1932
Der Abend
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Nr. 66
B 33 49. Jahrgang
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Herr Brüning hat heute in Genf die Rede gehalten, die an seiner Stelle und in dieser Situation jeder politisch unterrichtete Deutsche ebenso gehalten hätte. Sie war starf pazifistisch, so daß man im Zweifel darüber sein kann, ob Herr Brüning nach ihr noch Aussicht hat, in die Reichs wehr aufgenommen zu werden, aber sie war so richtig, und Herr Groener selbst hätte sie auch nicht anders halten fönnen.
Daß der Anspruch auf völlige Gleichberechtigung erhoben wurde, war selbstverständlich, selbstverständlich war die Warnung von den verhängnisvollen Folgen eines Mißerfolgs dieser Konferenz, selbstverständlich war auch die kleine Verbeugung vor der Sozialistischen Arbeiterinternationale, die vielleicht etwas tiefer geworden wäre, wenn die englische Arbeiterpartei noch in der Regierung fäße. Sehr gut war die Bemerkung über die Notwendigkeit der Herstellung des allgemeinen Vertrauens nur ist hinzuzufügen, daß die deutsche Regierung dazu auch etwas mehr beitragen fönnte, wenn sie den Mut hätte, der verbrecherischen Nationalistenheze tlar und fest entgegenzutreten.
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Die Genfer Konferenz befindet sich im Stadium der Brinzipienerklärungen, das für stilistisch begabte Geheimräte ohne jede Schwierigkeit ist. Das Stadium der politischen Entscheidungen, die große Prüfung für Staatsmänner tommt erst später.
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folgende Rede:
Seit langem hat das deutsche Bolt diese Stunde ersehnt. Zum erstenmal in der Geschichte sehen sich hier die Regierungen vor unausweichliche Aufgaben gestellt, in gemeinsamer Arbeit einen sinnvollen, gerechten und umfassenden Plan für eine durchgreifende, auf der Basis völlig gleicher Rechte und Pflichten aufgebaute Abrüstung zu schaffen und seine Verwirklichung zu sichern. Die Stunde für die Beratungen ist gut gewählt, denn die Auffassungen der Menschheit sind ohne Zweifel in der Abrüstungsfrage in einem bedeutsamen Wandel zu fortschrittlicherer und veredelter Form zwischenstaatlichen Dentens und Handelns begriffen. Daher sind die sehnsüchtigen Erwartungen ungezählter Millionen der Besten aus allen Völkern auf diese Beratungen und ihre Ergebnisse gerichtet. Was bisher als Wunschbild die Geister beschäftigte, soll sich auf dieser Konferenz zum verpflichtenden Gebot des Bölkerrechts verdichten. Die geschichtliche Größe dieser Aufgabe wird vielleicht in fünftigen Zeiten erst in ihrer vollen Tragweite erkannt werden, sowohl im Falle des Erfolges wie des Mißerfolges.
Kommt ein Mißerfolg, was Gott verhüten möge, so würde die Menschheit zu spät in unerträglichen Leiden begreifen lernen, daß fie eine gute Stunde schuldhaft versäumt hat. Tritt aber das ein, was wir aus ganzem Herzen herbeisehnen, so werden die Geschichtsschreiber der späteren Zeit sagen tönnen, daß das Zeitalter der Zusammenfassung der Welt durch die Technik dem Zeitalter der Abrüstung und des Ausbaues eines Friedens, durch das Recht des Friedens, der auf Recht und Gerechtigkeit beruht, den Weg bereitet hat.( Beifall.)
Das Friedenswert, das mit der Gründung des Völkerbundes eingeleitet werden sollte, und durch spätere Akte, wie dem KelloggBaft, weitergeleitet wurde, ruft gebieterisch nach der Durchführung des Abrüstungsgedankens als seiner naturgemäßen Vollendung und Krönung.
Die verantwortliche freiwillige Abrüstung aller Staaten ist neben der großzügigen und entschlossenen Liquidation der wirtschaftlichen und finanziellen Restbestände des Krieges, die den Wiederaufbau der Welt stören, der wichtigste und dringendste Schritt, um die von der Katastrophe des Welttrieges in ihr Lebensmart getroffene Menschheit zu neuer Gefundung und neuem Aufstieg emporzuführen.( Beifall.) Wir alle gehören noch der Generation an, für die der Weltkrieg
ummittelbares persönlich Erlebtes war. Unferen Front fämpfern von ehedem steht sein Bild in seiner ganzen Furchtbarkeit unvermischt und unverlier bar vor Augen. Wird dieses Bild, diese Erinnerung im Geiste ( Forthegung auf der 2. Seite.)
