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Beilage

Mittwoch, 13. Januar 1932

iT at brugt- Der Abrno

Spalausgabe des Vorwärts

Eine Woche Sibirienexpreß

Notizen von einer Reise nach Japan  / Von Klaus Fringsheim- Tokio

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Man sieht nicht viel vom Sowjet- Reich in einer Woche, die man im Expreß von einem Ende beinahe ans andere, von der polnischen zur chinesischen   Grenze fährt. Nicht viel und unendlich viel. Im Vorüberfahren, Aufenthalt sieben Stunden, rimmt man den überwältigenden Eindruck von Moskau   mit. Bald hinter Mostau, auch wenn zum Ural   noch mehr als vierzig Bahnstunden find, beginnt jene Welt, die sich unermeßlich, unvorstellbar riefen haft, bis zum Großen Ozean erstreckt:

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Sibirien  .

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Sibirien   düsteres Wort; der Name lädt nicht zum Ver­weilen ein. Aber der Reisende sieht's der Gegend nicht an, wie fie zu ihrem schlimmen Ruf gekommen ist. Dauerte die Fahrt nur ein, zwei Stunden, er fönnte nichts anderes sagen als: Welch freundliches Ländchen!" nach dem Charakter der Landschaft zu urteilen, deren Anblick sich ihm auf beiden Seiten des gemächlich einhereilenden Zuges bietet, und der Menschen, wie fie, scheinbar nur zu seinem Empfang, in allen Stationen wartend auf den Bahnsteigen herumstehen und-sigen, als wäre geduldig Warten der beste Teil ihrer Bestimmung. Oder freilich, manche kommen auch näher heran und bieten die Gaben ihrer Wirtschaft an: Brot, Milch, Eier, auch gebratene Hühner. Sie tun es mit ergebenem Gemurmel, mehr Frage als Aufforde= rung, ohne Dringlichkeit und durchaus ohne Eifer, dem Konkurrenten die Käufer abzujagen.

Für die Reisenden eine ernste Frage: die Ernährung. Wer nicht gut beraten, seinen Proviant für acht Tage mit sich führt, der ist dankbar für alles, was die Bevölkerung für ihn bereit hält, und willig oder unwillig gibt er dafür das teure Rubelgeld, das er zum amtlichen Zwangskurs hat erwerben müssen( 1 Mark 45 Kopeten). Denn von der Wahl, die ihm sonst nur bleibt, wird er nicht satt: vom Essen im Speisewagen. Nur das Ungenießbare fei quantitativ zureichend, wurde mir von solchen versichert, die dran glauben mußten. Stünde es um di: Verpflegung- sie bleibt der einzige dunkle Punkt so gut wie um die Einrichtung und Ausstattung der Schlafwagen und um die Ordnung, in der diese gehalten sind: dem anspruchsvollsten Mitropa- Habitué würde zu seinem Glüd nichts Wesentliches fehlen. Auch die hochgewachsene, immer lächelnde nicht stillsteht.

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Notiz nimmt.( Aber der chinesische   Anschlußzug, der in Mandschuria   geduldig wartet, holt in 24 Stunden alles ein.) Wo der Sibirienerpreß hält nicht nur an wichtigen Plägen, auch im kleinsten Nest, manchmal auch auf freiem Feld, da ist es, als sollte es nie wieder weitergehen. Nichts in der Welt ist mit der Langsamkeit zu vergleichen, mit der, endlich, nach einem Aufenthalt, dessen Sinn und Notwendigkeit niemand begreift, die Lokomotive fich feuchend und unter heiserem Gefrächz in Bewegung sezt. Und nichts wirkt so ansteckend wie Tempo. Man war aus­gestiegen, um ein paar Schritte zu gehen, ein bißchen Luft zu schöpfen, vielleicht auch Brot oder Briefmarken zu kaufen, bis zum letzten Augenblick ist man draußengeblieben, und langsam, in aller Ruhe besteigt man das Trittbrett des schon fahrenden Wagens. Namenloses Mißgeschic, wenn man doch einmal zu spät käme. Aber keine Sorge: feiner bleibt zurüd, alle fommen mit. Ohne Hast, ohne Aufregung. Und ganz ohne Geschrei.

