Der Milizionär des 65. Distrikts, Iwan Mitrochin, der auf Bosten gegangen war, nachdem er den Namenstag seiner Cousine mitgefeiert hatte, stand an eine Pforte gelehnt da.
,, Nichts ist schlimmer, als wenn man nach Schnaps Bier trinit", dachte Mitrochin ,„ man fühlt sich so unsicher und vor den Augen verschmimmt alles. Wovor soll ich aber Furcht haben? Straße ist Straße, und wenn Gauner kommen, habe ich einen Revolver."
Plötzlich stockte das Bhut in seinen Adern: direkt auf ihn zu famen zwei Ungeheuer auf allen Bieren herangefrochen. Gie frochen ganz sonderbar: sie hatten offenbar den Wunsch, in der Mitte der Straße zu bleiben, aber immer wieder rutschten sie zum Fußsteig hin, auf dem der Schnee zusammengefegt mar.
Mitrochin riß seinen Revolver aus der Tasche, aber dann kam es ihm in den Sinn, wenn das der Teufel sei, könne ein Revolver so wie so nichts helfen. Dann aber fam es ihm wieder in den Sinn, daß er als Sowjetbeamter nicht das Recht habe, an den Teufel zu glauben.
Die Ungeheuer famen immer näher. Mitrochin kam der Gedante, daß es wahrscheinlich Bären seien, die aus dem Zoologischen Garten ausgerissen waren.
Er versteckte sich im Toreingang und wartete. Als die Bären ganz nahe heranfamen, hörte er deutlich folgende Worte:
Nja, heute haben wir ordentlich gekostet", sagte der eine der Bären.
" ja", sagte der andere und wollte noch etwas hinzufügen, mintte aber dann nur mit der Tage und troch weiter.
Als Mitrochin dieses Gespräch vernahm, tam er zögernd näher. Bürger, stehenbleiben!" fagte er, indem er sich ihnen in den Weg stellte.
Er hatte fie aufs Geralemohl Bürger genannt. Sie erwiesen sich in der Tat als zwei unbekannte Bürger, die sich auf allen Bieren vorwärtsbewegten.
# 1
Warum geht ihr nicht, wie es Leuten vorgeschrieben ist?" " Wir haben's versucht, können aber nicht", sagte der eine, indem er Mitrochin anstarrte. Er schob die ins Gesicht gerutschte Belzmüße zurüd und jagte mit schwerer Zunge: Anfangs gingen mir, wie es vorgeschrieben ist, aber dabei haben wir uns nur die Fresse taputtgeschlagen."
,, Die Sache ist die", sagte der andere, ohne den Kopf zu erheben, irgendeine teuflische Macht hält uns an einer Stelle fest. Länger als eine Stunde fonnten wir aus einer Ede nicht heraus tommen."
Bin gezwungen, euch zu verhaften", sagte Mitrochin . Wollen ein Protokoll aufnehmen und dann wird man euch zum Volksrichter rufen."
„ Uns farm fein Gericht was anhaben", sagte der eine, noch immer auf allen Vieren hockend und sich den Mund mit der Faust abwischend.
" Das Gericht kann jedem was anhaben", sagte der Milizionär, „ Denn unsere Republik strengt alle ihre Kräfte an, und ihr friecht
auf allen Vieren durch die Straße."
Romischer Rauz", fagle der eine, auf was follen wir denn sonst friechen? Bersetz du dich in unsere Lage, dann wirst du auch jo frieden."
Was seid ihr denn von Beruf?" " Degustatoren sind wir", sagte der eine. Bas feid ihr?"
Na ja, das sind wir. Verstehen fus du es sowieso nicht." Woher tommt ihr denn?"
Bom Dienst."
Bas feid ihr denn für Arbeiter, wenn ihr beide besoffen seid
wie die Schweine?"
Wir sind ja auch deshalb besoffen, weil wir vom Dienst
tommen."
Reine Rebensarten mehr. Gib mir die Hand, ich helfe die Reine Rebensarten mehr. Gib mit die Hand, ich helfe die
gehen."
„ Na, wie soll ich denn auf drei Beinen gehen?" Auf zwei Beinen mußt du gehen, genau wie alle anderen Bürger der Republit, jagte der Milizionär mit amtlicher Strenge.
„ Die anderen wohl, aber wir nicht."
„ Der Teufel soll euch holen", sagte Mitrochin ,„ ich verstehe tein Wort. Was seid ihr, hast du gejagt?" Degustatoren find wir."
