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Landtag und Notverordnung.

Genosse Hamburger stäupt die Hugenberger.

Der Preußische Landtag verabschiedet am Freitag zunächst den| wiesen, daß man auch als Händler ein Held sein kann. Der Rebner auf einen deutschnationalen Urantrag zurückgehenden Gefeßentmurf schließt: zur Benderung des Polizeinermaltungsgefeges vom 1. Juni 1931, wonach infolge Verzögerung der allgemeinen Berg­polizeiordnung die im Polizeiverwaltungsgeseh vorgesehene Frist für Das Außerfraftjegen der geltenden Bergpolizeiverordnungen um ein Jahr hinausgeschoben wird.

Das Haus fetzt hierauf die allgemeine Aussprache über die Notverordnungen und die dazu eingebrachten Anträge fort.

Abg. Baumhoff( 3.) erklärt, die Notgesehgebung mit ihren vielen Notverordnungen sei für alle parteivolitischen Agitatoren und Strategen ein gefundenes Fressen Man suche sich die drückendsten Bestimmungen aus den Notverordnungen heraus, serviere sie dem Bolte und rufe dann aus: Da seht ihr, was für unfähige Männer in den Regierungen figen

Abg. Schwarzhaupt( D. Bp.) wirft der Regierung vor, alle Warnungen der Deutschen Volkspartei und ihre Sparvorschläge un­berücksichtigt gelassen zu haben. Eine unhei volle Auswirkung der Sparverordnungen sei die Erschütterung des Rechtsbewußtseins unter der Beamtenschaft. Fast sämtliche Beamtenorganisationen lägen jegt im gerichtlichen Streitverfahren mit dem Staat.

Abg. Hamburger( Soz):

Die Behauptung des Abg. Steuer, daß in die Notverordnung Bestimmungen aufgenommen worden seien, die mit der wirtschaft. lichen Not nicht das geringste zu tun hätten, find durchaus zutreffend Die Notverordnungen sind von manchen Stellen zur Berwirklichung pon Lieblingsideen benutzt worden.( hört, hört! rechts.) Daraus dark aber nicht gefolgert werden, daß das Notverordnungsrecht berhaupt nicht angewandt zu werden brauchte, weil ein Notstand in staatlicher und wirtschaftlicher Beziehung nicht bestände, fondern höchstens in parteipolitischer Hinsicht. Der Abg. Steuer spricht von einer Normalität des politischen Zustandes, während doch eine Welt­mirtschaftsfrise ungeahnten Ausmaßes vorhanden ist, die in fast allen Ländern zu tiefgreifenden Bewegungen geführt hat. Das ist auch von dem Deutschnationalen v. Oldenburg- Januschau anerkannt worden in etiem Brief an den Abg. v. Plehme, der vor der Auf­Töfung des Reichstags im Mai 1930 geschrieben wurde. Oldenburg­Januschau sagt darin:

Die Zeifen find verrüdf. in denen wir leben. Wäre durch die Schuld der Deutschnationalen die Regierung gestürzt wor den, so hätte das ganze Cand nationalsozialistisch gewählt. Hugenbern ist froh aller Klugheit zu theoretisch veranlagt." ( Hört, hört! und große Heiterkeit bei den Soz.)

Der Redner fährt fort, es fei ganz unmöglid), die gegenwärtige Situation und die Anwendung des Notverordnungsrechts im ganzen auf irgendwelche Mißbräuche aus parteipolitischen Gründen zurück­führen zu wollen. Der Gefeßentwurf zur Verkleinerung des Staats. rats, der Ersparnisse erzielen follte. fei vom Staatsrat einstimmig abgelehnt worden. Aus diesem Beispiel könne man ersehen, wie schwierig es sei, die zuständigen Körperschaften zu schnellen Ent­Schlüffen zu veranlassen, die zur Stügung der Staatsfinanzen not­wendig seien.

In Breußen fei niemals eine generelle Senfung der Bezüge der preußischen Staatsbeamten unter die Bezüge der Reich- beam­fen erfolgt, während solche Senfungen von all den Ländern vorgenommen wurden, in denen die Deutschnationale Bolts­partei mitregiert hat.

