Nr. 45 49. Jahrgang
1. Beilage des Vorwärts
Nazi- Engel verleumdet.
In der Stadtverordnetenversammlung Dom 19. November 1931 hat der nationalsozialistische Stadtverordnete Engel folgende Ausführungen gemacht: Bielleicht nimmt der Herr Oberbürgermeister mal Gelegenheit und kümmert sich darum, wie weit bei Straßen- und Brüdenbauten und auch bei sonstigen Bauangelegenheiten Provisionsgeschäfte getätigt werden; denn es ist mal heute schon so der Eindruck, daß die Dezernenten oder die Makler, sei es auf diesem oder jenem Gebiete, sobald größere Bauten vergeben wurden, erst mal nachfragten:„ Na, wieviel Prozent Provision gibt es denn dafür?" Hierauf hat in derselben Sigung der Berliner Oberbürgermeister Dr. Sahm wie folgt erwidert:
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Herr Stadtverordneter Engel hat soeben gegen Dezernenten des Magistrats den Vorwurf der Bestech ung erhoben. Er hat erklärt, daß vor der Vergebung von Aufträgen regelmäßig die Dezernenten fragten, wieviel Provision sie verdienten. Ich habe hier erklärt, daß ich die Verwaltung rein führen werde. Ich muß mich auch schüßend vor die Beamten der Stadt stellen. Ich verlange von Herrn Stadtverordneten Engel, daß er entweder hier in öffentlicher Sizung Namen dafür nennt oder daß er mir binnen einer Woche schriftlich mitteilt, welche Fälle der Bestechung vorgekommen sind, damit ich in der Lage bin, solche
Fälle zu untersuchen."
Die an der Erledigung dieser Angelegenheit interessierte Stadtverordnetenversammlung und Deffentlichkeit hat bisher nicht er= fahren, ob und in welcher Art der nationalsozialistische Stadtver= ordnete Engel die Forderungen des Oberbürgermeisters erfüllt hat. Aus einem Briefwechsel, den wegen der Eigenart der Erledigung dieser Angelegenheit der Vorsitzende der sozialdemokratischen Berliner Stadtverordnetenfraktion mit dem Berliner Oberbürgermeister geführt hat, geht hervor, daß der nationalsozialistische Stadtverordnete Engel dem Oberbürgermeister gegenüber sich be= reit erklärt haben soll, in einer öffentlichen Sigung der Stadtverordnetenversammlung eine erneute Erklärung abzugeben. Anscheinend dürfte es sich um eine Erklärung handeln, die einen Nuzug dieses Nationalsozialisten darstellt.
In feiner der auf die Sihung vom 19. November folgenden Stadtverordnetenversammlung ist aber bis jetzt diese wohl zwischen dem Oberbürgermeister und dem Stadtverordneten Engel vereinbarte Erklärung abgegeben worden. Bielleicht erfolgt eine Klarstellung in der heute stattfindenden Stadtrerordnetenversammlung. Das Verfahren, welches in diesem Falle mit Billigung des Berliner Oberbürgermeisters eingeschlagen worden ist, muß höchstes Befremden erregen. Wenn man auch gerade in der gegenwärtigen Zeit gewiß davon absehen kann, eine vielleicht in der Erregung getane Aeußerung besonders scharf zu beurteilen, so erscheint es dennoch völlig unverständlich, daß der Berliner Oberbürgermeister, der immer mit besonderer Schärfe betont hat, er malle für die Reinheit der Berliner Berwaltung eintreten, fich auf eigenartige Verhandlungen mit einem nationalsozialistischen Stadtverordneten einläßt, der der städtischen Berwaltung und städtischen Beamten in einer anscheinend Dorbereiteten Rede Korruption vorwirft, ein Verbrechen, das nach dem Strafgesetzbuch mit Zuchthaus bestraft werden tann. Es ist auch unerträglich, daß in einem solchen Falle feine Klarstellung während eines Zeitraumes von zehn Wochen erfolgt und daß der Berliner Oberbürgermeister, der bei wesentlich bedeutungsloseren Anlässen das Berliner Nachrichtenamt in Anspruch nimmt, in der ganzen Zeit keine öffentlichen Feststellungen getroffen hat, die zu diesem Falle Stellung nahmen und Aufklärung brachten. Dies alles ist auch in dem zwischen dem Oberbürger= meister und dem Vorsitzenden der sozialdemokratischen Stadtverordnetenfraktion geführten Briefwechsel zum Ausdruck gebracht worden. Es ist dabei darauf verwiesen worden, daß es unter feinem der oftmals so scharf fritisierten Vorgänger des jezigen Berliner Oberbürgermeisters vorgekommen ist, auch
Lenner Adria
19]
über der
Nach einem Tagebuchroman von Karl Hans Schober
erzählt von Erich Knauf Die Mannschaften beherrschen die Schiffe. Es wird getanzt und Musit gespielt, und die Offiziere fügen sich in das Unvermeidliche.
