Nr. 3 49. Jahrgang
5. Beilage des Vorwärts Sofas,
Ja, so eine Kremserfahrt...
Moabiter Kleinigkeiten
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Frauen gegen ihre Männer
Man gerät in Moobit immer wieder in Gerichtsverhandlungen,| Das Gericht hatte Einsicht; es verurteilte die Ehebrecherin" statt die trotz der tragischen Verwicklungen eines humoristischen Untertones nicht entbehren...
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Antlagen wegen Ehebruchs sind schon an und für sich feine alltägliche Sache. Daß aber eine Frau gleichzeitig gegen ihren Mann und die Rivalin Anzeige wegen Ehebruchs erstattet, daß diese Frau bereits geschieden im Gerichtssaal die Anzeige gegen den geschiedenen Mann unter allen Umständen zurüd nehmen, dagegen die Rivalin auf alle Fälle hart bestraft sehen will, das erlebt man in Moabit schon ganz selten. Die geschiedene Frau aber fämpfte wie eine Lömin um ihren Mann und mic eine Hyäne gegen die Chebrecherin. Eine Zurücknahme der Anzeige war nicht möglich; das Gericht fand einen Ausweg. Es stellte auf Grund der Notverordnung das Verfahren gegen den Ehemann wegen Geringfügigkeit ein; blieb also allein die Ehe brecherin auf der Antlagebant zurüd. Eigentlich traf fie fast gar feine Schuld, wenn man hier überhaupt von Schuld" reden fanu. Auf der Kremserfahrt eines Vereins lernte sie den Mann kennen. Daß er verheiratet war, hatte er ihr nicht offen bart, sie hatte ihm ihren Namen und Adresse verschwiegen. Acht Tage später erschien er trotzdem bei ihr. Seitdem trafen sie sich des öfteren und waren eines Tages auf einem Maskenball des Bereins beisammen. Hier erst erfuhr die Freundin auf recht eigentümliche Weise, daß ihr Freund verheiratet ist: Na, Casanova, mit wem sitzt du denn da? Bin ich denn nicht deine richtige Frau? Begrüßte ihn seine Ehefrau. Die Freundin wollte von nun an nichts mehr von dem Manne hören. Sie schickte ihn immer wieder fort. Er ließ sich aber nicht abweisen. Bis eines Tages die angetraute Frau die Scheidungsklage einreichte und Anzeige wegen Ehebruchs erstattete. Der Strafbefehi lautete auf 1 Monat Gefängnis. Unmöglich! Sollte sie ihre Stelle als Berkäuferin verlieren. Hatte sie nicht ihre blinde Mutter zu ernähren? Also legte sie gegen den Strafbefehl Einspruch ein.
Bau des Rügendamms verzögert sich.
Ursache: Rückgang der schwedischen Währung.
Stellin, 2. Januar.
Die Borarbeiten für die Inangriffnahme des Rügen dammprojektes und die in lezter Zeit ergriffenen Maßnahmen sind auf neue Schwierigkeiten gestoßen. Als erste große Arbeit im Rahmen des Gesamtbauplanes waren Aufschüttungen für Dent Bau einer Ueberführung an der Greifswalder Chanffee bei Stralsund ausgeschrieben worden. Die Frist für die Berdingung lief am 23. Dezember ab. Nunmehr wurde den beteiligten Firmen mitgeteilt, daß die Submission aufgehoben worden sei, da die Finanzierung durch den Rückgang der schwedischen Währung erschüttert sei. Bis zur Klärung dieser Frage sollen jetzt allgemein alle vorgesehenen Arbeits ausschreibungen vorläufig unterbleiben.
Bon zuständiger Stelle wird mitgeteilt, daß eine Verzögerung des Baues zu erwarten sei, da sich die Schwedische Reichsbahn zur Zeit zur Hergabe der zugejagten 18- Millionen- Kronen- Anleihe außerstande sehe.
Wieder Kleidersammlungen der Winterhilfe.
Die Berliner Winterhilfe nimmt im neuen Jahr ihre Kleidersammlungen wieder auf, zunächst im Bezirk Treptom am 7. und 8. Jamuar. Die Wagen, wieder von der Reichswehr gestellt, durchfahren Treptow und Baumschulenweg
der verwirkten Gefängnisstrafe von 1 Woche zu 30 Mart Geld: strafe. Die Ehefrau wütete aber auf dem Korridor. ,, Was, 30 Mart, ich gebe mich nicht zufrieden. Weshalb wurde ich nicht vernommen! Heißt das Recht sprechen?"
