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BERLIN Donnerstag 14. Januar

1932

Der Abend

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Nr. 22

B11­

49. Jahrgang

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Ausland wünscht Hitler?!

Alfred Rosenberg wird offenherzig

Schon seit längerer Zeit fursieren Gerüchte, daß gewiffe ausländische Kreise, die die deutsch - franösische Verständigung nicht wollen, sich in die innerdeutsche Politik einmischen und den Kampf der ,, nationalen Opposition" gegen die Reichs­regierung unterstüßen. Träfen diese Gerüchte zu, so würde es sich um einen ganz ungeheuren Standal handeln, denn erstens wäre eine solche Einmischung unzulässig, und zweitens wäre es geradezu toll, wenn sich nationale" Barteien mit ausländischen Kräften in Verbindung setzen würden, um die eigene Regierung zu stürzen.

Wir haben bisher jene Gerüchte nicht erwähnt, weil man so schwerwiegende Beschuldigungen ohne sorgfältigste Brüfung nicht erheben soll. Jetzt aber ereignet sich das kaum Glaubliche, daß Herr Alfred Rosenberg , der Chef­redakteur des Böltischen Beobachters" selbst das Borhanden. fein eines solchen Romplotts bestätigt. Eitelkeit und Bichtig. tuerei veranlassen ihn zu folgenden Auslassungen:

Man stelle sich vor, daß Dr. Brüning noch vor wenigen Wochen ganz offiziell den Führer der deutschen Freiheitsbewegung in seiner Rundfunkrede in heftigster Beise angegriffen hatte. Und nun murde plöglich der Führer dieser ,, Weltgefahr" gebeten, unter Bor schiebung Hindenburgs die politische Lebensdauer desselben Herrn Brüning zu verlängern. Wir gehen nicht fehl in der Annahme, daß in den Tagen, die zwischen dem letzten Angriff und dem Tele­gramm liegen, der immer noch amtierende Reichstanzler von sehr autoritativer ausländischer Seite darauf aufmerksam gemacht worden war, daß er nicht mehr recht verhandlungsfähig sei ohne Adolf Hitlers Unterstützung, da ja tein Bolt mehr hinter der Re­gierung stände. Mir wurde schon im Dezember 1931 in London von der dortigen Botschaft eines Großftaates bekanntgegeben, daß mit der jetzigen Reichsregierung keine dauernden Abmachungen getroffen werden könnten.

Wir richten an die Reichsregierung die Frage, ob wirklich ein Schritt einer ausländischen Regie rung, wie der, von dem Rosenberg spricht, erfolgt ist und ob fie wirklich diesen Schritt damit beantwortet hat, daß sie Hitler zu Hilfe rief.

Wir sind der Meinung: Wenn wirklich eine ausländische Regierung so unverschämt sein sollte, die Verhandlungsfähig keit der deutschen Regierung zu bestreiten, so hätte die deutsche Regierung die Pflicht, darauf zu antworten, daß sie Dom Reichspräsidenten ernannt und vom Reichstag nicht gestürzt, also die verfassungsmäßige deutsche Regierung sei. Sich weiter um die Legiti­mation der deutschen Regierung zu fümmern, haben auslän­dische Regierungen kein Recht.

Aber gleichviel, ob Rosenberg aus der Schule geplaudert oder nur geflunkert hat, Tatsache ist, daß er einen solchen Schritt einer ausländischen Regierung als eine Unterstügung der nationalsozialistischen Bewegung als etwas Wünschens­wertes behandelt. Tatsache ist, daß er sich gegenüber der eigenen Regierung auf Erklärungen beruft, die er von der Botschaft einer Großmacht in London erhalten haben will.

Wir fragen, ob diese Botschaft die italie=

Borsig und seine Offiziere.

Die Stahlhelm- Kamarilla im Borsigwerf Oberschlesien .

Wer von Gleiwiz nach der oberschlesischen Grenze fährt und fich dem eigentlichen Zentrum des dortigen Industriereviers nähert, fieht links der Bahn nach Beuthen einen Wald von Schloten auf tauchen, einen riefigen Komplex von Hüttenbetrieben, Walzwerfen und Kohlenzechen: das Borsigmert.

Das Borsigwert bei Hindenburg ist eine Gründung der zweiten Borfiggeneration. Der Vater von Ernst und Konrad v. Borfig, die fich iegt in den Besitz des Borfigtonzerns teilen, hat hier für bie otomotiv und Maschinenbetriebe in Berlin- Tegel die eigene Stahl- und Kohlenbafis geschaffen.

Die oberschlesischen Betriebe waren für Borsig lange Zeit eine adi wahre Goldgrube.

