Verbotseuche in Klaggesian.
Reichsgericht! Kvgenberg freigesprochen.- Er darf ungestrast den Vor- warf der Wohlfälschnng erheben. Vor dem 2. Strafsenat des Reichsgerichts wurde am Sonnabend die Revision chugenbergs in seinem bekannten Beleidigungsprozeß verhandelt. Hugenberg hatte am 31. Ok- tober 1929 einen Artikel veröffentlicht, der zum Volksbegehren gegen den Zoung-Plan bemerkte:„Einerlei, was die Organe des Reichsinnenmini st eriums beim Volksbegehren herausrechnen", und„h o f f e n t- lich wird inzwischen nicht allzusehr re» t u s ch i e r t." Wegen dieser offenkundigen Verdächtigung der Wahlfälschung gegen das Innenministerium war chugenberg zu SO» M. Geldstrafe verurteilt worden. Zur Verhandlung waren zahlreiche Teilnehmer eines studentischen Kollegs erschienen. Vor dieser Zuhörer- schaft hielt der Vertreter der Reichsanwaltschaft G u t j a h r zunächst eine politische Rede im Sinne deutsch - nationaler Agitation, wobei er behauptete, die Zeit habe er- wiesen, daß Hugenberg damals politisch recht gehabt habe. Zur Anklage behauptete er, daß dem Urteil der Vorinstanz ein Denkfehler zugrunde liege: denn die Annahme, daß alle Beamte fähig sein würden, das Wahlergebnis zu fälschen, be- ruhe auf einer gegen das Denkgesetz verstoßenden Auslegung. Das Gericht sprach Hugenberg frei mit folgender Be- gründung: „Allgemeine Erfahrungssätze und Auslcgungsregeln gehören zu dem der Nachforschung durch die Revisionsinstanz unterliegenden Gebiet. Vor allem tritt die Mißachtung allgemeiner Erfahrungsregeln darin hervor, daß da» Urtell der Vor- instanz schlechthin und ohne nähere Erklärung behaupte, die Angriffe bezögen sich auf alle an der Ermittlung des Abstimmungs- ergebnisies beteiligten Beamten. Eine derartige Auslegung ist nicht möglich. Nach richtiger Auslegung kann Hugenberg nur besonders verbitterte, also ins Unfaßbare gerückte Kreise, gemeint haben. Eine Zurückverweisung zwecks weiterer Aufklärung bedarf es nicht. Was die Frage der Anwendung des§ 193 betrifft, so ist zu bedenken, daß die Acußerung des Angeklagten nicht dem eigenen Interesse, sondern dem Interesse derÄllgemeinheit an der Ausdeckung von Unregelmäßigkeiten dienen sollten." Hugenberg hat gewußt, auf wen er gezielt hat: auf das Reichsinnenmini st erium. Das Reichsgericht meint: auf ins Unfaßbare gerückte Kreise. Hugenberg hat den Vorwurf der Wahlfälschung erhoben— das Reichsgericht meint: im Interesse der Allgemeinheit. Darf künftig sedermann nach einer Wahl den Vor- wurf erheben:„Hoffentlich wird inzwischen nicht allzu viel retuschiert", wird das Reichsgericht jedermann zubilligen, daß er damit im Interesse der Allgemeinhest handle, und dabei stillschweigend die Voraussetzung aufkommen lassen, daß in Deutschland retuschiert werde?
Oeuisch-französischer Zahleukrieg. Patriotismus und Suchführung. Der franzosische Finanzminister hat ausgerechnet, daß die Wiederaufbaukosten für die zerstörten Gebiete Frankreichs nicht weniger als 49 Milliarden Goldmark be- tragen. Die Rechnung ist ganz bestimmt falsch, aber dem guten Franzosen bürgerlicher Geistesprägung hat sie eben als richtig zu erscheinen. Umgekehrt soll jeder Deutsche die nationale Pflicht haben, sich moralisch über sie zu entrüsten. Der französischen 49-Milliarden-Rechnung ist nun eine deutsche 66-Milliarden-Rechnung entgegengestellt worden. So hoch wird der Wert der Leistungen Deutschlands aus dem Friedensvertrag berechnet. Dieser Rechnung wird hinzu- gefügt, daß in ihr verschiedene wichtige Dinge gar nicht mit angeführt sind, wie der Wert der abgetretenen Gebiete in Europa , der Kolonien usw. Sicherlich läßt sich bei einigem guten Willen der Betrog von 66 Milliarden noch bedeutend steigern. Aber auch die französische Wiederausbaurechnung wird sich in ähnlicher Weise ergänzen lassen. So entsteht auf beiden Seiten immer von neuem die Frage, ob es wirklich patriotische Pflicht ist, die von der eigenen Regierung aufgestellte Rechnung als richtig und eher noch als zu bescherden, die Rechnung der anderen aber als unrichtig und übertrieben anzusehen. Rechnung und Geaenrechmrng lassen sich qar nicht mit- einander vergleichen. Denn was als deutsch « Leistungen be- zeichnet wird, ist nur zum Teil solcher Art, daß das deutsche Minus auf der anderen Seite als Plus erscheint, also etwas, was man als„Reparation" oder als„Tribut" bezeichnen kann. Zum anderen Teil handelt es sich um materielle Verluste, die der Gegenseite nicht das geringste eingebracht haben. Deutsch- land Hai nicht diese 66 Milliarden in Gold oder Waren.che- zähst", sondern es ist um diesen Betrag und vielleicht noch um einen höheren in seiner Wirtschaftskraft geschwächt worden. Würden sich beide Teile, etwa dem Vorschlag Lson Blums folgend, darauf einigen, entstandene Schäden und geleistete Schadloshastungen von einem unparteiischen Schiedsgericht abschätzen zu lassen, so könnte das nütz- lich werden. Von einer Ekstase der nationalen Rechenstifte hüben und drüben läßt sich wenig Gutes erwarten.