Der Milizionär dachte einen Augenblick angestrengt nach, winite dann hoffnungslos niit der Hand und sagte:
2fo fommt jetzt mit, im Revier wollen wir alles Klarstellen." Mitrochin machte einige Schritte, aber dann spürte er noch einmal, daß man nach Schnaps unter feinen Umständen Bier trinken darf.
He du", schrie einer der Verhafteten, was taumelst du denn hier herum? Welcher Teufel hat dich in den Schneehaufen ge= worfen? Hast du auf der Straße feinen Blaz?" „ Bas für einen Schneehausen, hier gibt's ja gar feinen Schnee haufen", murmelte Mitrochin , indem er sich den Schnee aus seinen
Aermeln schüttelte.
Was jeid ihr übrigens für Mitarbeiter der Republit", rief er, längs der Wand weitertaumetro. Wie habt ihr euch so vollgesoffen?"
Ueberstunden haben wir gemacht", sagten die Berhafteten. Der Milizionär wandte sich um, Llickte die Verhafteten an, spuckte aus und ging weiter. Allerhand Besoffene habe ich schon ins Revier gebracht, aber solche Teufel habe ich noch nicht gesehen."
Als er ins Revier tam, meldete er sich beim Diensthabenden: Besoffene habe ich gebracht."
Wieder Besaffene? In die Frejse müßte man sie hauen, die Hundeföhne. Wer sind sie?" „ Weiß der Teufel, mer fie find", sagte der Milizionär. 3ch fonnte das nicht herausbekommen. Nur an der Sprache erfannte ich, daß das Menschen sind."
Sol sie herein", sagte der Diensthabende, wir friegen das schon heraus." Als die Verhafteten, über und über mit Schnee bededt, ins 3immer traten, fragte der Diensthabende, indem er fie durch seine Stahlbrille anschaute, mit firenger Stimme:
Wer seid ihr?"
Degustatoren find wir", sagte der eine.
Dieser wußte offenbar auch nicht, was er sonst noch fragen sollte, und blidte tief in Gedanken versunken auf die Verhafteten. ,, Warum seid ihr so spät nach Hause gegangen?"
,, Ueberstunden haben wir gemacht."
,, Und warum habt ihr euch angetrunken?" fragte der Diensthabende, indem er die Hand auf eine Schwabe herabsausen ließ, die quer über den Tisch laufen wollte.
Wir haben uns eben angetrunken, weil wir Ueberstunden gemacht haben."
,, Also da soll man auch nur ein Wort verstehen", empörte sich der Milizionär.
Der Diensthabende lehnte sich in seinen Stuhl zurüd: Borin
besteht denn euer Dienst?"
"
,, Darin, daß wir den Schnaps probieren, die Sorten be stimmen. Eine Sorte ist teurer, die andere billiger." Der Milizionär wechselte mit dem Diensthabenden einen schnellen Blick. Donnerwetter, das ist mal ein Dienst." ,, Na, was hast du denn geglaubt! Sicher ein Dienst." . ,, Donnerwetter."
-
,, Na also, wie probiert ihr denn eigentlich?" ,, Wie soll's denn sein? Man soll' nen Schlud in den Mund nehmen und dann ausspuden."
Was, Schnaps ausspuden?" fragte der Diensthabende be,, Ra ja dach."
troffen.
,, Das ist doch der wahre Hohn", empörte sich der Milizionär, Schnaps ausspuden! Hol's der Teufel, ich würde das nie tun. Und ihr, spudt ihr denn wirklich aus?"
"
,, Wie's trefft... Wenn man so den ganzen Tag verschiedene Sorten probiert, friegt man, auch wenn man sie ausspudt, mancherlei ab."
,, Da hast du recht, verschiedene Sorten, besonders Schnaps zusammen mit Bier", sagte der Milizionär träumerisch...
,, Und so seid ihr denn jeden Gottestag in einem solchen Zustand?" fragte der Diensthabende.
,, Nein, nur wenn wir lleberstunden machen."
,, Kann man denn nach eigenem Willen Ueberstunden machen?" fragte der Milizionär.
,, Arbeit gibt's ja immer."