Jetzt sind sie in den Zusammenbruch des Tegeler Stammwwertes mit hineingezogen worden, bilden aber auch für sich allein eine schwere Berluft quelle.

Daß es den Stahl und Zechenbetrieben im Borsigwert so außerordentlich schlecht geht, ist nicht allein auf die Strife in der oberschlesischen Eiſenindustrie zurückzuführen, sondern hängt wesent. lich mit der personellen Mißmirtschaft in der Spize der Berwaltung zusammen. Nach einem Bericht unseres Hindenburger Parteiblattes, das sich auf sehr gute Informationen stüßen kann, wurde das Borsigwert bis vor zehn Jahren, also in einer Zeit großer Umfäße, von drei Direttoren geleitet, und zwar gab es einen Grubendirektor, einen Hüttendirektor und einen fauf männischen Direktor. Mit der Ernennung des Bergaffeffors Euling zum Generaldirektor der Borsigwerke A.-G. aber fezte

eine Generaldirektoren- Wirtschaft

ein, wie die deutsche Deffentlichkeit sie bei einer Reihe anderer großer Konzerne mit allen ihren wirtschaftlich verheerenden Folgen fennengelernt hat. Herr Euling, dem man tein besonderes tech­nisches Können und teine praktische Erfahrung nachsagt, machte aus der Verwaltung einen riesigen bürokratischen Wasser­topf, dessen Zentralbüro sich mit einem großen Stabe hoch und höchstbezahlter Beamten füllte, während in den Betrieben zu gleicher Beit das Abbaugespenst umging.

Der neue Stab von Direktoren und Unterdirektoren setzte sich zum großen Teil aus pensionierten Offizieren zusammen, die sich mehr für Politit, den Stahlhelm und das Krieger vereinswesen interessierten, als für ihre Arbeit im Werte. Sie bildeten eine Kamarilla, die alles, was wirtschaftlichen Fortschritt bedeutete, bekämpfte.

Dieſe den Personaletat schwer belastenden Herren stehen aber bei Generaldirektor Euling, der in Oberschlesien die rechte Hand Hugen­bergs und zugleich ein sehr zahlungskräftiges Mitglied des Stahlhelm ist, in hoher Gunst, da er sie für seine politischen 3wede gebraucht. Außerdem hat sich Euling dann noch einen neuen Finanzdirektor, einen Herrn Meiners, herangeholt, der seiner

nische ist und ob die italienische Botschaft in Die Arbeit des Preisdiktators.

London Herrn Rosenberg autorisiert hat, im innerpolitischen Kampf von ihren Er­flärungen Gebrauch zu machen.

Ueberflüssige Gebühren" in Berlin .

Auf Grund der Notverordnung ist die Preisbindung für margarine aufgehoben worden. Der Margarinepreis tann nach der Behauptung der Industrie nicht auf 33 Pfennig gejenft werden, ist aber trotzdem verschiedentlich bereits auf 29 und 28 Pfennig gefunken.

seits wieder eine eigene Finanzabteilung mit teuren Kräften aufzog. Meiners, der als Protektionsfind bei Lauchhammer und später bei der Oberschlesischen Eiſenindustrie A.-G. eine schnelle Karriere machte, dann aber doch enttäuschte, versteht sich bei einem enormen eigenen Etat ganz hervorragend auf rigorosesten und will­fürlichen Betriebsabbau. Er paßt also ganz ausgezeichnet in diese Verwaltungsfippe.

Daß die wirtschaftlichen Leistungen dieses durch politische und persönliche Betternwirtschaft zusammengeschweißten hohen Verwal­tungsstabes vor den Notwendigkeiten der gegenwärtigen schweren Krise völlig versagen, liegt auf der Hand. Dazu aber tommt die ungeheure Belastung, bie er für die ausgesaugten Betriebe bilbet. Das Hindenburger Tageblatt" errechnet für den Verwal­tungsapparat monatliche Kosten von 400 000 Mart.

Das Hüttenwert wird bei einem monatlichen Umjah von nur 600 000 Mart mit 200 000 Mart monatlich für den Berwal­fungswafferkopf belastet.