Das im Hauptfriegshafen stationierte U- Boot- Kommando fährt aus dem Hafen und versenkt die Unterseeboote. Die Besazungen werden von Dampfbooten aufgenommen.
Bei der Verteilung der Monturen und Vorräte sorgt der Kommiffär dafür, daß nicht alle Matrosen bedacht werden fönnen. Das gibt natürlich Klamaut, und bald ist eine Schlägerei im Gange. Die Offiziere stehen grinsend, babei: ,, Wie eine wilde Horde!"
Tolstoi rettet wieder einmal die Situation: ,, Sie wollen Berwirrung in eure Reihen tragen. Die Berteilung mird noch einmal vorgenommen!" Das geschieht, und dann mendet er sich an die Offiziere: ,, Diesmal habt ihr euch in die Finger geschnitten!"
Einmal müssen wir auch in die Stadt. Es soll irgendwo Unruhe geben, bei der Offiziere ihre Hand im Spiele haben. Achtundzwanzig Mann von uns gehen scharf bewaffnet durch die Stadt, ohne etwas zu finden. Einer fommt auf die Idee: Aha, vielleicht in den ,, Drei Grazien"! Und richtig, dort fin den wir die Kerle. Frühere höhere Stabsoffiziere, die noch nicht degradiert sind. Sie liegen fast nadt und befoffen unter den Tischen.
bei Beleidigungen geringerer Art die Dauer von acht bis vierzehn Lagen zu überschreiten, ohne daß die behaupteten Dinge eindeutig flargestellt oder weitere Schritte unternommen worden waren. Der Berliner Oberbürgermeister, der in der Stadtverordnetenfizung vom 19. November 1931 ausdrücklich hervorhob, daß er als verantwortlicher Chef der Verwaltung sich vor seine Beamten stellen müsse, hat doch schließlich die Verpflichtung, dies in einer Weise zu tun, die den Interessen der Stadt und der angegriffenen Beamten völlig gerecht wird. Wer als Leiter einer großen Verwaltung zehn Wochen verstreichen läßt, ehe er es zu einer einwandfreien öffentlichen Klarstellung einer solchen Angelegenheit kommen läßt, setzt sich eigentlich äußerlich in Gegensatz zu seinen eigenen pro= grammatischen" Erklärungen, daß er die Verwaltung in völliger Reinheit" führen wolle. Die Reinheit der städtischen Verwaltung ist seit zehn Wochen bezweifelt!!
Die Unantastbarkeit des angegriffenen Teils der städtischen Berwaltung wäre in diesem Falle gewiß sehr schnell festzustellen gewefen.
Der Berliner Oberbürgermeister ,, verhandelt und läßt es zu, daß eine Rückzugserklärung vielleicht in einer Debatte untergeht, die auch nicht im entferntesten mit dem Gegenstand zusammenhängt, bei deffen Behandlung die Beschimpfungen erfolgten.
Da in solchen Angelegenheiten nach den jetzt geltenden Bestimmungen öffentliche Anfragen in der Stadtverordnetenversammlung nicht mehr erfolgen können, seien hierdurch an den in dieser Sache so tonzilianten Berliner Oberbürgermeister folgende Fragen gestellt:
1. Sieht der Berliner Oberbürgermeister das bisher festzu
stellende Berfahren als einen völligen und wirksamen Schutz für beleidigte städtische Beamte an?
2. Ist der Oberbürgermeister nicht vielleicht der Auffassung, daß im vorliegenden Fall die Energie seiner Worte nicht mit der Energie feiner Taten übereinstimmt?
