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Morgenausgabe

Tir. 19

A 10

49.Jahrgang

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Der Borwärts" erscheint wochentag lich zweimal, Sonntags und Montags einmal, die Abendausgabe flir Berlin und im Handel mit dem Titel ,, Der Abend". Jllustrierte Sonntagsbeilage Bolt und Zeit".

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Vorwärts

Berliner Boltsblatt

Mittwoch

13. Januar 1932

Groß- Berlin 10 Pf.

Auswärts 15 Pf.

Die einfpalt. Nonpareillezeile 80 f Reflamezeile 5,- Rin. ,, Kleine An zeigen" das fettgedruckte Wort 25 Pf. ( zulässig zwei fettgebrudte Morte), jedes weitere Bort 12 Pf. Rabatt It. Tarif. Stellengesuche das erste Wort 15 Pf., jebes weitere Wort 10 Pf. Worte über 15 Buchstaben zählen für zwei Worte. Arbeitsmartt Seile 60 Pf. Familien­anzeigen Zeile 40 Pf. Anzeigenannahme im Hauptgeschäft Lindenstraße 3, wochen. täglich von 81/2 bis 17 Uhr. Der Berlag behält sich das Recht der Ablehnung nicht genehmer Anzeigen vor!

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Hindenburg . Kriſe und Reparationen.

Durcheinander um Hindenburg .

Hitler an Brüning.- Man gründet ein Komitee.

Hitler hat dem Reichspräsidenten ein Schreiben zugehen lassen, das nicht veröffentlicht wird. Außerdem hat er am Dienstagabend folgenden Brief an den Reichsfanzler Brüning gerichtet:

Sehr geehrter Herr Reichsfanzler! Am 6. Januar 1932 teilte mir Reichsinnenminister General Groener mit, es beſtünde die Absicht, die Präsidentschaft des

Generalfeldmarschalls von Hindenburg auf parlamentarischem Wege zu verlängern, bzw. den Reichspräsidenten durch eine Zweidrittel­mehrheit des Reichstages neu wählen zu lassen. Reichsinnen­minister Groener bat mich um Stellungnahme der Partei zu diesem Borhaben.

Ich beehre mich, Ihnen, sehr geehrter Herr Reichs. fanzler, mitzuteilen, daß die NSDAP . bei aller Verehrung für die Person des Herrn Reichspräsidenten nicht in der Lage ist, diesen fozialistischen Bewegung unsere Zustimmung ab. Die verfaffungs. die uns zu dieser Stellungnahme bewegen, werde ich Ihnen, sehr geehrter Herr Reihstanzler, mit einer eingehenden Darlegung umgehend zustellen.

Borschlag zu unterstügen. Ich lehne daher namens der national­

Mit der Versicherung vorzüglicher Hochachtung bin ich, fehr geehrter Herr Reichstanzler, Jhr sehr ergebener Adolf Hitler ."

Dieser Brief wurde am Abend um 9 Uhr in der Reichs­fanzlei dem Reichskanzler durch den Abg. Göring über­reicht. Hitler hat Berlin verlassen und ist nach München ab­gereift.

Gegenüber dem boshaften und unhöflichen Schreiben, das Hugenberg an den Reichskanzler gerichtet hat, fällt der Brief Hitlers durch fast übertriebene Höflichkeit auf. Der Interschied ist so auffallend, daß man geneigt wird, den Ge­rüchten Glauben zu schenken, nach denen sich der Defter reicher" Hitler bei den Berhandlungen viel weicher gezeigt haben soll als der Preuße" Hugenberg. Dieser soll die eigentliche Führung übernommen und, unterſtügt von den milden Männern aus der Hedemannstraße, die Ablehnung auch durch die NSDAP . durchgesetzt haben.

"

Der Reichspräsident hat den Reichsfanzler empfangen und ließ sich Bericht erstatten. Er bat den Kanzler, von einer meiteren Verfolgung des Weges einer parlamentarischen Lösung Abstand zu nehmen". So wird offiziös gemeldet. Die Bedeutung der Meldung besteht in dem, was nicht in ihr steht. Hindenburg hat den Kanzler nicht gebeten, von einer meiteren Betreibung seiner Wiederaufstellung zur Boltswahl Abstand zu nehmen.

