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Morgenausgabe

Nr. 7 A 4

49.Jahrgang

Wöchentlich 75 Bf., monatlich 3,25 M. ( davon 87 Pf. monatlich für Zustel Tung ins Haus) im voraus zahlbar. Boftbezug 3,97 M. einschließlich 60 Pf. Bostzeitungs- und 72 Pf. Poftbestellge bühren. Auslandsabonnement 5,65. pro Monat; für Bänder mit ermäßig tem Drucksachenporto 4,65 M.

Der Borwärts erscheint wochentag lich zweimal, Sonntags und Montags einmal, die Abendausgabe für Berlin und im Handel mit dem Titel Der Abend", Jllustrierte Sonntagsbeilage Bolt und Zeit".

Vorwärts

Berliner Bolksblatt

Mittwoch

6. Januar 1932

Groß- Berlin 10 Pf.

Auswärts 15 Pf.

Die einspalt. Nonpareillezeile 80 Pf. Reflamezeile 5,- RR. ,, Kleine An­zeigen" das fettgedrudte Wort 25 Pf. ( zuläffig zwei fettgedruckte Worte), jedes weitere Bort 12 Pf. Rabatt It. Tarif. Stellengesuche das erste Wort 15 Bi., jebes weitere Wort 10 Pf. Worte über 15 Buchstaben zählen für zwei Worte. Arbeitsmarkt Beile 60 Pf. Familien­anzeigen Zeile 40 Bf. Anzeigenannahme im Hauptgeschäft Lindenstraße 3, wochen­täglich von 8 bis 17 Uhr. Der Berlag behält sich, das Recht ber Ablehnung nicht genehmer Anzeigen vor!

Bentralorgan der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands

Redaktion und Verlag: Berlin SW 68, Lindenstr. 3

Fernspr.: Dönhoff( A 7) 292-297. Telegramm- Abr.: Sozialdemokrat Berlin .

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Winterhilfe gibt billige Kohlen. Braungelbe im Betriebe.

Auch verbilligtes Fleisch für Bedürftige.

Bezugsstellen für verbilligte Kohlen find alle Kohlenverkaufs­ftellen, die sich bereit erklären, den Bezugsschein in Zahlung zu nehmen und den sonst gegebenen Borschriften zu entsprechen. Die Verkaufsstellen werden durch Aushang tenntlich gemacht.

Im Rahmen der Winterhilfe hat die Reichsregierung| fühlen Personen und für die Empfänger von Zufahrente nach dem weitere Mittel zur Verfügung gestellt, um für die nächsten Monate Reichsversorgungsgesetz durch die Dienststellen der öffentlichen Für­neben der seit Mitte Dezember im Gange befindlichen Fleisch- forge. verbilligung eine Kohlenverbilligung für die hilfs­bedürftige Bevölkerung durchzuführen. Die näheren Be­ftimmungen enthalten einen gemeinsamen Erlaß des Reichsarbeits­ministers und des Reichsministers des Innern vom 23. Dezember 1931. Danach find zur Teilnahme an der Kohlenverbilligung be­rechtigt alle Hauptunterstühungsempfänger der Arbeitslosenversicherung und der Krisenfür forge, die Familienzuschläge erhalten, ferner die von der öffentlichen Fürsorge laufend als Hauptunterstützte in offener Fürsorge Unterstützten, die einen eigenen Haushalt führen, und schließlich Empfänger der Zufahrente nach dem Reichsversorgungsgesetz, soweit sie einen eigenen Haushalt führen und ausschließlich auf Rente und Zufahrente angewiesen find. Das Berfahren ist in ähnlicher Weise geregelt wie bei der Fleischverbilligung. Es werden Bezugsscheine ausgegeben, die nicht übertragbar sind, und zwar für die Hauptunterstühungsempfänger der Arbeitslosenversicherung und der Krisenfürsorge durch die Ar­beitsämter, für die von der öffentlichen Fürsorge laufend unter- tes Fleisch zur Ausgabe.

