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Beilage

Dienstag, 12. Januar 1932

abigail- ild Abend

Junge Frau von 1914

Ein Roman beleuchtet eine Epoche

Die Auseinandersehung der Frau mit dem Kriege, ihre| abhängig von dem Geliebten dem Leben seinen sicheren Wert dem Leben seinen sicheren Wert Auseinandersetzung mit dem Mann im Felde, der Emanzipations - gab, verfällt angesichts der allgemeinen Not. Was bleibt? Die prozeß der Frau durch den Krieg-gab es in der Literatur bisher Arbeit. Die notwendige, die nügliche Arbeit. Und angesichts der ein Werf, das dieses Problem bewußt anpacte? Es gab ein paar Not, angesichts der Arbeit entsteht mehr unbewußt als bewußt ein schwache Versuche. Bis zum Kernpunkt drang keiner vor. neues Gefühl der Verbundenheit, das Gefühl der Solidarität mit den Notleidenden, mit den Arbeitenden. Individualität und Individualismus haben ihre Bedeutung verloren, die sich an­fündigende Epoche des Kollettivismus stellt jeden einzelnen kündigende Epoche des Kollektivismus stellt jeden einzelnen in ein neues Sein, ein Sein, das den Wert der Frau hebt, indem es den Wert des Mannes als Einzelwesen senkt.

Aehnlich verhält es sich mit dem Problem der Abtreibung. Die wissenschaftliche Literatur mit ihrem Für und Wider ist nicht gering. Zur dichterischen Bewältigung des Stoffes ist bisher faum einer durchgedrungen. Seltsamerweise sind es besonders die Frauen, die hier versagten.

Arnold Zweig greift in seinem Roman ,, Junge Frau Don 1914"( Berlag Gustav Kiepenheuer , Berlin ) beide Probleme in einem an. Seine junge Frau von 1914 tommt aus dem Hause eines jüdischen Bankdirektors, den nationalliberale Tendenzen in der wilhelminischen Aera fest verankern, während der Großvater in der Hibischen Stepsis besserem Teil wurzelt. Aber diese junge Frau, Mädchen eigentlich noch, hat sich wie auch ihr Bruder, der Gymnasiast, bereits heimlich von ihrem Milieu entfernt, bevor der Krieg ausbricht. Sie ist in freier Liebe mit dem Schrift­steller Bertin verbunden; ein anständiges, herzliches und vornehmes Bündnis, das sich bewußt von jener Tradition fernhält, für die Jungfernschaft vornehmstes Handelsobjekt einer komfortablen Ver­sorgungsheirat ist. Diese junge Frau, die studiert und geistig interessiert ist, hat einen Teil der Emanzipation bereits vollzogen. Sie ist durchaus selbständig. Die Gleichberechtigung mit dem Mann ist für sie gefühlsmäßig leine Frage mehr und insofern fühlt sie fich ihren Eltern, die noch in den alten Traditionen leben, überlegen. Der Krieg bricht aus.

In dieser Situation bricht der Weltkrieg über sie herein. Ihr Geliebter, der Schriftsteller Bertin, wird als Armierungssoldat eingezogen. An beiden vollzieht der Krieg die große Wandlung. Bertin, der Empfindsame, der Skeptiker, der radikale Gegner von Krieg und Gewalt, wird unter dem Einfluß des Soldatentums Preuße, die Freude am Robusten, am Schollenverhafteten, am Naturmenschen geht mit ihm durch und verleitet ihn zu einer Ueberrumpelung der Geliebten, die nicht ohne Folge bleibt.

Das Mädchen, bis dahin in ihrer tapferen selbständigen Frauenart ganz dem Schriftsteller Bertin und seinem Werk ergeben, sieht sich vor die Frage gestellt, das Kind auszutragen und damit als uneheliche Mutter die ihre gesamte äußere Position vernichtenden Folgen eines Bruchs mit ihrer Raste auf sich zu nehmen oder das werdende Leben heimlich vernichten zu lassen. Die Vernunft rät zum Eingriff, der Mutterinstinkt wehrt sich. Nach Tagen, Wochen eines fonfliftgeladenen Angstzustandes, dessen Seelennot umso größer ist, als er verheimlicht werden muß, der Entschluß, nicht auszu tragen. Cin tapferes Hinhalten allen Demütigungen, Brutalitäten und Eteln gegenüber, die über eine junge Frau auf der Suche nach einem geeigneten Arzt und in dem suspekten Milieu des heimlichen Eingriffs herfallen.

