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BERLIN Freitag 15. Januar

1932

Der Abend

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Jr. 24

B12

49. Jahrgang

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Eldorado für Parteibuchbeamte

Nazis aller Länder sammelt Euch! salter 20

Das Nordseebap Borfum braucht einen Babedirettor. Er ist- in vergangenen Jahren durch rüdesten Antisemitismus start in Berruf geraten. Jetzt sucht die Gemeinde einen Badedirektor, der unter Umständen auch befoldeter Gemeindevorsteher werden tann. Die Ausschreibung der Stelle erfolgte in üblicher Weise. Aber die Nazis wollen das Bortumer Spiel nicht aufgeben. Deshalb druckten sie die Anzeige auch im Bölkischen Beobachter" ab mit dem Hinzu­fügen, daß Bewerbungen an die Geschäftsstelle der NSDAP. in Borfum zu richten seien.

Nunmehr sind wir in der Lage, aus den

nationalsozialistischen Bewerbungen

einige intereffante Stellen zu veröffentlichen, die jenes Partei. buch beamtentum in Reinfulfur zeigen, auf das wir oft genug verwiesen haben. Lassen wir die Auszüge für sich sprechen:

Ein Gastwirt:

1914 wurde ich in den Krieg gezogen, wo ich zwei Jahre als etatsmäßiger Wachtmeister und zwei Jahre als Offizierstellvertreter vungierte.(!) Da ich fellst und meine beiden Söhne Mitglied der NSDAP . find und Kämpfre für das dritte Reich, so würde ich mich freuen, bei Ihrer Wahl Berücksichtigung zu finden."

Bei einem

heißt es:

Juspektor a. D.

ein Sohn der sonnigen Pfalz am Rhein und fana­tischer Anhänger Adolf Hitlers . Als 23jähriger Beamter der. Notenbant hate ich schon die Ehre, 50 000 neuausgegebene 100. Mart- Scheine als Kontrolleur handschriftlich zu unterzeichnen."

Wenn diese Ehre feine genügende Befähigung" für einen mach Borkumer Badedirektor ist, dann gibt's feine! Außer der natür­

1), das Parteibuch des großen Adolf in der Tasche zu haben! n. Doch es fommt noch besser!

Ein Hauptmann a. D.

schreibt schlicht, furz und offen. Er trifft den Kern:

erlaube

ich mir, als Mitglied der NSDAP. , mich um die Stellung als Bade­direktor zu bewerben. Mit Hitler Heil...."

Hauptmann a. D. ist die eine, das Parteibuch der Nazis die andere Voraussetzung für einen Borfumer Badedirektor! Ein Beamter

bewirbt sich so deutlich:" Der politischen Einstellung wegen wurde ich in mehreren Städten nicht zum Bürgermeister gewählt und hoffe ich, da unterzufommen, wo Nationalsozialisten zu wählen und zu bestimmen haben."

Für seine Offenheit wird ihm das deutsche Bolt, das endlich Beweise für das nationalsozialistische Parteibuchbeamtentum erhält, dankbar sein.

Doch es gibt auch Bewerber, die neben dem Parteibuch auch noch so etwas wie eine fachliche Befähigung nachweisen wollen. Ein Riffmeister a. D.:

Ich bin gewandt in Wort und Schrift und würde mich mit meiner ganzen Persönlichkeit in die Arbeit stürzen. Auch in die Gemeindeverwaltung würde ich mich schnell einarbeiten, da ich ein gutes juristisches Urteil habe. Mein Großvater war Jurist."

Freispruch

Giftgase im Bergrevier.

Reichsverfassung und Bersailler Bertrag find Neues Bergunglück in Oberschlesien. - 2 Bergieufe tot,

mefensgleich. Sie liefern beide das deutsche Bolt dem Boitsfeind aus." Auf diesen Ausspruch ei es Nazi- Studenten in der Halleschen Universitätszeitung erfolgte Freispruch.

