Gas- und Wasserwerke, die sich mit der Herab jegung des Gaspreises beschäftigte, den Aufsichtsrats mitgliedern nichts dapon mitgeteilt wurde, daß die Direktion sich mit dem Gedanken trage, über die zehnprozentige Kürzung hinaus noch meitere Abzüge vorzunehmen.

Die Situation in diesem Konflikt, der durch das tarifbrüchige Vorgehen der Direktionen überraschend schnell heraufbeschworen wurde, ist äußerst ernst. Die Direktionen dieser Betriebe dürfen sich darüber nicht im Zweifel sein, daß ihre aggressiven Maßnahmen von den Belegschaften angesichts der bis jetzt schon erfolgten enormen Lohnfürzungen nicht widerstands los hingenommen werden können. Auch die Aufforderung der KPD. , an der Streifabstimmung nicht teilzunehmen, wird an diesem Tatbestand nichts ändern. Nur von dem weiteren Berhalten der Direktionen hängt es ab, ob es in den nächsten Tagen in Berlin zu einem Arbeitskonflikt kommt, dessen Trag­weite sowohl hinsichtlich seiner wirtschaftlichen als auch politischen Folgen nicht abzusehen ist.

wirksam werden. Bekanntlich werden insbesondere die Berg arbeiter an der Ruhr wie in anderen Revieren besonders empfindlich von den Lohnkürzungen betroffen und mit ihnen einige andere Arbeitergruppen. Die Gelegenheit war also für die Streit macher auf Bestellung außergewöhnlich günftig. Der Einwand etwa, daß infolge des Burgfriedens die Streifparole in der KPD . Presse nicht ausgegeben und propagiert werden konnte, wäre für die KPD.- RGO. ein recht schwacher Trost. Die heimliche Propa­ganda ist an sich weit wirksamer..

Mit welchem Recht also fordert die KPD.- RGO. die Arbeiter= beschaft zum Streit auf, mit welchem Recht will fie dabei führen, menn sie denen, die sich ihrer siegreichen Führung unterstellen, außer ihren Barolen und Moskauer Märchen absolut nichts bieten fann.

Und es ist teine Prophezeiung, sondern nach allem die Feststellung einer logischen Schlußfolgerung, daß auch morgen wieder in Berlin in der Metallindustrie, im Gaswerk Lichtenberg , auch bei Daimler in Stuttgart oder sonstwo, die Streifparole der KPD. - RGO. menig Antlang findet.

Dabei wer felten zuvor die Mißſtimmung unter der Arbeiter­Dabei war felten zuvor die Mißstimmung unter der Arbeiter­schaft räumlich wie persönlich derart start wie gerade jetzt, wo die Lohnkürzungen mit einem Schlage in ganz Deutschland |

Inventur­

wirtschaftliche Lage der Arbeiterschaft irgendwie zu verbessern. Im Freilich, für die KPD. fann es nicht darauf ankommen, die Gegenteil, je größer die direkte Not, je stärker die Verzweiflungs ftimmung,

um so besser paßt es der KPD. in den kram. Die KPD. hat schon zuviel mit Arbeiteregiſtenzen geſpielt und durch Die KPD. hat schon zuviel mit Arbeiteregistenzen gespielt und durch ihre fpontan" ausgelösten wilden Streits mit den Arbeitern so oft Schindluder getrieben, daß selbst die mit der KPD. oder ihrer RGD.

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Gonntag, 3. Januar 1932

,, Sympathisierenden" es sich reiflich überlegen, bevor sie blindlings deren Parolen folgen.

Streifunterstübung ist eine reformistische" Einrich­tung. Der revolutionäre" JAH.- Ersaß aber, der sich zu photo­graphischen Aufnahmen für die fommunistische Bilderpreffe ver­merten läßt, macht keine Arbeiterfamilie satt. Wer heute noch Arbeit hat, setzt sie so leicht nicht aufs Spiel, falls nicht so menig dabei verdient wird, daß das Einkommen auf die Stufe der Unter­ftügungen herabjinkt. Den Glauben aber, daß heute ein Streif in zwei oder drei Tagen erfolgreich beendet ist, zumal bei den Forde­rungen, wie die Instanzen sie formulieren, den hat die KPD. selber nicht. In irgendeinem kleinen Betriebe oder einer Betriebsabteilung mit einem besonders dringlichen Auftrag, fann durch eine Ueber­rumpelungsattion gelegentlich ein Eintagserfolg erzielt werden. Obwohl die KPD.- Bresse mit solchen RGD.- ,, Erfolgen" gern para­diert, ist den Drahtziehern daran nichts gelegen. Ihre Absicht ist die ,, Verbreiterung der Streiffront". Weil die Arbeiter in einem Betriebe streifen, sollen die Arbeiter anderer Betriebe in den ,, Sym­pathieſtreit" eintreten,