Jeder Berechtigte fann monatlich zwei Zentner ver­billigter Kohlen erhalten. Der verbilligte Preis muß für den Zentner 30 Pf. unter dem Tagespreis oder, fofeth für Unterstützungsempfänger durch Preisnachläffe der Kohlensyndi­fate und des Groß- und Kleinhandels fawie durch Frachtermäßi­gungen oder durch Ermäßigungen auf Kosten des Fürsorgeverban­des bereits Preisverbilligungen erzielt find, 30 P. unter diesen verbilligten Preisen liegen. Die Verbilligung wird für alle, Arten von Kohle, auch für Braunkohle, gewährt. Der erste für den Monat Januar gültige Bezugsschein mit zwei auf je ein Zentner Kohle laufenden Abschnitten wird im Laufe dieses Monats ausgegeben werden. Gleichzeitig gelangt ein weiterer, vier Wochen umfassender Bezugsschein für verbillig­

Brunnenvergiftung.

Hibler- Knaben rüffen zum Sturm".

Bei den Nazis fünden sich wieder einmal große Aktionen an. Herr Goebbels proflamiert die Eroberung der Betriebe. Eine Sturmwelle- drunter tun es die Nazis nicht- ist für den Januar fällig. Der Hib"( es flingt wie saures Auf­stoßen und bedeutet die Nazi- Zellen) soll in alle Betriebe ein­bringen, soll die ,, marristische Best" daraus vertreiben und die Fabriken zu nationalsozialistischen Hochburgen machen.

So ungefähr steht es auf den Vorschußlorbeerblättern geschrieben, die der Angriff" sich freigebig streut. Wir sehen dieser Offensive mit Ruhe entgegen. Denn gerade die Proletarier in den Großbetrieben haben einige Erfahrung darin, wohin es führt, wenn sie sich durch phrasenhafte An­fündigungen und wilde Parolen einfangen lassen. Sie wer­den die ,, ib" ler- Knaben sehr ruhig und entschieden vor die Frage stellen: Ihr wollt die Betriebe erobern. Schön. Aber wenn ihr darin seid, was wollt ihr dann tun? Ihr wollt den Marxismus aus den Betrieben vertreiben. Aber was wollt ihr an seine Stelle segen? Eure braunen Hemden sehen uns verdächtig unecht aus, fie scheinen früher einmal in all gelb gewesen zu sein und erst durch das dauernde Wälzen im Dreck einer verlogenen Agitation sich braun gefärbt zu haben."

Vielleicht wird auch ein Betriebsarbeiter sagen: ,, Was soll eure Phrase von der margistischen Pest? Was wißt ihr, was wissen eure Prinzen, Generäle und Studentlein überhaupt davon, was Marrismus bedeutet? Habt ihr auch nur eine einzige 3eile von Karl Mary gelesen? Wißt ihr überhaupt, was Karl Marg gelehrt hat?

Genfer Gerücht eines französischen Investigationsantrages gegen Deutschland . Nun wohl, dann will ich es euch einmal auseinanderseßen."

Die Telegraphen- Union", meldet aus Genf :.. Der als gut unterrichtet bekannte Pariser Berichterstatter des Journal de Genève, der gleichzeitig als Außenpolitiker des Journal des Débats " tätig ist, berichtet am Dienstag, daß in gewissen französischen Kreisen die Absicht befiehe, gleich zu Beginn der Abrüftungskonferenz, und zwar jobald die Arbeiten der Konferenz organisiert jeien, den Antrag auf Untersuchung des tatsächlichen Standes der deutschen Rüftungen der Konferenz vorzulegen.

Diese Belehrung sieht dann etwa so aus: Als vor drei Menschenaltern der Kapitalismus auffam, war die Lage der ersten Arbeitergeneration fürchterlich. Schulos war sie allen Ausbeutungen des Kapitals preisgegeben. Es gab feine Versicherung gegen Krankheit, Unfall, In­validität, es gab teine Betriebsaufsicht, feine Gewerbepolizei. Reine Gewerkschaft nahm sich der Arbeiter an. allen fich der Arbeiter an. Sie hatten weder Koalitions­noch Wahlrecht. Am Lohntag wurden sie um ihren minimalen Lohn betrogen und bekamen anstatt Geld schlechte waren angehängt. Von all dem könnte man noch stunden­lang erzählen."