,, Ich würde keinen einzigen Tag auslassen", sagte der Milizionär, indem er sich den Mund mischte
,, Setzt euch doch, mas steht ihr so herum?" sagte der Diensthabende. Sonderbar, was für Posten es jetzt gibt... Du darfst also saufen und fein Teufel kann dir etwas anhaben. Das ist mal ein Dienst! Und von unsereinem verlangt man, daß wir die Befoffenen besonders streng bestrafen, denn durch die Sauferei hat unsere Republit einen ungeheuren Schaden. sozusagen Ausschreitungen und was sonst noch. Wie ihr auf allen Bieren durch die Straßen gekrochen seid, hätten mir euch eigentlich ins Loch
steden müssen. Aber ihr seid ja sozusagen in amtlicher Eigenschaft auf allen Vieren gefrochen."
,, Wie ist es nun, wenn man den Schnaps nicht rausspuckt?" erfundigte sich der Milizionär geflisfentlich.
,, Dann kommst du auch auf allen Bieren nicht nach Hause", erwiderten die Verhafteten.
,, Donnerwetter!"
,, Na, wollt ihr also hier bei uns übernachten oder sollen wir euch nach Hause schaffen lassen?"
Irgendwie kommen wir schon selber nach Hause."
,, und morgen merdet ihr also in der Frühe wieder anfangen?" ,, Was denn sonst, natürlich in der Frühe." ,, Donnerwetter, ist das mal ein Dienst."
Als die Verhafteten, fid) gegenseitig stüzend, längs der Wand aus dem Revier heraustaumelten, blickten ihnen die beiden Beamten lange nach. Dann rief der Diensthabende:
"
3ft bei euch fein Bosten frei?"
,, Nee, alles besetzt."
Der Milizionär fragte fich den Hinterkopf, lief auf die Straße
und fragte:
,, Kann man auch nicht im Afford bei euch arbeiten?" ( Aus dem Russischen von A. Stein.)
Norbert Jacques : Ein Nachtbild aus Stambul
Wenn ich nachts nach Hause komme, schaue ich noch lange von dem Balkon meines Zimmers in Pera über den Bosporus oder gehe an das Fenster über die Ecke und sehe auf das Goldene Horn hinab, und im fast grellen Mondschein leuchten die Steine der Friedhöfe über Enoub. Sie liegen in der Ferne wie bleiche, dicht aneinander in den Berg gestreute Knochen.
Tief unter diesem Fenster und diesem Balkon, denn das Hotel ist an den Hügel gebaut, zicht von der alten Brücke herauf eine Straße an einem wüsten, hängenden Leerraum vorbei, dessen Häuser vor einigen Jahren abgebrannt sind. Ueber die andere Straßenseite steigt nachts im Freien Kino gespielt. Nachts beginnt in einer offenen Halle der Park einer Bergnügungsanstalt steil an. In ihr wird bis elf Uhr eine Jazzmifif. Die geflopften Rhythmen stoßen mich immer wieder aus dem Schlaf und werden erst mit den letzten Stunden der Nacht von dem Schreien der Esel abgelöst, die wie grelle Flöten rören. Die Esel fommen von der alten Brücke her und werden, mit Gemüsen, Melonen, Trauben und Pfirsichen bepackt, in die Stadt getrieben.
Einmal, als ich turz nach eins nach Hause tam, jah ich unten tief in der Straße um den Elsennast einer Bogenlampe eine Bewegung in der Nacht. Es ist auf dem Steig, der unter der Mauer des steil ansteigenden Kino- und Konzertgartens läuft. Er ist sieben, acht Stockwerte unter mir. Ich muß das Fernglas zu Hilfe nehmen. Es find Kinder. Sie haben Schilf und Säcke zusammengetragen und sich hineingebettet. Sie schlafen nicht, trotz der späten Stunde. Sie wimmeln und spielen durcheinander, und es dauert eine Weile, Mädchen. Sie mögen zwischen sechs und zehn Jahre sein. bis ich ausnehme, daß es fechs find. Es scheinen Jungen und bis ich ausnehme, daß es fechs sind. Es scheinen. Jungen und
Ich komme fast immer in der gleichen Stunde heim, gegen eins. Die Kinder find jede Nacht da. Die Jazzkapelle spielt gerade über ihnen. Gewiß haben sie sich, aus der ganzen Stadt heraus, diesen Blag ausgewählt, weil sie hier zu ihrem freien Lager das Freifonzerf
haben.
