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Nr. 37 49. Jahrgang

2. Beilage des Vorwärts

Sonnabend, 23 Januar 1952

Neuer Zusammenbruch.6Millionen Arbeitslose nicht genug?

Hannoversches

Die Hannoversche Metallindustrie steht seit einigen Monaten unter einem ganz besonders bösen Stern. So hat die Hannoversche Waggonfabrit( Hawa) nicht nur ihren Betrieb ftillgelegt, sondern ist zugleich zur Auflösung des Unter­nehmens geschitten, ferner hat das größte metallverarbeitende Unternehmen am Platze, die Hannoversche Maschinen­fabrik A.-G.( Hanomag ) ihre Zahlungen einstellen müssen, und jeht sieht sich das große Zentralheizungs- und Maschinenunternehmen Gebrüder Körting 2.-G. gleichfalls gezwungen, seine Zah­lungen einzustellen. Diese drei zusammengebrochenen Großbetriebe in Hannover beschäftigten noch 1929, dem ersten Jahre absteigender Konjunktur, zufammen fast 10 000 Arbeiter und Angestellte. Dementsprechend ist die Arbeitsmarktlage für die Hannoverschen Metallarbeiter zur Zeit einfach tatastrophal.

Dieser neue Großzusammenbruch zeigt, in welchem verheerenden Umfang fich die falsche Reichsfinanzpolitit gegenüber dem Baumarkt jetzt auch auf die soliden Unternehmen der Liefer­industrien auswirkt. Die Gesellschaft, die ein Kapital von 7,9 Mile lionen Mark hat, mußte zwar schon für das Geschäftsjahr 1930 einen Verlust von 400 000 Mart ausweisen, jedoch arbeitete das Inter­nehmen in den vorhergehenden Jahren durchaus rentabel.

Die Verwaltung hat ihre Gläubiger ersucht, ihre Zustimmung zur Einleitung eines Vergleichsverfahrens zu erteilen. Als die Ur­fachen der Zahlungseinstellung werden neben dem völligen Danieder­liegen des Baugeschäftes noch starte Ausfälle und Verluste im süd­amerikanischen Geschäft angegeben, wohin die Gebr. Körting A.-G. von jeher einen großen Export unterhielt. Infolge der Währungszerrüttung und Zahlungssperre war es unmöglich, Forderungen in diesen Staaten einzutreiben.

Die Irrwege der Handelspolitik- Abschaffung der Arbeit?

und

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Die neue Notverordnung, die der Reichsregierung eine Generalermächtigung zur Erhebung von Baluta ausgleichszöllen zur Einführung Kampfzöllen gibt, und die im Anschluß daran vorgenommene starke Erhöhung der Butterzölle eröffnet schlimmste Möglichkeiten. Schon wollen Schiele und der Landbund den Handelskrieg auf allen Gebieten. Schon will auch die Eisenindustrie Antidumpingzölle als neues Instrument zur Ausbeutung des Inlandes. Man muß sich darüber flar werden,

was für Deutschland auf dem Spiel steht, wenn durch rücksichtslose zollpolitische Maßnahmen die Ausfuhr­Der einzige möglichkeiten noch weiter verschlechtert werden. Lichtblick in dem Dunkel der wirtschaftlichen Katastrophe war bisher die relativ gute Behauptung der deutschen Ausfuhr. Während die industrielle Produktion seit 1928 auf etwa die Hälfte zusammengeschrumpft ist, lag die deutsche Ausfuhr im Jahre 1931 mengenmäßig noch annähernd auf dem Niveau des Jahres 1928. Es ist zwar die etwa zehnprozentige Exportsteigerung des Jahres 1929 verlorengegangen, aber insgesamt hat sich die Ausfuhr doch im Vergleich zu anderen Industrieländern viel stärker behaupten fönnen. Die Beschäftigung für den Export hat somit im Rahmen einer gewaltig gedrosselten Gesamtproduktion noch ein viel größeres Gewicht erhalten, als ihr bereits vor Krisenausbruch zukam. Die Ausfuhrquote der industriellen Produktion, die damals mohl bei 25 bis 30 Proz. gelegen haben dürfte, hat sich inzwischen bis zum Jahre 1931 wohl auf annähernd 40 Proz. erhöht, d. h. daß im abgelaufenen Jahre 40 Proz. der noch in der Industrie be­und Angestellte, durch Exportaufträge Beschäf= tigung finden fonnten. Durch die Währungswirren und die zahl reichen neuen Einfuhrerschwerungen ist nun ohnehin die deutsche Ausfuhr stark bedroht. Bei den drakonischen Lohnfenfungs maßnahmen ist betont worden, daß diese Herabdrückung not wendig sei, um im ausländischen Wettbewerb einen Ausgleich für die Entwertung des Pfundes und anderer Währun gen zu schaffen. Wir haben diese Auffassung bekämpft, indem wir darauf hinwiesen, daß ein Wettlauf mit dem Währungsfall vergeb­lidh fei. Wenn man aber die letzte und die vorangegangenen Lohn­

