1932
Der Abend
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Nr. 20 B 10 49. Jahrgang
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Warschau , 13. Januar. ( Eigenbericht.)
In dem Prozeß gegen die Oppositionsführer und ehemaligen Gefangenen von Brest- Litowsk verkündete heute mittag das Gericht das mit Spannung erwartete Urteil. Alle Angeklagten, mit Ausnahme des Bauernführers Sawiski, wurden zu Gefängnisstrafen von 1½ bis 3 Jahren verurteilt, Sawikki wurde freigesprochen. Dr. Hermann Liebermann wurde zu 2½ Jahren Gefängnis verurteilt. Das Urteil, das sich mit Blitescile durch die ganze Stadt verbreitete, hat ungehenre Aufregung hervorgerufen. Man findet es bezeichnend, daß es ge rade am 13., den Pilsudski für seinen Glückstag hält, gefällt wurde. Die Angeklagten werden Berufung einlegen, doch ist vorauszusehen, daß man den Berufungs termin so lange wie möglich hinauszuzögern versuchen
wird.
Um die rechtswidrige Berhaftung und Verschleppung der Oppofitionsführer nach den Militärbaraden von Brest - Litomst vor der Kulturwelt zu rechtfertigen, mußte man diesen Brozeß einleiten. Man konnte doch nicht offen sagen, daß Männer wie Liebermann, Bragier, Barligti, Witos und sie alle in die Folterfasematten nur geworfen wurden, um sie von der Aufflärung der Wähler und von der Kontrolle der Wahlen fernzuhalten. So brehte man ihnen aus unbeanstandet er fchienenen Zeitungsartikeln, aus einwandfreien Vorträgen im Ausland( der jegt verurteilte sozialistische Abg. Dr. Cioltosz hat einmal in Berlin für deutsch - polnische Aussöhnung ge= sprochen) und aus den polizeilich überwachten Berhandlungen des Krakauer Centrolem- Kongresses den Strid der staatsnotwendigen Hochverratsjustiz. Dutzende Spizel marschierten mit Belastungsaussagen auf, deren Nichtswürdigkeit und Leere die bedeutendsten Verteidiger des Landes sofort im Gerichtssaal erwiesen. Alles vergeblich! Die Unabsehbarkeit der Richter ist in Polen längst aufgehoben; urteilen sie anders als man oben wünscht, so haben sie die Versehung in schlechtere Stellungen zu gewärtigen, wenn nicht die Zwangspensionierung mit sehr niedrigen Bezügen erfolgt.
Unter den Verteidigern sind mehrere, die bereits polnische Revolutionäre vor dem 3arischen Gericht verteidigt haben. Damals standen die Pilsudski und Konsorten in den Reihen der Freiheitskämpfer. Heute hat man einen polnischen Zarismus statt des russischen aufgerichtet, und dieses Urteil bestätigt es vor aller Welt.
Die Berliner Stillhalteverhandlungen.
Weitgehende Einigung der Parteien.
Die seit Wochen anhaltenden Stillhalte- Berhandlungen zwischen den deutschen und den ausländischen Bantiers. haben, wie von zuständiger Stelle mitgeteilt wird, jetzt zu einer weitgehenden Verständigung geführt. Allerdings ist eine Anzahl strittiger Punkte noch nicht geklärt, so daß die Meldungen von einer dicht bevorstehenden Unterzeichnung des Abkommens den Tatsachen vorauseilen. Bis zum endgültigen Abschluß dürften sich die Verhandlungen doch noch bis in die nächste Woche hinziehen. Die deutschen Teilnehmer an dieser Konferenz, Dr. Jeidels von der Berliner Handels- Gesellschaft , Direktor Dr. Schlieper von der DD.- Bank und Geheimrat Kastl vom Reichsverband der Deutschen Industrie , haben inzwischen den erweiterten deutschen Stillhalteausschuß, dem neben den Berliner Banken und Bankiers auch auswärtige Bertreter aus dem Reiche angehören, über den Stand der wärtige Bertreter aus dem Reiche angehören, über den Stand der Berhandlungen informiert.
Brand bei Sarrafani
13 Elefanten umgekommen/ Verdacht der Brandstiftung
Brüffel, 13. Januar.( Eigenbericht.)
