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BERLIN Dienstag 16. Februar

1932

Der Abend

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Nr. 78

B 39 49. Jahrgang

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Harzburger Einheit fracht!

Drei Harzburger Kandidaten: Hitler , Hugenberg , Duesterberg?

Nationalsozialisten und Deutschnationale verhandeln heute

weiter über die Frage, was sie nun tun sollen. Hitler fordert, daß Hugenberg und Duesterberg vor ihm fuschen ,, die trauen ihm nicht, und so steuern sie gleich auf drei Kandidaten los: Hitler und Hugenberg und Duesterberg.

Hitler hat sich inzwischen intim mit Herrn Schacht gemacht, und Herr Schacht soll sich seitdem der Hoffnung hingeben, daß auch er als Harzburger Präsidentschaftskandidat in Betracht kommen fönnte.

Die Nationalsozialisten haben im Bölkischen Beobachter" den Feldzug gegen Hindenburg eröffnet. Ihre Parole heißt: Hindenburgs Ende. Hitler selbst erklärt eine Rundgebung für sich gegen Hindenburg . Er spricht ihn als Kandidaten ,, der sich in hoffnungsloser Minderheit befindlichen Parteien der schwarzroten Koalition" an und schließt großmäulig:

Die Stunde der Auseinandersetzung mit den Novembermännern ist damit gekommen. Wir bedauern, daß der Generalfeldmarschall von Hindenburg fich bewegen ließ, feinen Namen in diesem Kampfe verbrauchen zu lassen."

Der ganze Haß, den die Faschisten bisher gegen alle Nicht­faschisten verspritzt haben, wird nun auch auf Hindenburg abgeladen werden! Die enttäuschten Butschisten, die schon vor sieben Jahren von ihm den Staatsstreich erwarteten, wollen nun ihre Enttäuschung abladen. Boran geht dabei das Organ der Alldeutschen, die Deutsche Zeitung". Die hat es schon immer gewußt und immer gesagt:

Polizei im Dritten Reich

Laß dich hauen oder du bist entlassen!

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Braunschweig , 16. Februar.( Eigenbericht.) Minister Klagges hat den Polizeiwachtmeister Schuh frist los entlassen, weil er sich am Tage des Reichstreffens der SA. in Braunschweig gegen anstürmende Nationalsozialisten zur Wehr gesetzt hatte. In der Begründung der Entlassung heißt es wört| lich:" Sie waren am 18. Oftober 1931 aus Anlaß des Treffens der NSDAP . mit mehreren anderen Polizeiwachtmeistern als Posten an der Ecke Aderhof- Friesenstraße eingeteilt. Wie die vernommenen Zeugen befunden, hatte dieser Posten den ausdrücklichen Auftrag, aufzupaffen, daß teine Nationalsozialisten von Kommunisten über fallen wurden... Sie haben gegen diese selbstverständliche und elementare Pflicht in völliger Berkennung Ihrer Aufgabe, dem Tagesbefehl entsprechend die Nationalsozialisten zu schüßen, verstoßen und sich infolge Ihrer Unbeherrschtheit zur

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blutigen Mißhandlung eines der Angegriffenen hinreißen lassen." Der Polizeiwachtmeister stand mit anderen Polizeibeamten gegenüber dem Bolts freund". Gebäude, um zu verhindern, baß Nationalsozialisten in die enge, von Arbeitern bewohnte Friesenstraße hineingehen. Ein Lastkraftwagen der Nazis, ein so genanntes Ueberfalltommando, jagte troßdem in die

,, Als auf dem Alldeutschen Verbandstag in Plauen am unwahrscheinlich. Bis zum zweiten Wahlgang dagegen ist 9. September 1928 Justizrat Claß scharf gegen den Reichs- es möglich, daß wir noch allerlei leberraschungen er­präsidenten von Hindenburg Stellung nahm und der Entleben. Die vorige Präsidentenwahl hat in dieser Beziehung doch ein täuschung Ausdrud gab, weil die Hoffnungen, die man auf ganz aufschlußreiches Beispiel gegeben." ihn gesetzt hatte, nicht in Erfüllung gegangen sind, da heulte der­felbe Teil der Presse auf, der heute geschlossen für eine Wieder­wahl Hindenburgs eintritt. Als dieser dann am 13. März 1930 den Young- Plan unterschrieb, da nahm die Deutsche Zeitung" Abschied vom Sieger von Tannenberg. Was wir damals schrieben, das muß heute, ohne daß man auf Einzel­

Straße hinein. Der Polizeibeamte mußte zurückspringen, um nicht überfahren zu werden. Bei der dann in der Mitte der Straße entstandenen Schlägerei zwischen Arbeitern und Nationalsozialisten mußte fich der Polizeibeamte gegen neu heran­stürmende Nationalsozialisten mit dem Säbel mehren. Klagges konstruiert aus diesem Vorfall ein Vergehen des Polizeibeamten, dem von allen Vorgesetzten ein glänzendes Zeugnis ausgestellt wird. Das ist ein neuer Beitrag für die Zer­mürbungstaktik des nationalsozialistischen Polizeiministers. Klagges will die Braunschweiger Polizei einschüchtern und fampfunfähig machen.