Wunderbares, märchenhaftes Land, in dem nicht geschrien nicht augeschrien wird.

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und

| Tag in unserer Stadt verbringen, ohne ein einzigesmal dabeizusein oder dazuzukommen, wie irgendeiner irgendeinen anbrüllt jeder befindet sich zu diesem in dem Verhältnis, das zwischen deutschen Menschen nun einmal das ewig Gottgewollte ist: im Ver­hältnis von Vorgesezten und Untergebenen? Nicht auszudenken, wieviel folcher Erlebnisse der Rote Platz ftündlich zu bieten hätte, läge er an der Spree  . Ich weiß nicht, ob Moskau   die Borgesetzten abgeschafft hat. Jedenfalls, man hört sie nicht schreien.( Dafür, fleiner Ausgleich, hat das neue Rußland die GPU.  , die man nicht fieht.) Sieben Tage Sibirien  - Expreß, eine Woche, erholend wie eine Badekur, um es mit einem klassischen Wort zu sagen, Bädeker- Sensationen bietet sie nicht viel. Immerhin gibt es auch und wenn man weiter nach Often vordringt landschaftliche Sehenswürdigkeiten von Rang: Berge, Seen, Täler, allerlei malerische Alpenromantif. Bom Baital, gar menn er sich, wie ich es traf, in hochprozentiger Mondbeleuchtung präsen­tiert, nicht erst zu reden. Seine oft befungene Herrlichkeit bedarf feines empfehlenden Wortes. Da muß man entlanggefahren sein.

Könnte man etwa eine Woche in unserem Land, einen halben Jeder einmal am Baikalsee!

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Im russischen Getriebe

3. Teil des Berichts von Hermann Erny- Seckenheim

Zwei Monale auf dem Lande

an

nährung  : der russische   Arbeiter befommt zu wenig Fleisch und Fett. Seine Muskel- und Nervenkraft bleibt von vornherein be­fchränkt. Die schwache technische Vorschulung, Mangel an technischer Geschicklichkeit, fallen auch in die Augen. Ich glaube nicht, daß der russische Arbeiter, troß seiner ursprünglichen Intelli­genz und seines kulturellen Aufstiegs in der Revolution, mehr als der technischen Gewandtheit und Schulung ist deshalb die Schicksals 50 Proz. der Qualifikation des deutschen Arbeiter besitzt. Die Frage frage des Fünfjahrplans. Seine Grenze liegt sicher nicht in der Rohstoffarmut, sondern in den Menschen selbst.

Man muß das flache Land sehen und fennen, um eine geschränkt. naue Borstellung von den ruffischen Lebensverhältnissen zu erhalten. Das russische Dorf befindet sich in der großen Umwäl= zung. Der russische Bauer verläßt seine Scholle, nicht räumlich, er fann im selben Dorfe bleiben, sondern wirtschaftlich: er wird vom Eigentümer zum Arbeiter in der Produktionsgenossenschaft. Er macht diesen Uebergang teilweise unter dem unmittelbaren 3wang der Staatsgemalt, teilweise aber unter dem Zwang seiner Technit, von seinem hölzernen Pflug flüchten, er will und kann das Risiko seines ärmlichen Wirtschaftens nicht mehr tragen. Indem er seine wirtschaftliche Unabhängigkeit aufgibt, hofft er auf die Unterstützung des Staates. Wer nun in Rußland   auf dem flachen Lande lebt, bemerft sofort 3 wei Eigenheiten im Leben der Kollektivwirtschaften( Kolchosen):

Amerikanerin fehlt nicht, in deren Abteil die Kreisler- Platte Wirtschaftsnot. Er will von seiner rückständigen landwirtschaftlichen

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Neun Sprachen waren in meinem Wagen vertreten: Russisch   dies freilich allein durch den Schaffner, den feiner und der keinen von den Reisenden versteht, ein Umstand, der den Verkehr zwischen Publikum und Behörde wesentlich vereinfacht Japanisch, Chinesisch, Englisch  , Französisch, Italienisch, Rumänisch, Holländisch, Deutsch  . Ich war, das Bild einer wahrhaft internatio nalen Gesellschaft bescheiden ergänzend, der einzige Repräsentant des deutschen Volfes.