Vom Gierben der Vottspariei. Scharfmacherabmorfch zu Hitler . Der frühere Reichswg-abg-ordn-t« der Deutschen Volkspartei. Oberst a. D. von Gilsa, ist aus d«r Dollspartei ausgetreten. Gilsa wird sich entweder den Deutschnationalen oder den Nationalsozialisten anschließen. Es ist zu erwarten, daß sich ein großer Teil der Volksparteiler des Wahlkreisoerbandes Düsssldorf- W e st dem Vorgehen v. Gilsas anschließen wird. Insofern steht die Deutsch « Volkspartei vor einer neuen Krise. Mit dein Austritt von EUjas aus der Volkspartei wird der Auflösungsprozeß, in dem sich dieses Zwittergeblld« numnehr be- reits seit langer Zeit befindet, weiter beschleunigt. Bisher sind Herrn Dmgcldey aus dem Ruhrgebiet immerhin noch gewisse Mittel �ugcgange�, die nach der Flucht v. Gilsas völlig ausbleiben werden. Da» bedeutet für die Volkspartei, die Einnahmen von ihren Mit- gliedern überhaupt nicht aufzuweisen hat, einen besonders heftigen Schlag.
«Das Stehenbleiben ist bei uns verboten."
ff* -f'
L „Ja. da muß ich mich erst mal sammeln."—„An- sammlungea sind bei uns aufs allerstrengste verboten."
Senkung der Bierpreise. Anordnungen des Preisdiktators. Vom Reichskommissar für Preisüberwachung wird mitgeteilt.- Auf Grund der§Z 1. 3, 4 und 7 der Verordnung über die Befugnisse des Relchskommissars für Preisüberwachung vom 8. Dezember 1931 (RGBl. I S. 747) treffe ich folgende Anordnung: 1. Die nichtgebundenen Preise der Brauereien für V o l l b i e r werden mit Wirkung vom 6. Februar 1932 ab um 2 Mark für das Hektoliter gegenüber dem Stande vom 8. Dezember 1931 gesenkt. 2. Di« Ausschankpreise in Gaststätten werden gegen- über dem Stande vom 8. Dezember 1931 mit Wirkung vom 6. Fe. bruar 1932 ab mindestens wie folgt gesenkt: Soweit nach den bisherigen Ausfchankpreisen das V»« Liter für die betreffend« Maßeinheit mit höchstens 4 Pf. berechnet wurde, ist der Ausschankprei» zu senken: bei Gefäßen bi« 7 Ii» Liter Inhalt um 1 Pf„ bei Gefäßen von und Vi Liter Inhalt um 2 Pf-, bei Gefäßen von% Liter Inhalt um 3 Pf., bei Gefäßen von 1 Liter InHall um 4 Pf. b) Soweit nach den bisherigen Ausschankpressen das Vi» Liter für die betreffende Maßeinhell mll höchstens S Pf. berechnet wurde, sst der Ausfchankpreis zu senken: bei Gefäßen bi» V» Liter Inhalt um 1 Pf„ bei Gefäßen von'/-« und 7 Im Liter Inhalt um 2 Pf., bei Gefäßen von*,'ia und Vi Liter Inhalt um 3 Pf., bei Gefäßen von Liter InHall um 4 Pf., bei Gesäßen von 1 Lller Inhalt um 6 Pf. c) Soweit nach den bisherigen Ausschankpreisen da» V»» Lller für die betreffend« Maßeinheit mit mehr als s Pf. berechnet wurde, ist der Ausschankpreis zu senken: bei Gefäßen bis lit» Lller Inhalt nm 2 Pf., bei Gefäßen von'/-» und 7 Im Liter Inhalt um 3 Pf„ bei Gefäßen von'/?» und Vs Liter Inhalt um 4 Pf., bei Gefäßen von Liter Inhalt um 6 Pf., bei Gefäßen von 1 Liter Inhalt um 8 Pf- Soweit beim Inkrafttreten dieser Anordnung die Preise gegen» über dem Stand« vom 8. Dezember 1931 bereits stärker gesenkt sind, verbleibt es bei der weitergehend«» Senkung.
„Was tun Sie denn seht?"—„Ich promeniere." —„Das Auf. und Abgehen ist bei uns erst recht verboten."
„Ra, dann bestellen Sie Ihren Freunden: Ich scheide..."—„verdammt, das haben wir vergessen zu verbieten."
