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Waller Analole �er/Ich: täglich großer WUtvembaii

Draußen in öcr Vorstadt liegt da»Gelelischastehaus zu den drei Lilien", in einer ganz durchschnittlichen und artigen Straße, die sich durch nichts als eben diesen Tanzsalon von anderen Straßen unterscheidet. Ein kleiner Vorgarten mit nicht eben gepflegten Lauben, farbige Lampen und ein großes Plakat verkünden, daß sich hier die reifere Jugend, bestehend aus Damen und Herren aller Altersstufen und Stände, zu Geselligkeiten zusammenfindet. Spezio- lität jeden Dienstag und Freitag VsUodungstanz. Dreihundert Schritte weiter braust der Verkehrslärm der Weltstadt, blinken moderne und mondäne Warenmagazine, blüht das Tempo, der Glanz die Not. die wunderbare Organisation und der Irrsinn der Welt stadt... Findet man hier eine Idylle von einst? therzlichteit, Lachen, Freude an einfachen Dingen? Oder-r was ist es sonst? Kassierer ist«in abgebauter Lauchredner, ein weißhaariger, einst bekannter Artist, der alles, was er einmal besaß, verloren hat. Nur nicht seinen Humor. Mit dessen Hllfe erteilt er Eintrittskarten, gute Ratschläge, Trostworte für die Schüttternen und väterliche Ermahnungen an die allzuTaschen", die Kecken, die Weiteroberer ihres Zeichens. Sein Mundwerk steht überhaupt nicht still... Kommt gerade kein neuer Gast, so spricht er mit bereits Anwesenden über ihre Aussicht in puncto Liebe, Freundschaft, Ehe und Glück.Na, Fräulein Niedlich! Eigentlich sind Sie ja noch'n bißchen jung! Aber woll'n mal ein Auge zudrücken. Fünfzig Pfennig, bitte, einschließlich Garderobe und Verlobung. Ja, ja, drüben im Saal ist viel los, lauter hübsche junge und auch ältere Herren Kavaliere. Die älteren geben eher einen aus. Fräulein, be> stimmt! Hallo, Kailchen! Nee. deine Braut ist heute nicht da, kannst ruhig reinkommen. Ja. fünfzig Pfennig mußt du trogdem bezahlen. Dafür ist aber heute auch die Auswahl groß... Wie, Sie wollen schon gehen? Kein Platz aber, aber, wer wird denn so schnell seine Chancen aufgeben! Hier der Kellner hat noch auegezeichnete Plätze, nicht wahr, Fritz? Na also! Sie haben doch fünfz'g Pfennig bezahlt, warum soll'» die in die Luft gepfeffert sein bei den Zeiten! Ist nichts da. sagst du, Luise? Aber, mein Kind, kommt noch, kommt später Du hast doch noch immer einen abgekriegt." Nicht alles, was er erzählt, ist von der Zensur erlaubt. Aber in dieser Gegend des menschlichen Lebens oersteht man Spatz! Bis zur Theke passiert man einen langen Gong, seitlich von Boxen eingefaßt, in denen die Paare in mehr oder minder zärtlichem

