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BERLIN Sonnabend 13. Februar

1932

Der Abend

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Rr. 74

B 37

49. Jahrgang

SO

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Schiebung in Braunschweig

Was Frick nicht schaffte, wird Klagges fertigbringen

Braunschweig . 13. februar.( Eigenbericht.) Die Ernennung Adolf Hitlers zum außerordent. lichen Professor" an der Technischen Hochschule in Braun­ schweig steht unmittelbar bevor. Der deutschnatio. nale Minister Küchenthal hatte sich bisher gegen die Ernennung gesträubt, ist jetzt aber von der Not­wendigkeit der Ernennung anscheinend überzeugt. Auf Befragen durch die Volksfreund"-Redaktion lehnte Küchenthal eine Auskunfterteilung ab. Auch der Rektor der Technischen Hochschule, Professor Schmit, konnte von Minister Küchenthal heute teine Antwort erhalten. Die Ernennung des Ober. gendarmen zum außerordentlichen Professor wird ohne Mitwirkung der Hochschulinstanzen vor sich gehen. Küchenthal ist anscheinend durch die nationale Opposition mürbe gemacht worden.

Eifern

die Front!

Eifern die Hand!

Hindenburg - nationales Unglück! Republikanikh

3n Gottes Ramen- gegen Hindenburg !"

In Dresden sprach gestern der Deutschnationale Bang: Die Deutschnationalen glaubten nicht, daß der Reichspräsident bereit fein fönnte, als Ranbibat berer aufzutreten, die mit seiner Aufstellung in Wahrheit nicht ihn, sondern eine Regierung erhalten mollten, Don ber der Borwärts" gesagt habe, fie fei das stärkste Bollmert gegen den Nationalismus. Sollte trotzdem dieses nationale Unglüd geschehen, sollte der Reichspräsident also wider alles Erwarten sich bereitfinden lassen, als Kandidat der Linken aufzutreten und sich mit dem System von heute zu identifizieren, so würden die Deutschnationalen selbst­verständlich seine Wahl nicht fördern, sondern auf das aller­schärffte betämpfen.

Und der Nazi- Goebbels in Hannover : Es gehe bei der Reichspräsidentenwahl nicht um die Person, sondern um die Sache. Wenn der nationalen Opposition eine Chance in die Hand gegeben sei, so denke sie nicht daran, sie nicht zu benutzen. Ob die nationale Opposition ernst machen werde, das jetzige System zu Fall zu brin­gen, darüber dürfe es keine Diskussion mehr geben. Entweder ge= schehe es mit Hindenburg , oder aber es entspreche nicht dem Billen der nationalen Oppofition, dann müsse es in Gottes Namen gegen Hindenburg gehen.

Bor fieben Jahren war er ,, der Retter". Jetzt ist er für sie ein Unglüd, und sie wissen nicht, wie fich retten vor ihm!

-

Laß sie belteln gehen..

Harzburger Hilfe für die Opfer der Krife. Die Hitlerbanden organisieren Massenversamm lungen von Erwerbslofen, in denen sie mit den Schamlosesten Lügen gegen die ungenügende Hilfe für die Opfer der fapitalistischen Krise hegen, etwa im Stile eines Flugblattes, das sie in Berlin an die Erwerbslosen verteilen laffen:

An Stelle der Unterstützung, jener Almosen, die ihr selbst von eurem Verdienst eingezahlt habt, will man euch das Schiffsbillett in die Hand drücken zur Fahrt in gelobte Länder!

Lebendig wirst du begraben sein, Bolksgenosse, du und deine Familie, Ihr nehmt den Weg in die neuen jüdischen Fremden­legionen! Man spricht von 10 bis 20 Millionen Deutschen , die man verfrachten will, weil sie hier angeblich überflüffig find, und glaube nicht, daß man sich schwächliche Bürger holen wird, nein, fernige deutsche Arbeiter wird man sich holen, und wenn sie nicht freiwillig gehen wollen, werden polnische Ularen und französische Tants, das sind die Klebemage der jüdischen Weltfinanz, ihnen das Gehen schon beibringen.

