Auch ein Preisabbau!
Schlafwagen billiger.- Perfonentarife unverändert.
Die Verwaltung der Deutschen Reichsbahn berhandelt zur Zeit mit der Mitrope wegen einer Berbilligung der Schlafwagenfarten. Die Schlafwagenpreise sollen in der I. und II. Klasse um etwa 20 bis 22 Proz. und in der III. Klasse um 15 Proz. gesenkt werden.
Die Berwaltung der Reichsbahn, die in der Frage der Ber billigung der Gütertarife unmittelbar nach der Veröffentlichung der Dezember Notverordnung schnelle Entschlußkraft bewiesen hat, treibt auf dem Gebiet des Publitumreiseverkehrs eine mehr als mertmürdige Politit. Daß eine Aufrechterhaltung ber gegenüber der Borfriegszeit um glatt 100 Broz. verteuer ten Fahrpreise fomohl bei der Berliner Stadtbahn mie im Fernverkehr bei der allgemeinen scharfen Lohn und Gehaltsdrosse lung unhaltbar ist, wird sich die Reichsbahnverwaltung selbst jagen. Zu einer wirksamen Verbilligung des Publikumwerkehrs, von dem sie letzten Endes in den Reisezeiten mie sich dies zu Weih nachten deutlich gezeigt hat- am stärtsten profitieren würde, tann fie fich aber nicht entschließen.
Die Preissenkung, die jetzt auf einem für den Massenverkehr völlig nebenfächlichen Gebiete, dem Schlafwagenverkehr, vorgenom men wird, muß bei Aufrechterhaltung der überteuerten Bersonentarife fast wie ein Sohn wirken. Mit schärferem Nachdruck denn je muß in der Deffentlichkeit die Forderung erhoben werden, daß die Personentarife der Reichsbahn den heutigen gegenwärtigen Berhältniffen angepaßt werden.
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Auf der Tagung des Berwaltungsrates der Reichsbahn am Montag wurde mitgeteilt, daß die Einnahmen im Jahre 1931 mit 3842 Mill. M. gegenüber 1930 um 15,9 Proz. gefunten sind. Der Rüdgang gegen 1929 beträgt mehr als 28 Proz. Die Einnahmeentwicklung in den ersten Wochen dieses Jahres zeigt einen über das erwartete Maß hinausgehenden Abfall- Zum Präsidenten des Verwaltungsrates wurde einstimmig C. F. von Siemens wiedergewählt.
Reichspost flieht in die Oeffentlichkeit. Landwirtschaftliche Unfallversicherung will nicht zahlen.
BIB. verbreitet folgende bezeichnende Meldung:„ Die Notverordnung vom 8. Dezember 1931 hat in der landwirtschaftlichen Unfallversicherung den Rentenaufwand von 57 Millionen Mart um 12 Millionen Mart für das Jahr gemindert. Diese Ent. I astung rechtfertigt die Erwartung, daß nunmehr alle landwirt schaftlichen Berufsgenossenschaften der Reichspoft, welche die Renten auszahlt, rechtzeitig die notwendigen Borschüsse überweisen. Erfüllt sich die Erwartung nicht, so wird der Gefeßgeber gezwungen sein, die Auszahlung der Renten den fäumigen landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaften selbst zu überlassen. Bei vielen landwirtschaftlichen Berufsgenossen Ichaften bilben die landwirtschaftlichen Arbeiter nur einen Pleinen Bruchteil der Bersicherten. Die Mehrzahl der Versicherten und der Rentenempfänger besteht aus Unternehmern und ihren Angehörigen
Ob die landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaften jetzt zahlen werden, bleibt abzuwarten. Das Zahlen haben die Herrschaften immer gern anderen überlassen.
Das Leben des alten Kampen . Der älteste Gozialist Deutschlands gestorben.