Bürgerſteuer Bürgersteuer erleichtert
Ein Erfolg der Sozialdemokratie
Vom 10. Februar ab fritt eine bedeutende Erleichterung bei der Bürgersteuer der Kurzarbeiler und aller anderen niedrig entlohnten Arbeiter und Angestellten ein. Diese Arbeiter haben fünftig nur noch den halben Sah der Bürgerfteuer zu zahlen. Das ist der Inhalt der zweiten Berordnung zur Durchführung der Bürgersteuer 1931, die in den nächsten Tagen veröffentlicht wird.
Rünftig find alle Arbeitnehmer, die teine Lohn steuer zu zahlen brauchen, weil ihr Lohn den steuerfreien Betrag nicht erreicht, nur noch mit dem halben Saz der Bürgersteuer heranzuziehen. Bisher galt der halbe Saz nur für diejenigen, die im Jahre 1930 lohnsteuerfrei waren. Nun gilt er für alle, die jeßt wegen ihres geringfügigen Einkommens lohnsteuer frei find. Wer also feine Lohnsteuer zahlt, bis jetzt aber Berlin und in vielen anderen Städten im ganzen 18 Mark. oder wenn er verheiratet ist, 27 Marf Bürgersteuer abführen mußte, braucht fünftig nur noch 9 Mart bzw. 13,50 Mart zu zahlen. Arbeitnehmer, die bisher nur den halben Steuerfaß zu entrichten hatten, erhalten feine weitere Ermäßigung. Sie zahlen nach wie vor den halben Satz der Bürgersteuer.
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Bevor die Berordnung in Kraft treten fann, ist die Zustimmung des Reichsrats erforderlich. An dieser Zustimmung ist jedoch nicht zu zweifeln, fie wird in den nächsten Tagen erfolgen. Damit die Ermäßigung schon bei den Lohnzahlungen nach dem 10. Februar durchgeführt werden kann, ist der Entwurf der Verordnung bereits jetzt den Steuerbehörden mitge= teilt worden.
Die Verordnung ist das Ergebnis von Berhandlun gen, die von der Sozialdemokratie, des Zentrums und aller Spizenverbände der Gewerkschaften zu Ende geführt worden find. Ein weiterer Gegenstand dieser Berhandlungen war die völlige Befreiung der Kurzarbeiter und aller anderen niedrig der Wohlfahrtsunterstützung in den einzelnen Gemeinden ausmachen. entlohnten Arbeitnehmer, die weniger verdienen, als die Richtfäße Golche Befreiungen sind von der sächsischen Regierung durch Verordnung vom 13. Januar 1932 den fächsischen Gemeinden nahegelegt worden. In dieser Berordnung heißt es:
Bei Personen, die nach ihren Einkommens- und Vermögensverhältniffen zur Zahlung der Bürgersteuer tatsächlich außerstande find, fann die Beitreibung unterbleiben, wenn sie von vornherein aussichtslos ift. Weijen Arbeitnehmer, für die eine Steuerkarte ausgestellt ist, der Gemeindebehörde im Einzelfalle nach, daß die Bürgersteuer 3. B. infolge langer Arbeitslosigkeit, wegen besonders start verkürzter Arbeit, Krankheit oder besonders hoher Kinderzahl nicht oder nicht voll beitreibbar fein würde, wenn sie nicht Lohnempfänger wären, fo fann der Gemeinderat die Bürgerstener ganz oder teilweise erlassen. 3n diesen Fällen wird dem Gesuchsteller zweckmäßigerweise ein furzer schriftlicher Bescheid erteilt, aus dem fich die Zeit, auf welche der Erlaß ausgesprochen wird, und feine Höhe- ob Boll- oder Teilerlaß ergibt. Händigt der Arbeitnehmer den Bescheid dem Arbeitgeber aus, so hat dieser von dem Bürgersteuerabzug in dem auf dem Bescheid angegebenen Umfang abzusehen."
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Hunderttausend
Dem Vorgehen der sächsischen Regierung hatten sich andere Städte, wie München- Gladbach, Zeiß, Karlsruhe usw. angeschlossen. Sie verzichten auf die Einziehung der Bürgersteuer, wenn das Einkommen der Kurzarbeiter die Säße der Wohlfahrtsunterstüßung nicht übersteigt. Der Reichsfinanzminister Dietrich erklärte sich in den Berhandlungen mit dieser völligen Befreiung von der Bürgersteuer unter der angegebenen Voraussetzung einverstanden. Er will mit dem Deutschen Städtetag und den anderen kommunalen Spitzenverbänden eine dahingehende Vereinbarung treffen.
