Nr. 11+
49.3abrgang
1. Beilage des Vorwärts
Von der Flut eingeschlossen.
m6 dl moes blites)
Freitag, 8. 3anuar 1932
arbeiten gestalteten sich heute früh besonders schwierig. da die Sichtleitung gestört werden ist. Auch die Zrobe 10 ist bei Bad Oldesloe über die Ufer getreten und hat weite Wiesenflächen überflutet.
7000 Menschen in höchster Gefahr Wasser steigt/ Dessau gerettet
Für Dessau fann hie Gefahr einer Spowaffer.| endgültige Schaben nach nicht ertennen. Sträucher, Bäume unb bie fatastrophe jett ola endgültig gebannt gelten. Menschen Leitungsmasten per lleberlandzentrale ragen aus bem See heraus, und Material wurden an den gefährdeten Stellen jo mas alles aus diefer sonst so ansprechenden Bandschaft ein Bild der seitig eingescht, dan es möglich war, die start bean. Serstörung und Berwüstung gemacht hat. spruchten Dämme zu halten und alle Schäden sofort auszubessern. Nur ein ganz fleiner Teil der Dessauer Wohn viertel wurde überschwemmt. Allerdings ist jest npch das Anströmen der Elbflut zu erwarten; man hofft obzr auch mit dieser Gefahr fertig zu werden.
Die Gegend des unteren Mulbetals von der an haltischen Grenze bis zur Mündung der Mulde in die haltischen Grenze bis zur Mündung der Mulde in die Elbe bildet in einer Länge von 25 Kilometern und einer Breite bis au 8 Kilometern einen einzigen großen Sec. Dörfer und Wälder ragen inselgleich aus der Flut. Vor allem ist die Stadt Jehnih mit ihren 7000 Einwohnern völlig von der Umwelt abgeschlossen. Die Wohnungen selbst sind auch in der Umgegend von Dessou vom Hochwasser verschont geblieben. Auch besteht keine unmittelbare Gefahr, daß Häuser einstürzen. Der Flur. und Waldschaden ist jedoch außerordentlich groß und in seinen Ausmaßen vorläufig noch nicht abschäzbar. Auch im Spreewald find durch das Hochwasser der Spree weite Strecken unter Wasser gefekt worden. Tag und Nacht ist die Feuerwehr bemüht, die Gefahr zu mindern. Mit einem weiteren Ansteigen der Flut muß indessen gerechnet werden.
Ein Deich gebrochen!
Die Regengüffe der letzten Tage haben die Weiden und Wiesen in Oldenburg und Ostfriesland weithin überflutet, ohne daß der Westwind eine normale Entwässerung durch die Entwässerungsfanäle zuläßt. Am Donnerstag brach der Deich in der Nähe des Pumpmerts bei dem an der Bahnstrecke Oldenburg- Leer gelegenen Dorf Holigast. Das Wasser überflutete sofort Wiesen und Gärten und fchloß eine ganze Anzahl von Häusern ein. Der Dammbruch erweiterte sich froh sofortiger Maßnahmen bis gegen 14 Uhr auf 20 Meler. Durch die umspülenden Wassermengen wurde das Pumpmert Holtgaft unterspült, und gegen 15 Uhr stürzte das 8 Meter hohe massive Gebäude, das auch den Transformator enthält, mit einem großen rach um und fiel ins Wasser. Das Pumpwert hatte die Entwässerung mehrerer Gemeinden des ehemaligen Moorgebicles zu versehen, die nun den Waffermengen preisgegeben sind.
Die Verwüffungen im Banauer Land.
