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Die sauberen Korruptionsbekämpser.

Zu Württemberg , Neiße und andemort« rebellieren die Nazi- Mitgliedschasten gegen die Korruption ihrer Führer.

,Haltei den Dieb!"

Der Landtag im neuen Lahre. Ausschußanträge.- Landwirtschastsfragen.

Der Preußische Landtag trat am Dienstag zu seiner ersten Sitzung im neuen Jahr zusammen. Bei Eröffnung der Sitzung gedenkt Präsident Wittmaack des Unglücks auf der Karsten-Zentrums-Grube bei Beuthen . Er teilt mit, daß er namens des Landtags der Bergwerksgefellschast, der Belegschaft und den Angehörigen der Opfer das Beileid aus- gesprochen habe. Das Haus erledigt dann zahlreiche Ausschußanträge. Dabei werden Anträge des Bcamtenausschuffes angenommen, die die stör- kere Heranziehung von Bersorgungsanwärtern auch als Mafchinen- schreib« und Stenotypisten im Kanzleidienst sowie die Vermehrung der Stellen für Strafanstalts-Hauptwachtmeister««langen. Abg. Riedel(Staatsp.) beantragt, die Anträge seiner Frak- tion und der Kommunisten über Revision der Fürsten » ab findung von der Tagesordnung abzusetzen, da diese Angelegenheit zur Zeit einem Rcichstagsausschuß vorliege und auch der Rechtsausschuß des Landtags dazu noch einmal Stellung nehmen wolle. Der Antrag wird abgelehnt. Nach kurzer Aussprache beschließt das Haus, entsprechend der Empfehlung des Hauptausschufles, die Geschäftsberichte der Preu» ßischen Clektrizitäts-Ä.-G., der Duisburg-Ruhrort « Hafen-A.°G. und der Hamburgisch-Preußischen Hafengemeinschaft G. m. b. H. für 1930 durch Kenntnisnahme für erledigt zu erklären. Angenommen wird ein auf einen deutschnationalen Antrag zurückgehender Vorschlag des Hauptausschusses, wonach bei Durch- fuhnmg der Ermächtigung der Notverordnung vom 6. Oktober eine zweckmäßigere Gestaltung der kommunalen Kreditin st i» tute zu schaffen, neben dem Landtag auch die Provmzialausschüsse. und sonstigen zuständigen Vertretungskörperschaften gehört werden sollen. Dann folgt die Beratung des Ausschußvorschlags üb« ftaats- parteiliche und kommunistische Uronträge auf Nevision bzw. Ein­stellung der Zahlungen an vormals regierende Familien. Abg. Stolt(Komm.) fetzt sich in längeren Ausführungen für den Antrag seiner Fraktion ein. Absindungen an ehemalige Fürsten - Häuser nicht mehr zu zahlen und die so frei werdenden Summen zur Unterstützung nolleidend« Volksschichten zu verwenden. Entsprechend dem Ausschußbeschluß werden die staatsparteilichen und kommunistischen Uranträge abgelehnt. Annahme findet der Antrag des Hauptausschusses, wonach das Staatsminiiterium ersucht wird, nochmals in ernstliche Erwägungen darüber einzutreten, ob die finanziellen Gründe für den Besästuß des Staatsministeriums auf Schließung der Berliner Chirurgischen Uni- v e r s i t ä t s k l i n i k In der Ziegelstrahe so zwingender Natur sind, daß die Schließung unvermeidlich erscheint, andernfalls soll der Be- schluß der Regierung rückgängig gemacht werden. Ein Antrag des LaVidwirtschaftsausschusses fordert das Staatsministerium auf, aus die Reichsregierung einzu- wirken, von der Ermächtigung. Schutzmaßnahmen für die bäuerliche Beredelungswirtschaft zu ergrelfen, be­schleunigt Gebrauch zu machen. Abg. v. P l e h w e(Dnat.) bezeichnet den 2lntrag als völlig