Die gleichen Oppositionsparteien, die stärbin eine Vereinfachung und Reform hes Staatsapparats verlangen, protestieren in demselben 2unenbid, mo tie preußische Regierung an dieses Problem heran­tritt. Am 18. Mai hat der volksparteiliche Abg. Dr. Neumann die Regierung angegriffen, meil sie nicht einmal die fleine Verwaltungs reform ernstlich anzufaffen gewagt habe. Jegt steht in der Spar verordnung die Rusammenlegung von Kreisen, aber nun beantragt die Deutsche Boltspartei, bas teine Sufammenlegung von Streifen einireten dürfe ohne Mitwirtung des Preußischen Landtags .

Ganz unberechtigt sei ber Vorwurf, daß das Staatsministerium nicht die nötigen Schritte zur Vorbereitung der Berwaltungsreform getan bätte. Der Landtag aber hat auf diesem Gebiet das Staats. minifterium im Stich aelaffen, weil im Aucenblid der Entscheidungen von der Opposition Obstruktion getrieben wurde.

Der Hauptteil bes preußischen Finanzbedarfs bestehe in per fonellen Ausgaben, die im Jahre 1927 genau entsprechend den Reichsbezügen feitgefegt wurden, in einer Beit, in der die Deutschnationalen im Reich in der Regierung faßen.

Die Sozialdemokraten erblickten in den Beffimmungen der Sparverordnung nicht ein Ende, fondern einen Anfang der Verwaltungsreform.

Selbstverständlich werde sich die Ersparnis erst im Laufe der Beit zum vollen Umfange entwickeln, aber das fei fein Grund, niemals damit anzufangen. Natürlich würden dabei auch härten entstehen, aber in dieser Notzeit müsse manches alte Recht über den Haufen geworfen werden, und gegenüber den Notwendigkeiten, die uns heute in finanzieller Hinsicht aufgedrängt werden, sei es nicht möglich, noch überholte und überalterte Rechte zu wahren. Welche Verhältnisse eintreten würden, wenn die von der Rechten gewünschte Umbildung der Regierung fommt, das fei in der ,, Deut­fchen Reinmg" des Herrn Hugenberg im legten Silvesterartikel aus­gedrückt morden mit dem Schlußsay:

Die Säulen des Driffen Reiches werden gegründet sein auf den Säulen des preußischen Königsthrones, oder das. Dritte Reich wird nicht sein. Danach fönne man also ficher fagen, daß das Dritte Reich nicht sein wird.

Während im Landtag die Deutschnationalen die Harzburger Front dadurch wahren, daß fie sich gestern in Abwesenheit der National­fozialisten für einen nationalsozialistischen Antrag erhoben, hat der Landesvorfigende der Deutschnationalen Bolkspartei in Schlesien in einem Rundschreiben an die Mitglieder gefagt, es sei empörend, daß die Deutschnationale Volkspartei , die fo viel Geld für das Braune Haus in Breslau gegeben haben....( Abg. Steuer ( Dnat.): Das ist bestimmt nicht richtig!)

Ich verlese den Wortlaut: Es ist Taffache, daß Geldmittel und Einrichtungsgegenstände für das Braune Haus in Breslau zum größten Teil von deutschnationalen Gutsbesikern aufgebracht wurden."( Lebhaftes Hört, hört! bei den Soz.) Die der Ofthilfe bedürftigen beutschnationalen Großgrundbefizer ftiften alfo Geld für die Nationalsozialisten. Im Anschluß an diesen Hinweis beklagt sich der Vorsitzende des deutschnationalen Landesverbandes Mittelschlesien darüber, daß troßdem die deutsch nationalen Grundbefizer von den Nationalsozialisten in verlegender Form als Junter Rog von Rozenstein"( große Heiter feit) angegriffen würden. Die Deutsche Boltspariei, die solche Sehnsucht nach der Harzburger Front äußert, follte doch daran denten, daß sie noch in viel schärferer Weise von den National­fozialisten angegriffen wird.

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Der Redner weist schließlich darauf hin, daß der deutsch­nationale Ab g. v. Rohr das Gebäude der eingegangenen om merfchen Tagespoft in Stettin an den Allgemeinen Deut schen Gewertschaftsbund verlauft habe. Dieses Gebäude, das nach der Erklärung der Deutschnationalen zum Kampf gegen den Margis. inus bestimmt war, fei nun dem Marrismus für gutes Geld über­fassen worden. Wenn Berner Sombart die Unterscheidung zwischen Händlern und Helben machte, so habe Herr v. Rohr be

Ihren weiteren gefchählen Aufträgen entgegenfehend, empfiehlt fich hochachtungsvoll der internationale Margismus. ( Lebhafter Beifall bei den Soz.)