3. Wurden die Ausschankpreise bisher deshalb mll mehr als 4 Pf. für'/}„ Liter berechnet, weil im Ausschankpreise das Entgelt für die Borführung von musikalischen oder anderen unterhaltenden Darbietungen nichtmechanischer Art enthalten war, ohne daß hier- für ein besonderes Eintrittsgeld erhoben wurde, so richtet sich die Senkung nur nach den in Ziffer 2a angegebenen Mindestsätzen. 4. Wer Vollbier ausschenkt, ist verpflichtet, vom 6. Februar 1932 ab in seinem Geschäftslokal eine Preistafel anzubringen, auf der die am 8. Dezember 1931 güllig gewesenen und die ab 6. Februar 1932 geltenden Preise für jede in dem Ceschäftslokal ausgeschenkte Maßeinhell Vollbier ersichtlich sind. S. Diese Regelung gilt nicht für Automatenrestaurants, deren Einrichtungen auf den Einwurf von Münzen der Reichswährung abgestellt sind. Boxheimer Verleumder. Die Verdächtigungen gegen Minister£eufchn?r zerplatzt. Darmstadt . 30. Januar.(Eigenbericht.) Die hessischen Nationalsozialisten hallen nach ihrem Wahlerfolg mit Hilfe der Kommuni st en die Einsetzung eines Unter- ausschusses gegen den sozialdemokratischen Innenmini st er L« u s ch n e r und gegen Ministerialdirektor Neuroth durchgesetzt. Der Ausschuh sollte„Verfehlungen" des Ministers nachweisen, die in der Beeinflussung der Justiz und in der Unter- Haltung von„Spionen" bei Gericht bestanden haben sollten. Die Nationalsozialisten vermochten für diese Behauptungen jedoch nicht den Schatteneines Beweises zu erbringen. Infolgedessen blieben si« bei der Alstimmung allein. Die Angelegenhell wurde deshalb als.unerledigt" an das Plenum des Landtags zurück- verwiesen. E-s ist die alte Methode der Nazis: Erst verleumden si« wochenlang und wenn es dann gilt, ihre Behauptungen zu beweisen. dann knessen sie oder sie werden, wie jetzt wieder im Hessischen Landtag, als elend« Verleumder entlarvt.
Demokratie u Toni Gender spricht v Paris . SV. Januar. tEigenbcrieht.j Die Sozialistische Partei und der Allgemeine Getverk- schaftsbnnd(EGT.) veranstaltete« am Freitagabend im Japysaal eine internationale Kundgebung für Frieden und Abrüstung, die eine» glänzenden Verlauf nahm und eine« machtvollen Eindrnck von dem Friedenstvillen der sozialistischen Arbeiterschaft hinterließ. Etwa 10 000 Menschen füllten stehend den Saal. Nach einer kurzen Begrüßung des Pariser Parteworsitzenden F a r i n« t rief Abg. Renaudcl die Arbeiterschaft zum Kampf für den Frieden und die Abrüstung auf und brandmarkte den Nationalismus. Er schloß mll den Worten:„Der Sozialismus wird den Wettfrieden schaffen." Di« sozialdemokratische Reichstagsad geordnet« Toni Sender . mll stärkstem Betsall degrüßt, sprach ftanzösssch Sie trat für die völlige Abrüstung«in. Die Abrüstung Deutschlands kann nur als der erste Akt der allgemeinen Abrüstung betrachtet werden. Man muß den Krieg vergessen und alle Rationen nach gleichem Maß be- handeln. Di« deutschen Faschisten seien noch lange nicht das ganze
»ö Abrüstung! »r Tausenden in Paris Deutschland . Auch in der schwersten Not läßt sich die deutsche Ar- beiterklasse nicht einschüchtern, sie bildet jetzt die mächtig« Eiserne Front, die entschlossen ist, wenn nötig auch unter Einsatz des Lebens für die Republik und de» Frieden zu kämpfen.(Tosender Beifall.) Das beste Mittel gegen die faschistisch« Gefahr ist der internationale Kampf für den auirichtigen Frieden, und der wichtigste Schritt dazu sst die deussch-französssche DerstäMgung. Nachdem Toni Sender im Namen der deutschen Sozialdemokratie Leon Blum für seine in der Kammer gestellte Forderung aus internationale Untersuchung über die Reparationszahlungen und Paul Faure für seine Vortragsresse durch Deutschland gedankt hatte, schloß sie mll den Worten: Nieder der t)aß zwischen den Völkern. Es lebe die inler- nationale Solldarilät! Langanhaltende stürmisch« Ovationen belohnten die Rednerin. Die Versammlung rief:„Es lebe der Friede. Wir wollen die All- rüswng!" Wettere Reden hielten Iouhaux, der frühere englische Wehr- minister Tom Shaw, Vand ervelde sowie Paul Faure und L4on Blum. L6on Blum schloß mit den Worten:„Es wird keinen neuen Krieg geben, denn der Wille der Arbeller wird sich ihm widersetzen und den Weltfrieden erzwingen." Unter dem Gesang der Internationale schloß die Kundgebung.