Die Mitte für Hindenburg .

Auf Beranlaffung des Grafen West arp fand, wie Ill. meldet, cine Besprechung von Vertretern der Deutschen Volkspartei , des Chriftlich- Sozialen Volksdienstes, der Bayerischen Volkspartei , des eingehend mit der Frage einer Boltswahl Hindenburgs beschäftigte. Landvolks, der Wirtschaftspartei und der Staatspartei statt, die sich Ausschusses aus den Mittelparteien nicht zweckmäßig wäre, zumal Die Versammlung fam zu der Ansicht, daß eine Aufstellung eines gerade die parlamentarische Lösung gescheitert sei. Die Bersamm Ausschusses für angebracht. Der in diesem Zusammenhang von lung hielt vielmehr die Bildung eines überparteilichen Zeitungen für den Vorsiz eines solchen Ausschusses bereits genannte ehemalige Reichswehrminister Geßler stieß auch in diesen Kreisen

nicht auf Ablehnung.

Auch die Zentrumspresse setzt sich lebhaft für die Wiederauf­ftellung Hindenburgs zur Bolfswahl ein, so daß es tatsächlich die Regierungsparteien sind, die jetzt die Kandidatur Hinden­ burg betreiben. Daß sie das nicht ohne Zustimmung des Reichs­tanglers tun, versteht sich von selbst.

Nach der Täglichen Rundschau" sollen die Nationalsozialisten bereit sein mitzumachen, während sich die Deutschnationalen noch sperren. Das chriftlichsoziale Blatt meint nicht ohne Humor, es werde nun die Aufgabe des Stahlhelm sein, die Deutsch­nationalen wieder in die nationale front hinein 3uzwingen". beschlossen, auch diesmal wieder beschlossen, auch diesmal wieder

Das 3. der KPD. hat Das 3. der KPD. hat Thälmann zu fandidieren. Als Bahltermin wird jetzt natürlich unverbindlich der 13. März genannt, d. i. der 12. Jahrestag des Rapp- Butsches!

Laval- Manöver gescheitert.

Die Radikalen lehnen ihn ab.

Paris , 12. Januar. ( Eigenbericht.) Die Regierung ist heute abend zurückgetreten, aber unter ganz anderen Umständen, als Laval erhofft hatte. Durch das nach seiner und Tardieus Ansicht sehr geschickte Manövrieren: eine Demission der Regierung nur für den Fall, daß die Radikalen bereit sein würden, in ein Ron zentrationskabinett einzutreten, hat er schließlich erreicht, daß das Kabinett durch Briand und die Radikalen tor­pediert wurde und daß er selbst in eine Lage geraten ist, die sein weiteres Verbleiben an der Spike der Regierung sehr unwahrscheinlich macht.

In der Unterredung Laval- Briand am Bormittag hat Briand fein Rücktrittsanerbieten aus Gesundheitsgründen aufrechterhalten, aber er hat Laval dem Sinne nach erklärt: ,, Sie haben am Freitag durch Havas meine Demission ankündigen lassen, ohne daß ein offizielles Rücktrittsgesuch von mir vorlag. Sie haben dadurch meinem Rücktritt den Charakter einer Ausbootung gegeben. Ich verlange jetzt, daß das gesamte Kabinett zurücktritt." Diefen Bescheid teilte Laval seinen Kollegen mit. Einige andere Minister unterstützten Briand, und Laval bat seine Kollegen, ihre Bortefeuilles zur Verfügung zu stellen, um es ihm zu ermöglichen, angesichts der ernsten außenpolitischen Lage und der bevorstehenden inter nationalen Konferenzen, die die Einigkeit aller Parteien erforderten, den Verfuch zu machen, sämtliche politischen Parteien zur Führung der Staatsgeschäfte heranzuziehen. Dieser Aufforderung widersprachen mehrere Kabinettsmitglieder, darunter der Kolonialminister Reynaud , weil sie im stillen befürchteten, in eine neue Regierung nicht wieder aufgenommen zu werden!