In der Nacht zum Mittwoch gegen 3 Uhr morgens entstand in dem Zirkus Sarrajani, der bereits seit mehreren Wochen in Antwerpen ein Gastspiel abhält, ein Großfeuer. Das Feuer, das in einem Raum, der die Garderobe und die Kostüme für das Personal enthielt, entstand, griff in furzer Zeit auch auf andere Räume über. Der Elefantenstall wurde am stärksten in Mitleidenschaft gezogen. Nicht weniger als 12 Elefanten, die nicht schnell genug von den eisernen Ketten befreit werden konnten, verbrannten. Die anderen, die aus dem brennenden Stall entfliehen wollten, wurden von der Polizei befchoffen. Auf diese melse wurde ein Elefant getötet, so daß der Gesamtverlust sich auf 13 beziffert. Zwei Elefanten gerieten in einen Feffungsgraben und wurden dort beim Morgengrauen herausgeholt.
Die Feuerwehr traf erst einige Zeit nach dem Alarm zur Hilfeleistung ein. Auch Militär beteiligte fich an den Löscharbeiten. man vermutet, daß das Feuer auf Brandstiftung zurüdzuführen ist, zumal der Zirkusleitung in den letzten Tagen 3ahlreiche Drohbriefe zugegangen sind.
Nach einer anderen Meldung sind die 12 Elefanten nicht verbrannt, sondern durch Brandwunden verlegt. Der Brandschaden wird auf 4 Millionen Franken geschätzt. Der Raubtierfäfig, der Pferdestall, in dem sich 200 Tiere befinden, und die übrigen Einrichtungen des Zirkusses blieben vom Feuer verschont.
Der Zirkus Sarrafani, dessen Stammhaus sich be
tanntlich in Dresden befindet, hatte in der letzten Zeit mit großen wirtschaftlichen Schwierigkeiten zu fämpfen. Das große Reiseunternehmen fand in den deutschen Städten nicht mehr den Boden, den es zu feiner totspieligen Erhaltung brauchte. Es war genötigt, das Ausland aufzusuchen und fand zunächst in Holland eine günstige Aufnahme. Als aber in dem kleinen Lande das Feld abgegraft war, mußte nach neuen Möglichkeiten Ausschau gehalten werden. Unter großen Schwierigkeiten gelang es, die Einreiseerlaubnis nach Antwerpen zu erhalten, die dann dem 3irtus durch eine offenbar nicht geflärte Berfettung unglüdlicher Umstände zum Berhängnis werden sollte.
Ein nationalsozialistischer Bericht über die Verhandlungen
Im
In einer nationalsozialistischen Versammlung, die am Dienstag-| denten diskret zu behandelnde Angelegenheit bereits den Weg in abend in Kempten stattfand, gab Minister a. D. Frid die Antwort auf die Frage, ob eine Wiederwahl Hindenburgs durch eine Bolkswahl zustandekommen werde. Die Antwort fei ein glattes Nein!
Dr. Frid führte aus: Auch bei einer etwaigen Wolfswahl würden die Nationalsozialisten jedenfalls feinen Finger rühren, um den Reichskanzler Brüning zu unterstützen. Wenn
das Kabinett Brüning bis zur Reichspräsidentenwahl nicht ver
schwunden fel, würden die Nationalsozialisten aus ihren Reihen einen Mann auffiellen, auf den fie fich unbedingt verlaffen könnten.
Die Pressestelle der Reichsleitung der NSDAP . veröffentlicht eine eingehende Schilderung der Berliner Besprechungen. Aus dieser parteiamtlichen Darstellung geht hervor, daß Hitler schon in der Aussprache mit Groener am Mittwoch, dem 6. Januar, abends bemerkt hat, daß nach seiner Auffassung gegen den Plan einer parlamentarischen Berlängerung der Amtszeit des Reichspräsidenten ehr schwere verfassungsrechtliche und politische Be denten bestünden. Sofort nach dieser ersten Unterredung hatte Hitler eine Besprechung mit den Herren feines engeren Stabes" und teilte ihnen seine Auffaffung mit, daß aus verfaffungs rechtlichen und politischen Gründen der Vorschlag des Reichs. kanzlers abgelehnt werden müsse, daß aber der Reichspräfi dent selber unter keinen Umständen dadurch bloßgestellt werden Auf deutscher Seite herrscht die Auffassung vor, daß das neue dürfe. Hitler verpflichtete die Anwesenden zu strengster Berschwiegen Stillhalteabkommen auf der Basis der bisherigen Berhand- heit und gab eine entsprechende Anweisung an die nationalfozia lungen eine Gefährdung des Devisenbestandes der Reichsbank weit- listische Parteipresse heraus. Am Dienstag, dem 7. Januar, vorgehend ausschalte. mittags,
Vom Zuge zerstückelt.