Nazi Niederlage bei Studentenwahlen.

Bei den Wahlen zum Allgemeinen Studentenausschuß( Asta) an der Technischen Hochschule in Braunschweig erhielten die National­fozialisten 338 Stimmen, während die Storporationen 353 und die Sozialisten 89 Stimmen erhielten. Die Nationalsozialisten hofften in Braunschweig die Mehrheit aller Stimmen auf sich vereinigen zu fönnen. Das ist nicht gelungen. Sie haben nicht einmal die Stimmen­zahl der Korporationen erreicht.

USA . Chiffrierschlüssel gestohlen? Einbruch bei der amerikanischen Abrüftungsdelegation. Genf , 16. Februar.

Sie figen am Grabe der Harzburger Front und weinen, und weil ihnen nichts rettendes mehr einfällt, träumen sie von einem großen Wunder zwischen dem ersten und dem zweiten nischen Abordnung im Hotel Des Bergues" verübt worden. Nadh Wahlgang!

heiten einzugehen braucht, erneut feſtgeſtellt werden: Der Reichs Rat appelliert an Japan allein. Die verfchloffene Aktenmappe

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präsident ist restlos der Mann jener politischen Gruppe geworden, die zu Bismarcks Zeiten als der Bund der Windthorst, Richter, Güttenberger an der Schwächung des jungen Reiches arbeiteten, deren fleinere Nachfolger im Kriege das Vaterland zum Untergang trieben, die jetzt einerlei mit welchen Beweggründen immer, die bei den einzelnen verschieden find den Weg zu Deutschlands Auferstehung verbauen." So hat der Reichspräsident den Schazan Vertrauen restlos ver loren, mit dem die nationalen Gruppen ihm einst ihre Stimmen gaben."

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Schon im November 1918 haben die Leute von der ,, Deut schen Zeitung" mit Mißtrauen auf Hindenburg geblickt:

,, Als es damals um die Erhaltung der Monarchie und den Uebertritt des Kaisers nach Holland ging, da hat Hindenburg das erforderliche Wort nicht gefunden, er hat viel mehr nach seinem eigenen Zeugnis dem Kaiser den Uebertritt nach Holland geraten. Wie dieser damals das Opfer seiner Umgebung geworden ist, so wird Hindenburg heute das Opfer der feinigen, in erster Linie feines Staatssekretärs Dr. Meißner."

Da sieht man nicht nur, wie sie über ihn denken, sondern auch was sie wollen! Wenn er Hugenberg zum Reichskanzler gemacht hätte, so würden sie heute Hosiannah rufen und nicht Kreuzige!

Katzenjammer bei Hugenberg .

In der Pommerschen Tagespost" wird die Harzburger Front preisgegeben:

,, Auf der anderen Seite scheinen, wie wir offen gestehen wollen, geringe Aussichten dafür vorhanden zu sein, daß sich die Rechte auf einen gemeinsamen Kandidaten einigt. Offen­bar haben die Nationalsozialisten die feste Absicht, ihren Führer Hitler als Präsidentschaftskandidaten aufzustellen. Bei den Deutsch nationalen und beim Stahlhelm scheint wenig Neigung dafür vorhanden zu sein, eine solche Kandidatur mitzumachen.

Wir wissen nicht, ob es noch gelingen wird, die Harzburger Gruppen auf einen gemeinsamen Kandidaten zu einigen. Eine Wahl Hindenburgs im ersten Wahlgang halten wir auf alle Fälle für

Stellt die Feindseligkeiten ein!

Genf , 16. Februar.( Eigenbericht.) Der Zwölfer- Ausschuß des Völkerbundsrates( d. h. der Rat ohne Japan und China ) hat in feiner heutigen Bormittags­ihung beschlossen, heute nachmittag in der öffentlichen Ratssitzung durch den Rat den dringenden Appell an Japan allein 3u richten mit der Maßgabe, die Feindseligkeiten sofort einzustellen und ebenso jede Borbereitung auf neues Vorgehen gegen die chinesischen Truppen.