Zahnlücken einem Jüngling mit Sommersprossen, rotem Haar und einem Kopf in Kürbisform auf viel zu kurzem Halse zu, als er ihr den neuesten Witz aus dem Babierladen erzähtt:Ach, du süßer Mann!" und klapst ihm kokett das Ohrläppchen, das die Größe eines Nestau- rationspfanntuchens hat. An den Ecktischen finden D o l I b a rt o e r s a m m- l u n g e n st a t l. Die drallsten Mädchen, scheinbar auch die jüngsten, was hier so ungefähr fünfundzwanzig Jahre alt heißt, sitzen bei diesen soliden Semestern beim Bier oder Grog, zuweilen gar bei einer Flasche Wein und reagieren schon hauefraulich.Das sind ältere Herren mtt gesichertem Einkommen", erklärt mir der Artist schmunzelnd.Die begehrtesten Besucher unseres streng reellen Etablissements/ Die vernünftigen Damen halten sich da ran: sie wissen, daß sie ein ruh ges Familienglück erwartet. Das sind auch oft richtige Witwer, mit K nd. die nicht so Gelegenheit haben, auf andere Art Damen kennenzulernen, und sich wieder verheiraten morHen. wenn sie die Richtige finden. Sonst kommen hier.die ewig U n- oerheirateten, die nicht mehr allein bleiben wollen." Sie wollen mir doch nicht erzählen, daß tatsächlich Ehen hier ihren Anfang nehmen? Wenigstens nicht mehr als in jedem anderen Lokal auch..." Bitte!" sagt er beleidigt und deutet aus die Wand. Dort hängt dicht an dicht eine Reih« schwarzer Rahmen. Unter Glas sieht man Briese, von Handschriften aller Art, geübten und knorrigen, ge- schrieben. Und kann also lesen.

Bestätige auf Wunsch gern, daß ich meine Frau lm Gesell» schaftshau» drei Lilien kennenlernte und nun glücklich mtt ihr oer­heiratet bin. Ewald Schulze. Kontorist." Meine Frau Lora tanzte zuerst mit mich in den Lilien. Denn haben wir uns verlobt, und nun gsheirat und haben zwei glückliche Kinder. Gerne kommen wir manchesmal nach an die Stätte unserer ersten Liebe. Paul Pring. Straßenbahnschaffner." Zahllos sind die Zuschriften, und zum Zeichen, daß sie tatsächlich echt sind, ist jede einzelne mtt dem Briefumschlag und dem genauen Absender oersehen. Der am Freitag hier tagend« Sparklub Ehe- glück" wohl der beste Geschäftetrick für ein solches Lokal um- faßt 73 solcher Leute, die ihr Lebensglück hier begründet haben.(Die schon wieder Geschiedenen haben keinen Klub der Enttäuschten ge- gründet auch solche Statistik wäre lehrreich!) Eines steht fest: es ist gemütlich und fidel. Die Tanzenden singen die Schlager mit: wer einen Kuß wagen will, der wird dabei nicht gestört: die Preise sind niedrig: das Vergnügen ist handfest denn wer hier eine Frau findet, der weiß, was er hat' die schlanke Linie ist nicht aktuell. Mögen es nur von Natur aus Bescheidene sein, mögen Resignierte, die es auf tausend andere Arten oersucht haben, hier einmal Ausschau nach dem Lebensgefährten hallen, man ist derb und frischweg, aber niemand wird ausfallend oder grob. Der Wirt hält strenges Regiment! Und es gibt wenigstens eine Stätte, wo kein Schein regiert, wo nicht allesAufmachung" undAusstattung" ist, wie in der City! Die Leute werden nicht durch vornehmes Getue oder wirkliche Vornehmheit gehemmt: sie können fein, wie sie sind. Wer schief ist. der ist es eben er kann immer noch eine treue und tüchtige Frau mit einer Narbe am Halse finden, und das Mädchen ohne Mitgift, die das heiratsfähige Alter längst erreicht hat. hier begegnet sie einmal dem soliden Handwerker, der ein paar starke Arme und lachende Augen zu schätzen weiß! Der Witwenball hat seine Ausgaben wie ledes andere Vergnügen.

tlr. ns 079 fragliche Qroleske/ Ton Walter Qalderl

22 Jahre lang hatte der alte Peter Grieß sein Achtel in der Staatslotterie gespielt. Es war ihm nicht leicht gefallen, von dem schmalen Einkommen, das er als Bürodiener hatte, jeden Monat das Los zu bezahlen. Er hatte sich das Geld abgespart, hatte sich kaum einmal ein Glas Bier oder eine billige Zigarre geleistet. Seine