3. Ist der Berliner Oberbürgermeister geneigt, das gleiche Berfahren in ähnlichen Fällen nochmals durchzuführen und glaubt er, daß ein solches Berfahren seinem Bestreben, die Reinheit der Berwaltung zu erhalten", wirklich gerecht wird?
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Donnerstag, 28. Januar 1932
Am Spätnachmittag gab die englische Admiralität folgende Mitteilung heraus:„ Von dem Unterseeboot M II" ist bisher noch keinerlei Nachricht eingegangen. Es wird daher die größte Befür ch= tung für die Sicherheit der an Bord befindlichen Mannschaft gehegt."
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Sämtliche Frauen der im Unterseeboot befindlichen Offiziere und Mannschaften erhielten ein Telegramm von dem Kapitän des Kreuzers Delphin", der die Nachforschungen nach dem verschwundenen Unterseeboot leitet. Das Telegramm hat folgenden Wortlaut: ,, Bedaure, Ihnen mitteilen zu müssen, daß Ihr Gatte vermißt wird. Wir befürchten, daß er mit dem auf der Höhe von Portsland untergegangenen Unterseeboot M 2 untergegangen und ertrunken ist.“ Es fonnte einwandfrei festgestellt werden, daß der am Mittmoch früh auf dem Meeresgrunde gefundene metallische Körper nicht das vermißte Unterseeboot ist. Man vermutet, Saß es sich um ein altes, aus der Kriegszeit stammendes Wrack handelt. Bis zum späten Abend war in London eine Meldung verbreitet, wonach der Kommandant des Mutterschiffes ,, Adamant" das Unterseeboot M 2 auf dem Meeresgrund festgestellt habe. Diese Meldung wurde jedoch von der Admiralität dementiert.
Brandunglück in Charlottenburg .
Das Opfer eine 88jährige Frau.
Im Hause Herbertstraße 28 in Charlottenburg ereignete fich gestern ein folgenschweres Brandunglüd, bei dem die 88 Jahre alte Frau Anna Eberts ums Leben fam.
Die Greisin wohnt bei ihrer verheirateten Tochter. Seit einigen Wochen ist die alte Frau infolge Altersschwäche bettlägerig. Als Frau E. ein neben dem Bett stehendes Licht anzünden wollte, fiel die Kerze um und setzte das Oberbettin Brand. Durch Klopfzeichen alarmierte die bedauernswerte Greisin ihre im Nebenzimmer weilende Tochter. Der Frau gelang es, die Flammen zu ersticken, doch hatte ihre greise Mutter bereits so schmere Brandperlegungen erlitten, daß sie furz nach ihrer Aufnahme im Wilmers dorfer Hildegardtrantenhaus ihren Berlegungen erlag.
STRIBALATE
Dicht neben der Hochschule für bildende Kunst in der Hardenbergstraße soll sich das neue Kunstausstellungsgebäude erheben, das dringend notwendig ist, leider aber bisher nicht gebaut werden konnte. Jetzt wird die Berliner Künstlerschaft es sich selbst errichten. In Zusammenarbeit mit Hermann Sandkuhl hat der Architekt W. Büning ein sehr schlichtes, nur auf den Zweck gerichtetes, fensterreiches einstöckiges Gebäude entworfen, das Raum für 1200 Ausstellungswerke, für Büros, Lagerräume und eine Caféwirtschaft enthält, allen Anforderungen an ein Kunstgebäude nach jeder Richtung entspricht und höchstens 170 000 Mark kosten wird. Die klare Sachlichkeit in seiner Erscheinung wird neben der wilden
Wie wir zum Hafen zurückkommen, heißt es Laufschritt, denn die hungrige Bevölkerung will dort gerade einige Waggons mit Proviant plündern. Es sind in der Hauptsache Frauen und Kinder. Und die drei Kommißpolizisten, die sich mit dem Gewehrkolben heldenhaft gebärden, haben leichtes Spiel.
Die Leute bemerken uns, Frauen schreien uns wie Erlösern zu, und dann werden die Kommißpolizisten entwaffnet und verprügelt.
An Bord geht alles den gewohnten Gang. Offiziere in Legionärsuniform kommen und stellen sich als die Vertreter der neuen Regierung vor, und morgen sollen wir heimfahren. Wir haben an dem ganzen Kram fein Interesse mehr. Die Uebergabe erfolgt. Zum leztenmal wird angetreten und eine Ansprache gehalten. Wie Gilbert, der Redner, seinen Blak perläßt, heißt es plöglich, der Italiener habe für die tommende Nacht seinen Besuch angesagt, um einen Teil der Flotte zu schnappen.