Nachdem so auf der einen Seite der Harzburger Front" die nötige Erbitterung auf die jüdische Welt finanz" erzeugt ist, sorgt die andere Seite dafür, daß der deutsche Kapitalismus nicht zu furz tommt. In Hugen­bergs Lokal- Anzeiger" versöhnt heute leitartikelmäßig ein Herr Lilienthal:

.

Eine sofortige Erleichterung des Reichshaushalts fönnte heute in erheblichem Umfange nur durch eine Um bildung der Ar beitslosenfürsorge herbeigeführt werden. Die Verleihung eines Rechts auf Arbeitslosenunterstüßung hat sich nicht bewährt.... Arbeitslosenunterstüßung darf fünftig nur noch erhalten, wer ihrer

das ganze Land!

Sonntag letzter Tag für die Eintragung in das ,, Eiserne Buch"!

wirklich bedürftig iff, insbesondere auch deshalb, weil er feinen Rüd­half an unterhaltsverpflichteten Personen hat.

So da ist die Raß aus dem Sad! Der Nazi schimpft über die ,, Almosen", der Hugenberger aber erklärt, daß auch diese verschwinden müsse!

Beide aber ziehen in trauter Herzlichkeit gemeinsam am Harzburger Strang, mit dem die demokratischen und sozialen Errungenschaften der Arbeiterklasse er würgt werden sollen, noch bevor die Weltkrise abebbt!

Freimaurer Geldte."

Pft- bitte ganz geheim! Nicht öffentlich sagen! Unser Mannheimer Parteiblatt, die Volksstimme", ist in der glücklichen Lage, ein Geheimrundschreiben der badischen Hitler - Partei zu veröffentlichen, das außer einigen organisatorischen Anweisungen auch eine niedliche Denunziation enthält. Wir geben es hier als Dotu ment der Harzburger Einigkeit wieder: NSDAP. , Gau Baden Organisations- Abt. 2 Abteilung Landwirtschaft 1932 Rundschreiben Nr. 6

1.

2.

Karlsruhe , 26. Hartung.

3. Von der Reichsleitung wird nochmals darauf hin­gewiesen, das gleichzeitige Mitgliedschaft beim Stahlhelm und bei der NSDAP . unsererseits nicht gestattet wird. Außerdem soll unter Aus­fchluß der Oeffentlichkeit bekannt gegeben wer­den, daß der Stahlhelmführer Seldte Freimaurer ist und daß die deutschen Logen ihren Mitgliedern ganz offen empfehlen, dem Stahlhelm beizutreten. Von einer öffentlichen Diskussion dieser Dinge ist wegen der Harzburger Front" abzusehen.

4. Betr Borheimer Affäre: Es soll festgehalten werden, daß Pg. LGF. Hessen Dr. Wagner vollständig unschuldig an dem ..Borheimer Dokument" ist. Er hat es nicht einmal dem Inhalt nach gekannt.

Desgleichen gilt dies auch von dem LRF Pg. Darré. Pg. Darré wurde nur in diese Angelegenheit verwickelt, weil durch be­schlagnahmte Rundschreiben der Reichsleitung an Bg. Dr. Wagner unmittelbare Beziehungen festgestellt wurden und nun von Re­

gierungsseite ausgeschlachtet wurde, um der NSDAP . etwas ans Bein hängen zu fönnen und die Reichsleitung in diese Sache hinein zuziehen.

Das Borheimer Dokument hat uns ohne Zweifel in der Deffent­lichkeit gefchadet. Aber wenn heute noch von deutschnatio­naler oder anderer Seite mit den Auswirkungen" dieses Doku­ments haufieren gegangen wird, dann erteile man diesen Herren doch eine Antwort, wie sie unser Führer einem sehr prominenten Führer der Landwirtschaft gab: Die Auswirkungen des Borheimer Dokuments find für unser Bolt nicht so schlimm wie die Unter­schriften unter den Dawes- Plan und Young- Plan." Diese Antwort hören diese Umfaller" nicht gerne. usw.

gez. Plesch.