Die riesige gefchloffene afferfläche, die bas Gebiet östlich und füdöstlich von Rehl immer noch bebed, tommt nur fabrIongiam sum bfließen. Drfanartiger Sübmeststurm, ber fchon die ganze Nacht hindurch tobte, treibt neue Regenfronten herab unb peitscht bie Maffermassen, bie noch über einen Meter hoch auf ben Wiefen und Felbern stehen. 3mar hat per langsame Abflus bas Steuborf von Auenheim bis heute morgen wieder freigemacht, jedoch ist die Berbindung zum Oberdorf von Auenheim noch immer unterbrochen, ba die Waffermassen die beiden dorthin führenben Brüden zum Einsburg gebracht haben. In den Straßen des neu boris liegen gemaltige Golam mengen und in den Kellern und Ställen steht pielfach noch das Wasser. Auch jest läßt sich ber
Kenner
2]
über der
Nach einem Tagebuchroman von Karl Hans Schober
erzählt von Erich Knauf Es wird viel gesungen. Draußen ziehen die Alpen porbei. In Klagenfurt müffen wir umsteigen. Ein Zug vom Roten Kreuz steht auf dem Nachbargleis. Türen und Fenster find halb geöffnet. Auf den Trittbrettern hoden Verwundete in zerfezten Monturen. Wir teilen an sie Zigaretten und Brot aus. Aber eine Patrouille schreit uns an: Das gibt es nicht, Bande, elende!" und hinter den verwundeten Soldaten marden die Waggontüren zugeworfen.
Wir fahren wieder. Aus der Ferne rollt der Donner schwerer Geschütze herüber.
Reben mir figt einer. Ich stoße ihn an: ,, Wohin?" Bur Marine,
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" Wir auch." Er reicht uns die Hände: Kameradschaft!" und mir hauen ein. Rozouret heißt er. Er legt mir eine Flasche mit Schnaps an den Mund. Auf das Wohl unseres Vaterlandes!" schreit Blechout. Jetzt wird gesoffen, und die Stimmung ist da.
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Die Nacht bricht herein. Die Kameraden schnarchen. Im Nebenabteil gehts hoch her. Dort haben die Kameraden ein Mädel, das fürs Marinebordell engagiert ist, beim Widel Endlich wird es hell, und wie ich ans Fenster trete, schimmert in der Ferne das Meer. Die Abria!
Aber so schnell gehen die Träume nicht in Erfüllung. Wir mussen vierzehn Tage lang Straßen schottern und find ganz marop. Aber es hat feinen 3wed, fich frant zu melden. Wegen Aspirin und Jod eripare ich mir den Weg.
Unser Inftruftor heißt oslitsch. Er ist Matrose erster Klaffe, mittelgroß und untersetzt. Man erkennt ihn sofort an
Ein heftiger Südweststurm hat gestern in zahlreichen Orten Westhollands Zerstörungen angerichtet. Der Eisenbahnverfehr erlitt perschiedentlich. namentlich auf den Strecken Rotterdam - ben Haag und Rotterdam - Utrecht , Unterbrechungen. In den Häfen von Amsterdam und Rotterdam wurden eine Anzahl Schiffe von den Antern losgerissen. In Amsterdam selbst wurden von der Gewalt des Sturmes Bäume umgeweht, Fensterscheiben zertrümmert und Dächer teilmeise abgedect. Die Feuermehr mußte gestern abend und in der vergangenen Nacht annähernd hundertmal zur Ausbesserung und Beseitigung von Sturmschäden ausrücken.
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Der Weststurm und die dauernden Niederschläge haben zu Ueberschwemmungen in der Eiderniederung geführt. Beim Ort Nübbel sind die Deiche geborsten; Mübbel ist vom Wasser vollkommen eingeschlossen. Die Bergungs
Der Sturm flaut ab.
do Samburg. 7. Januar. Am Mittwoch um 14 Uhr wurde in Hamburg noch Windstärke 6 gemessen, während von der See Stärte 7 gemelbet wird. Es scheint, daß der Sturm weiter abflouen wird. Das Hochwasser verzeichnet einen Stand pon 1,25 Meter über normal. Im Hamburger Hajen find einige Kohlenschuten gefunten.
Vorsteherwahl im Rathaus.
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Baß wieder Kandidat der Sozialdemokraten. Nächste Woche Stadtparlament.