Und dann ist alles anders. Die Welt hat sich von Grund auf gewandelt.

Eine junge Frau allein.

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Das ist das Bedeutsame an diesem Buch, daß es die psychischen Hintergründe einer unehelichen Schwangerschaft und eines per: botenen Eingriffs darlegt, daß es neben der förperlichen, die feelische Seite des Problems aufzeigt, die aus mangelnder Erfahrung im Schrifttum so oft vernachlässigt und vergessen wird. Diese mangelnde Erfahrung Bertin sieht nicht viel mehr als die finanzielle Seite des Problems. Er glaubt, nach erfolgtem Eingriff, wenn auch etwas geschwächt und etwas schmal geworden, dennoch die alte Geliebte in der Klinik wiederzufinden, geht an einer Aussprache blind vorüber und schreibt, an die serbische Front gerückt, dieser vermeintlich unveränderten Geliebten Briefe, wie sie verliebte Soldaten und ehemalige Schriftsteller eben zu schreiben pflegen, wenn sie in primitivstes Dasein zurückgemorsen, ihre Sehn­sucht nach Liebe, Kultur und Kunst sich vom Herzen schreiben. Das Ich dittiert.

Das ist es aber gerade, was das junge Mädchen bis zum Ausbruch von Haßgefühlen verletzt: dieses ganz und gar auf das Ich- Gestellifein des Mannes, diese Blindheit ihrer Seelennot, ihrer Wandlung gegenüber. Wenn nicht Mutter, so ist sie doch durch die unterbrochene Schwangerschaft wissende Frau geworden. Alles Träumerische, die Illusionsfähigkeit der Jugend ist ver­schwunden. Ein bitteres Wachsein ergreift von ihr Befih. Die Stepsis, die der geliebte, der gehaßte Bertin in seiner Uniform und Uniformierung verloren hat, sie, die junge Frau von 1914, ist jetzt ganz von ihr durchdrungen. Auch dem Manne gilt diese Stepfis, dem Geliebten. Ihm, der fein Wort des Verständnisses für ihre Situation fand, der sie allein ließ und an die Front ,, desertierte".

Der zweite Teil der Emanzipation hat sich vollzogen: die Emanzipation vom Mann als Geliebte.

Wandlungen.

Der zweite Teil der Emanzipation hat sich vollzogen. Die junge Frau von 1914 sieht es nicht mehr als ihre Aufgabe an, dem Geliebten und seinem Werk den Weg zu bereiten. Sie setzt sich selbst ein Ziel.

Und diese eigene Zielsetzung ist der dritte Teil der Emanzipation, jener Teil, dessen großer Dirigent der Krieg ist. Die Männer im Felde. In den Betrieben tritt die Frau an die Stelle des Mannes. Das Selbstbewußtsein der Frau, ihr Selbständigkeitsgefühl nimmt ausgeprägte Formen an. Aber zu gleicher Zeit wächst die Not. Rationalisierung der Lebensmittel. Lebensmittelfartensystem. lind trotzdem keine Möglichkeit, sich und die Seinen zu sättigen. Und draußen im Felde fallen die Männer.

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An die junge Frau von 1914, Tochter des wohlfundierten Ban­fiers, tritt diese Not nicht direkt heran. Wenn sie beschließt, die Lehrberechtigung an höheren Schulen zu erwerben, so zunächst hauptsächlich aus dem Willen heraus, sich vollständig von dem Geliebten loszulösen. Aber im Untergrund ihres illusionslos ge­mordenen Seins ist bereits das Bewußtsein erwacht, daß Arbeit eine ethische Notwendigkeit ist. Bon äußerer Not bleibt fie zwar verschont, doch in ihrem Umkreis wird sie um so deutlicher. Das Liebeserleben, durch den Eingriff schon vorher ent­mertet, wird völlig verdrängt, die Verbundenheit mit den Verbundenheit mit den geistigen Werten der Kultur, die früher auch un­

Die neue Basis.