wirkungslos. Unter Hinweis auf die durch das Absinken ausländi- scher Währungen stärker gewordene Gefahr der Ueberflutuug der deutschen Grenzen mit ausländischen Erzeugnissen fordert der Redner Annahme des deutschnationalen Antrags, der auf eine völlige Einfuhrsperre für landwirtschaft- liche Beredelungserzeugnisse und Futtermittel abzielt. Landwirischastsminister Dr. Steiger erklärt, daß er sich beim Reichsornährungsininistcrium bereits fort­gesetzt für die Veredelungswirtschaft eingesetzt habe. Mit dem Rück- gang der englischen Währung hätten die nordischen Länder, aber auch Holland , besonders stark versucht, mit Hilfe des Valuta­dumpings den deutschen Markt zu erobern. Hier liege eine wesent- liche Ursache für die schlechte Preisbildung der deutschen landwirt- schafttichen Veredelungserzeugnisse. Er als preußischer Landwirt- schaftsminister habe seine Forderungen bei den zuständigen Reichs- stellen angemeldet: mehr zu tun liege nicht in seiner Zuständigkeit. Er könne, sich aber denken, daß die Reichsregierung nicht imstande sei, so gegen die starke Einfuhr vorzugehen, wie es ihr vielleicht er- wünscht wäre. Leun es unterliege keinem Zweifel, daß unsere Ausfuhr noch Holland , Finuland und Dänemark größer fel als die Einfuhr aus diesen Ländern. Daher könnten reloe Maßnahmen ergrif'-n werden, die diese Ausfuhr» auf die wlr angewiesen seien, be- eiukröchtiglen. Los Hau« mmml den Ansschußanlrag an in der vom Abg. n. plehwe(Dank.) vorgesehenen abgeänderten Form. Weiter angenommene Anträge des Landwirtschaftsausschusses verlangen Einwirkung auf die Reichsregierung im Sinne einer Her- absetzung der Futtermittelzölle und Schutzmaßnahmen für das deutsche Holz. Um 18 Uhr vertagt sich das Haus auf Mittwoch 12 Uhr. Be­ratung der Polizeiverordnungen über das Verbot nächtlicher Ge° ländeübungen, des Verkaufs von Hieb- und Stoßwaffen und üb« den äußeren Schutz der Sonn- und Feiertage.

Staatliches Schauspielhaus. Othello." Eine kluge und sachliche Inszenierung. Jeßner schränkt Pathos und Gefühlsskstafe auf ein Minimum ein. Das Ganze er- hält beinahe den Charakter eines bürgerlichen Familiendramas. George ist ein schwerblütig« Ochello. Leistungen von stärkster künstlerischer Intensität bieten Werner Kraust als Iago und Walter Frank als Brabantio. 1'. Seh.