Auf Grund der fategorischen Forderung Briands mußten sich die Minister schließlich fügen und unterzeichneten das Demiffionsgefuch,

das darauf von dem Kabinettschef Laval auch Briand zur Unter­

schrift vorgelegt wurde.

Statt nun die Demission sofort dem Präsidenten der Republid zu überreichen, behielt Lapal das Schreiben in der Tasche, in der Hoffnung, daß die Radifalen angesichts ber

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Ertlärung Brünings in der Reparationsfrage fich doch ent­schließen würden, einem Konzentrationsfabinett beizutreten. Wenn er eine derartige Zusage bekommen haben würde, hätte er dem Bräsidenten der Republik bei der Ueberreichung der Demiffion mit teilen fönnen, er sei in der Lage, sofort ein Konzentrations fabinett bilden zu können. Die Dinge tamen aber anders. Am Abend hatte, Laval mit Herriot im Innenministerium eine ein­stündige Unterredung, in der er den Radikalen für den Eintritt ins Rabinett mehrere wichtige Portefeuilles versprach, darunter das des Aeußeren, das er Herriot anvertrauen wollte. Herriot fagte dem Ministerpräsidenten sofort, die Radikalen seien nicht geneigt, am Schluß der Legislaturperiode in die Regierung ein­zutreten, doch erteilte er noch feine endgültige Absage, sondern ver­sprach, das Angebot Lavals der Fraktion mitzuteilen.

Die Fraktion der Radikalen aber beschloß nach kurzer Debatte, das Anerbieten zur Beteiligung an der Regierung höflich, aber entschieden abzulehnen

und den Ministerpräsidenten vor allem darauf aufmerksam zu machen, daß er überhaupt nicht berechtigt, bzw. vom Präsidenten der Republit ermächtigt sei, den Radikalen oder sonst jemand An­gebote zu machen, da das Kabinett offiziell noch gar nicht zurück­getreten sei. Das war die zweite Lektion, die Laval heute erteilt wurde. Kurz nach 8 Uhr abends überbrachte Herriot dem Minister­präsidenten die Antwort der Radikalen, worauf Laval nichts anderes übrig blieb, als öffentlich bekanntzugeben, daß das Kabinett zurück trete. Das ist um 10 Uhr abends geschehen. Präsident Doumer nahm die Demiffion an und beauftragte die Minister bis zur Neu­bildung der Regierung die Geschäfte weiterzuführen.

Ueber die Entwicklung der Krise glaubt man auf der Linken, daß, Präsident Doumer gemäß der Tradition Laval mit der Regie­rungsbildung beauftragen wird, da das jezige Kabinett nicht durch ein Mißtrauensvotum im Barlament gestürzt worden ist. Er dürfte aber Laval den Auftrag erteilen, ein Konzentrations tabineett guftande zu bringen, was dem Ministerpräsidenten angesichts ber Haltung der Rabifalen wieder nicht gelingen dürfte. Unter diesen Umständen wird sich der Präfident der Republik genötigt sehen, einen anderen zu beauftragen. Die Lösung der Krise dürfte längere Seit beanspruchen.

Ein Memorandum von Sir Henry Strafosch.

Die Londoner Wirtschaftszeitschrift Economist" ver­öffentlicht soeben ein Memorandum des englischen Finanz­fachverständigen Sir Henry Strakosch über die Krise, das in der Welt gerade anläßlich der bevorstehenden Repara­tionsdebatten die größte Beachtung verdient. Strakosch for­muliert seine grundsätzliche Haltung zum Problem der Krisen­ursache dahin, daß die Krisenerscheinungen aus dem Austausch von Gütern und Diensten stammen, und daß sie verschärft werden durch eine Unzulänglichkeit in der Bersorgung mit

Umlaufsmitteln und Kredit, welche umgekehrt in einer Welt, deren Geld und Kreditstruktur auf Gold beruht, ihre Quelle hat in der schlechten Berteilung und in der Un= fruchtbarmachung großer Goldmengen in zwei von den hauptsächlichsten Gold zentren der Welt.