�te nr 1��e.�c.'e'nan�lCr, f'6ST1 UIt� k1® genießen. Oer Saal, i Kollegen hatten ihn ausgelacht, wenn er von seinem Lotterielos

eine Art reichlich niedriger Diele, ist ausgeschmückt mit Papier girlanden, goldgerahmten und altersschwachen Spiegeln und Wand- Malereien, teils Leda mit dem Schwan, teils Venus die Schaum- geborene, teils Amor mit dem Pfeil und Bogen darstellend. Auf einem Podium hat die Musikkapelle Stellung bezogen und feuert von dort aus, nicht gerade zielbewußt, was die Richtigkeit der Ton- skalen betrifft, jedoch mit genügendem Auswand an Kraft und Mut Noren per Violine, Klavier, Trompete oder bei anderen Tänzen, mtttels Piano. Schlagzeug und Akkordeon in die Menge, die sich, dicht an dicht, Backe an Backe, Zahn an Zahn, vorüberdrängt und sich im sogenamsn Tanz« wiegt. Jawohl, h'er wird noch getanzt, gefcherbelt", wie es einst hieß, links rum und holterdipo'.tsr, mit stampfenden Schritten, mit schwitzenden Stirnen, glühenden Augen und roten Armen derWitwen" Hier tanzt man nochTrink'n wir noch ein Tröpfchen aus dem kleinen Henkeltöpfchen!" undGlüh- vürmchen, flimmere!", und am Sonnabend, am sogenannten Modernen Abend", ist das Neueste vom Neuen,Schöner Gigolo". Madame Yvonne" und die Elisabeth mit dem langen Kleid. Denn was einmal in des Volkes Herz gedrungen ist. das fitzt da fest für alle Ewigkeit! Außerdem gibt es geheimnisvolle Vorschriften für den Tanz so löst sich das Paar, tanzt umeinander herum und hebt dabei den Zeigefinger der rechten Hand in Nasen- höhe des Partners. Das, so habe ich nach vieler Mühe in Erfahrung gebracht, stellt so eine Art Voroerlobung dar: folgt die Dame diejemWink" ihres neuen Bekannten, sosind sie einig". Hier finden noch die Schieten und Buckligen ein Gespans! Der Witwenball gleicht die Ungerechtigkeiten der Natur aus. Er führt einen Mann mit gekrümmtem Rückgrat zu einer Frau mit zu kurzem Bein. Das Mädchen mit der schiefen Nase, das sich entschlossen hat, das achtunddreißigste Jahr ihres Lebens nun nicht mehr unverheiratet herannahen zu lassen, flüstert zwischen ihren

und von dt.n Hoffnungen, die er daran knüpfte, erzählte. Denn der alte Peter Grieß , der so nüchtern und phantasielos aussah, hatte manchmal ausschweifende Träume. Wenn er eines Tages das große Los oder irgendeinen anderen größeren Gewinn erwischen sollte, dann würde er sich ein kleines Häuschen kaufen und sich ausruhen... 22 Jahre hatte das Glück ihm nie gelacht, kaum gelächelt, wenn es ihm ab und zu ein Frellos hinwarf. Dann kam die Krisenzeit mit dem Lohnabbau, der auch die paar Marl des alten Grieß nicht oerschonte. Und gleichzeitig wurde bei der Lotterie der Lospreis erhöht! Sollte man da noch weiter spielen? Peter hatte e» versucht, hatte fünf Monate lang kein Glas Bier getrunken, keine Zigarre geraucht, war weite Strecken zu Fuß gegangen, anstatt zu'fahren, nur um jeden Monat die fünf Mark für das Los erübrigen zu können. Mit ungeheuren Hoffnungen hatte er in der Zeitung die Gewinnliste verschlungen. Mit dem großen Los war es wieder nichts gewesen, aber es blieb ja noch die Prämie von öOOlXX) Mark im Gewinnrade! Am letzten Zishungstage war er selbst zur Lotterieverwaltung hingegangen, vielleicht um mit der Stärke seiner letzten Hoffnung das Glück zu beeinflussen. Vergeblich! Nur um vier Einer war die Nummer des Glücksloses von seiner Nummer entfernt gewesen! Da beschloß er, sein Los aufzugeben. Nach langer Ueberlegung hatte er den Beschluß gefaßt. Vorsichtshalber war er noch zu einer Wahrsagerin gegangen und hatte sie nach den Aussichten seines Lotterieloses gefragt.Ihr Lotterielos wird Ihnen nur Unglück bringen," hatte die moderne Pythia ihm gesagt. Das hatte ihn beruhigt. Als der Lolleriekollekteur ihm das Los für die neue Ziehung zusandte, hatte er es zurückgeschickt. Gern hätte er die Nummer seines alten Loses vergessen, aber wenn man 22 Jahre lang dieselbe Nummer im Geiste herumgetragen hat, geht das nicht.