Nürnberg , 26. Januar.( Eigenbericht.) In Nürnberg iff dieser Tage der Schloffermeister Gottfried Bernhardt, 84 Jahre alt, gestorben. Mit Gofffried Bernhardt ist zweifellos das älteste organisierte Parteimitglied aus der Sozialdemokratie geschieden. Bernhardt gehörte mit August Bebel , Wilhelm Liebfnecht, Robert Schmeichel zu den Gründern der Sozialdemokratischen Ar beiterpartei, die im Jahre 1859 in Nürnberg ins Leben gerufen murde. Die Mitgliedstarte von Bernhardt ist heute noch vorhanden
und lautet:
Mitgliedskarte der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei für Herrn Bernhardt, Nürnberg , eingetreten am 1. Januar 1870." Mit Karl Grillenberger eng befreundet, hat Bernhardt alle Schlachten des Proletariats aktiv mitgemacht. Bei jeder Wahlbewegung, jeder öffentlichen Kundgebung, jeder Hausagitation war er dabei und während des Sozialistengesetzes war er einer der eifrigsten. Ihm ist es zu banten, daß die Fahne der Sozialdemokratie 12 Jahre lang vor den Häschern des Sozialistengeseges von 1878 bis 1890 verborgen blieb. Zahlreiche Haussuchungen nach dieser ältesten Barteifahne maren vergeblich. Bernhardt mußte immer wieder der Polizei ein Schnippchen zu schlagen. Noch bis vor zwei Jahren beteiligte er sich an den Beranstaltungen der Sozialdemokratie. Jest hat ein Lungenleiben dieses madere Herz zum Erliegen gebracht. Nicht nur die fränkische Arbeiterschaft, sondern auch die Gesamtpartei, verliert in Bernhardt einen Mann, von dem die Jüngeren viel lernen fönnen. Er war im mahrsten Sinne des Wortes ein Sohn des Boltes und ein Solbat ber Revolution.
Wohlfahrtslasten und Landkreise.
Reich und Staat sollen helfen.
Der Borstand des preußischen Landfreistages be. schäftigte sich von neuem mit der Frage der Wohlfahrtslasten Er begrüßt den Borstoß des Reichsrats, der die Reichsregierung veranlassen soll, den Bezirksfürsorgeverbänden erhöhte Zuwendungen zu gewähren, ba auf die Dauer nicht zu verantworten jet, daß sich der Staat jeber Beteiligung an der Rostenlast entziehe. Preußen müsse einem Beschluß des Landtages entsprechend ausreichende Mittel zur Verfügung stellen. Welches Ausmaß die Be. Taftung angenommen habe, gehe daraus hervor, daß die Zahl der Wohlfahrtserwerbslosen in den ländlichen Bezirksfürsorgeverbänden
A
Die Deckung.
,, Straffreiheit wird gewährt für alle Handlungen aus politischen Beweggründen."
( Kommunistischer Antrag im Preußischen Landtag.)
Der Raubzug greift immer weiter.
Tokio , 26. Januar. ( Reuter.) Kapitulationen des Rates vor den japanischen Militaristen im Mandschureitonflitt einen schweren Prestigeverlust für den Völkerbund und für seine verantwortlichen Leiter dar Wenn Drummond aus dieser Sachlage die Konsequenzen ziehen und seinem Rücktritt den Charakter eines demonstrativen Protestes verleihen würde, so wäre das nur durchaus ehrenvoll für ihn. Eine solche Geste würde bei ihm um so verständlicher sein, als er aus dem englischen diplomatischen Dienst hervorgegangen ist und als es nicht gulegt Englands Haltung im Rat war, die den bisherigen betrüblichen Berlauf der Dinge beſtimmte.
Der Kommandant des japanischen Bahnschutzes der pitchinesischen Eisenbahn. Zingschao, ließ seine Truppen in das Chinesenviertel von Charbin eindringen, wobei 30 chinesische Polizisten und 20 Zivilpersonen getötet worden sein sollen. Außerdem sollen die Truppen den ganzen Stadtteil geplündert haben. Das Vorgehen Tingschaos entspringt anscheinend der Verärgerung dar. über, daß sich die örtlichen chinesischen Truppenbefehlshaber über seinen Kopf hinweg mit dem Gouverneur der Proving Kirin verständigt haben, um diesem den Distrikt Charbin zu unterstellen. Tingschan hat seine Truppen aus Charbin zurückgezogen, man befürchtet aber einen neuen Heberfall.