Heil Hitler

( Stempel.)

Ein netter Zustand bei den Harzburgern! Nach außen macht man in heißester Liebe zur Nation"- im eigenen Lager aber verbächtigt man sich ganz geheim", nur nicht in öffentlicher Diskussion"! Die Borheimer und die deutschnationalen ,,, ll mfaller" geben gemeinsam eine mundervolle Auslese aus der germanischen Raffezucht, auf die fie so stolz find, daß sogar der brave Januar in einen alt­germanischen Hartung" verwandelt wird.

Groener und die ,, Legalität .

Eine neue auffällige Erklärung der Reichswehr .

Zu dem Artikel des Reichstagsabgeordneten Schöpflin in der gestrigen bend- Ausgabe des Vorwärts" erklärt das Reichs­wehrministerium, auf den persönlichen Ton dieses Artikels gegen den General von Schleicher nicht eingehen zu wollen. Gewisse Angaben felen darin enthalten, deren Unrichtigkeit dem Verfasser bekannt sein müffe, so daß Schleicher bei Kriegsende erst Oberleutnant gewesen sei.

Der Erlaß des Reichswehrminifters über die Wehrverbände und die Zulassung von Hitlerianern in die Reichswehr stehe weder mif früheren Erklärungen des Reichswehrministers noch des Reichs­tanzlers noch Reichsgerichtsentscheidungen im Widerspruch. Der Reichswehrminister habe in seiner Erklärung vor dem Reichstag am 9. März v. 3. ausdrücklich gejagt, die Stellungnahme poli­tischer Parteien jei nicht ewig und endgültig, son­dern unterliege der Veränderung und darum auch der dauernden Nachprüfung.

Weder der Reichskanzler noch das Reichsgericht hätten fest­gestellt, daß die NSDAP . die Verfassung mit Gewalt abändern wolle. Das Reichsgericht habe vielmehr festgestellt, daß der Parteiführer der NSDAP . nach seinen Erklärungen entschloffen fei, alle illegalen Elemente aus der Partei auszuschließen; wenn auch Parteimitglieder trotzdem illegale Hand­ungen gegen den Willen und ohne Vorwiffen des Führers be­gingen, fo fei damit nicht ein illegaler Wille der Partei

erwiesen.

3m übrigen schreibe der neue Erlaß vor, daß die polifische Haltung jedes Bewerbers vor seiner Aufnahme in die Reichswehr geprüft werden müsse. Der Erlaß selbst sei vom Reichswehrminister Groener selbst unterzeichnet, dieser habe die Zustimmung des Reichstanzlers vorher eingeholt. Die Berantwortung für den Erlaß sei damit Klargestellt.

Der Minister lehne jede Darstellung auf das schärfste ab, als ob General Schleicher jemals ohne Billigung oder Auftrag des Mi­nifters auf politischem Gebiet tätig gewesen sei.

Diese Erklärung des Reichswehrministers macht die Sache nicht worüber im Braunen Hause sogar die Hühner lachen werden. Daß sich Groener schüßend vor Schleicher stellen würde, war vorauszusehen. Es ändert aber nichts an der Tatsache, daß sich General von Schleicher ein sehr beträchtliches Maß von Mangel an Vertrauen in allen republikanischen Kreisen zugezogen hat. Der Artikel unseres Genossen Georg Schöpflin , der doch wirklich nicht als Stürmer gegen die Reichswehr bekannt ist, liefert den besten Beweis dafür.

beffer, sondern schlechter. Sie bestätigt der NSDAP . ihre Legalität",

Das Reichswehrministerium sollte einmal vom hohen Pferde fteigen und überlegen, ob es wirklich seine Aufgabe ist, ein verträg­liches Verhältnis zwischen dem verfaffungstreuen Teil des deutschen Volkes und der Wehrmacht zu verhindern. Sollte es zu dem Ergebnis fommen, daß dies feine Aufgabe nicht ist, so wird es fid) schon entschließen müssen, seine Erlasse in Zukunft anders ftilifteren.