1. In das Dorf ist die neue landwirtschaftliche Technit eingedrungen. Neue Maschinen amerikanischer, deutscher, aber bereits auch russischer Herkunft nehmen den russischen Boden in Angriff. Es wird der Bersuch unternommen, die landwirtschaft­foll mechanisiert werden. Man begreift wohl, wie schwer es ist, diese riesige Umwandlung in dem unermeßlich weiten Rußland durchzuführen. Die Bersorgung mit den Maschinen reicht selbstver ständlich nicht aus. Der von seiner Scholle weggerissene Bauer fann sich an die kollektive Bewirtschaftung schwer anpassen. Die Folge ist die Krife der landwirtschaftlichen Produktion, vor allem der Rückgang des Biehbestandes.

Dreimal immerhin bin ich unterwegs deutsch angeliche Technik gründlich, vollständig umzuändern. Die Landwirtschaft sprochen worden. Der erste, der mein Ohr durch heimatlich vertraute Klänge überraschte, irgendwo zwischen Wiadka und Berm, tat es obendrein in reinstem Sächsisch; er fam geradewegs aus Dresden  , der unternehmende junge Mann machte die ganze Tour in einem Russenwagen mit. Der zweite, schon auf asiatischem Boden, gehörte einer deutschen Siedlung an: Eingewan­derte, alt eingesessen, eine Gemeinde für sich, mit eigener Schule und Behörde. Der dritte, ehemaliger Kriegsgefangener, stammte aus Reichenberg; in ihm durfte ich gar einen Kollegen begrüßen, er war Kapellmeister in einem ostsibirischen Regi ment, auf einer Urlaubsreise nach Leningrad   begriffen... Das ist alles. Aber man sizt nicht hier und durchquert halb Afien, um sich an deutschen Lauten zu erlaben. Man fährt und fährt, Tage, Nächte, durch Westfibirien zunächst, emig dahin zwischen dichtbelaubten Birkenwäldern. Zwischendurch freilich gibt es auch Nadelholz, Felder, Wiesen, parfähnliche Gelände, von Gebüsch und Baumgruppen fanft belebt. Nur streden weise unterbricht Steppenöde das Einerlei des anmutigeren Landschaftsbildes. Ohne Zweifel tut sie's nur zum Zweck der An­regung und Abwechslung, ihre Funktion im fließenden Band der un­ablässig vorüberziehenden Szenerie ist etwa die der Dase in der Wüste oder die der einsam auftauchenden Insel im Ozean. Und immer wieder leuchten aus der Ferne die weißen Türme und grünen Kuppeln der Klosterkirchen, Wahrzeichen des alten Rußland  .

Friedlichste Natur, freundliche und keineswegs schreckliche Land­schaftfriedlich- freundlich, doch, wenn man dran denkt, wohl ein bißchen erschreckend in ihrem unwahrscheinlichen, schlechthin über­natürlichen Dimensionen. Es ist wie

Grenzenlosigkeit der Zeit und des Raums,

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2. Diese Krise bedrückt start die Lebensverhältnisse auf dem flachen Lande. Die Dürftigkeit der Lebenshaltung und der Ernährung der Bauern in der Kollektivwirtschaft ist er­staunlich, wie auch seine Bedürfnislosigkeit. Ich habe während zweier Monate, die ich in der Umgebung Mostaus verbracht habe, gesehen, wie der Bauer sich in der Kollektiomirtschaft ernährt. Morgens ein Stüd Brot, trocknen Fisch, zum Mittag Kohlsuppe mit etwas Rahm  , abends ein Stück Brot und ein Glas Milch oder Tee. Man sagt jedenfalls, daß Zentralrußland seit jeher ein armes Land, mit tiefem Lebensniveau der Landbevölkerung ist. In Süd­und Ostrußland soll es anders, besser gehen. Aber auch wenn man das weiß, bleibt diese Aermlichkeit doch erstaunlich.