Nie habe ich sie einschlafen sehen. Jede Nacht schaue ich mit dem Glas hinab, bevor ich mich ins Bett lege. Sie fugeln sich im Spiel durcheinander auf dem Schilf und auf den Säden, während die Tafte der europäischen Mufit über ihnen unermüdlich gehen. Ich frage
Nichts geht doch über einen schönen Abreißtäfender! Zum Jahresanfang habe ich so ein herrliches Exemplar in die Hand gedrückt bekommen. In ihm find außer den 366 Tagen noch verschiedene Gedenktage, täglich ein Küchenzettel und Sinnsprüche enthalten. Es ist doch erhebend, wenn man am frühen Morgen, ehe man zur Arbeit rennt, mit nüchternem Magen den Zettel abreißt und den Tagesspruch) lieft: Mit rüftiger Arbeit und rüftigem reißt und den Tagessprud lieft: Mit rüftiger Arbeit und rüftigem Du Beten verscheuch' die Versuchung und troẞe den Nöten." fommst dann nicht mehr in die Versuchung, es auch einmal jo gut baben zu wollen wie vielleicht dein Brotherr", der sich um diese Zeit noch im schönen warmen Bett auf die andere Seite wälzt. Der hat auch bestimmt nicht so einen schönen Kalender in seinem Arbeitszimmer hängen. Hätte er einen, so würde er den Spruch tennen: Morgenstunde hat Gold im Munde!" Für ihn hat allerdings Morgenstunde Gold im Munde; denn während er noch schläft, verdienen seine Arbeiter für ihn einen schönen Klumpen Gold.
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"
Solltest du aber demnach darüber nachdenken, so bringt dich der nächste Spruch gewiß auf die rechie Bahn, der da lautet: hr Knechte, seid gehorsam eurem leiblichen Herrn mit Furcht und Bittern!" Sonst tommt ihr nicht in das Himmelreich! Wenn ihr dann im Himmel seid, dann wird euch euer ,, leiblicher Herr" bestimmt nicht begegnen; denn es stehet auch im Kalender geschrieben: Eher wird ein Kamel durch ein Nadelöhr gehen, als daß ein Reicher in den Himmel tommt!" Na ja, mer's glaubt!!!
Der Muizionar blidte jchnell den Diensthabenden an. Ein Doch nein, er war richtig aufgezogen und zeigte das Jahr 1932,
folches Wort gibt es gar nicht."
Bon wo fommt ihr her?"
Bom Dienst."
Was habt ihr für einen Dienst?"
In der Schnapsbrennerei."
Ihr habt euch also bei der Ausübung eurer amtlichen Dbfiegenheiten besoffen?"
,, Gewiß, wir haben nicht umsonst gesofjen."
Ich verstehe fein Bort", sagte der Milizionär zum Diensthobenden.
Aber mein Kalender hat noch mehr Eigentümlichkeiten. Am 27. Januar steht unter Gedenktagen: Kaiser Wilhelm II. geboren." 3d dadyte beftimant, daß mein Kalender einige Jahre nachginge. Ich alfo das 14 Jahr der Republit an. Somijd, Lomisch, dachte ich und ließ die Blätter durch meine Hanb gleiten. Und da fällt mein Biid wieder auf einen Gedenktag: 31. mai 1916, Seefteg am Stagerrat Darunter als Spruch: Laffet die Kindlein zu mir tommen."
,, Am 15. September 1882. 11- Boot- Held Weddigen geboren. Spruch dazu:„ Wir follen Gott fürchten und lieben, daß mir unserem Nächsten tein Schaden noch Leid tuen, sondern ihm helfen und fördern in allen Leibesnöten."
Nun fuchte ich den 9. November, neugierig, ob da als Gedenktag etwas aufgeführt war. Bergebens! Dafür aber stand unterm
nicht, ob sie vielleicht gar glauben, daß diese Musik keineswegs für die dekolletierten internationalen Damen und für die Kavaliere da obey spielt, sondern lediglich für fie.
Aber einmal halte ich es doch länger aus als sie. Ich beobachte, wie eines nach dem anderen aus dem Spiel sacht herausgleitet, übergangslos fich zusammenrollt und zwischen die Säde und das Schilf vertrümelt. Der Größte hat angefangen. Ich sehe, wie er einige Male sich etwas erhebt und die im Spiel Berharrenden mahnt. Es nutzt auch. Stets legt sich wieder eines hin. Bis schließlich das Allerkleinste noch wach ist, aufsteht und zu der Musik und über die Schlafenden hinweg zu tanzen beginnt, mit werfenden Armen und strampelnden Beinen.