Charbin liegt dicht an der Grenze der Somjetunion. Man nennt es wegen der sehr zahlreichen russischen Emigran tenkolonie die letzte altrussische Stadt und das Leben dieser ehemals Prominenten entspricht diesem Namen. Bon Charbin gehen auch die weißgardistischen Bettelungen gegen die Sowjetunion und die gelegentlichen Bandenzüge über die Grenze aus. In Charbin leben auch viele Sowjeteisenbahner, ba es ber Endpunkt der russischen Bahn ist. Jedenfalls tann man nicht bestreiten, daß Sowjetrußland start daran inter, essiert ist, daß Charbin nicht zum Stügpunft der japanischen Kriegsmacht wird, zumal der russische Vorschlag eines Rich te angriffspattes in Tofio schon eisfalt aufgenommen worden ist. Es wird denn auch bereits starte Moskauer Beunruhigung über die japanische Unruhenmache in Charbin gemeldet und das Regierungsblatt 3swestja" hat schon dieser Tage wieder einmal warnenden Zuspruch an Japan gerichtet, das aber wenig darauf zu geben scheint.
Kriegsschiffe nach Schanghai abgegangen.
Iotio, 26. Januar. Mehrere Kriegsschiffe haben den Befehl erhalten, fich nach China zu begeben. Man vermutet, daß ihr Bestimmungsort Shanghai ist.
Die Regierung beschloß am Montag weitere Truppen: fenbungen in die Mandschuret. Dem Kriegsminister wurde zugleich ein Vertrauensvotum ausgestellt.
Amerikanische Protestnote an Japan .
Washington , 26. Januar. Wegen der Besetzung Schanghais bereitet die Regierung der Bereinigten Staaten eine Protestnote an Japan vor.
Drummonds Rüdtrittsoefuch.
Der Bölterbundsrat hat sich in seiner ersten Geheimfigung am Montag mit einem überraschenden Rüdirittsgesuch feines Generalsekretärs Sir Eric Drummond befaßt, der zum Jahresende den Bosten nerlassen will, den er seit Gründung des Bölfer. bundes betleidet. Es heißt, daß der Rat sich bemüht hat, Drummond zu bewegen, seinen Entschluß rückgängig zu machen, anscheinend nicht ohne Erfolg. Jedenfalls gilt das Gesuch als nicht mehr endgültig.
Ueber die Bemeggründe Drummonds schweben allerhand Ge rüchte, insbesondere wird behauptet. daß seine Amismüdigkeit auf bas beschämende Bewußtsein zurückzuführen sei, daß der Bölterbund in einer entscheidenden Frage versagt habe, bei der es galt, seine Notwendigkeit zu beweisen: tatsächlich stellen die fortgesetzten
Aber gleichpiel, ob diese Kombinationen und Gerüchte über Drummonds Rücktrittsgesuch zutreffen oder nicht, das Versagen des Böllerbundes in dem fernöstlichen Konflikt stellt für die Zukunft der Genfer Institution eine ungeheure Gefahr bar. Nicht allein, daß die Bölker, ohne deren Vertrauen der Bölferbund nicht lebensfähig ist, aus seiner Bassivität die entsprechenden Schlußfolgerungen ziehen, darüber hinaus wirkt sich dieses Versagen afs ein Argument für die Militaristen gegen die Abrüstung aus. Schon aus diesem Grunde sollte die Reims regierung, bie aus anderen begreiflichen Motinen eine India tine im chinesisch- japanischen Streit bisher vermied, sich die Frage ernstlich vorlegen, ob nicht diese Tattit den deutschen Intereffen auf der bevorstehenden Abrüstungskonferenz zuwiderläuft.
Putschbefürchtung im Memelland .
Drohender Gewaltstreich Litauens .