Man bemerkt aus der Nähe die tiefe Erschütterung der russischen Bauernschaft. Die alte Lebensordnung ist zusammengebroden zufammengebroden Die ehemaligen Landarbeiter und die Klein­bauern fügen sich ziemlich leicht in die neue Kollektivwirtschaft. Sie haben wahrhaftig nichts zu verlieren gehabt. Anders steht es mit den Mittelbauern, zahlenmäßig und wirtschaftlich der stärksten Schicht der russischen Landbevölkerung. Die können sich mit der neuen Lage in der Kollektivwirtschaft noch nicht abfinden. Die Bauern, die in die Kolchosen nicht eingetreten sind, fühlen sich durch die Bevorzugung der Kollektivwirtschaften benachteiligt. Da­gegen die Mittelbauern, die unter dem Druck der Wirtschaftskrise oder unter dem Zwange der Staatsgewalt in die Kolchosen ge= tommen sind, fönnen ihr freies Eigentum, das ihnen die Revolution gegeben hat, ta um vergessen. Nur der rasche Auf­flieg der neuen Technik und Hebung der Lebensgestaltung würden sie in das neue Wirtschaften zufrieden machen können. Ich habe gehört, daß unter diesen Mittelbauern Unzufriedenheit herrscht. So­weit ich das Alltagsleben der Bauern verfolgen fonnte, habe ich ungefähr dieselbe Beobachtung gemacht.

Aus dem Betriebsleben

die sich facht um den Reisenden breitet und dies Gefühl einer In­endlichkeit, die sich in so einnehmenden Formen, so ganz unfeierlich, - dieses Gefühl, oder unpathetisch und ohne Ewigkeitspose mitteilt, dieses Gefühl, oder richtiger vielleicht, die Suggestion dieser Vorstellung, wirft un beschreiblich ausruhend, entspannend, distanzierend von allen Unter­grundbahnforgen und Premierenfreuden der Großstadt. Ferne, ab­geschiedene, freundlich- primitive Welt, aus der Verschlafenheit des tiefen Friedens, der sich in den Gesichtern ihrer Bewohner, in diesen Dörfern mit den hölzernen Einfamilien- Baraden malt, hat auch der Weckruf der Moskauer   Diktatur, so wenigstens scheint es Wie sieht das russische Betriebsleben im Vergleich mit dem Durchreisenden, sie nicht aufzuscheuchen vermocht. Hie und da dem deutschen   aus? Andere Technik, andere Menschen, andere Be­affoziiert sich dem Anblick andwirtschaftlicher Matriebsordnung. Der russische Arbeiter arbeitet weniger pro­schinen, die eben verladen werden, der Klang des Wortes duktiv( geringere Leistung) und weniger intensiv( ges Fünfjahrplan". Und mur in einem wird immer wieder der ringerer Krafteinsatz) als der deutsche. Das ist ficher nicht seine befehlende Wille der Zentralgewalt symbolisch sichtbar: in der ein Schuld. Solange der russische   Arbeiter diese in Rußland   besonders heitlichen Moskauer Zeit", die alle Bahnhofsuhren von schweren dreizehn Jahre ununterbrochen in Betrieb mar, ist seine Njegoreloje bis Mandschuria   regiert. Das heißt: soweit welche vor- physische und Nervenfraft start verbraucht durch handen sind und obendrein richtig gehen; von diesen notwendigen Hungerjahre, Entbehrungen, Erschütterungen verschiedenster Art Boraussetzungen ist die erste nicht oft, die zweite nur ausnahms usw. Die nun vom flachen Lande fommenden Arbeiter fönnen auch meife erfüllt. nicht ihre zwar nicht verbrauchte, aber nicht geschulte Arbeitskraft richtig und voll verwenden und verwerten. Dazu tommt noch für die fówere und qualifizierte Arbeitsleistung un genügende Ere

Begriff und Gesetz der Zeit sind hier andere als bei uns; vier, fünf Stunden Berspätung eine Bagatelle, von der man faum