Abg. Biester( Dt.- hann.) betont, Deutschlands Bedarf müsse noch in ganz anderem Umfange von den Erzeugnissen der deutschen Landwirtschaft gedeckt werden.

Abg. Hestermann( Wirtschaftsp.) führt aus, das Mittel der Not­verordnung sei ein Vorzug für einen Staat, der in Notzeiten da­durch schnell Abhilfe schaffen tönne. Die Wirtschaftspartei sei durch­aus nicht mit allen Maßnahmen der preußischen Rotverordnungen zufrieden, habe aber zweifel daran, ob unter Mitwirkung des Land­tags etwas Befferes herausgekommen wäre.

Abg. Riedel( Staatsp.) nimmt gegen die Ausführungen des deutschnationalen Redners am Vortage Stellung, die nichts mit Sachlichkeit zu tun gehabt hätten. Wenn man in so scharfer Form gegen die Notverordnungspolitik vorgehe, so sei zu fragen,

ob denn nicht die Persönlichkeit des Reichspräsidenten auch den Deutschnationalen dafür bürge, daß teine Notverordnung seine Genehmigung erhalte, deren Berfaffungsmäßigkeit nicht bis ins Letzte nachgeprüft worden wäre.

Im übrigen habe der Staatsgerichtshof ausdrücklich die Ber­faffungsmäßigkeit jener Reichsnotverordnung anerkannt, auf der fich die preußischen Sparverordnungen aufbauten. Der Landtag sei da­her gar nicht in der Lage, die Verordnungen zu ändern oder gar zu beseitigen. Die Schuld daran, daß mit Notverordnungen regiert werden müffe, trügen diejenigen, die am 14. September 1930 einen vollkommen arbeitsunfähigen Reichstag wählten.

Abg. Frau Dr. Frankenthal( Soz. Arb.-B.) fritisiert, daß dte ben sozialistischen Staat anstrebende Sozialdemokratische Partei die Notverordnungspolitik bulde.

Abg. Dr. Nölting( Soz)

Tegt bar, daß hinter der gegenwärtigen Kulturnot, die mit Bezug auf den Abbau am Schulmesen usw. in der Debatte eine so große Rolle spielte, die Wirtschaftsnot stehe. Mit bloßen klageliedern sei aber wenig getan. Es wirke sogar feltfam, wenn gerade diejenigen, nämlich die Rechtsparteien, ihre Litanei an der Klagemauer fängen, die heute doch noch den Kurs der Wirtschafts­politit bestimmten, jenen Sturs, der es dahin gebracht habe, baß der Kultur die nötigen Existenzbedingungen fehlen.( Sehr wahr! b. b. Soz. Widerspruch rechts.) Jett erfläre man, die Sozialdemo fraten seien Kulturvandalen und Banausen. Es wäre erwünscht, wenn wir in Deutschland , wo die Millionäre doch noch nicht ganz ausgestorben feien, ähnlich wie in England und Amerita noch ein privates Mäzenatentum hätten, das Theater, Bibliotheken usw. unterhalten könnte.

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Die Bourgeois hätten sich auf diesem Gebiet leider immer sehr unempfindlich gezeigt.

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Die pädagogischen Akademien fönne man leider nicht alle aufrecht. erhalten; es fei aber erfreulicherweise gelungen, ein topfloses Zer­schlagen der pädagogischen Akademien zu vermeiden. Besonders schmerzlich empfinde man den Abbau der Fachschulen. Beim gegenwärtigen Gang unserer Agrarpolitik müsse man fragen, welchen Zwed die landwirtschaftlichen Forschungsinstitute noch haben. Besonders liege der Sozialdemokratie das Schicksal der Junglehrerschaft am Herzen. An den Universitäten müsse auch angesichts der heutigen Vorgänge an der Berliner Universität eine schärfere Disziplinargewalt eingeführt werden, damit nicht Wildwestzustände einreißen. Elemente, die die Hochschulen zur Auf­führung von Indianertänzen mißbrauchen, müßten die Hand des Staates zu spüren bekommen. Der Rebner fordert eine planmäßige Bereinfachung und Umbildung des Bildungswesens. Abg. Weißermel( Dnat.) übt Kritik an den einzelnen Bea ftimmungen der Notverordnung.

Hierauf wird die Weiterberatung auf Sonnabend, 10 Uhr, vertagt. Schluß 18% Uhr.