fenfungen, überhaupt die gesamte Deflationspolitit, als Anpassungs maßnahmen zur Stärkung der deutschen Wettbewerbsfähigkeit und als Ausgleich für die Valutaentwertung gerechtfertigt hat, wie es von der Regierungsseite geschehen ist, so kann man einfach mit dieser Argumentation die neue, nunmehr eingeleitete Zollerhöhungswelle nicht in Einklang bringen.

Man wird vielleicht auch handelspolitische Ausgleichsmaß­nahmen erörtern müssen.

Der Weg aber, den die Reichsregierung eingeschlagen hat, führt in eine Sadgaffe hinein und muß zur schwersten Beeinträchti­gung der deutschen Ausfuhrinteressen führen. Bir müssen ohnehin bereits damit rechnen, daß wir trotz aller Lohn- und Kostensenkungen infolge der neu eingetretenen Handels­erschwerungen die Ausfuhr nicht werden voll aufrecht erhalten tönnen; nun aber droht die Gefahr, daß Gegenmaßnahmen der deutschen Kundenländer oder auch schon allein die Welle der Ver­ftimmung gegenüber Deutschland den Export noch viel stärker lähmt. Wir haben heute schon 6 Millionen Arbeitslose. Seit Anfang Dezember haben wir rund eine Million Arbeitslose mehr. Der größte Teil dieser neuen Arbeitslosigkeit tommt diesmal nicht vom Bau­markt und aus der Landwirtschaft, sondern aus den Konjunktur­industrien. In der Hoffnung auf neue Preissenkungen hat feit 1. Dezember niemand mehr etwas bestellt; alte Bestellungen wurden abgesagt. Die Nolverordnung mit ihren Cohn- und Gehaltskürzungen fam hinzu. Haben wir noch immer nicht genug Arbeitslosigkeit in Deutschland ? Die neue Handelspolifif" wirkt geradezu als eine Politik der Arbeitsabschaffung, als Politit des wirtschaftlichen Selbst­

Was wird mit dem Bierpreis? ftigten Arbeitsträfte, alſo etwa 3 bis 3% Millionen mordes.

Stehen die Brauereien unter Naturschutz?

Die offizielle Vertretung des Gastwirtsgewerbes hat gestern dem Reichskommissar für Preisüberwachung mitgeteilt, daß das Gastwirtsgewerbe von sich aus nicht in der Lage sei, zur Sentung der Ausschantpreise Vorschläge zu machen, die technisch durchführbar sind und vom Gewerbe getragen werden fönnen.