An der Vorortstrede nach Königswusterhausen spielte sich gestern abend in unmittelbarer Nähe der Bahnhofsanlagen von Eichwalde ein graufiger Vorfall ab. Ein etwa 29 bis 30 Jahre alter Mann, dessen Personalien bisher von der Polizei noch ni ht ermittelt werden fonnten, warf sich vor die Räder eines herannahenden Borortzuges. Der Lebensmüde wurde völlig zerstüdelt. Die Leiche ist von der Polizei beschlagnahmt worden.
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zur Ablehnung des Vorschlages des Reichskanzlers als Grundlage einer einheitlichen Information der Herren, die zur sofortigen Be fprechung zu ihm gebeten waren. Um 16 Uhr fand die Zusammen funft im Reichswehrminifterium mit dem Reichskanzler und dem Reichsinnenminister statt. Der Reichskanzler versuchte die Not wendigkeit der beabsichtigten parlamentarischen Aktion mit außen politischen Argumenten zu begründen. Hitler wiederholte in der stärktem Maße seine Bedenken und wies auch darauf hin, daß zu feinem Bedauern die im Interesse des Reichspräfi.
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die Preffe gefunden habe, die nunmehr durch die taktlose Art ihrer Stellungnahme die Frage außerordentlich erschwere. übrigen erklärte Hitler , daß er nicht gewillt sei, eine Entscheidung bekanntzugeben, ehe er nicht eine Besprechung mit Hugenberg ge= habt habe. Nachdem am Freitag vormittag Dr. Frid in Berlin eingetroffen war, faßte Hitler in einer Besprechung. zu der außer dem engeren Stabe Frid und Goebbels zugezogen maren, seine Auffassung nochmals dahin zusammen, daß die durch Brüning vorBeschlagene parlamentarische Aktion nach jeder Richtung hin un möglich und daher abzulehnen sei, daß aber unter gar feinen UmStänden durch die Art der Erledigung dieser Aktion das persönliche Ansehen des Generalfeldmarschalls von Hinden= burg verlegt werden dürfe. Am Sonnabend gegen 12 Uhr fand die abermalige Aussprache mit dem Reichskanzler Brüning in Anwesenheit der Minister Dr. Frid und Treviranus statt. Auch diese Besprechung ergab nichts Neues.
Am Nachmittag fand die Aussprache Hitlers mit Hugenberg statt. Adolf Hitler teilte ihm mit, daß er nach reiflicher Ueberlegung nicht anders als ablehnen könne. Hugenberg bekannte sich im wesentlichen zur gleichen Auffassung. Am Sonntag suchte Staatssekretär Meißner Hitler in seinem Hotel auf. Hitler bedauerte insbesondere die offenbar durch Indiskredition der Reichskanzlei entfachte Pressekampagne, die Hindenburg in den Strudel des parteipolitischen Getriebes hineingetrieben habe. Hitler versuchte, einen Weg zu finden, der ohne Schädigung des Ansehens der Person des Reichspräsidenten und unter Berücksichtigung der Interessen der nationalsozialistischen Bewegung aus der durch den Reichskanzler herbeigeführten Lage herausführen könnte. Staatssekretär Meißner betonte vor allem die Notwendigkeit, den für die Aktion in keiner Weise verantwort lichen Reichspräsidenten dem parteipolitischen Pressekampf zu ent= ziehen. Hitler schlug am Sonntagnachmittag durch Hauptmann Göring vor,
dem Reichspräsidenten eine Denkschrift
zu überreichen, aus der die Berechtigung seiner verfassungsrechtlichen Bedenken gegen den Vorschlag des Reichskanzlers hervorginge. Der Reichspräsident könne dann von sich aus, falls die vorgebrachten Gründe ihm beachtlich erscheinen, dem Reichskanzler den Wunsch übermitteln, den eingeschlagenen Weg nicht weiter zu verfolgen. Am Montag wurde dann die Denkschrift von Adolf Hitler fertiggestellt. Eine neue Unterredung mit Hugenberg ergab, daß der Führer der