Die Stadtverordnetenferien, die durch die Weihnachtsfeiertage und das Neujahrsfest bedingt waren, find zu Ende. Die Stadtverordneten haben ihre Arbeiten wieder aufgenommen. In dieser Woche findet zwar noch feine Stadtverordnetenversammlung ffatt, doch wird der Haushaltsausschuß schon am Dienstag nächster Woche wieder zusammentrefen. Das Stadtparlament hält seine erste Sihung im neuen Jahr am Donnerstag, dem 14. Januar, netenvorstehers vorgenommen werden, der nach der Geschäftsab. In dieser Sigung muß die Neuwahl des Stadtverordordnung immer nur für 1 Jahr gewählt wird. Es ist selbstverständlich, daß die Sozialdemokraten als stärkste Fraktion des Hauses wiederum den Vorsteher stellen werden. Die fozialdemo
feiner gebogenen Nase. Wenn man ihn nicht sicht, hört man ihn. Das Schnauzen versteht er aus dem ff. Dafür ist er auch Analphabet. Solche Leute wie er werden für die Ausbildung der Refruten beporzugt.
Wir fnien am Fußboden, zehn Mann, Blechout am rechten, ich am linten Flügel. Stogouret ist in der Mitte. Zentimeter für 3entimeter reiben wir die Bretter blant. Woslitsch rennt durchs Zimmer und brüllt: Allo, alla!". Es ist kein Vergnügen, den Dreck so hineinzufressen.
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Bagasch elende," reißt Woslitsch einem die Bürste aus der Hand und schlägt sie ihm ins Gesicht. Bon porn anfangen!" Wir wirbeln ben Staub in die Höhe, bis es ihm zuviel wird und er geht. Wenn man die Bürste umdreht und mit dem Brett reibt, gibt es den meisten Staub. Die anderen machen es mir nach. In der Tür steht ein Kamerad und begleitet unsere Arbeit auf der Mundharmonika. Plöglich erscheint Woslitsch wieder: Grinzeug elendes!" und gibt dem Musikanten links und rechts Ohrfeigen.
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Antreten auf dem Korridor. Woslitsch mustert uns, ob Kappe, Kragen und halsflor in Ordnung sind, denn wir mar schieren heute durch die Stadt.
Dem Matrosen neben mir reißt er die Stappe herunter: Borgo!" und haut sie ihm wieder auf den Kopf. Linksum!" und rennt nach porn: Marich!"
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Kozourel rollt Woslitsch ein paar Augen nach: Bestie! Hund!" Blechout hinter ihm gibt ihm einen Stoß:„ Nicht so laut!" Aber Rozpuref ist wütend: Mir Wurst!"
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Jetzt geht es an Raufläden vorbei. In den Auslagen hängen Hosenträger mit der Aufschrift: Wir fürchten Gott , sonst nichts auf dieser Welt. Eine Bonbonniere- Atrappe ist mit dem Marschallstab eines unserer Heerführer geschmückt. Auf Badehosen ist aufgedruckt: Wir kennen teine Parteien mehr. Aber kaum bemerkt Woslitsch unseren Spaß, segt es Rippenstöße: Horde! Bartet's nur!"
An einem Offizierspuff führt er uns vorbei. Die Damen an den Fenstern tragen durchsichtige Kleider, und eine mit entblößtem Busen und Rödchen bis zu den Knien steigt aufs Fensterbrett. Robouret ist ganz weg. Vor Begeisterung tritt er seinem Vordermann auf die Fersen.
Das Mädchen auf dem Fensterbrett fennt sich aus. Es tut so, als ob es den Vorhang zurechtziehen möchte. Dabei verschiebt sich das Rödchen, ein feidenes Strumpfband schim mert und baran eine Tapferfeitsmedaille in Gold neben einer Rofefte aus blauer Seibe. Alles gafft hin, bis Moslitsch des Kommando gibt:„ Habt acht! Links schaut!"