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Die Technit steht noch nicht hoch genug, um aus sich selbst, aus der Eigenartig sieht in Rußland   die Rationalisierung aus. Art des Arbeitsverfahrens die Arbeitsleistung zu steigern. Der russische   Arbeiter steht deshalb unter geringerem Drud der Maschine als der deutsche. Auch das Antreibersystem, die Beaufsichti­gung durch den Werkmeister, führendes Betriebspersonal, ist dort ticht so start ausgeprägt und arbeitsheßend wie bei uns. Es muß übrigens gesagt werden, daß im russischen Betrieb die foziale Kluft zwischen dem Arbeiter und dem Betriebsleiter nicht fühl­bar ist, ein fameradschaftlicher Ton schaltet die scharfen Gegensätze aus. Aber der erschöpfende Kräfteaufwand tommt in Rußland   von anderer Seite her: alle Mängel der technischen Apparatur müssen durch die physische Anstrengung und Ueberanstrengung ausgeglichen werden wo die Maschine versagt, muß der Mensch ein­springen, er ist in diesem Fall der Leidtragende für die rückständige Technit, aber die physische Kraft wird eingesetzt auch um die Mängel der Qualifikation zu decken. Das Anspornen zum größeren Kraft­aufwand und gesteigerter Produktivität kommt aus dem Innern des Betriebes heraus durch die sogenannten ,, Stoßbrigaden", die die höheren Musterleistungen vollbringen Auf solche Weise entsteht der Zwang zur größeren Arbeitsintensität für die ganze Belegschaft, oft ohne Rücksichtnahme auf technische und physische Möglichkeiten. Der dadurch entstehende rasche Verbrauch der Arbeits­fraft ist nicht zu bestreiten.

Es muß anerkannt werden, daß die Arbeiter an ihrem Be­trieb auch innerlich hängen. Der Betrieb steht inmitten des öffentlichen, gesellschaftlichen Lebens der Arbeiterschaft. In ihm und um ihn wird die Bildungsarbeit, technische Schulungsarbeit usw. geführt. Beachtenswert ist die Tätigkeit der Arbeitertlubs, die kulturell Hervorragendes leisten, dem Arbeiter die Freistunden vernünftig ausfüllt und ihn von der Kneipe abhält. Was aber einem deutschen   Arbeiter und Gewerkschafter im russischen Betrieb sofort auffällt, ist die eigenartige Stellung der Gewerkschaft. Man bemerkt von ihr nicht viel, sie tritt hinter die Betriebsleitung zurück. Der Schuß der Arbeitskraft wird ziemlich lahm betrieben, die Gewerkschaft ist in die wirtschaftstechnischen Dinge start einge­Spannt. Den Kern der gewerkschaftlich geschulten und gestählten Funktionäre, die den Schuhwall der Arbeiterschaft bilden, habe ich faum bemerken fönnen. Es fehlt eben die selbständige proletarische Klaffenorganisation, der Staat läßt fie nicht aufkommen. Der deutsche Gewerkschafter fühlt sich im russischen Betrieb aus seiner kämpferischen Atmosphäre herausgerissen. Er sieht die Organisationsleistung und die Erziehung zur Klaffen­solidarität nicht, an die er gewöhnt ist. Es ist eben eine Werks­gemeinschaft" da, in der etwa 10 bis 20 Proz. organisierter Kommunisten tonangebend sind, die anderen stehen beiseite. Der deutsche Arbeiter sieht sich im russischen Betrieb innerhalb einer durch die Halbbauern start durchsetzten Masse, die weder den aus= geprägten proletarischen Charakter der deutschen   Betriebsbelegschaft noch ihre Klassenerfahrung hat, eine andere Welt steht da mit anderer Bergangenheit und anderer Gegenwart.

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Wer das russische Volk aus unmittelbarer Nähe kennenlernt, wird es schätzen und lieben müssen. Die Reise eines deutschen   Ar­Arbeiters nach Rußland   erzieht weiter zur internationalen pro­letarischen Solidarität. Wir wollen und müssen das revolutionäre Rußland   von allen Angriffen von außen schüßen. Aber der Aufent­halt in Rußland   gibt auch eine genaue Vorstellung von den russischen   Lebensverhältnissen. Nun, Rußland   ist kein Wunderland und fein Paradies, sondern ein armes Land, wo unter schwersten Entbehrungen hart und bis zur Erschöpfung gearbeitet wird. In Rußland   ist zu lernen, nicht wie man den Sozialismus aufbaut sondern wie man das Alte abschüttelt. Die deutsche Arbeiterklasse braucht keine Jllusionen über Rußland. fte will Wahrheit dar­über missen. In jenem unerbittlich harten Kampf, den die deutsche Arbeiterschaft heute um ihre Lebensrechte führt, würden Juufionen über Rußland   zu Selbsttäuschung und Kräfteablenkung führen.