die Streiflawine soll rollen

und alle Arbeiter mitreißen, bis aus dem Teilstreif ein- General­streit, ein politischer Massenstreit wird. Daraus wird also auch in dieser denkbar ungünstigen Situation der deutschen Arbeitnehmer­schaft vorläufig nichts.

Die erneut verkürzten Löhne sind bis Ende März festgelegt. Wie weit der Preisabbau bis dahin gediehen ist, bleibt ab­zuwarten, doch gegen besondere Auswüchse der politischen Lohn­fürzungsaktion muß von den Gewerkschaften Front geniacht werden, bis sie abgestellt sind. Ursprünglich sollten die Lohnfürzungen zur Wiederanturbelung der Wirtschaft dienen, dem Unternehmertum die Möglichkeit bieten, Auslandsaufträge hereinzubekommen. Davon ist nach dem Fehlschlag dieser Maßnahme nicht mehr die Rede.

Wenn wir uns mit den Gewerkschaften gegen die Streit­pläne der ,, revolutionären" Gewerkschaftsfeinde wenden, so, deshalb, weil sie gegenwärtig mehr denn je sinnlos, selbstzerfleischend find, ganz abgesehen davon, daß die RGO. nur wilde Streits führen kann, weder verhandlungsfähig und tariffähig, noch überhauptfähig ist, gewertschaftliche Streifs zu führen. Die Gewerkschaften lassen sich jedenfalls nicht in Streitaktionen ihrer Gegner hineinzwingen. Diese Stellungnahme darf jedoch keineswegs mit einer Anerkennung des jetzigen Zustandes verwechselt werden. Die Unterstellungen in der KPD.- Presse, die Gewerkschaftsführer hätten diesen Zustand mit herbeigeführt, ist so absurd, daß sie nur ganz verbohrte RGO.- Leuie als bare Münze nehmen.

Mehr denn je kommt es jetzt auf die Stärkung der Ge= wertschaften, auf das Vertrauen der Gewerkschaftsmit­glieder und die Mitarbeit in ihrer Gewerkschaft an, um im Frühjahr, sobald die Bahn wieder frei ist, die nötigen Maßnahmen mit Aussicht auf Erfolg treffen zu können zur Ueberwindung der Notverordnungslöhne.

Von den Streitschauplätzen liegen eine Reihe von Meldungen vor. In Mülheim ( Ruhr) murden 100 Personen verhaftet, von denen einige sich mit Flags blättern, Siebwaffen und Pfeffer versorgt hatten.

Im Bremer Hafen ist die Streitparole ebenfalls verpufft. Es lohnt nicht alle Einzelheiten hier aufzuführen, es ist überall das gleiche Bild: die groß angelegte Aktion ist ver pufft. Wo die RGO.- Leute als Streitmacher auftraten, sind sie von der Polizei verjagt worden.

,, Streif am 4. Januar." Metallarbeiterverband soll die Parole ausgeben.

In der Betriebsversammlung der Firma Frizz Werner, Marien­triebsratsvorsitzende Vogt erläuterte in fachlicher Weise die neuen felde waren von etwa 800 Beschäftigten 150 Anwesende. Der Be­Arbeitsbedingungen. Das große Schweigen, das dann eintrat, wurde von dem Arbeiterratsmitglied und Bezirksverordneten Vill­mod gebrochen, der den Vertreter des Deutschen Metailarbeiter­verbandes Marunde aufforderte, die Stellung des Verbandes und seiner Mitglieder zur Notverordnung darzulegen. Die RGO.­Anhänger, die behaupten, in diesem Betriebe organisatorisch vier­

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Beginn: 4. Januar

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