Unter solchen Umständen muß natürlich auch der solideste Betrieb schaftlich vernünftige Männer, die gegen diese Verschwendungspolitik por die Hunde gehen. Es gibt unter den Betriebsdirektoren mirt­Gulings opponieren. So hatte der Hüttendirektor einen unbe= schäftigten Maschinenbirettor, Herrn Hübchen, ent­laffen wollen, hatte aber damit ins Wespennest gestochen. Hübchen ist nämlich ein besonderer Vertrauter des Generaldirektors Euling , der, wie behauptet wird, verschiedentliche Dienstreisen" nach dem Harz unternommen hat, um eine dortige Fabrik, die im Privat­besiz des Herrn Euling ist, umzubauen. Wenn diese Behaup­tungen zutreffen, so würde sich also die ungeheuerliche Tatsache er­geben, daß die Arbeitskraft einer von Borsig teuer bezahlten- und dazu überflüffigen Direktors vom Generaldirektor zu per­fönlichen 3weden verwertet wird.

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Sind die Herren Konrad und Ernst v. Borsig über diese skan­dalöfen Borgänge unterrichtet? Jawoh!! Der Betriebsrat, der die verheerenden Folgen dieser Wirtschaftsführung klar erkannte, hat einen eingehenden Bericht an die Herren v. Borsig geschickt, ohne daß er eine Antwort erhalten hat.

Die verantwortlichen Leiter des Borsig- Konzerns fönnen sich also nicht damit entfchuldigen, daß sie über diese Borkommniffe nicht im Bilde gewesen wären. Wenn jeht im Rahmen einer Sanierung bei Borfig über eine Angliederung der Borfig- Werk A.-G. an den Oberhütten- Konzern verhandelt und staatliche Hilfe hierzu gefordert wird, so ist im Interesse der alterprobten Stammbelegschaft, wie im staatlichen und volkswirtschaftlichen Interesse eine gründliche Reinigung an Haupt und Gliedern die Borbedingung für jeden Sanierungserfolg. Sonst find wieder Millionen zum Fenster hin­ausgeworfen, die Leidtragenden bleiben die Arbeiter und ins Fäuft­chen lachen sich jene Wirtschaftsverderber und Republiffeinde, die im warmen Nest sitzen bleiben dürfen.

eingeführte Gebühr von nicht weniger als 3 Mart erhebt.

Um morgigen Tage trefen die Ermäßigungen der Post ge­bühren in kraft. Die neuen Marken von 6 Pfennig für die Fern­farte und 12 Pfennig für den Fernbrief sind noch nicht fertig. Man verwende alfo 3- Pfennig- Marten.

In Klaggeftan.

Die Allmacht der Braunhemden.

Rosenbergs Aufrichtigkeiten beweisen natürlich noch nichts gegen ausländische Regierungen. Gegen die NSDAP . aber beweisen sie alles. Sie beweisen, daß die NSDAP . zum mindesten den Willen hat mit Eine ganze Reihe städtischer Tariffentungen ist ausländischen Regierungen gegen die Re­gierung des eigenen Landeszutonspirieren. wieder zu verzeichnen. So hat Lübeck die Straßenbahnfahrt von Braunschweig , 14. Januar. ( Eigenbericht.) Man stelle sich einmal vor, die Sozialdemokratie 20 auf 15 Pfennig ermäßigt, ähnlich auch Karlsruhe. & re­Vor einigen Tagen war es wieder einmal in der SA.- und forderte die Uebergabe der Macht an sie mit der Begründung, feld hat fogar eine Senkung fast um die Hälfte eintreten laffen. Die Schokoladenindustrie hat auf ihre Preisbindungen SS.- Führerschule in Kreiensen , die trotz aller Beschwerden weiter daß gewisse ausländische Regierungen das wünschten- man stelle sich vor, was die deutschnationale, was die national- verzichtet und infolge der nun freien Konkurrenz fallen die Preise. besteht, zu einer schweren Schlägerei der nationalsozia­Dagegen werden scharfe Beschwerden gegen die( private) Ber - listischen Schüler" untereinander gekommen. sozialistische Presse dazu sagen würde! Mit der Forderung liner Gasbetriebsgesellschaft erhoben, die bei Anlagen Landjäger mußten eingreifen. Sie nahmen drei der der Todesstrafe würde sie sich faum begnügen. und Reparaturen einen Stundenlohn von 4,80 mart berechnet, Hauptschläger fest und schafften sie nach dem Amtsgerichtsgefängnis Allerdings ist dieser Fall schwer vorstellbar. Denn die während sie selbst den betreffenden Arbeitern 98 Pfennig Stunden- in Greene. Dort erschien bald darauf der nationalsozialistische lohn zahlt. echte vaterlandslose" Gesinnung findet man Es wird auch angeführt, daß die Bewag für die Landtagsabgeordnete Schneider, der den Amts­nationalen Kreisen. Löfung der Plombe vom Zähler bei Wohnungswechsel eine neu righter anschnauzte und von ihm die sofortige Freilassung

.

nur

in

Braunschweigische