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BERLIN  Dienstag 5. Januar 1932

Der Abend

$ 14

Erscheint täglich außer Sonntags. Zugleich Abendausgabe des Vorwärts". Bezugspreis für beide, Ausgaben 75 Pf. pro Woche, 3,25 M. pro Monat davon 87 Pf. monatlich für Zustellung ins Haus) im voraus zahlbar. Voft bezug 3,97 m. einschließlich 60 Pf. Postzeitungs­und 72 Pf. Postbestellgebühren.

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Spalausgabe des Vorwärts"

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10 Pf.

Nr. 6 B 3 49. Jahrgang

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14 Bergleute eingeschloffen

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Grubenkatastrophe in Beuthen   Wenig Aussicht auf Rettung

Beuthen  , 5. Januar.

Auf der Karsten Zentrums- Grube erfolgte am Mon­

tag um 18 Uhr ein heftiger Gebirgsschlag, der eine Vorrichtungsstrecke und zwei benachbarte Abbau­

Mussolini gegen den Vorwärts"

ſtrecken in Mitleidenschaft zog und einen großen Wutschreie über unseren Kampf gegen den Faschismus- Ein freiwilliger Agent

Bruch verursachte, durch den fünfzehn Berglente abgeschnitten wurden. Die sofort unter Mitwirkung der Bergbehörde einsetzenden Rettungsarbeiten konnten nach kurzer Zeit einen Fördermann unverleit ans Tageslicht bringen. Gegen 20% Uhr erfolgte ein weiterer Gebirgsschlag,

Mussolinis pöbelt den Vorwärts" an

Vor dem Schöffengericht Berlin- Mitte hatte sich heute morgen| der Herausgeber der ,, Grünen Briefe", Sontag, wegen formaler Beleidigung und übler Nachrede zu verantworten. In einem Leit­artikel vom 5. März 1931 hat er gegen den Pressechef der Reichs­der die Rettungsregierung, Ministerialdirektor Dr. 3 echlin, Borwürfe erhoben, die der Reichsregierung Anlaß gegeben haben, gegen Sontag Strafanzeige zu erstatten. In diesem Artikel, der nichts anderes als den Ausfluß der Heßtampagne gegen Reichspressechef Dr. Zechlin darstellt, hieß es u. a.:

arbeiten gefährdete. Von dem Schicksal der abgeschnitte nen vierzehn Vergleute ist zur Zeit noch nichts bekannt. Die Rettungsarbeiten werden mit allen Kräften fort­gesezt.

Unflarheit über die Erderschütterungen.

Erst in den Morgenstunden des Dienstag verbreitete sich in Beuthen   die Nachricht von dem schweren Unglück auf der Karsten­Zentrum- Grube und rief allgemeine Bestürzung hervor. Zahlreiche Einwohner hatten zwar am Dtontagabend die heftigen Erdstöße verspürt, durch die der Streckeneinsturz auf der Grube hervorgerufen worden ist, doch mar von dem Unglüd selbst zunächst nichts bekannt geworden. Erderschütterungen ähnlicher Art haben sich im ober­fchlesischen Industriegebiet in der lehten Zeit mehrfach ereignet; über ihre Ursachen besteht noch feine völlige Klarheit.

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Die Karsten 3entrum Grube liegt ziemlich meit außerhalb der Stadt in dem früher selbständigen Vorort Karf. Die eingestürzte Etrecke befindet sich abseits des Grubenzentrums; auf ihr arbeiteten glücklicherweise mur verhältnismäßig wenig Leute, der Hauptteil der Grubenbelegschaft wurde nicht gefährdet.

Die Stelle, an der die 14 Bergleute verschülfet worden sind, ist genau bekannt. Trotzdem blieben alle Verfuche, dorthin vor­zudringen bisher erfolglos.

Ungeheure Gesteinsmassen erschweren den Rettungstolonnen den Weg, und es ist nicht abzusehen, wann das Geröll beseitigt sein wird. Dazu kommt, daß die Bergungsmannschaften selbst in stän

Wenig Aussicht auf Rettung.

Das Oberbergamt teilt heute morgen um 7 Uhr mit: Auf der Karsten- zentrum- Grube gehen die Rettungsarbeiten nur sehr langsam vorwärts. Das Gebirge befindet sich immer noch in Bewegung. Mit den verschütteten 14 Leuten fonnte noch teine Berbindung aufgenommen werden. Es muß damit gerechnet werden, daß sie tot find. Die Rettungsarbeiten werden mit allem Nachdrud fortgefeht.