In der Sihung selbst hat Paul Boncour dem Zwölfer- Aus­schuß Kenntnis gegeben von einem ausführlichen Brief des englischen Außenministers Sir John Simon, in dem mitgeteilt wird, daß alle Schritte zur gütlichen Regelung bisher an dem wider­stand Japans gescheitert seien. Die Beschlußfassung über die Einberufung der Vollversammlung erfolgt wahrscheinlich erst am Donnerstag dieser Woche. Vor der Nachmittagsfihung des Rates ver­fammelt sich der Zwölfer- Ausschuß nochmals.

3mmer neue Vorschläge.

Die Generaldebatte der Abrüstungskonferenz wurde doch noch durch einige neue Anregungen belebt. Nach der holländischen For derung auf Verbot der Treibminen schlug heute der argentinische Hauptdelegierte Bosch vor, die Staaten, die nicht Unterzeichner der Flottenabkommen von Washington und London seien, sollten Verträge eingehen, daß sie keine Kriegsschiffe über 10 000 Tonnen tauften oder bauten. Ferner müsse von der Kon­ferenz eine flare Definition der Kriegsfonterbande auf­gestellt werden, wobei Nahrungsmittel von diesem Begriff ausgenommen werden müßten. Im übrigen stimmte Bosch den bekannten Gedankengängen des Verbots der Angriffswaffen und chemischen Kriegsmittel, sowie der Kontrolle dieses Verbots bei. Marinkowitsch- Jugoslawien stellte die französische Sicherheits­these über jede Bereitschaft zur Rüstungsbeschränkung.

Motta- Schweiz unterstützt die schon mehrfach als Kompromiß­grundlage genannten Begrenzungen und Verbote, während er die 3dee einer internationalen Armee als utopisch bezeichnete, solange wichtige Großmächte noch außerhalb des Völker­bundes stünden.

Wie erst jetzt bekannt wird, ist in der Nacht vom 2. auf den 3. Februar ein schwerer Einbruch diebstahl bei der amerika­den bisherigen polizeilichen Ermittlungen sind drei bisher noch nicht festgestellte Personen in das Büro der Abordnung eingebrochen. des amerikanischen Senators Swanson ist mit einem Messer geöffnet worden. Mit dem Geheimschlüssel ist sodann der Aktenschrank geöffnet und zahlreiche Dokumente find gestohlen worden. Bon ameri­kanischer Seite verlautet, daß zwar wichtige politische Schriftftüde nicht gestohlen seien, jedoch der Chiffrierschlüssel fehle. Die Ermittlungen der Genfer Polizeibehörden sind bisher streng geheim gehalten worden, so daß die Tatsache des Einbruchs erst jetzt bekannt wird. Es ist bisher noch nicht gelungen, die Urheber

des Einbruchs zu ermitteln.

Strafloser Mord!

Ein GA- Führer freigesprochen.

Darmstadt , 16. Februar.( Eigenbericht.) Der SA. Führer Stier, der am 16. Juli vorigen Jahres vor dem Arbeitsamt Groß- Gerau zwei Kommunisten er­schossen hatte, wurde in diesen beiden Fällen freigesprochen Wegen fahrlässiger Körperverlegung eines dritten Kommunisten und Bergehens gegen das Schußwaffengefeß erhielt er acht Monate Ge­fängnis, worauf 6% Monate der Untersuchungshaft angerechnet wurden. Der mitangeklagte Nationalsozialist Sperling, dem die Schußwaffe gehörte, erhielt drei Monate Gefängnis.

Bom Generalstreik in Spanien . Der Radifalismus besorgt die Geschäfte der Reaktion.

Der Charakter dieses ,, Generalstreifs" ergibt sich aus den Mitteln, mit denen dieser Streit gegen die spanische Republik zu führen ver­sucht wird. Mit Bomben werden Eisenbahnstrecken, Straßenbahn­geleise und Straßenbahnwagen beschädigt. In Madrid wurde ein Straßenbahnwagen mit Petroleum übergoffen und in Brand gesteckt. Auch Kanalisationsanlagen wurden in Sevilla mit Bomben be­arbeitet. In Tarraja wurde die Gendarmeriefaserne umzingelt und dergleichen Scherze mehr versucht.

Mit gewerkschaftlichem Kampf gegen das Unternehmertum hat die seit Monaten inszenierte wilde Streitbewegung nichts zu tun. Es sind politische Streits gegen die Regierung, die nur der Reaktion dienen und nüßen.