gen untersucht Strafosch die Entwicklung der Goldbewegungen, Auf Grund dieser Grundauffassung der Krisenerscheinun der Zinssäße, der Preise und ihrer Berhältnisse untereinander für die Jahre von 1925 bis 1931. Er fommt dabei zu dem grundverschiedene Phasen zerfällt, Ergebnis, daß diese Periode in zwei voneinander Die erste Periode dauert von Anfang 1925 bis Anfang 1928, die zweite von Anfang 1929 bis heute. In der ersten Phase war die Goldverteilung zwischen Frankreich und den Vereinigten Staaten auf der einen Seite und der übrigen Welt auf der anderen Seite normal, im wesentlichen entsprechend der Rate des wachsenden Bedarfs nach monetärem Gold. In dieser Periode gibt es feine heftigen Zinsschwankungen und keine heftigen Preisveränderungen. Gegenüber dieser normalen Entwicklung in der ersten Periode zeigt die zweite Periode alle Kennzeichen heftiger Störungen.

Da die Zweiteilung dieser siebenjährigen Periode teines­wegs zusammentrifft mit einer Veränderung in den Zahlungs­verpflichtungen für Reparationen und interalliierte Schulden, wird man auch auf Grund der Untersuchung von Strakosch nicht zu dem Ergebnis fommen fönnen, daß die Reparationen die primäre Ursache für das Entstehen der Weltwirtschafts­frise gewesen sind. Das muß gegenüber der Neigung, die tapitalistischen Ursachen der Weltwirtschaftskrise mit dem Hin­weise auf die Reparationen zu verschleiern, um so mehr be= tont werden, als die Untersuchungen von Stratosch mit großer Klarheit und Wirksamkeit zeigen, wie start der Druck der Reparationen in der Weltwirtschaftskrise zu der außerordent­lichen Verschärfung der Krisenerscheinungen beigetragen hat und in welchem Maße das Fortbestehen der Reparationen und der interalliierten Schuldenzahlungen die Ueberwindung der Krise hemmt.

Als Frankreich und die Vereinigten Staaten in der zweiten Periode begannen, so führt Strakosch aus, ihre Gold­referven zu vermehren in einem Maße, das vollkommen außer Verhältnis stand zu der Rate des Zuwachses der Goldreserven der ganzen Welt, ergaben sich Störungen der schwersten Art. zur Selbstverteidigung wurden die Diskontfäße der anderen Notenbanken scharf heraufgefeßt, ohne Zweifel in der Er­wartung, dadurch die unnormale Goldbewegung anzuhalten und schließlich umzukehren. Wenn die Goldbewe­gung eine normale gewesen wäre, so würde dieser Erfolg ohne 3weifel eingetreten sein, und es wäre ein Gleichgewicht wiederhergestellt worden. Aber die Bewegung war offenbar nicht normal, und sie dauerte an trog der scharfen Diskont­erhöhungen. Der Fall der Warenpreise, den diese scharfen Diskonterhöhungen eingeleitet hatten, schritt in einer zu­nehmend steilen Kurve fort. Dann wurden verzweifelte An­strengungen gemacht, den Preissturz durch Senkung der Distontfäße aufzuhalten. Aber auch diese waren ohne Erfolg aus dem einfachen Grunde, weil die weitere Abnahme der Goldreserven der übrigen Welt( außer Frankreich und Amerika ) fortfuhren, einen Deflationsdrud auszuüben... Man hat gesagt und besonders Franzosen und Amerikaner werden sicherlich fortfahren zu behaupten, daß die Goldbewegungen zu ihren Ländern eine natürliche und unvermeidliche Folge der aktiven Zahlungsbilanzen der beiden großen Gläubiger­länder seien. Aber es fann mit Sicherheit behauptet werden, daß Goldbewegungen von solcher Dauer und solchem Umfange niemals hervorgerufen worden wären, wenn der Gläubigerstand dieser

änder das Ergebnis von gewöhnlichen Handelsbeziehungen mit dem Rest der Welt ge­wesen wäre. Strakosch weist darauf hin, daß eine aktive Zahlungsbilanz bei normalen Austauschbeziehungen ihren Ausgleich durch Warenbewegungen und Rapitalbewegungen