Zollrüstung. Die neuen Beschlüsse der Reichsregierung. Durch eine Notverordnung des Reichspräsidenten ist die Reichsregierung ermächtigt worden, außerordentliche Zoll- maßnahmen zu treffen. Die Reichsregierung darf auf Waren, die aus Ländern mit entwerteter Währung ein- geführt werden, Ausgleichszölle erheben. Sie ist ferner ermächtigt worden, erhöhte Zollsätze bei Waren an- zuordnen, die aus Ländern kommen, mit denen das Reich noch keine Handelsverträge geschloffen hat oder die die Ein- fuhr deutscher Waren ungünstiger behandeln als Waren eines anderen Landes. Die Reichsregierung hat die Ermächtigung mit der Einschränkung erhalten, sieim Falle eines drin- genden wirtschaftlichen Bedürfnisses" anzuwenden. Dieses dringende wirtschaftliche Bedürfnis ist gleichzeitig mit dem Erlaß der Notverordnung für die Frage des Butter- 'Zolles bejaht worden. Für die Neuregelung des Butter- zolles hat man sofort beide Ermächtigungsformeln ange- wandt. Der bisherige Butterzoll betrug 50 M. je Doppel- zentner. Man hat Valutazuschläge eingeführt von 36 M. je Doppelzentner gegenüber Dänemark , Schweden und Finn- land. Man ist aber auch nach der zweiten Ermächtigungs- formet gegenüber Polen (auch Kanada . Australien und Neu- jeeland), mit denen ein vertragsloser Zustand besteht, noch über die Zollsätze hinausgegangen, die gegenüber Vertrags- ländern bestehen werden. Die neue Ordnung der Butterzölle ist durch die Zwischen- schaltung und die handelsvertraglichen Auswirkungen des mit Finnland abgeschlossenen Kontingents- vertrage? ein ziemlich kompliziertes Softem. Für den Fall, daß die deutschen Butterzölle erhöht werden, hat Finn- land den Anspruch auf eine jährliche Lieferung von 5000 Tonnen zum bisherigen Zollsatz von 56 M. Nach dem Prin- zip der Meistbegünstigung kommt dieses Kontingent im Fall einer Zollerhöhung auch Holland , Dänemark und Schweden zugute. Jetzt ist der(autonome) Zoll von 56 auf 166 M. je Doppelzentner erhöht worden. Die Kontingente werden also für Finnland , Holland , Dänemark und Schweden wirksam. Finnland , Dänemark und Schweden sind aber Länder mit entwerteten Währungen, für die ein Ausgleichs- zoll von 36 M. je Doppelzentner vorgesehen ist. Sie werden also ihr Kontingent von 5666 Tonnen nur zu einem Gesamt- zoll von 56 plus 36 M. ausnutzen können. Da Holland keine entwertete Währung hat. wird Holland sein 5666- Tonnen-Kontingent zu«1 M. je Doppelzentner einführen können. Das gilt auch, soweit diese das Kontingent ausnützen können, für die Festwährungsländer Rußland, Lettland und Estland . Für alle Einfuhren, die über das Kontingent von 5666 Tonnen hinausgehen und für die der allgemeine Zoll von 166 M. je Doppelzentner gilt, werden Holland und die übrigen Festwährungsländer keinen Valutaausgleich bezahlen, also zu 166 M. importieren, während Dänemark , Schweden und Finnland einen Zoll von 136 M. tragen müssen. Für Polen , Kanada , Australien und Neuseeland gilt die Sonder- regelung, daß je Doppelzentner ein Zoll von 176 M. er- hoben wird. Das sind die Tatsachen. Für andere Waren als sür Butter sollen zunächst keine Zollmaßnohmen beabsichtigt sein. Die neuen Maßnahmen der Reichsregierung sind nicht unerwartet gekommen. Dennoch kann man sie nicht als wirt- schaftlich zwangsläufig bezeichnen. Die Vierte Notverordnung hatte gerade deshalb deflationistische, d. h. Kosten und Preise gleichmäßig senkende Ziele, weil die Reichsregierung für Deutschland eine Abwertung der Währung nach dem eng- lisch«! und nordländischen Beispiel vermeiden wollte. Die in Deutschland durchgeführte starke Senkung der Löhne, Ge- hälter, Zinsen und Frachten, die sich in einem bestimmten Um» fang auch in der Landwirtschaft auswirkt, hatte den ausge- sprochenen Zweck, verstärkte Einfuhren aus den Ländern mit entwerteten Währungen durch ein niedrigeres Kostenniveau im Inlands abwehren zu können und auf dem Weltmarkt die Konkurrenzfähigkeit der deutschen Exportindustrie vor der künstlich erhöhten der Länder mit entwerteten Währungen zu schützen. Die Vierte Notverordnung wollte also die Aus- Wirkung der Währungsentwertungen vorwegnehmen, womit im Prinzip auch besondere Zollmaßnahmen überflüssig wer- den sollten. Es ist auch wahrscheinlich, daß besondere Zoll- abwehrmaßnahmen wenigstens im jetzigen Augenblick noch nicht notwendig gewesen wären, wie die im allgemeinen auch im Dezember noch durchaus befriedigende Einfuhr- und Aus- fuhrentwicklung Deutschlands beweist.(Vgl. darüber den Wirtschaftsteil.) Eine gewisse Zwangsläufigkeit für die jetzigen Maßnahmen kann nur von dem spezifisch agrarpolitischen Gesichtspunkt zugegeben wer- den. wie er in dem besonderen großagrarischen Subventions- charakter der deutschen Agrarpolitik sich ausprägt. Die Vierte Notoerordnung hat in einem Zeitpunkt, in dem die Preise für Veredelungsprodukte am stärksten sanken, die Ge- treidepreise aber auf einem durchaus rentablen Niveau ge- halten wurden, gerade dem bäuerlichen Betrieb am wenigsten Nutzen gebracht. Der bäuerliche Betrieb kann von den Lohn- und Frachtensenkungen wenig und von der wirklich zu Buch schlagenden Zinssenkung noch weniger profitieren, well er nicht in der glücklichen Lage war, sich in einem solchen Ausmaße wie der großagrarische Betrieb zu verschulden. Die schädlichen Auswirkungen der Subventionspolitik gegenüber den Großagrariern im bäuerlichen Betrieb mußten angesichts des starken SinkensderButter-undMilchpreise durch die Vierte Notoerordnung relativ also noch verstärkt werden. Die staatliche Förderung der bäuerlichen Berede- lungsproduktion war immer und ist auch heute geboten: Schutzzölle sind nur nicht unbedingt das gebotene Mittel. Daß jetzt aber vom Butterzoll aus die deutschen Zölle ausge- rüstet werden müssen, ist ein neues ernstes Argument gegen den großagranschen Subventionscharakter der deutschen Agrarpolitik. Unter diesem Gesichtspunkt sind die jetzigen Wandlungen in der deutschen Handelspolitik auch Volkswirt- schaftlich besonders bedauerlich und bedenklich.