Der Ehemann kommt durch den Schornstein.
In einem anderen Fall hatte die Frau gleichfalls gegen ihren Mann Anzeige erstattet; allerdings nicht wegen Ehebruchs, sondern wegen Einbruchs. Die Sache hörte sich von beiden Seiten ganz amüsant an. Glaubt man dem Ehemann, war die Frau an allem schuld. Solange er seine 50 Mart wöchentlich verdiente, gab es Frieden im Hause; seitdem er arbeitslos war, nichts anderes als Krach. Und schließlich wurde er ohne Sachen an die Luft gesetzt. Auch das Bankscheckbuch behielt die Frau. Hatte er nicht auch ein Anrecht auf das ersparte Geld? Also stieg er durch das Fenster in die Wohnung ein, holte das Schedbuch, hob 300 Mark von der Bank ab und legte das tostbare Büchlein wieder auf die alte Stelle zurück. Die Frau hatte aber den Berlust gemerkt; von nun an verschloß sie nicht nur die Türen, sondern auch die Fenster. Was macht nun der Mann? Er steigt vom Keller aus in den Schornstein, flettert bis zur Stelle, wo er die Küche vermutet, nimmt einige Ziegelsteine heraus und ist nunmehr in der Wohnung; bündelt seine Sachen zusammen und steigt durchs Fenster ins Freie. Die Frau aber erstattet Anzeige wegen Einbruchs. Ihre Entrüstung hält auch vor Gericht an. Allein der Mann ist am Ehezwist schuld; versoffen hat er all sein Geld, seine Arbeitslosenunterstügung an einem Lage durchgebracht. Nichts gehört ihm, rein gar nichts. Die ganze Wohnung hat er ihr ausgeleert. Keine Strafe ist hoch genug für den ,, Ker!".
Das Gericht sieht die Sache nicht so tragisch an; es verurteilt den Mann zu sechs Wochen Gefängnis und billigt ihm auch Be= währungsfrist zu. Er nimmt die Strafe sofort an. Wenn die Frau tönnte, fie legte bestimmt Berufung ein...
am 7. Januar; Dberschöneincide, Niederschöneweide und Johannis: that am 8. Januar; Adlershof und Allt- Glienice an beiden Tagen. Der Bedarf an warmer Kleidung, besonders Unterkleidung, Männerund Kinderkleidung, ist sehr groß. Darum gebe jeder, der noch Brauchbares entbehren fann, am besten bereits verpackt, die Schuhe zu Baaren gebunden, die Wäsche gewaschen. Die Sachen werden durch die Winterhilfe desinfiziert, ausgebessert und dann ohne Aus: nahme völlig unentgeltlich an Bedürftige ausgegeben. Möbel und ähnliche Gegenstände fönnen bei diejer Kleidersammlung nicht mitabiransportiert werden.
Aufruf zum Wiederaufbau des Stuttgarter Schlosses. Das württembergijdje Staatsministerium und der Oberbürgermeister von Stuttgart erbitten in einem Aufruf die Beihilfe der Oeffentlichkeit zum Wiederaufbau des Alten Schlosses in Stuttgart . In dem Aufruf heißt es: Die württembergische Staatsregierung ist entschlossen, die Trümmer nicht dem Verfall und Untergang preiszugeben, sondern den prachtvollen Kern im Stadtbild zu erhalten, und
soweit
es mit der fünftigen Verwendung des Baues in Einklang steht wieder herzustellen. Wir wenden uns an alle Württemberger und Freunde unseres Landes, die in dieser schweren Notzeit noch in der Lage und gewillt sind, einen Beitrag für das vaterländische Werk zu geben.
Die Heinrich- Schliemann- Schule( früher Quisenstädtisches Gymnasium) ist Die einzige höhere Lehranstalt im Norden und Nordosten Berlins , die in fich Gymnasium und Realgymnasium mit gemeinschaftlichem Unterbau( IV- VI) pereinigt. Die Entscheidung darilber, melche der beiden Schularten gewählt merden foll, wird also erst mit dem Eintritt des Schülers in die Untertertia( nach drei Jahren) getroffen. Anmeldungen für den Ostertermin werden schon jest vor. mittags in Gojulgebäude Gleimstr. 49( Direktorzimmer) cutgegengenontmen.
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Sonntag, 3. Januar 1932
Gegen Gewalttätigkeit.
Auch unpolitische Vergehen fallen unter Notverordnung.