Wir marschieren in den Königswald. Gräßlich schaut es
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Die Umgebung Berlins ist durch das Wechselspiel der Witterung in eine Art ,, Spree wald " verwandelt worden, und unser geliebter Grunewald gleicht einem Sumpfgebiet. Die Wege sind zu kleinen Bächen geworden, in denen sich die Bäume spiegeln. Hin und wieder haben sich sogar umfangreiche Seen gebildet. Wir erleben geradezu das Sterben der Eiszeit im kleinen. Genau so haben sich in der jüngeren erdgeschichtlichen Vergangenheit Flüsse und Seen gebildet. Jeden falls aber sind die Wälder bis auf weiteres unpassierbar geworden, und erst anhaltendes Frostwetter wird den Wanderlustigen wieder die Schönheit der märkischen Wälder erschließen.
hier aus. Fliegerbomben haben Bäume und Sträucher entDie murzelt und freuz und quer durcheinandergeworfen. Erde ist aufgewühlt, und die Baraden sind demafiert.
In der flimmernden Ferne liegen die Banzerriesen wie Spielzeug. Die Straße läuft in vielen Bindungen die Küste entlang. Rozzouret und ich fahren Steine.
Lieblich, ein Landsmann von mir, bricht zusammen. Wir schleppen ihn unter einen Feigenbaum. Blechout und Leicht und noch weitere zwanzig Mann arbeiten mit Radehacke und Schaufel. Woslitsch treibt uns an und wirft mir auf den Schubkarren noch mehr Steine: Los, Laufschritt!"
Koyouret, der mit seinem Karren hinter mir im Galopp läuft, meiß sich zu helfen. Dem werden wir eine ausmischen." Er läßt den Schubkarren fallen, taumelt und fällt und stähnt wie ein Schwerverlegter. Wosiitsch fällt auf den Schwindel herein, läßt Rogouret wegschaffen und stößt dabei nach ihm mit dem Fuße: Elende Jarazen, taugen zu nig."
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Kozourets Beispiel stedt mich an, und dann liegen wir neben Lieblich unter dem Feigenbaum und schnarchen. Und drüben brüllt Moslitsch hinter den anderen her.
In der Kaserne geht die Schinderei weiter. Es ist alle Tage dasselbe. Ich muß strafweise am Fußboden schlafen, weil mein Shuizen nicht anständig geputzt gewesen sein soll. Kozouret wird von Kopf bis zu Fuß fahl geschoren und rasiert, weil bei ihm Filzläuse aufgestöbert wurden.
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Leicht ist gestern aus dem Arrest gelommen und geht heute zur Marodenvifite, weil ein Marinearzt gastiert. Ja, da muß man sich dazuhalten. Die Landärzte schmeißen jeden einfach hinaus. Leicht ist seit vierzehn Tagen Bettnäffer. Jeden Morgen, menn der Unteroffizier vom Tage zu uns herein Auspurren!" rief, mußte er feststellen, daß der Fußboden unter der Hängematte von Leicht naß war. Auch die Hängematte. Da sich die Geschichte täglich wiederholte, mußte Leicht auf dem Fußboden schlafen und wurde von der Korridorwache allstündlich geweckt. Aber alles half nichts. Woslitsch befahl ihn deshalb zum Rapport, wo Leicht wegen Faulheit sieben Tage Einzelarrest erhielt.
Er fommt jetzt eben von der Bifite zurück. Ich fasse ihn beim Arm:„ Na, was ist?" Tränen rollen über fein Gesicht, er schiebt seinen Ropf in eine Zimmerede und schluchzt: Krant bin ich." Er weint wie ein fleines Kind, aber nicht, Krant bin ich. meil er Bettnässer ist, sondern weil er unschuldig bestraft murde. Mein Dienstbuch ist verschandelt."
Bande verfluchte!" Boslitsch treibt uns auseinander, gibt mir ein paar Ohrfeigen und gloßt in Leichts nermeintes ( Forts. folgt.) Knabengesicht: ,, Sind Sie Soldat oder Hure?"