Ueber die gesamtwirtschaftlichen Auswirkungen der Zoll- Notverordnung werden die Art und das Ausmaß bestimmen, mit denen die Reichsregierung die ihr gegebenen Ermächti- gungen anwendet. Hinsichtlich der erhöhten Butterzölle liegen die wahrscheinlichen Auswirkungen ziemlich klar zutage. Die im vorigen Jahr nach Deutschland eingeführten 166666 Tonnen ausländische Butter kamen zu 26 Proz. aus Holland , das also jetzt für 15 666 Tonnen einen von 56 aus 166 M. erhöhten Zoll zu tragen hat. Es kamen 36 Proz. aus Däne- mark, das unter Abzug des Kontingents jetzt für 25666 Tonnen einen von 56 auf 136 M. erhöhten Zoll zu tragen hat. Weitere 26 Proz. kamen aus Estland und Lettland , die in derselben Lage wie Holland sind, 16 Proz. kamen aus Finnland und Schweden , die in derselben Lage wie Däne- mark sind. Nur 15 Proz. kamen aus Rußland , Polen und den übrigen Ländern. Mit Holland und Dänemark war die deutsche Handelsbilanz bisher be- sonders stark aktiv. Sie war gegenüber allen Butter- einfuhrländern aktiv. In Holland und Dänemark sind Boykottbewegungen großen Ausmaßes im Gange. Schäd- liche Rückwirkungen für die deutschen Exportindustrien wer- den unvermeidlich sein. Da in der deutschen Exportindustrie heute noch rund eine Million Arbeiter tätig sind, bringen 16 Proz. Exportausfall eine Iahresarbeitsloflgkeit für rund 166 666 Menschen. Deutschland zahlt also für den großagrarischen Charakter seiner bisherigen Agrar- polttik einen sehr teuren Preis. Der Landwirtschaft selbst bringt die Erhöhung der Butterzölle, sowett eine Erhöhung der Butterpreise in Deiltschland beabsichtigt wird, kaum eioen

fühlbaren Nutzen. Wo die Fähigkeit zum Kaufen fehlt, brin- gen Zollerhöhungen mit folgenden Preissteigerungen nichts ein. Die verarmten Massen werden mehr Margarine essen. Die besondere Gefahr der jetzigen Situation liegt darin, daß der Reichsernährungsminister Schiele die neue Ordnung nur als einen Teilersolg betrachtet. Er selbst will mehr, und wird von den großagrarischen Organisationen vorwärtsgetrieben. Schiele will auch die Kontingente be- seitigen, wodurch auch für die jetzt noch zollbilligere Hälfte der gesamten Buttereinfuhr statt des Zollsatzes von 56 der von 166 bzw. 136 und 176 M. gelten würde. Der Landbund will ein völliges Einfuhrverbot für Butter. Schiele möchte außerdem auch für Holz. Obst und Gemüse eine möglichst vollkommene Einfuhrdrosselung. Das Ziel Schieles und des Landbundes ist die völlige agrarische Autarkie und die möglichst uferlose Preiserhöhung für sämtliche agrarischen Produkte. Deutschland kann bei der jetzt ge- troffenen Regelung noch behaupten, daß es den juristischen Inhalt internationaler Handelsverttäge nicht verletzt hat. Vermögen sich Schiele und der Landbund durchzusetzen, dann wird nicht nur die rechtliche Zulässigkeit ihrer Maßnahmen mit starken Gründen angefochten werden können, sondern wir werden auch bald Hunderttausende neue Arbeitslose zu verzeichnen haben. Die Konsequenzen für die deutsche Wirt- schafts- und Handelspolitik ergeben sich von selbst. Sie be- rühren die wirtschaftliche Lebensfähigkeit Deutschlands über- Haupt und auf dem Weg über die Zahlungsbilanz auch die Stabilität der Währung.