beider. Länder bis zum Beginn der Abrüstungskonferenz in vier Wochen in die nötige verhette Stimmung versetzt wird. Gerade weil wir diesen verderblichen Treibereien ent­schiedenen Widerstand leisten und an die Richtigkeit der er wähnten Behauptung nicht glauben, halten wir es für dringend geboten, daß die französische Regierung ihr unver­züglich ein unmißverständliches Dementi ent­gegenseze. Darüber hinaus erwarten wir von allen Regierungen, insbesondere von der französischen und von der Eine derartige Untersuchung würde sich auf den Artikel 213 des deutschen , daß sie die Zeitungen ihrer Länder ermahnen, be­Versailler Bertrages ftüßen, der ausdrücklich vorfehe, daß der Bölker- sonders in den nächsten Wochen, die bestehende Pressefreiheit bundsrat jederzeit, und zwar mit einfacher Mehrheit, eine nicht durch Falschmeldungen zum Zwecke der Völker­Untersuchung des Rüstungsstandes Deutschlands anordnen fann. verhehung zu mißbrauchen. Diese Investigation", die naturgemäß außerordentlich ernst fein würde, würde geraume Zeit in Anspruch nehmen. Die Ab­rüftungskonferenz werde sodann ihre Arbeiten bis zur Beendigung der Untersuchung des deutschen Rüstungsstandes unterbrechen. 2iuf diese Weise tönnten, wie der Berichterstatter ausdrücklich hinzu­fügt, gewiffe bestehende Schwierigkeiten praktischer Natur über­wunden werden. Es stehe allerdings noch nicht endgültig fest, ob diese Absichten durchgeführt würden, jedoch müsse ausdrücklich das Bestehen dieser Absichten festgestellt werden.

Die Mitteilung des Pariser Berichterstatters des Journal de Genève verdient außerordentliche Beachtung. Sie zeigt zum

Lausanne erst am 25. Januar?

Das wäre viel zu spät.

Nach einer Meldung der Telegraphen- Union aus Basel soll die Lausanner Konferenz erst am 25. Januar, also um eine volle Woche später als zum ursprünglich vorgesehenen Termin beginnen. Bundespräsident Motta wird als Vertreter der gast­gebenden Schweiz der Eröffnungssigung beiwohnen.

allermindesten den Geift, in dem maßgebende Kreise in an der Eröffnung der Weltabrüstungskonferenz teilnehmen sollen,

Frankreich die Berhandlungen auf der Abrüftungskonferenz zu führen gedenken. Die französischen Absichten sind weiterhin als ein Manöver zu bewerten, die das Ziel verfolgen, einen Ausweg aus der für Frankreich zweifellos sehr schwierigen und isolierten Loge auf der Abrüstungskonferenz zu finden.

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Der Pariser Berichterstatter des Journal de Genève" und gleichzeitige Außenpolitiker des Journal des Débats " ist Herr Pierre Bernus, der zwar keineswegs so her vorragend informiert ist, wie es die Telegraphen- Union" aus durchsichtigen Gründen behauptet, aber als ein gefähr­licher nationalistischer Brunnenvergifter nicht unbekannt ist. Wir geben die Meldung der Telegraphen­Union" wieder, obwohl wir überzeugt find, daß das Gerücht, das sie verzeichnet, auf freier Erfindung beruht. Denn ein derartiger französischer Investigationsantrag gegen Deutschland als Auftakt zur Weltabrüstungskonferenz wäre eine so unerhörte Propotation, daß sich ihn nur böswillige nationalistische Scharfmacher ausgedacht haben fönnten, vernünftiger und verantwortlicher

Politiker.

Ein so später Termin wäre für die Delegationsführer, die auch mit großen Unbequemlichkeiten verbunden. Denn es ist ausge­schloffen, daß die Reparationskonferenz innerhalb einer Woche zum Abschluß gebracht werden kann. Unter dem unvermeidlichen zeit­lichen Zusammentreffen würden die beiden Konferenzen dann auch fachlich schwer leiden. Es ist deshalb zu hoffen, daß die Meldung der T. den Tatsachen nicht entspricht.