Alexander von Sacher-Wlafoch: eilt ßilUß �tlfluUdT

Beamte des Arbeitsamtes Lichtenberg fanden auf dem Hof des Amtsgebäudes einen allen, defekten Kinderwagen, in dem sich ' ein etwa acht Wochen altes, in Stroh eingehülltes Kind befand. Die Beamten übergaben ihren Fund der Säuglingsfürsorge." Woran dachtest du, junge Mutter, als deine Hand den kleinen Wagen losließ? Du sahst dich wohl ängstlich um, ob keinem dein Gehaben aus- fiel, ob niemand deine enteilenden Schritte vernahm? Da es heller Tag war, als du es tatest, trafst du viele Menschen. Sahst du ihnen in die Augen, hobst du frei den Kopf, recklest du deine Glieder wie von einer Bürde besrett? Ich kann es nicht glauben. Denn es schrie jetzt und war ganz allein. Sein kleines Stimm- chen erhob sich über die grauen Mauern des Anttsgebäudes, wie ein heimatloser Vogel, flog dünn und fern über all den Straßenlärm, die Stimmen fremder, eilender Menschen, das Kreischen plumper Straßenbahnwagen, flog über die Stadt. Und das Stimmchen, das noch nichts von sich wußte und nun vereinsamt war in der weiten Welt, hatte sich ausgemacht, um nach deinem Herzen zu suchen. Du liesst fort und tauchtest unter im Heer der viereinhalb Millionen. Niemand kannte dich von den Gesichtern, die dein Blick streifte, von den Augen, die dich durchfuhren, Mutter des Kindes, da» auf dem Hof zurückblieb. Und während du liefest, liesst du fort von dir und fühltest dumpf: du muhtest unterliegen im Wettlaus mtt dir selbst. Sorge und Armut sind mtt dir, denn wer sein Kind in einen alten, defekten" Kinderwagen legt, ist nicht gesegnet mit Gütern. Liebe ist in deinem Herzen. Denn du wußtest, daß Stroh warm- hält, und packlest das Kind sorgsam in Stroh, damit es nicht friere. Ueber dem Hof stand die bleiche Novemdersonne und der Wind fegte Staub und Mörtelstückchen über die Dächer hinweg. Mager« Sper- ling« hockten am Dachfirst, sie lärmten vor Hunger und äugten auf da» Stroh herab, das über dem Kind war. Und das Schicksal des Kinde» war noch völlig ungewiß. Frost und Hunger konnten es ereilen, ein Zufall konnte verhindern, daß die Menschen es fanden. Und wenn sie es fanden, würde das erste Augenpaar, in das e« blickte, voll L'ebe auf ihm ruhen? Vielleicht streifte es nur ein gleichgültiger Blick und es wurde, einer lastigen Pflicht genügend,