Der Versuch des Angefagten, die Republik zu be schimpfen, fann nicht als hinreichend geglückt angesehen werden. Er war daher freizusprechen.-

die nicht durch Notverordnung gekürzt werden kann. Schlage 6000 Mark vor."

Einige wenige, aber vielsagende Auszüge aus den nichtamt lichen, auf die Nazianzeige im Völkischen Beobachter" einge­laufenen Bewerbungen! Dieser Ungeist der Parteibuchheiligkeit, die jede Sachfenntnis ersetzen soll, ist nicht zu unterbieten und jetzt das wahre Parteibuch beamten und Bonzentum in ein grelles Licht.

Die Gemeinde- und Badeverwaltung auf Borkum , in der die Nationalsozialisten seit den Münchmeyer- Erzeffen eine einflußloſe, aber um so wichtigtuerische Minderheit sind, denkt nicht daran, einen Bewerber anzustellen, der unter Berufung auf sein Parteibuch den mangel sachlicher Eignung bagatellisieren will.

( U- Bahnhof Nürnberger Platz)

Freilich, wenn man als Mitglied einer Zuchtanstalt schon über. Heute 20 Uhr: Spichernsäle, Spichernstr.1 zeugt ist, daß sich blonde Haare und blaue Augen vererben, warum sollte sich da nicht auch die Jurisprudenz des Großoaters vererben! Borerst allerdings ist man noch nicht so weit. Darum baut der weise Mann vor und erkauft sich durch das Naziparteibuch eine wünschenswerte Stelle.

Eine Frau bewirbt sich für ihren Mann,

der Büroangestellter ist: Mein Mann fährt früh gegen 6 Uhr fort und kommt abends gegen 7 Uhr wieder, so daß mir feine Zeit bleibt, auf ihn zu warten. Selbstverständlich ist er Mitglied der NSDAP . und Teilnehmer an der Rednerschule

Reichsbannerkundgebung

Thema: Der Verrat an Südtirol " Redner: Peter Innerkofler, Kamerad Dr. Mischler Republikaner, seid zur Stelle!

Hindenburg , 15. Januar. Auf dem Hermannsschacht der Königin- Cuise- Grube, Oftfeld, ereignete sich heute durch giftige Gase ein schweres Un­glüd. 3 wei Bergleute wurden getötet. Sieben erfrank­fen so schwer, daß sie in das Hindenburg - Knappschaftslazarelt ein. geliefert werden mußten.

Breslau , 15. Januar. ( Eigenbericht.)

Ueber das neue Bergwerksunglüd auf dem Hermannsschacht in Hindenburg werden noch folgende Einzelheiten gemeldet: Am Donnerstagabend, gegen Ende der Schicht, stellte man auf der 200- Meter- Sohle im Schuckmann- Flöz Brand gase fest. Beim Durchforschen der Abteilung stieß man auf einen brennenden alten Holzdamm. Die Löscharbeiten wurden unverzüglich mit den für diesen 3med allerdings unzureichenden Handfeuerlösch­geräten aufgenommen. Dabei erlitten neun Bergleute ( mere Gaspergiftungen. Sieben Bergleute konnten durc Bergungsmannschaften mit Gasschußgerät rechtzeitig befreit und ins Knappfchaftstrantenhaus gebracht werden. Die beiden verunglüc ten Arbeiter Buchzik und Guschnit fonnte man erst nach zwei­stündigen Rettungsarbeiten bergen. Wiederbelebungs­versuche waren erfolglos. Der Brand ist inzwischen gelöscht. Eeine Entstehungsurfache fonnte nicht ermittelt werden.

Beuthen , 15. Januar. ( Eigenbericht.) Von den bisher noch vermißten sieben Bergleuten der Carsten- Zentrums- Grube wurden am Donnerstagabend 3 mei als tot festgestellt. Ihre Bergung fonnte jedoch noch nicht erfolgen.

Rosenberg phantasiert.

Eine Erklärung der Reichsregierung.