Gestützt auf das Beispiel der sächsischen Regierung ist es also den Vertretern der Spigenorganisationen gelungen, eine weitere für die Kurzarbeiter bebeutiame 3usage von dem Reichsfinanzminister zu erhalten. Das Beispiel der fächsischen Regierung ist ein wichtiger Hinweis, auf welche Beise die Gemeinden die Arbeitnehmer von der Bürgersteuer freistellen fönnen, deren Einkommen die Wohlfahrtssäge nicht überschreitet. Die sozialdemokratischen Gemeindevertreter müssen nunmehr dafür sorgen, daß die Möglichkeit zur Befreiung der Kurzarbeiter von der Bürgersteuer im vollen Umfange durchgesetzt wird.
Harzburg in Not.
Hindenburg oder Hitler?-Frid als Strohmann für Hitler? Der Bundesvorstand des Stahlhelms tritt heute vormittag zweds Stellungnahme zur Reichspräsidentenwahl in Berlin zufammen. Schon vor mehreren Tagen hat er die Deutschnationalen und die Nationalsozialisten zu einer klaren Entscheidung in dieser Frage, und zwar in der Richtung aufgefordert, ob sie für oder gegen Hindenburg sind. Der Stahlhelm felbst wird sich für Hindenburg entscheiden, während sich Hugenberg der Nazis schlagen will. für die Deutschnationalen nach den neuesten Versionen auf die Seite
Im Brauen Haus werden bereits alle Vorbereitungen zu den bevorDie Nationalsozialisten steuern auf eine eigene Kandidatur los. stehenden Wahlen getroffen. Millionenbeträge sollen zu diesem 3wed zur Verfügung stehen. Hitler hat deshalb in der am 3. Fe= bruar stattgefundenen Sitzung der Gauleiter und Nazi- Reichstags= fraktion angekündigt, daß eine Propaganda nach ameri tanischem Muster betrieben werde, wie sie Deutschland noch nicht gesehen habe. Die Gauleitertagung endete mit dem förmlichen Beschluß, daß im zweiten Wahlgang e für die Reichspräsidentschaft Hitler fandidieren und im ersten Wahlgang Frid(!) als Hitlers Schrittmacher auftreten soll.
Hit ler wohnt heute wieder im Hotel Kaiserhof in Berlin .
Das tödliche Gas.
3wei Opfer eines Unglücksfalles. Offenbar durch Unachtsamkeit ist gestern in der Boyenstraße ein schweres Gas unglüd verursacht worden. In ihrer Wohnung wurden dort der 58 Jahre alte Arbeiter Karl Schure und feine um einige Jahre jüngere Frau durch Gas vergiftet bewußtlos aufgefunden. Die Bemühungen der Feuerwehr waren nur bei der Frau von Erfolg. Wie die polizeiliche Untersuchung ergeben hat, liegt zweifellos ein Unglüdsfall vor. Die Leiche des
haben schon allein in Berlin Ihr Bekenntnis für Mannes wurde beschlagnahmt. Republik und Demokratie abgelegt
Hunderttausende
müssen folgen! Zeige auch DU Opferwillen und Bekennermut! Die Rüstwoche geht weiter! Trage dich NOCH HEUTE in das
Der Unfall, der sich gestern auf der Bühne des PrimusBalastes in der Urbanstraße in Neukölln abspielte, hat glücklicherweise fein Todesopfer gefordert. Die Artistengruppe probte auf der Bühne in einem mit Wasser gefüllten Glasbehälter, ber burch einen danebenstehenden Ofen mit Holzkohlenfeuer leicht erwärmt murde. Durch ausströmende Kohlenorydgase wurden die Artisten, ein Mann und drei Frauen, plötzlich betäubt. Drei von ihnen, der Artist Otto Heinemann und die Artistinnen Violetta auch ihr dürft nicht fehlen! SAMMELSTELLEN Günther und Susanne Embruch, mußten durch die Feuerin allen Bezirken der Stadt. Gausammelstelle: wehr ins Urbantrantenhaus gebracht werden. Das Befinden der Potsdamer Straße 131. Sammelstelle des Jung- Berunglückten hat sich inzwischen soweit gebessert, daß keine Gefahr banner Friedrichshain : Gr.Frankfurter Str.41-42 mehr besteht.
Eiserne Buch ein. Frauen,