Was! Sollen wir noch in Kriegsgefangenschaft geraten? Das ganze Schiff ist voll Tumult. Den ganzen Dred soll der Teufel holen!
Die Nacht kommt, und der Mond schaut bleich auf sein Bild im Wasser. Ich versehe meinen Dienst im Turbinenraum. Plötzlich fliegt die Tür auf, und ein wahnsinnig aufgeriffener Mund schreit mich an: Schiff verlassen! Minen sind gelegt!"
PP
Ich stürze hinaus, und überall schreit es: Minen! Minen!" Alles rennt auf Dec, viele sind nur halb bekleidet. Tolstoi ruft: Bootstrane flar! Schiff absuchen!" Aber es find teine Minen zu finden. Einige rennen schon mit dem Rettungsboot heran. Ich friege dabei einen Stoß und stürze ins Wasser. Pfui Teufel, schmeckt die Brühe schlecht! Ein Boot fischt mich auf und ich lande wieder an Bord.
Bas geht eigentlich vor? Ein Motorboot Doll Tumult hält am Achterfallreep unseres Schiffes, zwei Männer werden von unseren Leuten hochgebracht, und wie sie das Deck betreten, sind sie umzingelt, Messer raus, und ihre Taucheranzüge sind zerschnitten. Einer von ihnen hebt die Hand und spricht heiser: Weg vom Schiff! Es fliegt in die Luft!" Ich pace ihn an der Brust: Was seid ihr für Kerle!"
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Agilomi
Das Projekt für die Hardenbergstraße Architekturunruhe der Hochschule für bildende Kunst einen wohltuenden Kontrast bilden und dem Stadtbild am Steinplatz zur Zierde gereichen.
Italienische Offiziere sind es, so stellt es sich heraus. Sie sind schon lange unterwegs, wissen nichts vom Waffenstillstand und haben Zeitminen in den untersten Schiffsschotten auf Achter eingeschmuggelt.
Und der eine grinst frech: ,, In einigen Minuten geht die Kiste hoch."
Im felben Augenblic balancieren über hundert Matrosen auf der Backspiere. Sie biegt sich und gibt nach, dann bricht fie, fliegt ins Meer und erschlägt die Matrosen, die unter fie geraten sind. Alles rennt durcheinander. In dem Tumult verschwinden die zwei Italiener. Ich stürme auf die Notleiter abwärts und alarmiere die Kameraden, die noch unter Deck find.
Loser muß wahnsinnig geworden sein. Troßdem ich ihn mit beiden Fäusten packe und ihm zuschreie, daß das Schiff hochfliegt, reißt er sich los und rennt zurück: Der Dienst! Der Dienst!"
Plötzlich wirst eine gewaltige Erschütterung das Schiff in die Höhe, und eine hohe Waffermand stürzt auf das Dec. ich wirft es in eine Ede, und dann spüre ich, mie das Schiff unter der Wucht des eindringenden Wassers sich zur Seite neigt.
Auf Mittschiff raufen sich die Matrosen um die Rettungsgürtel, um Bretter und Rettungsflöße. Am Geschützturm niet einer, hält ein hölzernes Kreuz in der Hand und betet. Ich springe hin, pade ihn am Kragen und ziehe ihn über Bord. Da wird er lebendig und verläßt sich auf seine eigene Kraft.
Die Verwirrung wird immer gräßlicher. Jeder denkt nur an sich selbst, und der Stärfere schlägt den Schwächeren nieder. Offiziere und Mannschaften prügeln sich um einen Blazz in den Rettungsbooten. Mit Mühe überwinde ich das Zittern, das mich befallen hat, und stürze mich ins Wasser. Nur fort, damit der Strudel uns nicht in die Tiefe reißt. Ununterbrochen saufe ich Wasser. Einer hängt sich an meine Füße. Berflucht! Es ist der Lange Docht"! Ich schüttle ihn ab, er packt mit der Verzweiflung des Ertrinkenden wieder zu. ,, Nicht anhängen!"
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Er stöhnt: Ich schwöre vor Gotf
- dem Allmache ( Schluß folgt.)