Dieser Mann, der ehemalige Schriftsteller, jezige Armierungs­soldat Bertin, hat keine Ahnung von dieser Umwertung der Werte, die sich in der jungen Frau von 1914 und um sie vollzogen hat. Ihm, der in Serbien Schipperdienste leistet, der nach Verdun ver­schlagen wird, ist das Deutschland von 1916 noch immer das Deutsch land von 1914 und die junge Frau von 1916 das Mädchen von 1914. Wie wird es ihm ergehen an der Front von Verdun ? Die junge Frau macht sich faum Gedanken darüber. Für sie sind die Opera­tionen an der Front so unvorstellbar wie für den Armierer Bertin die Operation an der Geliebten. Doch hier die Freundin, von der sie in einem Ostseebad überfallen wird, ihr Mann, ihr Freund ein Opfer des Krieges. Die Krankenschwester da, ehemals lebensfreudige Tochter eines Gutsbesizers- ihr Mann, ihr ihr Mann, ihr Freund gefallen. Und die Frauen von Grund auf zerstört. Zerstört Freund gefallen. Und die Frauen von Grund auf zerstört. Zerstört und verstört bis auf die Wurzeln ihres Seins. Was Selbständigkeit, was Kühle und Sachlichkeit des Herzens! Frauen verfluchen den Krieg, der ihnen das Tiefste ihres Daseins nahm: die Freude am Frausein.

Frauen, deren Männer starben, verfluchen den Krieg. Das

Gleichnis der beiden

Der

Spalausgabe des Vorwärts

was Selbständigkeit, was Kühle und

Sachlichkeit! bricht das Herz der jungen Frau von 1914 von neuem um. Die Qualen der Schicksalsgenoffinnen peitschen sie mit Hengsten. Bertin vor Verdun : jetzt sieht sie die Nähe der Gefahr und die Nähe der Gefahr läßt zerstieben, was in ihr an Haß war. Bertin vor Berdun: das darf- Geliebter, Gehaßter, ganz gleich! nicht sein. Und wenn es durch die Kriegslist einer Kriegs. trauung sei, fie muß ihm den Urlaub verschaffen, den man ihm nach einem Jahr Front noch immer nicht erteilt.

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Mit der Kriegstrauung endet der Roman. Der dem bürgerlichen Leben entfremdete Frontsoldat und die durch den Krieg und ein schweres Erlebnis von Grund auf gewandelte junge Frau ,. die einmal in Liebe und Freundschaft verbunden waren, treten den gemeinsamen Gang durchs Leben an. Man fühlt, das neue Bündnis vollzieht sich auf einer neuen Basis. Die überwiegende Bezogenheit auf den Mann und das Ich- Erleben ist verdrängt durch die Bezogenheit auf die soziale Umwelt und durch die Auseinandersehung mit ihr. Die größere Nüchternheit ist da. Bedeutet sie einen Berlust an Gefühlswerten, an Werten überhaupt?

Umschichtungen.

Den Umwandlungsprozeß der Frau durch den Krieg in seiner Wesenheit dichterisch sichtbar gemacht zu haben, gibt dem Werk den treibungs- und das Kriegsproblem unter eine Ruppel bringt, ist zweiten Teil seiner Bedeutung. Daß Arnold Zweig das Ab­entscheidend. Durch diesen doppelten Nährboden erhält das Werk seine Allgemeingültigkeit: das Werden der jungen Frau von heute wird scharf und wahrhaft aufgezeigt.

Das Werden der jungen Frau von heute und zu gleicher Zeit Dichtung erst dann über den Durchschnitt des Schrifttums erhebt, die Umformung einer Epoche, wie sich ja überhaupt eine wenn sie den Reflex ciner Zeit gibt. Das ist in der Jungen Frau von 1914" in hohem Maße der Fall. Der Etimmungsgehalt und das Menschtum der ersten Kriegsjahre werden Lebendig. allmähliche Entwurzelung der einzelnen Klassen und vor allem der wohlfituierten Mittelschicht, die große Umschichtung, die schon während des Krieges einfegte, wird fristallklar. Man ahnt bereits den

Die

großen Zusammenbruch, der die Menschen dieser Epoche und dieses Buches erwartet, ohne daß sie es wiffen. Lepère.

Frauen schreiben uns:

Die Frau in der Krise

Zu den Ausführungen Louise Diels über Die Frau in der Krise" erhalten wir folgende Buschriften:

Die Ausführungen Louise Diels ,, Die Frau in der Krise" müssen bei ausgesprochenen Proletarierfrauen doch Protest hervorrufen.