Noch feine Entscheidung!

Die Verhandlungen im Berliner   Werkstonflift. Zur Beilegung des Lohnkonflikts in den Städtischen Gas- und Wasserwerken und der BVG. wurden heute vormittag im Berliner   Rathaus nochmals Verhand­lungen geführt. An den

der Linkspresse gegenüber Italien   nicht mit der gebotenen amtlichen Pflichterfüllung entgegentrat. In Zukunft fönnen sich nach dieser Richtung Konflitte ergeben, die das Verhältnis der deutschen   Re­gierung mit Italien   weiter erschweren würden.

Die Beleidigung und die üble Nachrede wird in der Hauptsache

in dem Vorwurf der einseitigen Informierung des Reichspräsidenten und im Unterlassen der amtlichen Pflichterfüllung beim Entgegen­wirfen gegen die Angriffe der Linkspresse gegenüber Italien   erblidt. In der heutigen Verhandlung führte Landgerichtsdirektor Ziegel; die Anflage wurde vom 1. Staatsanwalt Lauz vertreten. Der Angeflagte wurde vom R.-A. Dr. Fren verteidigt. Mini­ſterialdirektor Dr. Zechlin war als Nebenfläger zugelassen und wurde von den Rechtsanwälten Dr. Simon und Dr. Cohn vertreten.

Nach Berlesung des inkriminierten Artikels erhielt der An­geflagte Sontag das Wort zu einer Erklärung. Er führte ungefähr folgendes aus: Ich habe den Artikel in dem Augenblic geschrieben, als die Zollunion zwischen Deutschland   und Desterreich abgeschlossen merden sollte. Italien   war Deutschlands  Freund vor dem Kriege und Mussolini   ist nach dem Kriege in Europa   der beste Freund Deutschlands  . Im Augenblid des Ab­schlusses der Zollunion habe ich deshalb für erforderlich gehalten, dem unverschämten Angriff des Borwärts" entgegenzutreten. Die Grünen Briefe" haben stets behauptet,

Aber etwas anderes ist der Betrachtung wert. Man glaubt, in Rom   die Beobachtung gemacht zu haben, daß es der fozialdemokratische Reichsprejfechef Dr. 3echlin ist, der im Dienst der antifaschistischen Liga arbeitet und gerade dann, wenn unsere Linksblätter Standalmeldungen über und gegen Italien   zur Veröffentlichung bringen, mit dem Widerruf zögert. Auf den Genossen Zechlin  , der bekanntlich seinen besonderen Einfluß auch auf den Reichspräsidenten geltend zu machen weiß, wird es zuridgeführt, daß die deutsche   Lints presie gegen Mussolini   einen Ton anschlagen darf, den man in der Sprache der internationalen Diplomatie als ungehörig zu bezeichen pflegt. Versuche, diesen eifrigen Genossen und er­flärten Feind Italiens   aus seinem Amt zu entfernen, sind fehl geschlagen, weil die Sozialdemokratie als Bundesgenossin Brünings Wert auf die Tätigkeit Zechlins als des Vertrauensmannes inner­halb der sogenannten bürgerlichen Reichsregierung legt. Daß 3echlins Amtierung auch bei der Rechten start angefochten wird, weil er Hindenburg   durch einseitige Bericht­erstattung zu beeinflussen wisse, darf als bekannt vorausgesetzt merden. Nun gab es in der letzten Zeit einige Fälle, in denen Erst wenn diese Feinde überwunden sein werden, wird der Aufbau Zechlin   in seiner Eigenschaft als Reichspressechef den Anfeindungen Deutschlands   möglich sein. Ich will nicht für großsprecherisch er­

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das deutsche   Bolt habe nur zwei Feinde: einen inneren Feind in der Sozialdemokratie und einen äußeren Feind in Frankreich  .

Hochwasser sinkt

Schwere Ueberschwemmungsschäden in Mittel- und Westdeutschland

Das Hochwasser in den mittel- und westdeutschen Bergen, her-| hoch unter Wasser. Die Ställe mußten schleunigst geräumt und das vorgerufen durch die Schneeschmelze in den höchsten Gebieten, scheint schnell abzulaufen. Eine dirette Gefahr ist im Augenblick abgewendet, wenn auch in einigen Gebieten das Waffer noch weite Streden überflutet und Schäden verursacht.

3m fächsischen Erzgebirge  .