einfach weitergegeben, denn es sst doch so, nicht wahr, man muß zuständig sein, um etwas tun zu dürfen in dieser Stadt. Da traten zwei Männer aus dem Arbeitsamt in den Hof und fanden das Kind. In des Kindes Augen fpiegett« sich das Licht des fahlen Novembertages und einer der Männer nahm es freundlich auf und trug es in das Haus. Wie ein schwerer Regen prassellon die Sperlinge in den Hof herab und fielen über das Stroh her... Groß ist die Not der Zeit. Ich weiß es. Denn in den Nächten liege ich wach und denke an morgen und übermorgen und auch mir singt ein dünnes Stimmchen von Hunger, der gestillt werden will. Wenn ich darüber nachdenke, was dich dazu getrieben haben kann, dein Kind zu verlassen, wüßte ich tausend Antworten darauf. Mit soviel Armen greift die Not heute an des Menschen Herz. Und dennoch, sind nicht zwei Arme stärker als tausend? Und wenn es nur dünne Kinderarme sind, die unsicher durch die Luft tasten, nach Brüsten suchend, um sie festzuhatten. Wir haben den schrecklichsten Krieg erlebt. Kain erschlug Abel, Abel mordete Kain. Wir atmen vergiftete Luft und errichten Mauern aus Worten, die den Bruder vom Bruder trennen. Wir frieren, wir hungern, wir haben keine Kohlen für den Winter, wir find arbeitslos. Ein Gespenst geht durch die Straßen der großen Städte, die Saat der Zwietracht ist aufgegangen und die Herzen sind bis an den Rand gefüllt mit Bitterkeit. Und so verstehe ich alles, was geschieht. Die Zeitungen sind voll von den Taten der Menschen. Nur emes, verzeihe mir, Mutter, verstehe ich nicht: deine Tat. Ich kann es nicht fassen, daß man die dünnen Arme losläßt, die sich lange Monate über dem Herzen regten, im eigenen Leib. Ich kann es nicht fassen, daß man diesen kleinen Körper der Ungewißheit preisgibt, auch nur minutenlang. Denn selbst dort, wo kein Ausweg mehr war, gab es den Weg des offenen Bekennens. D e Hände, die dein Kind aus deinen Händen empfangen hätten, würden ihre Fremdheit verloren haben. Denn die Menschen sind, wer wüßte es besser als du, sehr gleichgültig und wollen die Tat. Sie sind sehr gefangen im Alltag, im Kreis ihres eigenen Lebens und nur eines wird sie immer bewegen, das sie selbst als ihr Heiligstes erkennen: die Liebe einer Mutter. Hast du daran gedacht? Ich kann es nicht glauben. Geh hin und bekenne d'ch zu deinem Kind, liebe Mutter, und du wirst größer sein als jene, die glauben, dich oerachten zu dürfen.