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Das Gastwirtsgewerbe ertenni zwar die Notwendigkeit einer fühlbaren Senkung des Bierpreises durchaus an, ist aber der Auf­faffung, daß ein Abbau der Brauereipreise um nur 2 Mark für das Hektoliter von 49,85 auf 47,85 Mart nicht ausreicht. Die Verhandlungen des Preiskommissars wegen der Bierpreis­sentung sind also, wie die Antwort der Gastwirte zeigt, aufs neue ins Stocken geraten. Schuldlos ist Dr. Goerdeler an dieser Ent­wicklung nicht, denn er mußte sich von vornherein sagen, daß ein Abbau des Hektoliterpreises um 2 Mart jede fühlbare Bere billigung des Volksgetränkes ausschließt. Wenn Herr Goerdeler jetzt auch für die Gastwirte eine Senkung der Ausschant preise um weitere 2 Mart verordnet, so bleibt als völlig unzuläng­liches Gesamtergebnis eine Verbilligung um 4 Pfennig für das Liter Bier. Bei der Berliner Molle von 6/20 Liter würde also die Preissenfung nur 1% Pfennig ausmachen. Allerdings müßte jetzt auch in Nordeutschland bei den Gastwirten unbedingt auf Einfüh rung der Pfennigrechnung gedrüdt werden, denn es ist ein unmöglicher Zustand, daß der Konsument für die 2- Liter- Molle 25 Pfennig bezahlt, für den Becher von 3/20 Liter aber 15 Pfennig. Aber auch der Uebergang zur Pfennigrechnung würde das Bier nur in minzigem Umfang verbilligen und es muß daher nachdrücklich gefordert werden, daß der Reichskommissar die Brauereien im Rahmen seiner Preissenfungsaktion nicht unter Naturschutz stellt, sondern sich endlich zu einer fühlbaren Verbilligung entschließt.

Wie aus München gemeldet wird, wird in Bayern vom 1. Februar an das Bier um 4 Mart je Hektoliter im Preise ge­senft, und zwar entfallen je zwei Mark der Preissenkung auf die Brauereien und den Schanfmißen. Eine Aufrundung bei der Einzel­berechnung ist verboten.

Material für den Preiskommissar.

Die Rohstofftpften in der Seifenindustrie. Die Seifenindustrie hat bei der Preissenkung verschie dentlich Winkelzüge gemacht. In den Verhandlungen, die der Reichstommiffar für Preisüberwachung mit dieser Industrie ge führt hat, hat sie zwar eine 10prozentige Senfung für die wich: tigsten Sorten gegenüber dem Stand vom 30. Juni 1931 zugestehen müssen. Die Seifenfabrikanten haben sich aber erst nach schärferem Drud hierzu bereit erflärt, und verschiedentlich ist auch der Preis­abbau noch nicht durchgeführt, so daß hier ganz deutlich wird, daß die Seifenindustrie die Verbilligung möglichst bis zum letzten Ter min, nämlich Ende Januar, hinausziehen möchte. Zugleich haben die Fabrikanten für die fünftige Preisentwicklung den Vor­

Josetti

JUNO

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Wir sehen zudem die Gefahr, daß der jetzt eingeschlagene Kurs der Zollerhöhungen und Valutaausgleichsmaßnahmen nicht allein uns die Beschäftigung mit einem Schlag weiter stark verringert, sondern außerdem durch die psychologischen Rückwirkungen Deutsch­ land noch weiter isoliert und die deutsche Stellung im inter­nationalen Wettbewerb zugunsten anderer Länder für dauernd schwer schädigen kann.

Die Regierung trägt wahrlich eine schwere Berantwortung. Wir warnen nochmals aufs dringendste vor einer Weiterverfolgung dieser verhängnisvollen Methoden.

behalt gemacht, daß sie ihre Preise an die der wichtigsten Rohstoffe| 45,6 auf 34,6 Millionen Pfund. Seit 1926, dem Jahre des großen anpassen müßten.

Nun haben aber die Rohstoffpreise der Seifenindustrie von 1929 bis 1931 einen rapiden Sturz erlebt. Etwa 50 bis 60 Proz. des Produktionsquantums entfallen auf die Rohstoffe Palmöl, Olivenöl und Tran, und der Rest auf Palmkerne und Erdnüsse. Rund 60 bis 70 Proz. des Wertes vom Endprodukt Seife machen diese genannten Dele und Fette aus. Seit 1929 aber find die Preise für Balmöt und Balmferne um 37 Proz., für Erdnüsse jogar um 46 Broz. und für Tran annähernd um 50 Pro3. gefunten. 19 a

Wenn zum Jahresende die Rohstoffpreise gegenüber dem Tief­stand vom Januar 1931 um 5 bis 10 Proz. gestiegen sind, so ist dies teine tatsächliche Preissteigerung, denn die Preise werden in englischen Pfunden notiert. Die Januarpreise 1931 find aber noch in Goldpfunden festgesetzt, die Preise zum Jahresende jedoch in Papierpfunden. Troß der nominellen Preiserhöhung um 5 bis 10 Broz. sind die tatsächlichen Preise für die deutschen Fabrikanten noch gefallen, da inzwischen eine Ent­mertung des englischen Pfundes um 25 bis 30 Proz. eingetreten ist. Wir weisen auf diese Zusammenhänge mit besonderem Nach­druck hin, weil im Dezember von der Margarineindustrie der Dreh versucht wurde, die infolge der Pfundentwertung geftie genen Pfundnotizen als effettive Preissteigerungen der Rohstoffe hinzustellen.