Es liegt doch wahrlich kein Grund vor, verzagt zu sein und den Stopf hängen zu laffen. Für uns Proletarierfrauen lag dos ftets die zwingende Notwendigkeit vor, sobald mir die Schulbant ver­tassen hatten, uns Beschäftigung zu suchen, Geld zu verdienen, damit die Lasten für die Eltern etwas erleichtert wurden. Db wir dabei eine innere Befriedigung hatten, spielte teine besondere Rolle. Unser inneres Glüdserlebnis fuchte und fand der größte Teil der Frauen, die sich zu der Erfenninis durchgerungen hatten, mit den Männern Seite an Seite in der Jugend, Gewerkschafts- und Parteibewegung für eine Befreiung der arbei. tenden Klaffe zu kämpfen. Ein jeder, auch der kleinste Er­folg war für uns ein inneres Glückserlebnis. Wie glüdlich waren mir, als nach dem Zusammenbruch des entsetzlichen Krieges in der Weimarer Berfassung für die Frau das Recht auf Arbeit, auf Unabhängigkeit und Selbständigkeit verankert wurde!

Aber es ist doch im Leben fast immer so, daß wir erst die Größe des Erreichten erkennen, wenn es im Begriff ist, uns wieder genommen zu werden. Wir Frauen können uns dagegen wehren, indem wir unseren Mitschwestern immer und immer mieder flar­machen, daß wir durch Zugehörigkeit zur freien Gemert­schaft und zur Sozialdemokratischen Partei in der Lage sind, unsere Rechte zu wahren. Nicht Sympathie allein hilft uns weiter, sondern der Mut zur Mitgliedschaft. Und dann Seite an Seite mit den Männern gekämpft, dann werden auch die Rechte der Frauen gewahrt und weiter ausgebaut!

Troß der schweren Wirtschaftskrise nicht den Kopf hängen lassen! Gerade wir Frauen gehören jetzt an die Front. Sorgt für Auf flärung! Dentt bei allem Schweren auch an die von uns zu leistende Erziehungsarbeit an unseren Kindern. Auch die müssen wir für die späteren Kämpfe erziehen. Wie soll das möglich sein, wenn wir Frauen mutlos werden und den Kopf hängen laffen?

Klara Maschke.

Verfassung gewährten Gleichberechtigung der Frau und deren an Die von Louise Diel gezogene Bilanz geht von der durch die genehmen Folgen aus. Unsere Frauen haben angefangen, sich an die Selbständigkeit zu gewöhnen, und manche war im Begriff, fich unabhängig zu machen. Nun schwebt all dies in Gefahr. Es ist Ueberangebot an Arbeitskräften. Die Arbeitslosigkeit bewirkt einen Lohndruck, zu dem man uns Frauen im besonderen benutzte. Hierin, liebe Schreiberin, liegt unsere Tragif. Konjunktur und Krise be­stimmen unsere Eristenz. Die bisherige Wirtschaftsform ist am Ende ihrer Profitwirtschaft. Und nun muß unser Kampf um die gesunde Bedarfswirtschaft einsehen, die uns dann alle je nach Veranlagung wieder einreiht. Der Mensch braucht Arbeit, um seinem Leben einen Inhalt zu geben. Gewiß haben wir Frauen auch in dieser Krise ( hoffentlich ist es die letzte) schwerer zu leiden als der Mann. Rein familiär aber nur, denn physisch und moralisch leidet der Mann gleichfalls unter dem Druck der Verhältnisse.

Aus dieser Sackgasse tommmen wir aber nicht heraus, wenn wir uns einbilden, unter der Last zusammenbrechen zu müssen, viel mehr müssen wir ernsthast darüber nachdenken, wie wir uns von der Last befreien.

Neben der wirtschaftlichen Gleichberechtigung gab uns die Ber­faffung auch noch das herrliche Geschent der politischen fassung auch noch das herrliche Geschent der politifchen Gleichberechtigung, und hier, verehrte Schreiberin, haben wir versagt.( Wahlergebnis vom 14. September 1930.) Wie haben wir gewählt? Das Resultat erleben wir heute. Wie fonnten Frauen und Mütter einem Programm folgen, dessen Auswirkungen mur Krieg und Vernichtung bedeutet? Wie fonnten wir fo schnell vergessen? Nur die flare fachliche politische Erkennt­nis mird uns die volle persönliche Freiheit bringen, die wir in der wirtschaftlichen suchten. Haben wir bis dahin Vertrauen zu

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uns selbst, auch wenn unser Teint darunter leiden sollte. Die Industrie der Kosmetik wollen wir gerne entbehren, nicht aber die Veredelung des Menschen. Martha Fengler.