Deutsch - franzöfifcher Luftverkehr. Berhandlungen im deutsch - franzöfifchen Wirtschaftskomitee. Im Rahmen der Verhandlungen des deutsch - französischen Wirt­fchaftskomitees hat der zuständige Ausschuß auch über die deutsch­französische Zusammenarbeit in Luftfahrtfragen die Unterhaltung begonnen. Früher hatten schon Verhandlungen von Regierungsvertretern stattgefunden, bei denen man für zweck­mäßigere Zulassungsbedingungen, für den Verkehr nach dem nahen und Fernen Often und auch für den Verkehr nach Südamerika ge­eigneten Grundlagen zu schaffen fuchte. Unter anderem ist auch vor: gesehen, daß das Luftschiff Graf 3eppelin" zehnmal im Jahre mit eingesetzt werden soll. Auch Eckener nimmt an den Berhandlungen teil. Eine französische Meldung, nach der ein deutsch - französischer Luftverkehrstruft geschaffen werden soll, wird dementiert. Die deutsch - französische Verständigung soll die deutsche Zusammenarbeit mit anderen Ländern nicht ausschließen.

Inzwischen wird aber diese Meldung ihre beabsichtigte und verheerende Wirkung tun: selbstverständlich wird sie von der gesamten deutschnationalen und nationalsozialistischen Bresse gierig aufgenommen, vorbehaltlos abgedruckt und mit den entsprechenden Kommentaren versehen werden. Dafür hat schon die Hugenbergsche Telegraphen- Union" durch ihren eigenen Zusatz gesorgt, in dem dieses Gerücht ohne weiteres. als bezeichnend für den Geist und die Absichten ,, ma B= Die füdslawische Diktaturregierung des Generals Sivfowitsch gebender" Kreise in Frankreich hingestellt wird! Die in ist unter dem famosen Barlamentarismus", bei dem nur Regie­Frankreich begonnene politische Brunnenvergiftung wird fo- rungskandidaten gewählt werden dürfen, etwas verändert wieder­mit in Deutschland fortgesezt, damit die öffentliche Meinung eingefegt.

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,, Trotzdem so fährt der Belehrende fort behaupten die Professoren, Volkswirtschaftler und Zeitungsschreiber des Kapitalismus, daß eine vollendete Harmonie in diesem System bestände, wo sich alles nach Angebot und Nach­frage richte. Dem ausgemergelten Arbeiter wurde der Trost gespendet, daß er ja die Freizügigkeit befize und daher, wenn ihm der Lohn beim Fabrikanten Müller nicht genüge, beim Fabrikanten Schulze Arbeit nehmen könne. Selbstredend zahlte Schulze ebenso miserabel wie Müller."

,, In dieser Situation entstand die Lehre von Karl Marr. Sie flärte den Arbeiter auf, daß zwischen ihm und dem Unternehmer nicht Interessenharmonie, sondern sch är f- Marg fter wirtschaftlicher Gegensatz besteht. öffnete dem Arbeiter die Augen, daß der Lohn, den ihm der Unternehmer freiwillig zahlte, feine vollwertige Be­3ahlung seiner Arbeit war, sondern daß der Wert der ges leisteten Arbeit die Dividenden der Aktionäre, die Tantiemen der Aufsichtsräte mit umfasse. Mary lehrte die Arbeiter, daß sie sich zusammenschließen müßten, um ihre berechtigten Lohnansprüche gegen das Unternehmer­tum durchzusehen. Er wies ihnen nach, daß der, freie Ar­beitsvertrag" in Wirklichkeit ein aufgezwungener Ar­beitsvertrag ist, solange die Arbeiter einzeln und zersplittert der wirtschaftlichen lebermacht des Unternehmers gegenüber­stehen. Die Parole, die Mary den Ausgebeuteten gab, lautete: Bereinigt euch!" Wir haben nach dieser Parole Die Tarifver= gehandelt, wir haben Erfolge gehabt. träge sind der Erfolg unserer Gewerkschaften, das gleiche Wahlrecht, die Sozialversicherung, der Ar­beiterschuh sind die Früchte unseres politischen Kampfes. Den Margismus" ausrotten hieße der Ar­beiterklasse die Errungenschaften zweier Menschenalter rauben.

Wenn das euer Ziel ist,

dann seid ihr eine Neuauflage der Gelben!" Darauf werden dann die Hib" ler- Jünglinge stammeln, daß sie gewissermaßen auch gegen die Ausbeutung seien: sie befämpften nämlich die Binsknechtschaft". Einer weist ein nallgelbes Heft ,,, Das Programm der NSDAP.", vor, ver­faßt von Gottfried Feder, der ein langes und breites von einem ,, deutschen Sozialismus" orafelt.