Enttäuschungen in England.

Pfundentwertung bringt feine Belebung des Kohlenexportes.

Die englischen Zechenbesizer haben bis zur Aufhebung des Goldstandards zu den eifrigsten Propagandisten der Pfund entwertung in England gehört. Die Spekulation dieser schwer industriellen Kreise ging dahin, daß bei sinkendem Pfund der eng lische Bergbau eine Exportprämie erhalten würde, die ihm einen gemaltigen Vorsprung vor der ausländischen Konkurrenz sichern mußte.

Wie aber die Entwicklung des englischen Kohlenerports im Jahre 1931 beweist, sind die Hoffnungen auf eine starke Export­steigerung seit der Pfundentwertung völlig fehlgeschlagen. So ist die Kohlenausfuhr von 54,8 auf 42,7 Millionen Tonnen gesunken und ihr Wert in annähernd dem gleichen Verhältnis von

Bergarbeiterstreifs, hat der Rohlenerport Englands nicht einen derartigen Tiefst and erreicht wie 1931. Am bemerkenswertesten hierbei ist, daß in den letzten dreieinhalb Monaten des vergangenen Jahres, in der Zeit des Pfundfalles, sich eine Exportbelebung nicht durchsetzen fonnte. Die Kohlenlieferungen nach Deutschland bleiben gegen 1930 um 11 Proz. und gegen 1929 fogar um 23,5 Proz. zurüd. Nur im Oktober war eine ganz vorübergehende Belebung festzustellen, die aber sehr schnell wieder einem neuen Rückschlag im November und Dezember Platz machte.

Allianz wollte Favag kaufen.

Generaldirektor Schmitt als Zeuge im Favag- Prozeß.

Frankfurt a. M., 22. Januar. ( Eigenbericht.) 3m Frankfurter Bersicherungsprozeß mar gestern ein großer Tag. Zur Diskussion stand die Frage, wie sich der Allianz- Konzern vor und nach dem Zusammenbruch der Favag zu diesem Unter­nehmen gestellt habe. Der Leiter des Allianz- Konzerns, General­direktor Schmitt, äußerte sich als Zeuge zu dieser sehr intereffanten Frage in einer mehr als einstündigen Rede.

Die Allianz hat, so führte Generaldirektor Schmitt aus, Ende 1928 den Vermittler, Herrn Frankel, zu

privaten Verhandlungen mit der Javag ermächtigt. Lange Zeit hörte die Allianz von der Sache nichts. Erst im April 1929 erschienen die Herren Loeb und Frankel bei uns mit der Mitteilung, daß Fusionsverhandlungen mit der Favag einige Aus­ficht böten. Wir standen stets auf dem Standpunkt, daß entscheidende Berhandlungen nur von Vorstand zu Vorstand geführt werden können und daß eine Revision der Favag- Geschäfte Borbedingung einer Fusion seien. Herr Frankel hat lediglich gesagt, daß die Ent­schädigung der Direktoren natürlich einige Millionen foften würde und dabei von 5 Millionen gefprochen. Direktor Heß( Allianz) Iachte hierüber und nannte Frankel einen Phantasten.

Bald darauf erschienen Frankel und Loeb erneut bei uns, dies mal in Begleitung des Bankdirektors Ladenburg . Auch bei dieser Gelegenheit verhandelte die Allianz nicht zur Sache, sondern stellte es den Herren frei, ihrerseits mit der Favag zu verhandeln. Um auf alle Fälle auch über die Provisionen Klarheit zu schaffen, machte ich das Angebot von 300 000 Mark für den Fall, daß

Berlin raucht

JUNO

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JOSETTI JUNO