Memel , 26. Januar. Die langen Besprechungen des titauischen Gouverneurs Mer. fys mit der Regierung in Romno haben die Befürchtung verstärkt, bas Litauen nach der jegigen Bölterbundstagung Durch einen Gewaltstreich die Memeler Selbstverwaltung beseitigen und die Deutschen vertreiben wolle. Da die Memeler Landes
regierung mit den schwachen Polizeikräften nicht in der Lage ist, einen ernsthaften litauischen Angriff, ber nach dem Borbild des 2itauer Einfalls vom Januar 1923, zweifellos unter Hinzuziehung getarnter Militärformationen erfolgen mirb, abzumehren, so fordert das Memelgebiet, daß sich ber Bölfer bundsrat in feiner jezigen Tagung sofort mit der Gefahr im Memelgebiet befaßt, und die litauische Regierung unter An. brohung von 3mangsmaßnahmen zur ftriften Einhaltung des Memelabkommens auffordert. Auch die Reichsregierung mird das ihre tun missen, um die litauische Regierung von ihrem Memelabenteuer abzuhalten.
Mehrere deutsche Landtagsabgeordnete des Memelgebiets merden jegt des Hochverrats befchuldigt, weil sie mit deut schen Regierungsstellen verhandelt haben sollen. Der Landtagspräsident Böttcher hat eine Reise in Familienfachen nach Berlin benügen wollen, um in Bertretung ber memelländischen Molte. reien im Reichswirtschaftsministerium vorzusprechen! Und der Abg. Balthrojenius( Landm.) hat vom deutschen Generaltonful einen Empfehlungsbrief an die deutschen Baß- und Spllbehörden erhalten, was bei Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens für nicht ganz freundliche Grenzstellen gang und gäbe ist!
Beleidigung Deutschösterreichs.
3n der Zeitschrift v. Gontards. Sonnabend wird vor dem Amtsgericht Berlin- Mitte eine Beleidigungsflage
des Reiches am 31. Dezember 1931 auf 582 000( gegenüber dem U- Bootfatastrophe in England flage verhandelt, bie der Schriftfeller Dr. Beb
Bormonat um 16 Broz.) gestiegen sei. Allein der Monat Dezember brachte eine Bermehrung um 80 000. Die prozentuale Steigerung betrug im November 1931 in den ländlichen Bezirken 14 Proz. gegenüber. 7 Broz. in den Stadttreifen.
Eingehend besprochen wurde bas türzlich veröffentlichte Gut achten von Prof. Popig. Die besonders die Landkreise berührenden Borschläge auf dem Gebiete der Berwaltungsreform und des Finanzwefens follen in meiteren Sigungen der zuständigen Organe geprüft und dann zum Thema der nächsten Hauptver fammlung gemacht werden.
Das deutsch - polaliche Ablommen über Sozialversicherungen som 21. Jumi 1931 hat der Sejm in zweiter und dritter Lesung
angenommen.
68 Mann Besagung verloren?
2ondon, 26. Januar. Wie die Admiralität mitteilt, ist ein Unterseeboot heute vormittag um 10.30 Uhr vor Vortland unter getaucht und seitdem verschollen.
Verschiedene andere Unterseeboote und die gesamte Minensuchflottille befindet sich an der Unglücksstelle.
Das Boot, das 1450 Tonnen groß ist, ist 1920 vom Stapel gelaufen und ein Schwesterschiff des Bootes, das 1925 im Aermelkanal unterging, wobei 68 Mann den Tod fanden. Man nimmt an, daß auf dem vermisten Boot etwa eine ebenso starke Bejagung an Bord ist.
mertny gegen Dr. Mischler als verantwortlichen Rebatteur der Monatsschrift Defterreich- Deutschland" wegen eines Artikels an gestrengt hat, der von dem Pressechef der österreichischen Gesandtschaft Seftionsrat Dr. Wasserbad stammt. Dr. Beßmertny hatte in der Neuen Revue" des Herrn von Gontard einen Schmähartikel gegen Desterreich geschrieben. Dr. Wafferbäck wider legte in feinem Gegenartikel diese Behauptungen und polemisterte gegen den Autor in scharfer Form. Dr. Wasserbäck hat mit Genehmigung der Bundesregierung in Wien auf feine Erterritorialität verzichtet und wird als Zeuge aussagen. Als weitere Zeugen find von Dr. Mischler der Schriftsteller Anton Kuh und Herr von Gontard namhaft gemacht worden. Den Beklagten verteidigt der Anwalt der österreichischen Gesandtschaft Professor Dr. Schachian