Da steht der Große auf und haut ihm eine herunter. Der Kleine jackt ins Schilf. Auch der Große legt sich wieder, und nun schlafen alle. Es ist zwei Uhr vorbei. Die Jazzmusit geht bis vier Uhr am Morgen weiter über ihre Träume.
ffeinen, von einer Ohrfeige so sicher verwalteten Staat in der Nähe Jede Nacht tämpfe ich mit mir, hinabzugehen und mir diesen anzusehen. Die Duldsamkeit der Stadt, die Nacht Goffes und der Besitzer des Hotels du Barc liefern ihrem Mausenest alles umsonst, was irgendwelche verschollene Eltern, irgendein haustofer Haushalt ihnen schuldig bleibt.
Aber ich überwinde mich. Nein, ich werde nicht zu ihnen hinabgehen. Sie sollen weiter unbeobachtet fich ihrem Nachtleben hingeben. Sie sollen weiter ungestört bleiben als etwas, was es nicht mehr gibt in Europa . Sie find eine Gemeinschaft unentzauberter Adyliker und nur von der Höhe von sieben oder acht Stockwerken herunter zu betrachten, Eine Kolonie der Sorglosigkeit sind fie. Ihrer Anspruchslefigteit gehört eine ganze Welt, die uns allen verschlossen ist, und um eine ihrer von fremder Musik verzauberten Stunden, die für ganz andere gemeint find, aber von diesen fleinen Strolchen da unten zwischen Schilf und alten Säcken für fich geschnappt werden, gäbe man Wochen unserer Raftlosigkeit.
Denn fie tragen noch den Segen eines Gottes in sich, von dem wir andern aufgegeben wurden.
17. November:" Berkündung der sozialen Gesetzgebung. Thronrade Wilhelms I. 1881." Noch etwas ist mit diesem Kalender passiert.
Es war eines Freitagmorgens. Meine Frau teilte mir mit, daß ihr Wirtschaftsgeld alle wäre und sie nicht wüßte, was ji: tochen könnte. Da ich gerade den Kalenderzettel abreiße, sehe ich nach der Rubrik Küchenzettel". An diesem Tage mußte es aber, nach dem Willen des Kalenderfabrikanten, Fleischsuppe mit Lebertnödel, gedämpfte Kalboniere mit Bratkartoffeln und Kompoti" geben. Der Spruch darunter lautete:" Arbeit, Mühe, Schweiß und Frost, find des Ruhmes und der Tugend Kost."
"
Also brauche ich nicht gedämpfte Kalbsniere!
Salat
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Ver
Weiter, den nächsten Tag:" Topiotajuppe Schleie blau getocht mit Meerrettichjoße und Kartoffeln Sachertorte." Nächster Tag:" Weinsuppe- Gedämpfte Wildente mit Olivensoße Kartoffeln Vanillecreme." Am Sonntag: Legierte Grießsuppe- Gebratener Truthahn Kompott Kartoffeln schiedenes Obit Konfeft." Sprüche dazu: Des Gottesfriedens Heimat ist das Haus!" ,, Nichts lockert mehr der Neigung zarte Bande, als Sorgen um des Lebens Unterhalt."„ Spare in der Zeit, so hast du in der Not!"
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So und ähnlich ging es fämtliche 366 Tage hindurch. Speisen, die ich nicht einmal dem Namen nach fannte, geschweige denn jemals gegessen habe, waren verzeichnet, und ich konnte mir an diesem Tage nicht eine Kartoffelsuppe leisten. In diesem Kalender wurde mir die kapitalistische Weltordnung offenbar.
Für die herrschende Klasse das Wohlleben und Genießen. Für das Proletariat aber die schönen Bibel und sonstigen Sinnsprüche,
21s id das an dem Kalender erkannte, wollte ich ihn. ins
Feuer werfen. Dann unterließ ich es aber und gab ihm einen guten Blay. Ich habe es mir überlegt. Midts fann uns täglic mehr an die Stassenunterschiede in der göttlichen" tapitaliſtiſchen Beltordnung erinnern, als so ein Stalender.
Die älteste Orgel der Welt dürfte die im Jahre 1504 erbaute Orgel der Marienkirche in Lübed fein, die also schon über vierhundert Jahre alt ist.
Die Träger auf dem Londoner großen Fischmarkt auf Billingsgate tragen besondere Hüte, die etwa fünf Pfund Leder, acht Meter gewachsten Bindfaden und vierhundert Nägel enthalten.