Aber er nahm sich vor, nie wieder die Gewinnliste anzusehen. Und diesem Vorsatz blieb er treu Es ging leichter, als er gedacht hatte. Bis er sich eines Tages es war im Monat der Haupt- ziehung seine neu besohlten Schuhe vom Schuhmacher abholte. Der Meister wickelte ihm die Schuhe nach allem Brauch in eine Zeitung ein. Zu Hause packte Peter sie aus und wollte schon das Papier zerknüllen und wegwerfen: da fiel sein Blick zufällig auf eine Ueberschrift:2lX) OOO-Mark-Gewinn gezogen."Das geht mich nichts mehr an," dachte der alte Peter, aber er sah doch noch einmal hin. Und da sah er die Nummer, auf die der Gewinn gefallen war: 45 679. Wie ein Blitz durchzuckte es ihn: seine Nummer! Die Schuhe und das Papier entfielen feinen Händen. Eine halbe Stunde lang faß er wie betäubt da, dann fing er an zu weinen, und dann packte ihn eine wilde Wut. Am liebsten hätte er seine ganze ärmliche Wohnungseinrichtung zertrümmert. Ein paar Porzellanbüchsen mtt den AufschriftenSago ",Geriebene Semmel" undHirse" mußten daran glauben Aber dann beherrschte er sich. Er fegte die Scherben zusammen er hielt seine kleine Iunggesellenwohnung selbst in Ordnung und zog seinen besten Anzug an Dann ging er fort: das erstemal seit einem halben Jahr, daß er abends aus- ging. Die Nachbarn staunten und munkelten allerhand Vermutungen, zu denen auch der Lotteriegewinn gehörte... Peter Grieß fuhr mtt der Straßenbahn in das Zentrum der Stadt und ging in«in großes Bierlokal, das er vor Jahren einmal mit Verwandten besucht und seitdem nur von außen bewundert hatte. Er bestellte sich eine Portion Gänsebraten und ein großes Glas Münchener Bier beides Sachen, von denen er fett Jahren träumte. Langsam und mtt Genuß und trank er. Nach dem ersten Glas Bier bestellte er ein zweites und drittes und nach dem drttten Glas Bier einen Kognak. Nach dem Kognak kratzte er sein Geld im Portemonnaie zusammen und bezahlte. Man schrieb erst den Zwanzigsten, und von seinem Gehalt blieb fast nichts mehr übrig! Aber darum machte sich der alle Grieß keine Sorgen, zum ersten Male in seinem Leben. Mit weichen Beinen und einem Schleier vor den Augen ging er durch die belebten Straßen der Innenstadt. Er hielt sich am Rande des Bürgersteigs und kam alle Augenblicke in Gefahr, unter ein Automobil zu geraten. Plötzlich sah er durch den Schleier hindurch seine Nummer vor sich: 45 679! Sie stand am Nummernschild eines Privatautos, das sich in mäßiger Fahrt näherte. Ohne zu wissen, was er tat, sprang der alte Peter auf den Fahrdamm und ging mtt auegebreite- ten Armen seiner Nummer entgegen. Der Herr, der am Steuer des Autos saß, hupte dreimal, und als der sellsame Alte nicht bei- seite ging, bremste«r�und brachte den Wagen zwanzig Zentimeter vor Peter Grieß zum Stehen. Jetzt tat Peter etwas, was ihm keiner und er sich selbst auch nicht zugetraut hätte: mit einem Ruck schwang er sich auf den Kühler de» Autos, setzte sich rttttings wie auf ein Pferd darauf und fing an, mtt beiden Fäusten wie ein Besessener auf den Mann am Steuer loszuschlagen. Die Schutzbrille ging in Scherben.Meine Nummer, mein« Nummer!" brüllte Peter unauf- hörlich und versetzte dem Autofahrer einen mächtigen Hieb nach dem anderen. Passaitten rissen ihn von dem Auto herunter und übergaben ihn einem Polizisten, der ihm Handschellen anlegen mußte, denn er brüllte immer nochMein« Nummer, meine Nummer!" und schlug wie will» um sich. * Peter Grieß sitzt seit Monaten in tiner Cinzelzelle der Irren- anstall und ist noch nicht wieder zum Bewußtsein gekommen An die Wände hat er mtt Suppe und mit Schmutz in hundertfacher Aus- führung die Nummer 43 679 gemalt. Und jedesmal, wenn ihn jemand nach dem Sinn dieser Zahl fragt, verfällt er wieder in Tob- sucht und schreit:Meine Nummer, meine Nummer!" Die moderne Pythia hat recht beHallen: die Lotterienummer hat ihm Unglück gebracht. Die kleinst« pholonavhische Kamera. Der Wunsch, das Innere des Menschen phtographieren zu können! hat den Arzt Dr. Falenz in Chikago dazu gebracht, die kleinste vhotoaraphische Kamera zu konstruieren, di- es je gegeben hat. Der kleine Apparat istm Schlauch einer Magenpumpe befestigt, und der Patient, dessen Ma- gen photoaraphiert werden soll, f+st-ckt die'-en Apparat zus'mmen mtt dem SrHauch hinunter. Der Apparat besteht aus zwei Teilen, und zwar sst in dem einen ein« klein«, aber sehr krästm« elektrische Lamve annebracht, die ein käst«? Li-H von 12 OW Kerzen aus­strahlt, lei dem di« photographifche Aufnahme vor sich geht. Es können aui einmal bis zu acht A'strabmcn auf dicse Weise gemacht werden. Die Bilder sind Zentimeter hoch und breit und müssen natürlich verarößert werden,«he sie zu Studienzwecken benutzt wevdsn können.