Vieh in Sicherheit gebracht werden. Auch das Oberdorf fam in die Gefahr, von rückwärts überflutet zu werden, da sich die Waffermengen am alten Kinzig- Damm stauten und zurückgedrängt wurden. Es wurde fieberhaft gearbeitet, um den Fluten einen neuen Abzugsweg zu schaffen. An der Einbruchsstelle der alten Kinzig wird ebenfalls versucht, die Wassermassen zu dämmen, was bis gegen Mitetrnacht auch zeitweise gelungen war.

Noch eine Klagges- Kaserne!

Enerträgliche Provokationen im Lande Braunschweig  . Braunschweig  , 5. Januar.  ( Eigenbericht.) In Schöningen   haben die Nazis eine weitere

dem Oberbürgermeister und seinem Stellvertreter die unterbrochen und die elektrische Leitung zerstört. Aehnliche Nach A. Kaserne eingerichtet, so daß sie jetzt im Lande

Dirktoren der Gas- und Wasserwerke, der BVG., der Stadtkämmerer und zwei Vertreter des Gesamtverban­des teil. Die Verhandlungen, die um 11 Uhr begannen, sind bei Redaktionsschluß noch nicht beendet.

Chemnih, 5. Januar.  ( Eigenbericht.) Der plötzliche Witterungsumschlag und das Regenwetter( Anna­ berg   meldet in 24 Stunden 25 Millimeter, der Fichtelberg 71 Milli des westlichen und östlichen Erzgebirges Hochwasser führen. Zahl meter Niederschlag) haben zur Folge gehabt, daß fast alle Flüffe reiche Ortschaften melden Ueberschwemmungen und schwere Schäden, die durch die Fluten verursacht worden find. In Flöha   haben die Wassermassen die Verbindung zwischen den einzelnen Ortsteilen richten liegen aus Frankenberg   und Mittweida   vor. Staatsstraße Chemnik- Annaberg steht bei Harthau unter Wasser, sie mußte gesperrt werden. In der Stadt Chemniß ist von der Polizei der Verkehr schwerer Fuhrwerke auf den Brücken im Stadtgebiet bis auf weiteres untersagt worden. Für die Straßenbahn wurde stellenweise Bendelverkehr eingerichtet. Die Feuerwehr hat in der überschwemmten Umgebung vielfach Pionier­umfpülten Gehöften zu retten.

Die

Braunschweig   fünf derartiger Kasernen besiken. In der Schöninger Kaserne sind vielfach aus preußi­schem Gebiet stammende Hakenkreuzler ein­quartiert, die gegen die Bevölkerung einen unerträg­lichen Terror ausüben. Nachdem sie schon in der Silvesternacht ahnungslose Passanten vom Dache aus

Schwäbische Tagwacht beschlagnahmt! pontons eingefeht, um Menschen und Bich aus den vom Wasser mit Steinen beworfen hatten, machten sie in den letzten

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3m Hanauer Land.

Kehl  , 5. Januar.

Ein Streich des Stuttgarter Polizeipräsidiums. Stuttgart  , 5. Januar.  ( Eigenbericht.) Auf Grund der 4. Notverordnung des Reichs präsidenten ist heute die Schwäbische Zagwacht", Reht hat das Gebiet östlich Kehls bis nach Auenheim   bedroht. Der am Montag gemeldete Dammbruch der Kinzig bei bas Zentralorgan der Sozialdemokraten Württembergs, Durch die entstandene Lüde des Dammes ergoffen sich ungeheure durch das Polizeipräsidium beschlagnahmt worden. Bassermassen in das neue Flußbett, das diese nicht mehr fassen Die Beschlagnahme erfolgte wegen einer heftigen fonnte und rasch überflutete. In hohen Wellen wälzten sich die Kritik an dem langsamen Tempo der Voruntersuchung Wasser in das Borgelände des ehemaligen Ererzierplazes nach gegen Be it und Genossen beim Reichsgericht. Auenheim   zu. Bald stand das ganze Neudorf einen halben Meter

des

Tagen eine regelrechte Jagd auf Reichs­banner- und SAJ. Mitglieder. Mit Tot schlägern und anderen Waffen fielen die Hakenkreuz­rowdys über einzelne Arbeiter her und richteten sie übel werden von den Erneuerern Deutschlands  " un sittlich zu. An der Nazifaserne vorbeikommende Frauen belästigt. Der Arbeiterschaft der Stadt Schöningen  , belästigt. Der Arbeiterschaft der Stadt Schöningen  , die seit Jahren eine sozialistische Mehrheit auj­weist, hat sich wegen der planmäßig organisierten Ueber: fälle eine große Empörung bemächtigt.