Hakenkreuz Provokationen.

Lügner und Schwindler werden gewalttätig.

Magdeburg , 22. Januar. ( Eigenbericht.)

Eine von den Nationalsozialisten in Groß- Ammensleben bei Magdeburg einberufene öffentliche Versammlung endele mit einer schweren Schlägerei.

Die Nazis hatten zu der Kundgebung jeden ortsansässigen Ar beiter eingeladen. Ein großer Teil der Arbeiter war der Einladung gefolgt. Die Versammlung begann mit einer Rede eines National ozialisten. Anschließend folgte eine Diskussion Vorher war zwischen dem sozialdemokratischen Diskussionsredner und dem Borsigenden Dereinbart worden, unbedingt beruhigend auf die Versammlungs­besucher einzuwirken. Das geschah auch. Um aber doch einen Bor wand zu haben, den anwesenden Sozialdemokraten einmal eine

Es ist festgestellt worden, daß die zum Schluß der Versammlung in den Saal eingedrungenen, mit Schlagringen bewaffneten Nazis fich während der Versammlung an einer Stelle verstedt gehalten haben, von der aus fie den Berlauf der Versammlung genau beobachten fonnten.

Als der Referent die lehten Säge sprach und alles in größter Ruhe abzugehen schien, drangen die Nazis in den Saal, um die Saal­schlacht in Gang zu bringen. Zahlreiche Arbeiter, die durch die Hinterlift der Nazis völlig überrascht waren, erfitten Verlegungen.

Lektion zu erteilen, wurden die Nazianhänger auf andere Weise 601000 Berliner erwerbslos.

aufgeputscht.

Mitten im Schlußwort des Referenten unterbrach plötzlich der Bersammlungsleiter die Rede und feilte folgende unwahre Behauptung mit: Achtung! Ich bekomme foeben felegraphifd) Nachricht, daß in Magdeburg vor dem Gebäude der Bolts­ftimme vor wenigen Minuten ein S- Mann erschossen worden ist. Ich bitte, fich zu Ehren des Toten von den Plähen su er­heben. Obwohl das Schwindel war, verfehlte die Mitteilung nicht ihre Wirkung.

Bald war die nötige blutrünftige Stimmung geschaffen. Un mittelbar danach brang durch eine im Rüden der Versammlungs. besucher befindliche, zu Beginn der Veranstaltung verschlossene Tür ein mit Schlagwaffen ausgerüsteter Trupp Magdeburger Natin nalsozialisten in den Saal. Die Landjägerei bemühte sich, die Nazis zurüdzuhalten. Sie tauchten dennoch fofort in der aufgeregt ge wordenen Menge unter, und im gleichen Augenblid fauften Stühle und Biergläser burch den Saal. Bei dem Tumult ging das ge­famte Mobiliar des Saales zu Bruch. Den Rest des Mobiliars zer schlugen die Magdeburger Nazis, als die Versammlung bereits ge­Schloffen war.

Ein Drittel der erwerbstäti en Bevölkerung. Der Arbellamarti der Reichehauptstadt, der seit Beginn der Srife unter ganz besonders schwerem Druck fieht, weift am Sticleg. dem 15. Januar, die phantastische Zahl von 600 963 Arbeitsuchenden auf. Von der erwerbstätigen Bevölkerung Berlins ist olja jeder Dritte arbeitslos.

Nach dem Bericht bes Bandesarbeitsamtes Brandenburg ( Berlin , Brandenburg , Grenzmark) stieg die Zahl der Arbeitsuchenden vom 1. bis 15. Jamuar um 47 969 auf ins­gesamt 852 416 Personen. Hiervon entfallen auf die Provinz Brandenburg 232 402 und auf die Grenzmart 19 051 Arbeitslose. Bon den Berliner Erwerbslojen befanden sich nur noch 137 645 in der Arbeitslosenversicherung als Hauptunterstügungsempfänger, 148 131 maren Krisenunterstützte, während 209 030 Personen auf die städtische Wohlfahrt angewiesen waren. In diesen erschütternden Zahlen zeigt sich die überwiegend langfristige Erwerbslosigkeit in der Berliner Arbeiterschaft.

Die allzu höflichen Herren. ABRUSTUNG SCHULDENREGELUNG

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MACDONALD

GRAND

HOOVER

LAVAL

BRUNING

Jeder möchte den andern vorangehen laffen, und deshalb tommen Abrüstung und Schuldenregelung nicht weiter!