Pflegekinder gegen Vermittlungsgebühren findervermittlung betreffen. Eine Pflegemutter drüdt in warmen zu gleicher Zeit liegen uns zwei Eingänge vor, die die Pflege­Pflegefind als Beihnachtsgeschenk vermitteln tonnte. Die Sehn Worten ihren Dank an das Landesjugendamt aus, das ihr ein sucht nach dem Kinde erfüllt mehr Menschen, als allgemein ange­nommen wird. In den Jugendämtern erfüllen sich die meisten dieser Wünsche zu allseitiger Zufriedenheit. Das müßte nachgerade so befannt sein, daß Enttäuschungen, wie sie der zweite Eingang enthält, nicht mehr vorzukommen brauchten.

Eine Familie wünscht ein Kind in Pflege zu nehmen bzw. zu adoptieren. Sie bevorzugt ein Kind von auswärts, um feine Scherereien mit Angehörigen des Kindes zu haben. Die Spalten distreter" Geburt, sogar mit Abfindungsbeträgen. Gar zu gern der Tageszeitungen enthalten immer Angebote von Kindern wird auf die verlockende Aussicht hin, eine Abfindungssumme aus­gezahlt zu erhalten, auf diese Angebote reagiert. Hinter dem An­irgendein geschäftstüchtiger Spekulant gebot steht aber nicht etwa ein heimatloses Kind, sondern zunächst irgendein geschäftstüchtiger Spekulant Geldgier gegen Geld­gier, der ein Kind zum Handelsobjekt machen möchte. Manchmal gelingt das aud).

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Die nachsuchende Familie erhält ein Anschreiben mit Anlagen, unter denen die ausgefüllte Poftanweisung über 15 Mart wohl das Wichtigste für den Vermittler ist. Korrekte Pflegefamilien, denen es ernst um die Aufnahme eines fremden Kindes ist, lehnen das Anfinnen mit Entrüftung ab. Aber es wird andere geben, denen die Abfindungssumme im Hintergrunde das Barometer ihrer Ge­fühle für die Vermittlungsgebühr steigen läßt.

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Kaum auf einem Gebiete begegnen sich Idealismus und Egoismus häufiger als hier, wo heimtlose Kinder einen warmen Herdplay brauchen und wo Kinder ,, diskreter Geburt" von gewissen. tojen Erzeugern verschachert werden. Zugegeben, daß es Fälle gibt, wo das unerwünschte Kind aus dem Blickfelde der Gesellschaft" verschwinden muß für solche Kinder tatsächlich oft das beste! aber weshalb finden die Betreffenden nicht den Weg zu den überall im Deutschen Reiche befindlichen Jugendämtern, die ebenfalls ,, dis. fret", aber unentgeltlich vermitteln und die vom Erzeuger gezahlte Abfindung mündelsicher deponieren!

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Wir haben begründetes Mißtrauen gegen abfindungslüsterne Pflegeeltern. Die Spuren schrecken. Gemachte üble Erfahrungen finden ihren Niederschlag in den Schwarzen Listen", die bei allen Jugendämtern durch das Deutsche Rote Kreuz kursieren.

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Wer ein Kind um seiner selbst willen gern hat, der ist glücklich), ein solches Kind zu erhalten, nadt, wie es geboren wurde. Denn die Heime, welche Kinder ausgeben, fordern selbstverständlich die Kleidung und Wäsche bis aufs Hemdchen zurück; sie müssen mit jedem Ausstattungsstück rechnen. Wie strahlen die neuen Pflege­mütter, wenn sie eigenhändig all die Sächelchen zurechtgeschneidert haben, die ihr Kind benötigt! Und wie stolz präsentieren sie das Kind bei der Anmeldung auf dem Jugendamt und in den Mütter­beratungsstellen!

Pflegeelfern mit Nebenabsichten sollen die Hände davon lassen. Ein Kind ist fein Handelsobjekt und fein geeignetes Mittel zur Sanierung tranter wirtschaftlicher Verhältnisse. Das sollen sich aber auch alle privaten Vermittler gesagt sein lassen, denen es hauptsächlich auf die Borschußzahlung von 15 Mart ankommt. Wer ein Kind in seinen Familienkreis einzugliedern wünscht und weffen Verhältnisse einer eingehenden Prüfung standhalten können, der wird den Weg nach seinem nächstgelegenen Jugendamte zu finden missen. Ist auch das Gewünschte nicht sofort zur Hand, mit etwa Geduld läßt sich ein befriedigender Abschluß in jedem Falle erreichen Leibliche Eltern müssen ja auch neun Monate warten, bis ihnen Erfüllung wird. Schwester Lydia Ruehland.