Zu der Behauptung des Chefredakteurs des Bölfischen Be­obachter", Alfred Rosenberg , daß der noch immer amfierende Reichskanzler von fehr autoritativer ausländischer Seite aufmert­fam gemacht wurde, daß er nicht mehr verhandlungsfähig fei ohne Adolf Hitlers Unterstützung, da ja kein Bolt mehr hinter der Re­gierung ffände", wird auf Anfrage von zuffändiger Stelle erklärt, man habe von einem sofortigen amtlichen Dementi abgesehen, weil diese Behauptung des Herrn Rosenberg das Maß der erlaubten Phantasie übersteige.

Spartakus- Gedenken.

Eine große Verleumdungsnummer der Roten Fahne".

Den Bruderkampf in der Arbeiterklasse zu schüren und den Haz zwischen proletarischen Klassengenossen wachzuhalten, ist die Auf­gabe der Kommunistischen Partei. Darum fann sie seit 1919 auch feinen Januar vorübergehen lassen, ohne die Sozialdemokratie in verleumderischer Weise der Schuld an Karl Liebknechts und

osa Lu gemburgs Ermordung zu bezichtigen.

Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg sind nicht im Kampf ge­fallen, sondern nach ihrer Gefangennahme getötet worden. Die Tötung von Gefangenen ist eine Schändlichkeit. Kein Sozialdemo­frat hat die Tötung der gefangengenommenen Führer des Spar­tatusbundes gewollt.

Auch die Kämpfe, in deren Verlauf jenes Verbrechen verübt wurde, fallen in keiner Weise der Sozialdemokratie zur Last. Sie find vom Spartatusbund, dem Vorläufer der KPD., an gezettelt worden und waren ein ungeheures Verbrechen an der Arbeiterklasse. Eine winzige Minderheit versuchte damals, die ungeheure Mehrheit des deutschen Proletariats mit blutigem Terror zu vergewaltigen. In sinnlosen Straßenkämpfen

der Partei. Ich selbst war Buchhalterin im Hotel E. in W., in Landtagswahlen in Mecklenburg- Strelitz fielen ungezählte sozialdemokratische Arbeiter; der sozialdemo

dem unser großer Führer Adolf Hitler mit seinem Stabe zu wohnen pflegte.

Alle diese Bewerber find biebere und brave ,, Laien" der Nazi­bewegung, die den Kern des Drehs noch nicht erfaßt haben. Dazu muß man den Fachmann und Kenner der Bewegung hören. Ein nationalfozialistischer Reichstagskandidat

schreibt: beziehe 300 Mart monatlich, so daß ich mein Eristenzminimum habe, stelle feine Gehaltsan fprüche Jedoch erbitte ausreichende Dienstaufwandsentschädigung.

Termin: 29. März.

Neustrelitz , 15. Januar.

Die Wahlbauer des Mecklenburg - Strelizer Landtages läuft am 29. Januar d. I. ab. Nach dem Landgrundgesetz muß der neue Landtag spätestens am 60. Tag nach Ablauf der Wahldauer des alten Landtages gewählt sein. Dies wäre der 29. März. Wie das Medlenburg- Strelizer Staatsministerium auf Anfrage mitteilt, find die Neuwahlen zum Mecklenburg- Strelizer Landtag für Anfang März vorgesehen.

tratische Kriegsminister Neuring wurde in Dresden in viehischer Weise ermordet. Die Regierung der sozialdemokratischen Bolts beauftragten in der Wilhelmstraße wurde von aufgehezten Matrosen ,, gefangengefeßt". Die Redaktion des Vorwärts" wurde wieder. holt überfallen; man versuchte sie mit Drohungen zu hindern, daß fie schrieb, was damals zweifellos Meinung und Wille von mindestens neun Zehnteln des deutschen Proletariats mar. wurde aus ihrem Hause verjagt und mußte in Geheimdruckereien unter dem Schutz von Maschinengewehren arbeiten.

Sie

Wenn heute die Rote Fahne" sich darüber beklagt, daß die