Der Dritte Strassenat beim Rammergericht hat jetzt in einem Urteil grundsäglich festgelegt, daß sich der§ 5 der Notverordnung des Reichspräsidenten zur Bekämpfung politischer Ausschreitungen vom 28. März 1931 nicht nur auf Fälle beschränkt, die mit politischen Ausschreitungen im Zusammenhang stehen.
In dem alle, den das Kammergericht abzuurteilen hatte, war eine Ehefrau von ihrem von ihr getrennt lebenden Manne auf offener Straße aufgelauert und mit einem Revolver bedroht worden. Der Dritte Strassenat hat den Mann wegen Bedrohung, unbefugten Waffenbefizes und Vergehens gegen§ 5 der Notverordnung von 28. März 1931 verurteilt. Warum der Senat zu einer Berurteilung wegen Vergehens des§ 5 dieser Notverordnung gekommen ist, obwohl es sich bei dem Zusammenstoß der Eheleute erwiesenermaßen um teinen politischen handelte, meder Mann noch Frau waren politisch organisiert, hat das Kammergericht in grundsätzlicher Stellungnahme begründet.
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Nach§ 5 der Retverordnung werde bestraft, so sagt das Kammergericht, wer eine Schußwaffe unbefugt führe und eine Gemalttätigkeit mit ihr gegen einen anderen begehe. Der§ 5 be= schränke sich demnach nicht auf Fälle, die mit politischen Ausschreitungen in Zusammenhang ständen, wie der Wortlaut besage. So bestimme auch der§ 1 eine Anmeldepflicht für alle Versammlungen und Aufzüge unter freiem Himmel und lasse Ausnahmen nur bei solchen Veranstaltungen zu, die jedes politischen Einschlages entbehren, wie bei Leichenbegängnissen, Hochzeitszügen, Prozessionen und Wallfahrten. Der in den§ 2 und 3 angeführte Tatbestand stehe nicht mit politischen Ausschreitungen in Zusammenhang. Lediglich der§ 4 schreibe die Anmeldepflicht für Personenfahrten auf Lastkraftwagen nur vor, wenn die Fahrt zu politischen Zwecken stattfinde.
Das Kammergericht habe auch die Dritte Notverordnung des Reichspräsidenten zur Sicherung von Wirtschaft und Finanzen und zur Bekämpfung politischer Ausschreitungen vom 6. Oktober 1931 herangezogen, in der die Notverordnung vom 28. März 1931 abgeändert worden sei. Hiernach finde die Notverordnung in bezug der§§ 2 und 3 teine Anwendung mehr, wenn ein politischer Zwed mit der Tat nicht verbunden gewesen und eine Störung der öffent lichen Ordnung nicht eingetreten sei, während der§ 5 unverändert bestehen geblieben sei. Das Kammergericht betont schließlich, daß die Notverordmung erfassen worden wäre, un politische Ausschreitungen zu bekämpfen. Diesen Zweck wolle sie dadurch erreichen, daß sie jede Gemalttätigteit mittels Schußwaffe, gleichgültig ob politischer Natur oder nicht. unter Strafe stelle, um Gewalttätigkeiten überhaupt zu verhindern.
Doppelte Lohnfarten quittiert. Unterschlagungen des Koffierers einer Beamtensiedlung. Der Vorstand der Post Siedlungsgenossenschaft, die an der Bajewalker Chaussee die Post Siedlung Suds. Dorff verwaltet, hat bei der Kriminalpolizei gegen den seit 1926 als Kassenwart tätigen Postinspektor F. Börger Anzeige wegen fortgesetter Unterschlagung erstattet. Bei einer Kassenrevision wurde festgestellt, daß der Beschuldigte feit lebernahme der Kassengeschäfte von den bei der Post- Siedlung beschäftigten Arbeitern Doppel- Lohnfarten hatte quittieren lassen, um die von ihm aus der Kasse entnommenen Beträge decken zu können. Die Prüfung der Unterlagen hat ergeben, daß Unterschlagungen in Höhe von etwa 20 000 Marf vorliegen. Von einer Festnahme des Inspektors wurde Abstand genommen.
Abrüftungskonferenz und moderne Kriegführung. Am Vorabend der Ab. rüstungstonferenz veranstaltet die Internationale Frauenliga für Frieden und Freiheit am 28. und 29. Januar 1932 im Solle d'Athénée in Genf , eine internationale Egpertenfonferenz, welche die iteuesten Erfindungen der Wissenschaft und Technit im Dienste des Krieges be. handeln wird.
Während der Ausverkaufszeit:
2 SONDERPREISE für DAMENSCHUHE
650
MARK
SALP
NDER
AMAND
9.50
SALAMANDER